Protocol of the Session on January 23, 2013

Ich glaube, ich bin über keinen Bereich so gut informiert wie über die Städtebauförderung. Daher auch meinen Dank an die Verantwortlichen in Ihrem Ministerium, Herr Minister. Wenn Sie unbedingt diese Arbeit auf sich nehmen wollen, dann tun Sie es noch einmal. Ich glaube, durch die Veranstaltungen, die wir besuchen - und die haben viel mit Stadtumbau zu tun -, sind wir bestens informiert. Jeder Euro, der dort einfließt, wird uns dokumentiert, und alles, was wir nicht schaffen, wird uns dementsprechend an den Kopf geworfen. Das kann man an der Stelle auch einmal sagen. Das ist nun einmal so.

Ich möchte dies nicht weiter ausführen. In diesem Lichte scheint mir Ihr Antrag durchaus sinnvoll zu sein: das in das Bewusstsein zu rufen. Wir werden diesen Antrag heute mit beschließen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Wir kommen jetzt zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Henschke hat Gelegenheit zu erklären, ob es dazu noch Neues gibt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nüchtern zusammengefasst, meinen Kritiker, ließe sich unser Antrag auf Punkt 2 reduzieren, nämlich Minister Vogelsänger zu beauftragen, dem Infrastrukturausschuss im Herbst einen Bericht zur Stadtentwicklung vorzulegen. Damit folgen wir, wie schon betont, der Forderung des ersten Brandenburger Stadtentwicklungstages vom Oktober 2011, nutzen aber zugleich - das ist unser Hauptanliegen - mit der Benennung von Prämissen die Gelegenheit, sowohl dem zu erwartenden Erfahrungs- und Ergebnisbericht einen Rahmen zu setzen als auch den gestaltenden Anspruch brandenburgischer Landespolitik mit Orientierung aus aktueller Entwicklung zu versehen und schließlich im Gesamtreigen der jeweiligen politischen Ebenen die Notwendigkeit der Fortführung von europäischer Förderung und Bundesförderung zu betonen. Eigene Kofinanzierung versteht sich von selbst. Wie in den Kommunen, den Landkreisen, den drei städtischen Arbeitsgemeinschaften, die hier bereits genannt wurden, durch beständige ideenreiche Arbeit vorgelebt, will hier Landespolitik mehr denn je orientieren, statt vorzuschreiben, zusammenführen, statt gegeneinanderzustellen, und flexibilisieren, statt festzusetzen. Vor Monatsfrist sprach ich hier von den sensiblen Stellschrauben so hoch komplexer und stark diversifizierter Prozesse, wie sie mit Stadt- und Regionalentwicklung verbunden sind, und warb für eine Politik der ruhigen Hand.

Nun denn, unserer Verantwortung entsprechend wollen wir landespolitisch sensible, zukunftsfeste und regionalspezifisch

notwendige Veränderung in Kontinuität von Erneuerung, gestützt auf die Kompetenz der Akteure, einleiten und umsetzen.

Eine Grundlage bildet die Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge auch durch die Stärkung der kommunalen Unternehmen. Vorliegender Antrag intendiert notwendige Schwerpunktverschiebungen, die mit erforderlicher Konsequenz und gebotener Vorsicht am besten gemeinsam bewusst zu machen und möglichst zugleich - umzusetzen sind. Es geht also zunächst um Prozesse, die sich hier zwischen den Ohren abspielen.

Drei Dinge möchte ich hervorheben. Erstens brauchen wir in unserem Land weiterhin einen Lernprozess, um Klarheit zur Stellung der Städte und ihrer Bedeutung als Motoren der Landesentwicklung und bestimmender Anker im Raum zu erlangen. Raumbezug, regionale Verantwortung und nüchterner Umgang mit Pendlerbewegungen sind Faktoren, deren Nutzung für Stadt und Land am weitesten trägt, wenn Bürgermeister und Stadtverordnete sie nicht nur als Dienstleistung für städtischen Eigennutz begreifen.

