Protocol of the Session on September 26, 2012

konferenzen hätten ausgeräumt sein müssen. Die waren dann wohl ohne Folge - das ist vielleicht auch das Klima so einer Regionalkonferenz: viele Leute, Presse usw. Vielleicht fehlt es da ein wenig an konkreten Einzelgesprächen, um von den Verbänden und Kammern und auch von Einzelunternehmen zu erfahren, wo denn tatsächlich die Mängel in dieser Förderkulisse sind. Das sollten wir vielleicht tun, das wäre ein kleiner Unterschied, der dann die Ergebnisse und die Missstände deutlicher aufzeigen kann. Deswegen wäre es schon aus diesem Grund wichtig, dieses Thema im Wirtschaftsausschuss mit dem Ziel weiter zu verfolgen, die Zustände zu erkennen und zu verbessern - sicher auch unter Mitwirkung der Verbände und Kammern. Darum ist für mich eine Überweisung in den Wirtschaftsausschuss zwingend nötig.

Aber vielleicht noch ein paar Worte zu unserem Antrag. Lieber Sören Kosanke, wir haben keine freie Vergabe gefordert, wir haben auch nicht gefordert, Prozesse zu erschweren, in dem der Bürokratieabbau durch eine Transparenzbegrenzung begleitet wird oder Ähnliches, davon war nicht die Rede. Beides ist für uns eigentlich unverzichtbar miteinander verbunden. Wir haben auch nicht von einer freien Vergabe gesprochen, das wäre eine Verniedlichung. Auch wenn wir einen frommen Wunsch wie es hier tituliert wurde - äußern, kann ja in gemeinsamer Beratung ein ausführlicher Vorschlag entstehen, den die Verbände dann sicher sehr aufmerksam begleiten und beobachten werden.

Ich gebe dir Recht, lieber Dierk Homeyer: Die Frage der Einbindung von EU- und Bundesmitteln ist ein wichtiger Faktor. Genau der würde hier als Ergänzung mit besprochen werden können, da stimmen wir völlig überein, das hatte ich auch angedeutet.

Frau Mächtig, Ihre Ablehnung hat mich nicht wirklich verwundert, das ist der übliche pawlowsche Reflex der Linken auf einen Antrag der FDP.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das stimmt nicht! - Unruhe)

Mich hat auch nicht gewundert, wenn Sie hier zitieren, dass seit 2005 …

(Unruhe bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir sind hier nicht bei Urban Priol, bei „Neues aus der Anstalt“, das Wort habe ich.

(Allgemeine Heiterkeit)

Und ihnen steht das Recht auf Meinungsfreiheit zu. Akzeptieren Sie das bitte!

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Danke, Herr Präsident!)

Ja, immer richtig.

Sie zitieren hier die Arbeitsergebnisse eines Sonderausschusses. Da kann ich sagen: Wenn Sie das als Klärungsprozess da

zurechnen, war der Prozess wohl bisher umsonst. Sie vertreten die Abwiegelung der von uns genannten Probleme, das ist sehr schade, denn das, was wir aus den Meinungsäußerungen der Verbände erfahren haben, war nicht im Jahr 2005, 2009 oder 2011, sondern im August/September 2012, also höchst aktuell.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Aber selbstverständlich! Fragen Sie, Frau Mächtig.

Herr Tomczak, ich sage es noch einmal deutlich: Auf solche Vergleiche würde ich gerne verzichten.

Ich bitte Sie aber, noch einmal zu sagen: Haben Sie sich die Unterlagen der Kosten-Leistungs-Rechnung, des Quickscans, das wir einmal gemacht haben, angeschaut, die jetzt nach wie vor stattfindet? Natürlich braucht es seine Zeit, auch das ist in den Unterlagen des Sonderausschusses nachlesbar. Die Frage ist nur: Können wir es dauerhaft anwenden, und wann sind welche Ziele erreichbar? Haben Sie sich das angeschaut oder wollen wir das einmal gemeinsam tun?

