Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Scharfenberg, ich nehme die Befürchtungen dieses Bündnisses sehr ernst, halte sie aber letzten Endes nicht wirklich für begründet. Ich möchte Ihnen vier Argumente dafür nennen.
Zum einen ist die notwendige Grundlage für das gemeinsame Abitur eine hohe Übereinstimmung zwischen den Rahmenlehrplänen. Auch nach der Überarbeitung der bisher gemeinsamen Rahmenlehrpläne in unserem gemeinsamen Landesinstitut LISUM im Zuge der Reform der gymnasialen Oberstufe sind die Übereinstimmungen zwischen Berlin und Brandenburg nach wie vor sehr hoch. Sie sind so hoch, dass ganz überwiegend gemeinsame Prüfungsschwerpunkte für beide Länder möglich sind. Diese Prüfungsschwerpunkte sind seit dem Frühjahr 2012 bekannt. Weder brandenburgische Lehrerinnen und Lehrer noch Schülerinnen und Schüler stellen infrage, dass diese Prüfungsschwerpunkte im Unterricht mit der veränderten gymnasialen Oberstufe auch zu gewährleisten sind. Das heißt, sie sind nicht so schwer, dass man sie nicht bewältigen kann.
Zum Zweiten: Auch wenn die Unterrichtsstrukturen in der gymnasialen Oberstufe zwischen Berlin und Brandenburg künftig unterschiedlich sein werden, heißt das nicht, dass brandenburgische Schülerinnen und Schüler deshalb beim Abitur schlechter abschneiden werden. Wir haben in einem anderen Fall - in Hamburg - deutlich gesehen - das war vor wenigen Tagen in der Presse zu lesen -, dass die Schülerinnen und Schüler, die ein ganzes Jahr weniger Zeit zum Lernen haben, die also nach zwölf Jahren die Abiturprüfung im gleichen Jahr mit den „Dreizehnjährigen“ ablegen, teilweise sogar deutlich besser abgeschnitten haben. Insofern halte ich es für nachvollziehbar, dass man diese Befürchtungen hat, sie sind in der Realität aber nicht wirklich begründet.
In Brandenburg müssen fünf Fächer belegt werden - nämlich Deutsch und Mathematik, eine fortgeführte Fremdsprache, meist Englisch, eine Naturwissenschaft und ein ausgewähltes Fach - auf sogenanntem erhöhtem Niveau, das heißt mit vier Wochenstunden. In Berlin müssen - wie bisher bei uns - zwei Leistungskursfächer mit jeweils fünf Wochenstunden belegt werden, Fächer, die dann auch schriftliche Abiturfächer sind. Die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch werden voraussichtlich von jeweils 30 bis 40 % der Schüler als Leistungskurse gewählt. Auf den ersten Blick erscheint der Unterschied zum Beispiel in Mathematik mit vier Wochenstunden in Brandenburg und fünf Wochenstunden in Berlin als Nachteil für die Schülerinnen und Schüler in Brandenburg. Aber eine wichtige Erfahrung in der schulischen Praxis zeigt, dass sich eben Lernprozesse und Kompetenzentwicklung in diesen Fächern eines gemeinsamen Aufgabenfeldes auch wechselseitig stärken. So werden Schülerinnen und Schüler in Brandenburg von einem Deutschunterricht auf erhöhtem Anforderungsniveau auch in ihrem Unterricht in der fortgeführten Fremdsprache - Englisch oder Französisch - auf erhöhtem Anforderungsniveau profitieren. Das heißt, es gibt hier Synergieeffekte; denn es geht häufig um ähnliche Aspekte, wenn es um den Umgang mit Texten, um Textgestaltung, um Sprachbetrachtung oder auch um literarische Gattungen geht. In ähnlicher Weise werden sich auf dem erhöhten Anforderungsniveau Mathematik und die fortgeführte Naturwissenschaft ergänzen.
Der dritte Punkt: Inwieweit diese Unterschiede dennoch in den Abituraufgaben berücksichtigt werden sollen, wird zurzeit intensiv geprüft, und es wird voraussichtlich so sein, dass es unterschiedliche Teilaufgaben geben wird. Es liegen Vorschläge vor, dass es für die vier Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch oder Französisch mit bisher gemeinsamen Aufgaben zukünftig einen breiten Kern gemeinsamer Prüfungsaufgaben gibt, der von länderspezifischen Aufgaben flankiert wird. Das ist eine ähnliche Richtung, in die die Länder marschieren, die ein gemeinsames Zentralabitur ab 2017, was wir ja KMK-weit alle miteinander wollen, beschlossen haben. Das heißt, Brandenburg und Berlin gehen hier schon ein Stück weit voran.
