Protocol of the Session on November 14, 2012

Meine Damen und Herren, wir können nicht erkennen, dass die Landesregierung ein einheitliches Konzept zur Vermittlung von Unternehmertum und wirtschaftlichen Zusammenhängen im Schulunterricht hat. Wir fordern deswegen eine stärkere Verankerung von unternehmerischem und wirtschaftlichem Wissen im Unterricht. Es reicht uns nicht, dass diese Themen nur neben

bei - im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik - behandelt werden. Das ist eindeutig zu wenig und trägt nicht den Anforderungen, die an unsere Schüler gestellt werden, Rechnung.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Auch bei Ihnen, ja. Es wäre vielleicht günstig, wenn Sie sich selbst einmal damit beschäftigen.

(Beifall FDP)

Auch die Auffassung der Landesregierung,

(Zuruf)

dass eine stärkere Vermittlung von Gründergeist nicht zur Steigerung der Selbstständigenquote beitrage, teilen wir nicht. Die Beschäftigung mit dem Sozialismus und die Erfahrungen, die ich am eigenen Leibe gemacht habe, haben dazu geführt, dass ich heute ein erklärter Liberaler bin.

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen interessiert sich sehr für Wirtschaftsthemen und kann sich vorstellen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Diesen Schatz gilt es zu bergen. In puncto unternehmerische Ausbildung besteht in Brandenburg enormer Nachholbedarf. Nachholbedarf sowie Potenzial sehen wir auch im Bereich der Patentanmeldungen; hier nimmt Brandenburg regelmäßig hintere Plätze ein. Die Landesregierung sieht die Gründe darin, dass es bei uns zu wenig Mutterkonzerne und Unternehmenszentralen gebe. Wir sind erfreut darüber, dass die brandenburgische Volkswirtschaft überwiegend von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Es muss deswegen vielmehr das Ziel sein, diesen KMU im Bereich der Forschung und Entwicklung unter die Arme zu greifen, damit sie mehr Patente generieren können. Auch bei Forschung und Entwicklungsförderung hakt es in Brandenburg, wie wir von mehreren Seiten gehört haben.

Meine Damen und Herren, viel bringt nicht immer viel. Qualität geht vor Quantität. In Brandenburg existiert eine Vielzahl von Instrumenten und Maßnahmen der Gründungsförderung. Allerdings liegen uns keine Erkenntnisse über deren langfristige Wirksamkeit vor. Wie so oft werden auch hier potenzielle Nutzer von Bürokratie geplagt, um nicht zu sagen erschlagen. Wir fordern deshalb die Landesregierung in unserem Entschließungsantrag dazu auf, die Förderinstrumente und Maßnahmen auf Bürokratie, Anwenderfreundlichkeit und Wirksamkeit hin zu überprüfen und entsprechend zu modifizieren.

Wir bitten Sie, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. Den Entschließungsantrag von SPD und Linken lehnen wir ab. Zum Abschluss darf ich Ihnen noch ein Zitat liefern, um vielleicht Ihre Abstimmungsmotivation zu beeinflussen:

„Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“

Das sagte der Autokonstrukteur Porsche, und bis zum heutigen Tag prägt dieser besondere Tüftler- und Pioniergeist mit weit über 70 Jahren die Philosophie des Unternehmens Porsche. Solche Tüftler und Pioniergeister müssen wir in Brandenburg motivieren - lassen Sie uns daran arbeiten!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Kosanke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Tomczak, ich muss gratulieren, dass es Ihnen gelungen ist, die Debatte zu dieser Antwort der Landesregierung in die Gründerwoche zu legen. Das war eine gelungene Terminplanung. Hut ab, das hat funktioniert.

Was auch funktioniert hat: Es ist gelungen, das Interesse dieses Hauses noch einmal auf die Unternehmerinnen und Unternehmer dieses Landes zu lenken, vor allem auf die Gründer. Das ist eine Geschichte, die wir einfach nur gut finden können. Hier haben wir meist junge Leute, die mit den Erfahrungen, die sie gesammelt haben - im brandenburgischen Wissenschaftssystem, im brandenburgischen Bildungssystem und in der brandenburgischen Wirtschaft -, ihr Glück in die eigenen Hände nehmen, um erfolgreich ihre Zukunft und die Zukunft von anderen zu gestalten. Dabei wollen wir sie unterstützen.

