Protocol of the Session on September 26, 2012

(Beifall DIE LINKE)

Für die letzten drei Minuten Redezeit dieser Aktuellen Stunde erhält Minister Baaske das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde diese Debatte heute richtig und wichtig. Sie gehört in die Zeit, wenngleich ich mir eine andere Zeit vorstellen könnte. Aber die Debatte haben wir nun einmal im Land; also muss sie auch im Landtag geführt werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das, was wir jetzt brauchen, sind Modellrechnungen, so ein bisschen Mathematik. Man kann sich vieles wünschen. Man kann sich wünschen, dass die Menschen in diesem Land mit 65 Jahren in Rente gehen. Man kann sich auch wünschen, dass sie mit 60 Jahren in Rente gehen. Man kann sich wünschen, dass wir eine solidarische Rentenversicherung haben, in die alle einzahlen - dann übrigens auch, Kollege Görke, die jetzt verbeamteten Polizisten. Dann müssten sie auch bis 67 Jahre arbeiten.

(Beifall der Abgeordneten Lehmann [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Wir können uns wünschen, dass wir die Umlage bei 20 %, 22 % oder 19 % halten; auch das kann man sich wünschen. Man kann sich wünschen, dass die Rentenhöhe bei 50 %, 43 % oder 53 % liegt. Auch das sind Wünsche. Man kann sich wünschen, dass die Beitragsbemessungsgrenze hochgeht auf 6 000 Euro. Man kann sich auch wünschen, dass sie bei 3 000 Euro bleibt.

All das ist kein Problem von Herrn Prof. Dr. Butterwegge; er ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Das ist ein Problem der einfachen Mathematik. Man kann sich das ausrechnen für die Jahre 2020 und 2030. Man kann Szenarien entwickeln, was bei welcher Lohnhöhe wann passiert. All das kann man mit Mathematik berechnen. Man sollte sich meiner Ansicht nach wirklich einmal an den Zahlen orientieren, die real sind, und sich dann entscheiden: Das und das können wir aus der Umlage der Rente wuppen, und das wollen wir über Steuern finanzieren. - Auch das gehört zu einer ehrlichen Debatte.

Dann wird man zweifelsohne dazu kommen zu sagen - ich habe das vorhin ausgeführt -: Okay, wir müssen die Steuern für die Gutverdienenden in diesem Lande erhöhen. Auch das kann ein gesellschaftlicher Kompromiss sein. Bei der Rente - gerade bei der Rente – ist es wichtig, einen gesellschaftlichen Kompromiss zu finden, der lange Zeit trägt, und dass nicht nach einer Bundestagswahl wieder neue Entscheidungen gefällt werden. Wir müssen den Menschen die Sicherheit geben, dass sie im Jahr X so und so viel Rente aus der und der Finanzierung erhalten. Das müssen wir hinbekommen. Ich zweifele allerdings daran, dass das ein Jahr vor der Bundestagswahl gelingen wird. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Damit sind wir am Ende der Rednerliste angelangt und kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der FDPFraktion in der Drucksache 5/6025. Wer dem Entschließungsantrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1.

Ich begrüße inzwischen unsere Gäste vom Barnimer Oberstufenzentrum II aus Eberswalde. Ihr seid in einen spannenden Tagesordnungspunkt gelangt. Ich wünsche euch viel Interesse daran.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 5/6016 Drucksache 5/5990

Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 65 (Solarpark Neuhardenberg), gestellt vom Abgeordneten Beyer von der FDP-Fraktion.

Mit dem Solarpark in Neuhardenberg befindet sich derzeit die größte deutsche Solaranlage im Bau. Zum Stichtag 30.09. muss der Betreiber den sogenannten „Glühlampentest“ nachweisen, um in den vollen Genuss der EEG-Förderung zu kommen. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die gesamte Fläche - es geht um 2,4 Millionen m2 - vollständig kampfmittelberäumt ist. Nach menschlichem Ermessen und nach Erfahrungen der guten fachlichen Praxis erscheint das zumindest höchst zweifelhaft. Wie jüngste Berichte zeigen, steht der Verdacht im Raum, dass die ordnungsgemäße Beräumung der Fläche unter dem enormen Zeitdruck vernachlässigt wird. So sollen unter anderem Aspekte des Arbeitsschutzes, der tariflichen Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der guten fachlichen Praxis bei der Beräumung der Fläche außer Acht gelassen werden.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie stellen Sie sicher, dass die Fertigstellung des Solarparks Neuhardenberg, die durch die Bestimmungen des EEG unter enormem Zeitdruck steht, nicht zulasten der ordnungsgemäßen Kampfmittelberäumung der Fläche realisiert wird?

Der Innenminister erklärt uns jetzt, wie es um den Flugplatz der Regierungsstaffel aussieht.