Stadtmauern sollen nicht mehr abgrenzen, sondern nur noch für Touristen Wirkung entfalten, und zwar anziehende. Zugleich braucht Land den Austausch mit Stadt, wird, zumal in schrumpfenden Städten und Regionen, die Tragfähigkeit der Regionalbeziehungen wesentlich über Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit entscheiden.

Brandenburg hat wie kein anderes Bundesland die im Antrag beschriebene besondere Situation ungleichmäßig diversifizierter regionaler Entwicklung. Zu oft wird sie grob und zu unscharf in Speckgürtel und erweiterten Metropolenraum unterteilt.

Zugleich ist es notwendig und verfassungsmäßig verankert, dass in allen Brandenburger Regionen gleichwertige Lebensverhältnisse zu gestalten sind. Diesem Anspruch auf der einen Seite und zugleich der Unterschiedlichkeit der Strukturen auf der anderen Seite zu entsprechen, wird helfen, wenn wir die Städte in den so verschiedenen Regionen stärken. Das bedeutet zunächst, diese Diversität zu akzeptieren und dementsprechend die Förderung nach den unterschiedlichen Ausgangslagen flexibel zu gestalten.

Daher ist es folgerichtig, diesen Zusammenhang in den strategischen Ansätzen ebenso bei den klassischen Instrumenten der Städtebauförderung, wie EFRE, ELER und ESF, zu spiegeln. Aufgabe der Landesregierung muss es sein, in der Umsetzung der neuen EU-Förderperiode diesen Grundsatz zu implementieren, damit er so zur Voraussetzung für die entsprechende Mittelvergabe und Kofinanzierung wird.

Zweitens wird zu überprüfen sein, ob angesichts der sozialen Begleitprozesse demografischer Entwicklung der gutgemeinte Vorhalt - „Der Stadtentwicklung nützt, was allen Bürgern nützt; was gut für Besucher ist, hilft zugleich den Bewohnern.“ in dieser Vereinfachung trägt. Folgte man dem, verfestigte sich der Irrglaube, dass mit der Stärkung starker Schultern zugleich allen Schwachen geholfen wird.

Sehr geehrter Herr Henschke! Sollten jetzt noch Drittens, Viertens, Fünftens kommen, haben Sie dazu leider keine Gelegenheit mehr. Sie sind schon weit über Ihrer Redezeit.

Gestatten Sie mir zumindest den Schlusssatz? - Schließlich vertraue ich auf die solide gewachsene Zusammenarbeit der Administration des Landes mit den Akteuren vor Ort bei der Umsetzung der Herausforderungen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henschke. - Wir kommen nun zum Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Tomzcak hat mich mit der Bemerkung vorgeschickt, ich soll es kurz machen. Ich kann das in der Tat machen, lieber Raimund; das ist kein Problem. Ich bemühe mich und muss hier keine weiteren tiefgreifenden Ausführungen dazu machen. Das hat der Vorredner teilweise übernommen.

In der Tat habe ich natürlich mit unseren Bürgermeistern - es gibt ja ein paar FDP-Bürgermeister im Land Brandenburg diesen Antrag reflektiert. Es wurde mir gesagt, dass das wirklich ein guter und wichtiger Antrag für die Städte des Landes Brandenburg sei.

Herr Boginski aus Eberswalde hat mir allerdings einen Auftrag mit auf den Weg gegeben. Mit Blick auf den schon angesprochenen Punkt 2 hält er es für außerordentlich wichtig, dass es einen solchen Bericht gibt. Daher will ich es einfach bei der Aufforderung bewenden lassen, dass dieser dann auch möglichst schnell kommt. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. Herr Tomczak kann sich bei Ihnen bedanken, alle anderen auch.

Wir kommen jetzt zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Jungclaus hat das Wort.

Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Im Städtebau wird ein leeres Grundstück ohne Funktion als Brache bezeichnet. Um solch eine Brache handelt es sich in meinen Augen bei dem vorliegenden Antrag. Meine Rede wird dazu auch recht kurz. Denn für mich gibt es dazu nicht viel zu sagen.

Sie legen einen Antrag vor, der wunderbar die Bedeutung der Städte für die Entwicklung unseres Bundeslandes beschreibt. Dagegen ist nichts einzuwenden. Sie haben das alles auch sehr hübsch formuliert, aber besonders glaubwürdig ist das nicht. Denn in der Infrastrukturpolitik der Landesregierung taucht Stadtentwicklung unter „ferner liefen“ auf. In dem vorliegenden Antrag ist das bis auf ganz wenige Maßnahmen ebenfalls

so. Es geht darum, wieder auf die Bundesebene zu verweisen. Aller guten Dinge sind drei. Jetzt haben wir den dritten Tagesordnungspunkt, bei dem die Bundesebene in den Vordergrund gestellt wird.

Was wir von Minister Vogelsänger vor allem in Sachen Stadtpolitik hören, ist Gejammer. Hauptsächlich jammert er über Kürzungen durch die Bundesregierung, was ich auch ein Stück weit nachvollziehen kann. Gleichzeitig nimmt er aber die Kürzungen auf Bundesebene im Landeshaushalt schon vorweg, anstatt „klare Kante“ gegenüber Herrn Ramsauer zu zeigen. Auch über schlechte Förderbedingungen von ELER und EFRE wird ab 2014 gejammert. Gleichzeitig ist der Minister aber nicht in der Lage, das gesamte Potenzial der jetzigen Förderperiode für die Stadtentwicklung auszuschöpfen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Der Bundesregierung werfen Sie gerne vor, das Thema Städtebauförderung fälschlicherweise zu vernachlässigen. Das ist richtig, das muss auch kritisiert werden. Aber auch in der Landespolitik kommt das Thema kaum vor. Was ist denn in den letzten Jahren im Bereich Stadtentwicklung passiert?

Und nun fordern SPD und die Linke wieder einmal einen Bericht. Kollege Henschke hat mich überrascht, als er selbstkritisch feststellte, dass man den Antrag auf den Punkt 2 reduzieren kann. Angesichts des Umgangs der Landesregierung mit solchen Aufforderungen darf man allerdings gespannt sein, ob der Bericht noch in dieser Legislaturperiode vorliegen wird.

Bei der Alleenkonzeption haben wir gerade erfahren, dass sich die Landesregierung nach sage und schreibe zweieinhalb Jahren nach wie vor in der Ressortabstimmung befindet. Der Bericht des Staatssekretärs im letzten Infrastrukturausschuss war an Kürze nicht zu überbieten: „Es gibt nichts zu berichten.“ - Ich denke daher, dass wir mit unseren Erwartungen an den Bericht über die Stadtentwicklung ebenfalls sehr tief ansetzen müssen.

Einen Anknüpfungspunkt für inhaltliche Kritik habe ich dennoch gefunden: das Festhalten an den Regionalen Wachstumskernen. Mit dem Konzept, nur einen Elitekreis zu fördern, verweigert die Landesregierung hartnäckig vielen Regionen die Unterstützung und schneidet sie damit von der Wirtschaftsentwicklung ab. Volkswirtschaftlich kann das regionale Fördergefälle nicht begründet werden, denn positive Effekte dieser Förderpolitik sind bislang definitiv nicht erkennbar.

Es ist daher überhaupt nicht zu verstehen, warum die Landesregierung entgegen der Erfahrungswerte der letzten Jahre und zahlreicher Expertenaussagen weiterhin an diesem Konzept festhält. Alles in allem: Das vorliegende Papier ist nichts anderes als ein Schaufensterantrag. Die konkreten Maßnahmen sind für mich so dünn, dass man es als entbehrlich bezeichnen kann. Im Stadtumbau würde man sagen: Klarer Fall für die Abrissbirne.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Es geht weiter mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Vogelsänger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich staune schon, dass es den Grünen immer wieder gelingt, irgendetwas schlechtzureden.