Die Interpretation der Antwort auf die Große Anfrage geht bei uns aber in eine etwas andere Richtung. Wir können nämlich feststellen, dass wir die Gründerinnen und Gründer sehr wohl in den letzten Jahren gut unterstützt haben. Das belegen die Zahlen, und dazu brauchen wir auch keine weitere Evaluation, keine weitere Bürokratie, die die vielen Seiten der Antwort der Landesregierung um noch mehr Seiten bereichern und Kräfte in der ZAB, im Wirtschaftsministerium und bei den Kammern binden würde, die sich sonst für unsere Gründerinnen und Gründer einsetzen könnten. Insofern werden wir Ihrem Entschließungsantrag nicht zustimmen können. Wir meinen, dass gute Arbeitskraft nicht für ein nicht notwendiges Thema vergeudet werden sollte.

Ich finde es schade, dass Sie nicht darauf eingegangen sind, dass die Bundesregierung die Gründungszuschüsse kürzt. Das ist ärgerlich. Wir haben im Land gemerkt, dass Gründungszuschüsse sehr wohl helfen, weil man gerade den Gründerinnen und Gründern ein bisschen auf die Beine helfen muss. Sie haben gute Voraussetzungen; es fehlt nur noch ein bisschen Geld oder Coaching. Sie können hier im Raum herumschauen: Der eine oder die andere hat das sogar am eigenen Leib miterleben dürfen - im positiven Sinne. Wir alle kennen gute Beispiele.

Insofern kann ich Sie nur bitten, vielleicht doch umzuschwenken und auf unseren Entschließungsantrag einzugehen: Diese Mittel, die vom Bund nicht mehr kommen, wollen wir als Land ersetzen. Wir wollen in die dort geschlagene Lücke hineingehen, um den Faden nicht abreißen zu lassen, um die Unterstützung für die meist jungen Leute weiter zu gewähren. Ich kann einfach nur darum bitten, dass Sie uns auf diesem Weg unterstützen. Wir werden das zumindest tun, das sind wir unseren Gründerinnen und Gründern schuldig. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kosanke. - Wir setzen die

Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Bommert hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Sören, es ist interessant, Dir zuzuhören. Ich sehe hier zwar nicht so viele Menschen, die ein Unternehmen gegründet haben, und muss auch sagen, dass ich mein Unternehmen damals ohne Zuschüsse gegründet habe. Ich weiß aber, dass das damals eine andere Zeit war, und finde es toll, dass man es heute macht und unterstützt.

Ich greife einmal auf ein Zitat der Landesregierung zurück:

„Die Landesregierung misst dem Unternehmertum in Brandenburg eine hohe Bedeutung bei.“

Das hört sich erst einmal gut an, die Lebenswahrheit ist aber eine leicht andere. Es ist interessant, wenn man auf den Seiten des Wirtschaftsministeriums surft und den Begriff „Gründung“ eingibt. Es erscheinen 27 Einträge. Der erste Eintrag ist eigentlich der einzige, der sich wirklich mit dem Thema Gründung beschäftigt - er ist aber an Migranten gerichtet.

Wenn man ihn durchblättert, muss man leider feststellen: Er ist so alt, dass dort noch die Ich-AG auftaucht.

(Minister Baaske: Sie müssen einmal bei uns auf die Homepage schauen!)

- Ich gucke natürlich zuerst beim Wirtschaftsministerium nach. Das ist ja dafür zuständig. - Wie gesagt: Dort kann man sogar noch eine Ich-AG gründen. Aber seit sechs Jahren gibt es sie nicht mehr.

Geht man auf die Seite des Arbeitsministeriums, erscheinen immerhin schon 199 Einträge. Allerdings sind es zum größten Teil Pressemitteilungen des Ministeriums. Aber man sieht: Sie beschäftigen sich wenigstens mit diesem Thema.

Die Landesregierung brüstet sich mit Zahlen und Auszeichnungen. Nur, die Wahrheit ist leider eine andere. Zwischen Gewerbean- und -abmeldungen klafft eine Zahl von Tausend. Das zieht sich durch viele Branchen quer durchs ganze Land. Auch im IT-Bereich sieht es nicht rosig aus. Brandenburg belegt dort zwar Platz 9. Schaut man sich die Zahlen aber genauer an - gerade weil wir bei den ostdeutschen Ländern führen, so stellt man fest: Das ist eigentlich nur um Berlin herum der Fall; in der Peripherie des Landes, weiter weg von Berlin, passiert das nicht. Gerade da sollte es aber nötig sein, Leute, die gründen wollen, zu unterstützen; denn da brauchen wir Firmen, da brauchen wir Arbeitskräfte.