Der offensichtlich noch die besondere Sympathie des Landtagspräsidenten genießt. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Beyer, es ist grundsätzlich so: Wenn ein Grundstückseigentümer auf seinem Grundstück bauen möchte, benötigt er eine Bescheinigung

über die Kampfmittelfreiheit dieses Geländes. Hierfür wendet sich der Grundstückseigentümer im Normalfall zunächst an den Kampfmittelbeseitigungsdienst, um zu erfahren, ob sein Grundstück als Kampfmittelverdachtsfläche eingestuft ist oder nicht. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst führt hierzu eine landesweite Übersicht, in der die belasteten wie auch die unbelasteten Flächen erfasst sind.

Liegt das Grundstück in einer unbelasteten Fläche, kann der Grundstückseigentümer ohne Weiteres auf diesem Grundstück bauen, und er erhält eine Bescheinigung, die für die Bauaufsicht ausreichend ist. Liegt das Grundstück dagegen in einer belasteten Fläche, wie es beim Solarparkgelände in Neuhardenberg der Fall ist, muss zunächst sondiert und gegebenenfalls, wenn Kampfmittel gefunden werden, beräumt werden.

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst führt das Sondieren, Freilegen und Bergen heute in der Regel nicht mehr selbst durch. Vielmehr kann der Grundstückseigentümer eine Privatfirma mit der Beräumung direkt beauftragen; diese stellt dann das Protokoll über die Räumung kampfmittelbelasteter Flächen aus. Das Original des Protokolls erhält der Bauwillige für die Bauaufsicht. Eine Kopie erhält der Kampfmittelbeseitigungsdienst, um seine landesweite Übersicht zu vervollständigen.

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst übt keine Aufsicht über die in diesem Bereich tätigen Privatfirmen aus und kontrolliert deren Bescheinigung nicht. Das Risiko trägt die beauftragte Firma bzw. der Grundstückseigentümer. Die auf Räumstellen tätigen Firmen müssen jedoch die Anforderungen des Sprengstoffgesetzes erfüllen. Insbesondere seien hier erwähnt § 7, der die Erlaubnis zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen regelt, und §§ 20 ff. - Befähigungsschein, Bestellung verantwortlicher Personen, Mitführen von Urkunden usw.

Nach Angaben des Kampfmittelbeseitigungsdienstes konnte die vor Ort in Neuhardenberg tätige Firma zum Zeitpunkt der nach wie vor dem KMBD vorbehaltenen - Abholung von Kampfmitteln diese nach dem Sprengstoffgesetz geforderten Nachweise nicht vorlegen. Außerdem fehlte es an den notwendigen Sprachkenntnissen des vor Ort tätigen Personals. Deswegen hat sich der Kampfmittelbeseitigungsdienst an das zuständige Landesamt für Arbeitsschutz in Eberswalde gewandt. - Das ist der Stand. - Danke sehr.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 1059 (Körperschafts- steuer für kommunale Kindertagesstätten), die die Abgeordnete Lieske stellt.

Am 19. September 2012 hat der Bundesfinanzhof ein Urteil veröffentlicht, nach dem kommunale Kindertagesstätten Körperschaftssteuer zahlen müssen. Da Kindertagesstätten miteinander im Wettbewerb stehen, seien sie als „Betriebe gewerblicher Art“ anzusehen. Von den 1 768 Kindertagesstätten in Brandenburg sind 965 in kommunaler Hand.

Ich frage deshalb die Landesregierung, welche Auswirkungen durch das Urteil auf den politisch gewollten und mit staatlichen Zuschüssen forcierten Ausbau der Kita-Betreuung zu befürchten sind.

Das kann niemand besser beantworten als der Finanzminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lieske, ja, die Landesregierung ist über diesen Urteilsspruch unglücklich - unglücklich deswegen, weil er einen Gedankenwechsel darstellt, wonach das Wettbewerbsrecht sukzessive alles andere dominiert.

Durch dieses Urteil werden kommunale Träger von Kindergärten faktisch als Betriebe gewerblicher Art eingestuft. Betriebe gewerblicher Art haben Körperschaftssteuer zu zahlen; das ist nach der Steuersystematik richtig. Begründet wird das damit: Weil es nicht nur kommunale, sondern auch private Kindergärten gibt, ist der Kindergarten keine hoheitliche Aufgabe, sondern unterliegt dem Wettbewerb, denn die Eltern dürfen frei wählen, ob sie ihre Kinder in private oder in kommunale Kindergärten schicken.

Die Schizophrenität dieser Entscheidung besteht zum Teil darin, dass es private Kindergärten gibt, die aber als gemeinnützige Vereine organisiert sind und als steuerbefreiter Zweckbetrieb geführt werden. Das heißt: Die privaten Kindergärten haben keine Körperschaftssteuer zu bezahlen, während die kommunalen Kindergärten Körperschaftssteuer bezahlen müssten.