(Beifall und Zustimmung bei SPD und DIE LINKE)

Ich denke, dafür gibt es gar keinen Grund. Wir sind in der Stadtentwicklungspolitik sehr erfolgreich. Wir sind gut vorangekommen. Ich will den einen oder anderen daran erinnern, wie unsere Städte 1989 aussahen.

(Senftleben [CDU]: Sie wissen, wer da regiert hat?)

Es war fünf Minuten vor zwölf.

Wir können gemeinsam stolz auf das sein, was wir dort erreicht haben. Da muss ich die Grünen erinnern: Rot und Grün waren einmal zusammen in der Bundesregierung, und wir haben dort auch gemeinsam Stadtentwicklungspolitik gemacht. Man sollte hier nicht alles schlechtreden.

Es ist viel investiert worden. Herr Genilke hat schon 3,2 Milliarden Euro Städtebauförderung genannt, dazu kommen noch einmal 5,2 Milliarden Euro Wohnraumförderung. Wir haben die Städte verändert, die Städte sind Lebensraum, Lebensqualität. Ich finde es immer toll, wenn Bürger bei einer Einweihung dabei sind und Tränen in den Augen haben, weil sie über das, was man da gemeinsam geschafft hat, so erfreut sind.

Bei den historischen Stadtkernen haben wir sehr viel erreicht. Es kommen aber auch noch die großen Brocken, die ganz schwierig sind. Also muss da weiter unterstützt werden. Das muss das Land tun, das muss der Bund, das muss die EU tun.

Herr Jungclaus, es gibt eine Entscheidung, die ich dem Parlament vorgeschlagen habe. Es werden alle Mittel aus ELER, EFRE und Städtebauförderung kofinanziert. Das ist gut für Brandenburg, das ist gut für unsere Städte.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich will noch einmal auf die Bedeutung des Berichts zu sprechen kommen. Herr Genilke, wenn Sie Herrn Schweinberger anrufen, wird er Ihnen sagen, dass er sich selbstverständlich über den Auftrag des Parlamentes freut. Ich halte den Bericht und den Zeitpunkt für gut. Wir müssen jetzt gemeinsam dafür kämpfen, dass wir in der neuen EU-Förderperiode weiterhin nachhaltige Stadtentwicklungspolitik machen können. In diesem Jahr 2013 haben wir Bundestagswahlen und eine neue Bundesregierung. Auch beim Bund müssen wir dafür sorgen, dass weiterhin Städtebauförderung und Stadtentwicklungspolitik stattfindet. Wir sollten uns nicht zurücklehnen. Frau Alter hat es schon angedeutet: Die nächste Leerstandswelle 2016/2017 - deutet sich an. Der energetische Umbau unserer Städte ist eine Riesenherausforderung. Dazu kommt der demografische Wandel. Die Menschen zieht es zurück in die Städte. Mitunter haben wir Wohnraumknappheit in den Innenstädten und müssen dafür sorgen, dass dort entsprechender Wohnraum angeboten werden kann.

Es gibt viel zu tun. Schöne Grüße nach Eberswalde an den Bürgermeister! Ich bedanke mich herzlich für den Auftrag des Parlaments.

(Beifall SPD und teilweise DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Vogelsänger. - Die Redezeit aller Fraktionen ist erschöpft. Insofern kommen wir zur Abstimmung.

Es liegt Ihnen der Antrag auf Drucksache 5/6646 vor, eingebracht von den Fraktionen SPD und DIE LINKE mit dem Titel „Starke Städte in Brandenburg“. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist diesem Antrag mit deutlicher Mehrheit zugestimmt worden.