Der vierte und letzte Punkt: Wie bisher ist neben den zentralen Bewertungsvorgaben in den Erwartungshorizonten zu den Prüfungsaufgaben der erteilte Unterricht ein wichtiges Kriterium für die Bewertung der Prüfungsleistungen. Auch hier besteht Spielraum, um Unterschiede zu berücksichtigen, und ich bin mir sicher, dass die brandenburgischen Lehrkräfte diesen Spielraum verantwortungsvoll nutzen werden.
Deswegen meine ich: Wenn man sich mit diesen vier Argumentationsketten auseinandersetzt, erkennt man, dass diese Sorge zwar nachvollziehbar, aber nicht wirklich berechtigt ist. Ich werde die kommenden Wochen und Monate für einen intensiven Dialog nutzen. - Danke.
Sie haben mit Ihren Ausführungen jetzt noch einmal bestätigt, dass es definitiv unterschiedliche Voraussetzungen geben wird. Was spricht eigentlich dagegen, unter diesen ungleichen Voraussetzungen das gemeinsame Abitur 2014 auszusetzen, bevor man riskiert, dass sich die Befürchtungen dann doch bestätigen und man sich diesen möglichen Angriffen aussetzt?
Herr Scharfenberg, der generelle Trend - das ist deutschlandweit so gewollt - geht in die Richtung, dass es ein hoher Wert ist, gemeinsam einen vergleichbaren Schlusspunkt, also das Abitur über mehrere Länder hinweg, zu haben. Wir haben in Brandenburg seit vielen Jahren eine wichtige Vorreiterrolle. Wir sehen, dass sich der Rest der KMK-Länder mittlerweile dieser Richtung anschließt. Deswegen gibt es für uns überhaupt keinen Grund, zurückzugehen und zu sagen: Wir machen wieder ein Abitur, das nur für Brandenburg gilt, und ein Abitur, das nur für Berlin gilt. Wir müssen mit diesen Vorgaben und dieser Zukunftsperspektive der KMK im Hinterkopf das gemeinsame Abitur weiterentwickeln.
Ich bin darüber hinaus mit meinen Länderkollegen, die sich auch schon ab 2014/2015 zu einem gemeinsamen Abitur verabredet haben, sprich Hamburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, im Gespräch, ob es hier nicht eine Möglichkeit gibt, beide Länder anzudocken. Diese Gespräche laufen zurzeit auf Fachebene, und der Staatssekretär führt heute dazu ein Gespräch mit seinem Berliner Kollegen.
Insofern ist diese Überlegung im Fluss. Es wird definitiv nicht so sein - das werde ich auch nicht zulassen -, dass hier Brandenburger Schüler einen Nachteil haben.
Was ich aber konstatiere, ist, dass diese Dinge nicht mit einem Satz zu kommunizieren sind. Deswegen ist es dringend notwendig, mit den Betroffenen zu sprechen, und das werde ich in den nächsten Wochen intensiv tun.
Angesichts der Tatsache, dass 80 Stunden aufgrund der vierstündigen Kurse im vertieften Bereich angeboten werden, und der Tatsache, die Sie auch geschildert haben, dass wir fünf Kurse mit vertiefter Bildung haben - die daraus resultierenden Synergieeffekte erschließen sich mir so nicht -, frage ich, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass 80 fehlende Stunden im Bereich des Festigens, im Bereich des Aufgabenverständnisses und des Übens doch unterm Strich eine große Belastung für die Schülerinnen und Schüler im Land Brandenburg sind.
Zweite Frage: Die Unsicherheiten im Umgang mit diesem gemeinsamen Abitur werden letztendlich durch die Lehrerinnen und Lehrer auf die Schülerinnen und Schüler übertragen. Was passiert jetzt genau vonseiten des Ministeriums, um den Lehrerinnen und Lehrern diese Unsicherheit zu nehmen?
Frau Große, wir sind in einem intensiven Gespräch mit dem Gymnasiallehrerverband. Ich kenne die Befürchtungen. Die Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe ist in enger Kooperation auch mit dem Gymnasiallehrerverband erfolgt. Ich habe bereits in der Antwort auf die Frage Ihres Kollegen ausgeführt, dass wir uns derzeit mit den anderen Ländern abstimmen und dass ich unmittelbar, wenn diese Ergebnisse vorliegen und wenn die Fachleute beginnen, die Abituraufgaben zu erarbeiten, mit dem Gymnasiallehrerverband noch einmal in einen Dialog treten werde, um gemeinsam mit ihnen diese Ängste auszuräumen.
Wir sind dabei, diesen Prozess weiterzuentwickeln. Wir werden die Fragen in Richtung der Kompetenzlevel öffnen, die wir auch im Rahmen der KMK erreichen wollten. Deswegen wird es keinen Nachteil für die Brandenburger Schüler geben. Dass wir hier nacharbeiten müssen, dass wir intensiv fachlich diskutieren müssen, ist völlig unbenommen, und das werden wir tun.
