Protocol of the Session on November 15, 2012

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des fraktionslosen Abgeordneten Herrn Dr. Hoffmann fort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sucht man nach dem Wort Hochschulregion, so findet man inzwischen auch Hochschulregion Lausitz. Doch schnell zeigt sich, dass Wort und Begriff nichts Identisches sein müssen. Denn nirgendwo sonst wird unter Entwicklung einer Hochschulregion verstanden, lediglich aus zwei unterschiedlichen Hochschulformen eine Universität mit starkem Fachhochschulanteil zu machen. Außerdem geht es in anderen Regionen um ganz andere Dimensionen. Ich nenne als Beispiele nur die Hochschulregion Tübingen-Hohenheim oder die Hochschulregion Stuttgart.

Daran gemessen, ist das Projekt Hochschulregion Lausitz eine recht provinzielle Sache. Wenn es dann in dieser Region nur noch eine Hochschuleinrichtung geben sollte, passt der Begriff Hochschulregion nicht mehr. Das heißt allerdings überhaupt nicht, dass es im Land Brandenburg keinen Reformbedarf im Hochschulbereich gibt. Das heißt auch nicht, dass an der BTU und an der Hochschule Lausitz alles so bleiben sollte, wie es ist.

Doch was hat der Gesetzentwurf mit den zu lösenden wirklichen Problemen zu tun? Da ist zunächst die strukturelle Unterfinanzierung aller Universitäten und Fachhochschulen des Landes: Durch eine Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg wird sich hieran wohl nichts ändern.

Weiter gilt es, Bachelor- und Masterabschlüsse einerseits anzugleichen, die Übergänge durchlässiger zu machen, andererseits aber auch die unterschiedlichen Aufgaben von Fachhochschulen und Universitäten zu beachten, Fachhochschulen als vorwiegend an sehr konkreten Berufen und wirtschaftlicher Praxis orientiert, Universitäten als Zentren eines darüber hinausgehenden kritischen Denkens. Die Praxisbeziehungen sind verschieden. Die Aufgaben sind nicht besser oder schlechter, sondern unterschiedlich.

Warum die Hochschule Lausitz immer wieder dafür gelobt wird, dass sie teilweise Universitätsniveau erreicht habe, und nicht vor allem dann, wenn sie mit ihren Absolventen die Erwartungen an konkrete Berufsbilder erfüllt, bleibt mir ein Rätsel. Außerdem sollten wir vielleicht beachten, dass Kooperationen und Arbeitsteilung nicht an Ländergrenzen halt machen können. Auf der Fahrt von Potsdam zur „Senftenberger Biotechnologie“ müssen Sie rechtzeitig bremsen, sonst landen Sie ein paar Kilometer weiter, am Dresdener Biotechnologiezentrum mit etwa 230 Wissenschaftlern.

Was wird aus Hochschulangehörigen, die jetzt nach Landestarif bezahlt werden und dann mit dem TV Umbau erheblich schlechter gestellt sein werden? Was wird aus der Musikpädagogik, wenn sie nicht mehr allein der Musik wegen gelehrt werden kann, sondern einem bestimmten Zweck am Markt dienen soll? Was passiert, wenn Forschungsleistungen an der Fachhochschule erbracht werden, die nur von Universitäten zu erwarten sind? Die Antwort des neuen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, ist deutlich: Dann soll

te man sie in Universitäten umwandeln und wie Universitäten ausstatten.

Die für mich wichtigste Frage ist, wie wir im Land zukünftig damit umgehen, dass das Geld für mehrere Volluniversitäten und Dopplungen im Lehrangebot der Fachhochschulen nicht reichen wird. Wir brauchen eine neue Struktur, eine neue Konzeption für das Hochschulsystem des Landes insgesamt. Allein schon die Diskussion darüber würde wahrscheinlich allen Hochschulleitungen wehtun, auch denen in Senftenberg und Cottbus.

Dennoch: Arbeitsteilung und Kooperation und mutige Entscheidungen nach demokratischer Beteiligung aller Betroffener sind auf Landesebene angesagt, nicht separat im Süden. In der Lausitz auszuprobieren, wo die Schmerzgrenze liegt, ist der falsche Weg, wie sich zeigt.