Sie haben nach den Auswirkungen gefragt. Man muss natürlich sagen: Kindergärten erwirtschaften im Allgemeinen keinen Gewinn. Sie sind defizitär. Insofern besteht beim Großteil der Kindergärten nicht die Gefahr, dass tatsächlich Steuern erhoben werden. Es entsteht aber ein erheblicher Verwaltungsaufwand, weil die Kommunen gezwungen werden, die entsprechenden Steuererklärungen auszufüllen.

Deswegen wird sich das Land Brandenburg dafür einsetzen, eine Anwendungsregelung zu schaffen, die möglicherweise per Brief des Bundesfinanzministers durchgesetzt werden kann, der besagen würde: Im Hinblick auf die Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen der Kindertagesstätten wird es zur Vereinfachung der Verwaltung bei Kommunen und Finanzämtern nicht beanstandet, wenn für die Kindergärten von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts keine Steuererklärungen abgegeben werden. - Diesen Weg wollen wir gehen, um den Aufwand erst gar nicht entstehen zu lassen.

(Beifall SPD)

Frau Lieske hat Nachfragen.

Um diesen Weg zu gehen, Herr Finanzminister Dr. Markov, ist es wichtig, Verbündete an seiner Seite zu wissen. Haben Sie nach dem Bekanntwerden des Urteils vom Bundesfinanzhof versucht, sich solidarisch mit anderen zu verbünden, die eine ähnliche Zielrichtung verfolgen?

Es ist immer schwierig, Verhandlungsstrategien in der Öffent

lichkeit zu debattieren. Ich kann selbstverständlich sagen, dass wir das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Finanzministerkonferenz setzen wollen, um mit allen Finanzministern erst einmal darüber zu beraten. Denn wir alle gemeinsam müssen letztlich den Bundesminister überzeugen, dass der von mir skizzierte Weg möglich und richtig ist.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dafür wünschen wir viel Erfolg. - Wir kommen zur Frage 1060 (Gutachten zur Gefährdung des Dorfes Lieske durch den Tagebau Welzow-Süd II), gestellt von der Abgeordneten Steinmetzer-Mann.

Im Rahmen der Diskussion um den Tagebau Welzow-Süd II hat Greenpeace ein Gutachten vorgelegt, das von einer potenziellen Gefährdung des Dorfes Lieske durch Rutschungen am Rand des Tagebaufeldes ausgeht.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird sie das Gutachten im Braunkohlenplanverfahren berücksichtigen?

Das beantwortet uns Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach dem von Greenpeace am 29. August 2012 an die Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg übergebenen Kurzgutachten könnte eine Gefährdung der Ortschaft Lieske beim Betrieb eines Tagebaus Welzow-Süd, räumlicher Teilabschnitt II, bestehen. Die Landesregierung nimmt die im Kurzgutachten aufgeworfenen Fragen zur Sicherheit der im Umfeld eines möglichen Tagebaus lebenden Menschen und der im Tagebau tätigen Bergarbeiter ernst. Deshalb wird das Kurzgutachten vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe zurzeit intensiv geprüft. Falls nicht alle darin angesprochenen Probleme dabei geklärt werden können, wird die Landesregierung ein eigenes Gutachten in Auftrag geben. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Wir sind bei der Frage 1061 (Äußerungen des ehemaligen Aufsichtsratsmitglieds Rainer Speer zu den Proble- men beim Brandschutz am BER) des Abgeordneten Genilke, die der Abgeordnete Senftleben stellt.

Rainer Speer, ehemaliges Mitglied des BER-Aufsichtsrats, der sich derzeit in Tansania befindet, wird in Pressemeldungen mit der Aussage wiedergegeben, dass „wir schon lange wussten, dass es Probleme mit dem Brandschutz gibt“. Rainer Speer ist am 23. September 2010 von seinem Amt als Innenminister Brandenburgs zurückgetreten und somit auch - logischerweise aus dem Aufsichtsrat des BER ausgeschieden. Nach den Aussagen Speers muss die Landesregierung somit bereits weit vor

dem September 2010 von den Problemen beim Brandschutz am BER gewusst haben; zumindest ergibt sich das aus seiner Äußerung.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet Herr Matthias Platzeck die Aussagen seines ehemaligen Innenministers zum BER?

Das sagt uns der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Gerber.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senftleben, zu der angesprochenen Sachfrage, nämlich dem Brandschutz, hat die Landesregierung bereits mehrfach und öffentlich Auskunft im Parlament, in den Ausschüssen, in Pressemitteilungen und in Interviews gegeben. Es gibt dazu keinen neuen Sachstand.