Herr Präsident! Meine Kollegen, vielen Dank für die Begrüßung! Vielen Dank auch an die Ministerin für ihre Worte.
Frau Ministerin, ich verstehe Sie nicht so - Sie haben Hamburg in Ihrer Antwort angeführt -, dass weniger Unterricht dazu führt, dass sich die Leistungen verbessern. Es mag solche Beispiele geben, aber ich glaube, so haben Sie es nicht gemeint.
Wäre es nicht umgekehrt möglich, dass die Vorreiterrolle von Brandenburg, die Sie angesprochen haben, möglicherweise nicht zulasten unserer Schülerinnen und Schüler geht, wenn wir die Stundenzahl unsererseits erhöhen? Sehen Sie eine Möglichkeit, dass wir uns insofern an Berlin angleichen, als wir die Stundenanzahl zum Beispiel im Fach Mathematik auf das Berliner Niveau anheben? Ich meine, dass die Argumente, die hier im Landtag und von der Initiative genannt worden sind, auch mit Ihren sehr umfangreichen Ausführungen so einfach nicht von der Hand zu weisen sind. Kollegin Große hat die mangelnde Stundenzahl schon angesprochen. Das ist ja etwas, was an unseren Schulen ganz aktuell diskutiert wird.
Herr Petke, ich nehme an, dass Ihre Kinder noch nicht in der gymnasialen Oberstufe sind. Sonst hätten Sie wahrscheinlich als Vater mitbekommen, dass wir die gymnasiale Oberstufe umstrukturiert haben. Wir haben fünf Kurse, die bis zum Abitur auf erhöhtem Niveau fortgeführt werden.
Es ist eine Steigerung im Vergleich zu dem, was wir vorher hatten. Wir wenden uns ab von den zwei Leistungskursen, die Berlin nach wie vor hat. Mit uns sind diesen Weg auch die leistungsstarken PISA-Länder gegangen - Sachsen, BadenWürttemberg und Bayern. Wir gehören zur Mehrheit der Länder, die sagen: Wir brauchen eine höhere Allgemeinbildung in mehr Fächern hin zum Abitur. Damit hat die neue Struktur zu tun.
Es geht nicht darum, dass die brandenburgischen Schüler weniger Unterricht haben. Die Struktur der gymnasialen Oberstufe ist eine andere. Die Verkürzung, zu sagen, hier gibt es 80 Stunden weniger Mathematik, also schlechtere Chancen, trifft nicht zu. Dazu muss man den gesamten Komplex betrachten. Dass das komplizierter ist und längere Ausführungen erfordert, leuchtet mir vollkommen ein, und für jemanden, der nicht im Thema steckt, scheint das auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein - es ist aber keiner. Wir müssen intensiv mit den Betroffenen sprechen, um diese Missverständnisse und Befürchtungen auszuräumen, denn es geht nicht darum - und ich werde auf keinen Fall dafür stehen -, dass Brandenburger Schüler einen Nachteil haben. - Danke.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich begrüße unsere Besuchergruppe, Migrantinnen und Migranten aus dem ganzen Land Brandenburg, betreut von der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Meine Damen und Herren, weil die nächste Frage als Antwort eigentlich nur eine Zahl erfordert und auch so spannend ist, lasse ich sie noch zu. Die Frage 1161 (Einrichtung einer Wolfs- informationsstelle) stellt Herr Dombrowski.
Herr Präsident, Sie haben Recht, Frage und Antwort werden vermutlich kurz ausfallen. In Brandenburg soll 2013 ein Wolfsinformationszentrum eingerichtet werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dombrowski, es beschränkt sich nicht auf eine Zahl, sondern auf die Erklärung: Soweit sind wir noch nicht. Der Standort ist noch nicht festgelegt, und wir wollen gerne ein Trägermodell haben, in dem sich auch der Träger an der Finanzierung beteiligt. Ich werde Sie rechtzeitig informieren, wenn die Entscheidung getroffen worden ist.
Damit ist die Fragestunde beendet. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Haushaltsgesetz 2013/2014 - HG 2013/2014)
Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 5/6562 - Neudruck -, vor.
Wir beginnen die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Burkardt spricht als Vorsitzender des Ausschusses für Haushalt und Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst eine frohe Botschaft für Sie, vielleicht auch für mich: Unter der Voraussetzung, dass mir der Herr Finanzminister oder möglicherweise auch der Kollege Görke nicht noch eine Vorlage liefert - den Ball auf den Elfmeterpunkt für eine Kurzintervention legt -,wird dies heute mein letzter Beitrag zur Haushaltsdebatte und mein letzter Beitrag voraussichtlich auch in diesem Jahr sein.