Es ist auch nicht fair, von einem parallelen Prozess der Erarbeitung eines Landeshochschulkonzeptes zu sprechen, wenn in der Lausitz bereits alles entschieden ist, ohne Rücksicht auf andere, vielleicht bessere Ideen, die inzwischen entstanden sind. So besteht die Gefahr, dass dieses Gesetz die unter den konkreten brandenburgischen Bedingungen notwendigen Veränderungen zum Besseren behindert und nicht befördert. Da allerdings ein hoher Grad der Sensibilisierung und Beteiligung zu hochschulpolitischen Fragen erreicht ist und die Anhörung im Ausschuss noch aussteht, ist es, wie ich denke, noch nicht zu spät. Vielen Dank.

(Beifall der Abgeordneten Niels [fraktionslos])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann. - Wir setzen die Aussprache mit einem weiteren Beitrag der Landesregierung fort. Frau Prof. Dr. Kunst erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einige Dinge möchte ich gern ein bisschen gerade rücken. Zum einen: Herr Prof. Dr. Schierack und Frau von Halem, Sie haben die Konnotation „Zwangsfusion“ gewählt. Mir ist nicht ganz klar, warum es immer wieder zur Benutzung dieses Wortes kommt - offenbar doch auch in Ermangelung tatsächlicher Argumente. Zumindest habe ich keine neuen vernommen.

Zum Zweiten: Es handelt es sich nicht um einen Eingriff in die Hochschulautonomie, sondern ein Gesetzentwurf ist Ausdruck der professionellen Wahrnehmung der Rolle der Exekutive. Alles andere obliegt diesem Hause.

Lassen Sie mich weiterhin zu dem wiederkehrenden Hinweis kommen, dass sich die Kommissionen für den Erhalt beider Hochschulen ausgesprochen hätten. Es ist richtig: Die Kommissionen unterbreiteten zunächst den Vorschlag, beide Hochschulen zu erhalten, aber innerhalb der bestehenden Strukturen fünf gemeinsame Einrichtungen zu etablieren. Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen: für zwei Hochschulen, die zusammen 10 000 Studierende haben, fünf gemeinsame Einrichtungen!

Man muss ehrlicherweise dazusagen, dass die Kommissionen

gleichzeitig erheblichen Zweifel geäußert haben, ob diese gemeinsamen Einrichtungen unter den bestehenden Strukturen erfolgreich betrieben werden, und vorgeschlagen haben, die BTU nennenswert umzustrukturieren, oder andersherum: umzukrempeln.

(Zustimmung des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Mit dem Gesetzentwurf sind wir also nahe an den Kommissionsempfehlungen, keinesfalls im Widerspruch dazu. Er ist sogar schonender als manches, was passieren würde, wenn die Kommissionsempfehlungen tatsächlich umgesetzt werden würden.

(Zustimmung des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Ich habe es vorhin bereits im Zusammenhang mit dem vorherigen Tagesordnungspunkt gesagt: Die Hochschulentwicklungsplanung des Landes ist im MWFK fertiggestellt. Eine Rahmenvereinbarung mit verbindlichen Zusagen für vier bis fünf Jahre wird derzeit in der Landesregierung abgestimmt. Wir planen Hochschulverträge zwischen den Hochschulen und dem MWFK. Dabei sind beide Seiten an die Hochschulentwicklungsplanung und die Rahmenfestlegung gebunden. Dass dies also im luftleeren Raume vor sich hinwabert, ist schlicht nicht zutreffend. Die Hochschulverträge konkretisieren ganz eindeutig die im Hochschulentwicklungsplan festgelegten Zielsetzungen für die einzelnen Hochschulen. Ich denke, das ist Konzept und eindeutig genug.

Ich habe gerade den Vorwurf gehört, die neue Hochschule in der Lausitz müsse den mit der Gründung verbundenen Mehraufwand mehr oder weniger allein oder aus der eigenen Rippe stemmen. Das ist nicht richtig. Die Universität erhält einen temporären Schutzraum, in dem sie für die nächsten Jahre eine feste Zahl von Stellen, ein festes Mindestbudget plus 10 % Zuschlag für Gründungsaufwand zugesagt bekommt. Dauerhaft wird sich aber auch die neue Hochschule selbstverständlich dem Wettbewerb zu stellen haben. Über die Kriterien, die Indikatoren für den landesinternen Wettbewerbserfolg bestimmen wir mit allen Hochschulen in aller Ruhe, und das wird es zu verhandeln gelten.

Ich komme zu dem letzten Punkt, den Frau von Halem angesprochen hatte: Warum ist der Gesetzentwurf so strukturiert, wie er strukturiert ist? Sie hatten angemerkt, dass darin zu wenig Vorgabe und zu viele Freiheitsgrade enthalten seien, weil nicht eindeutig sei, in welche Richtung es genau geht. Frau von Halem, das ist genau das Kriterium der durchgesetzten und durchgestalteten Hochschulautonomie, dass es die Entscheidung der BTU Cottbus-Senftenberg sein wird, im Prozess die Orientierung für sich selbst zu wählen.