Was unternimmt die Landesregierung, um junge Menschen dem doch so wichtigen Unternehmertum im Land näherzubringen? - Eine Antwort der Landesregierung in der Großen Anfrage ist: Das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten führte fünf Schulveranstaltungen mit etwa 220 Schülern durch, in denen das Thema „Unternehmertum“ diskutiert wurde. 220 Schüler bei 16 500 Schulabgängern - das ist knapp über 1 %. Insofern hat man mit etwas mehr als 1 % der Schulabgänger gesprochen. Ob das nun eine tolle Leistung ist, ist aus meiner Sicht fraglich.

Leider sieht die Landesregierung auch im Schulalltag keinen Handlungsbedarf. Sie verweigert sich eher, ein von der Wirtschaft und auch von uns gefordertes sinnvolles Schulfach „Wirtschaft“ zu unterstützen. Dabei unterstützen diese Forderung alle Kammern und Verbände, sie wünschen und wollen dieses Fach. Dennoch stößt es hier leider auf taube Ohren.

Eine weitere Aussage der Regierungskoalition ist:

„Die Landesregierung misst den Hochschulen zur Entstehung einer Gründerkultur und zur Beförderung von Gründungen eine große Bedeutung bei.“

Schauen wir uns aber den aktuellen Umgang mit der BTU Cottbus an, wird hier wieder eine andere Sprache gesprochen.

Zum Thema „Wissenschaft und Wirtschaft“: Seit 2004 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie mehr als 1 600 Gründungswillige in die Förderung aufgenommen. Daraus entstanden 791 Unternehmen. Leider erfolgt - das ist wieder typisch für die Landesregierung - keine Erfolgskontrolle; denn es gibt weder eine Antwort der Regierung noch statistische Erhebungen zur Überlebensquote der Ausgründungen. Angesichts der knappen Mittel des Landes sollte man hier jedoch nachhaken und schauen, wie es weitergeht.

(Beifall CDU)

Zum Thema „Patentanmeldung“: Seit dem Jahr 2000 liegt Brandenburg auf den hintersten Rängen. Darauf scheint die Landesregierung besonders stolz zu sein; denn wie sollte man sonst die Aussage: „Seit dem Jahr 2006 nimmt Brandenburg demnach fast immer den 12. Platz ein“ werten? - Hier gibt es eindeutig Potenzial nach oben. Mit einer guten, effizienten und zielgenauen Technologieförderung kann man hier einiges bewirken. Stattdessen lässt Brandenburg GRW-Mittel in Höhe von 46 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren verfallen, weil die Kofinanzierung fehlt. Andere Bundesländer werden sich darüber freuen.

Eines sei an dieser Stelle am Rande noch gesagt: Einige der Passagen in der Antwort auf die Große Anfrage sind Plagiate; denn sie wurden einfach aus Bundestagsdrucksachen ohne Kennzeichnung abgeschrieben. So viel zur Vorstellung der Landesregierung über Gründungen. Eigene Ideen scheinen zu fehlen.

Natürlich wird man hier wieder - wie es bereits getan wurde sagen: Der Bund ist schuld. Der Bund ist ja immer schuld, wenn irgendwo in diesem Land Geld fehlt.

(Domres [DIE LINKE]: Hat er gekürzt oder hat er nicht gekürzt?)

Man wird uns sagen: Das Land muss sparen, und den Haushalt müssen wir konsolidieren. - Meine Damen und Herren, wo ist dann aber das Gründungsland Brandenburg?

(Domres [DIE LINKE]: Hat er gekürzt oder nicht? - Gör- ke [DIE LINKE]: Antworten!)

Ich greife an dieser Stelle auf ein Zitat unseres Arbeitsministers zurück. Minister Baaske sagte:

„Der Gründungszuschuss rechnet sich persönlich und gesellschaftlich: Menschen kommen in Arbeit, oft beschäf

tigen sie als Selbstständige weitere Personen. Viele zahlen bereits nach kurzer Zeit Steuern in das Sozialsystem, anstatt Arbeitslosengeld zu beziehen.“

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Richtig!)

Dann sollte die Regierungskoalition diesen Worten folgen, sie aufgreifen und etwas Eigenes für Brandenburg tun. Man kann und sollte sich an dieser Stelle den Nachbarn Berlin als Beispiel nehmen. Die Stadt Berlin gibt einen Meisterzuschuss für Menschen, die sich im Handwerk selbstständig machen.

Herr Kollege Bommert, Ihre Redezeit ist beendet.

Ich bin gleich fertig.