(Frau von Halem [GRÜNE/B90]: Das habe ich auch ge- sagt!)

Grundordnungen kann man nicht erhalten, wenn man eine neue Hochschule gründet, sondern um funktionsfähig zu sein, muss es eine neue, vorläufige sein, damit dann in Selbstbestimmung nach wenigen Monaten - das ist auch im Gesetzentwurf enthalten - über den erweiterten Gründungssenat die eigenen Selbstbestimmungsgremien neugefasst und durchentschieden werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Prof. Dr. Kunst. - Es gäbe nun die Möglichkeit, noch 02:37 Minuten erarbeitete Redezeit zu nutzen. - Ich sehe niemanden - doch, Frau von Halem möchte davon Gebrauch machen und hat ihre Redezeit auch noch nicht aufgebraucht. Sie haben also noch dreieinhalb Minuten.

Frau Ministerin, ich wollte nur noch einmal klarstellen: Es war nicht der Vorwurf, dass ich meinte, es gebe zu viel Autonomie, sondern es war umgekehrt die Aussage: Wenn es schon so viel Autonomie gibt, warum kann man nicht auch das Grundgerüst, die Grundverfasstheit, dem erweiterten Gründungssenat in die Hand geben? Das war der Vorschlag.

Vielen Dank. - Frau Ministerin hat jederzeit die Gelegenheit zu reagieren. Bitte.

Wegen der Grundverfasstheit machen wir ja den Gesetzentwurf. Letztendlich ist ein Element der Landeshochschulstrukturentwicklungsplanung, eine BTU Cottbus-Senftenberg haben zu wollen. Alles andere, wie sie sich dann ausformt, kann im Laufe des Prozesses entschieden werden - ob Fakultäten oder Schools.

Was aber unvermeidbar ist: dass es erst einmal eine Grundlinie geben muss, anhand derer sich die Universität überhaupt orientieren kann, also eine vorläufige Grundordnung.

Vielen Dank, Frau Prof. Dr. Kunst. - Wir kommen nun zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes in der Drucksache 5/6180, Gesetz zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz, an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Zwei Gegenstimmen. Enthaltungen? - Es gibt keine. Bei zwei Gegenstimmen ist dieser Überweisung mehrheitlich Folge geleistet worden.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/6260

1. Lesung

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Ich komme demzufolge zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in Drucksache 5/6260, Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes, an den Ausschuss für Wissenschaft,

Forschung und Kultur. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? Enthaltungen? - Es gibt keine. Damit ist das Gesetz einstimmig an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses gemäß § 12 des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen an den Landtag Brandenburg (Petitionsgesetz)

Bericht des Petitionsausschusses

Drucksache 5/6187

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Vorsitzenden des Petitionsausschusses. Frau Abgeordnete Fortunato, Sie haben das Wort.

Frau Fortunato (Vorsitzende des Petitionsausschusses):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Gestatten Sie mir, bevor ich zum eigentlichen Bericht komme, dem bisherigen Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Thomas Domres, Danke zu sagen für seine langjährige Arbeit im Petitionsausschuss,

(Beifall DIE LINKE)

Danke zu sagen für seine ihm eigene ausgeglichene und fordernde Art als Vorsitzender. Unter seinem Vorsitz sind in den letzten Jahre viele Entscheidungen getroffen und Weichen gestellt worden, die die Arbeit des Ausschusses in Zukunft bestimmen werden. Nochmals also vielen Dank, Thomas!

Nun zum uns vorliegenden Bericht. Waren es im zweiten Jahr der Legislaturperiode noch 865 Petitionen, so sind es im dritten Jahr bereits 1 200, die bei uns eingegangen sind. Die Zunahme ist im Wesentlichen auf einen regional begrenzten Petitionsaufruf zur Altanschließerproblematik zurückzuführen. Eine Sammelpetition, fünf Massenpetitionen und 448 Einzelpetitionen gab es allein zu diesem Thema. Das Urteil des Verfassungsgerichtes zu den Altanschließern wird nun hoffentlich Rechtssicherheit in dieses ganze Thema bringen - sowohl für die Bürger als auch für die agierenden Zweckverbände. Die Bürger möchten ihr Anliegen geprüft wissen und vor allem - wen wundert das? - Recht bekommen. Dass sie manchmal kein Verständnis für die ihnen zukommende Antwort aufbringen, lassen sie uns auch wissen.