Ich bin nicht Antragsteller für ein Förderprogramm, ich bin Abgeordneter dieses Hauses und erfahre von Antragstellern von Problemen in der Wirtschaft. Sie kommen anscheinend mit den Problemen, die die Förderprogramme hervorrufen, nicht klar. Ich habe keinen Anlass, diese Dinge in der Phase, in der wir jetzt sind, zu evaluieren und anzuschauen. Das könnten wir gerne - wenn Sie meinen, dass das darauf Einfluss hat - im Wirtschaftsausschuss als Anregung besprechen. Das ist meine Meinung.

Diejenigen, um die es geht, haben davon keine Ahnung. Sie sind die Leidtragenden, nicht wir im Haus. Das wollen wir doch auch feststellen.

Lieber Axel, du sagtest, dass unser Antrag vielleicht noch entwicklungsfähig sei. Das passt zu der Antwort von Frau Mächtig. - Da ist er. Hallo.

(Heiterkeit)

- Ja, hier tanzen manche Leute so durch den Saal, als ob wir ein Puppentheater wären.

(Heiterkeit)

Wir sind der Meinung, dass wir als Opposition sehr wohl Forderungen stellen können, Missstände aufzeichnen sowie darum bitten oder dazu auffordern können, dass diejenigen, die mit der Verantwortung betraut sind, Lösungswege aufzeigen - in gemeinsamer Beratung, das ist keine Frage, und sicherlich auch in gemeinsamer Beratung mit denen, die es betrifft.

Wir diskutieren hier über Prozesse, die wir - und sicherlich mancher von Ihnen - nie im Leben am eigenen Leib verspürt

haben. Es ist interessant, in den Gesprächen die Leute kennenzulernen, die unter diesen von uns genannten, wie ich es trotzdem nennen möchte, Missständen zu leiden haben. Das ist vor allem in unserem Interesse. Wenn die brandenburgische Wirtschaft funktioniert, dann können wir auch neue soziale Programme auflegen.

Zu den Ausführungen des Herrn Ministers habe ich mich bereits geäußert. Ich kann Sie nur wiederholt bitten, diese Diskussion im Wirtschaftsausschuss weiterzuführen im Beisein und mit der Beratungskraft derer, die es betrifft. Dann kommen wir da vielleicht auch zu einem messbaren Ergebnis, das die gesamte Förderkulisse für die Wirtschaft in Brandenburg verbessert. Das ist unser Anliegen - und nichts anderes.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsminister hat Ihnen 1 Minute 45 herausgearbeitet. Herr Tomczak hat sie schon eingepreist. Herr Homeyer, haben Sie Bedarf daran? - Herr Kosanke, haben Sie Bedarf? - Frau Mächtig?

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Nein danke!)

- Auch nicht. - Und Herr Vogel auch nicht. Damit sind wir am Ende der Rednerliste angelangt. Wie wir gehört haben, hat die FDP-Fraktion beantragt, den Antrag in Drucksache 5/5992 an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Die Drucksache ist mit Mehrheit nicht überwiesen.

Damit kommen wir zur direkten Abstimmung über den Antrag in Drucksache 5/5992. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen - konkret bei drei Enthaltungen - ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion in Drucksache 5/6022. Wer dem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Asylbewerberleistungsgesetz aufheben und Betroffene in die bestehenden Sozialleistungssysteme einbeziehen!

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wir beginnen mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Seit es 1993 beschlossen wurde, wird das Asylbewerberleistungsgesetz aus grundsätzlichen menschenrechtlichen Erwägungen heraus kritisiert. Denn dieses Gesetz führt zu einem diskriminierenden Ausschluss von Asylsuchenden aus der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Die Leistungen, die primär von Asylsuchenden, Geduldeten und Bleibeberechtigten bezogen wurden, betrugen weniger als zwei Drittel der Leistungen für Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger. Die Beiträge sind - entgegen § 3 Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz - in 20 Jahren niemals angepasst worden. In einem Kommentar vom Juli dieses Jahres schreibt die „Süddeutsche Zeitung“:

„Das Asylbewerberleistungsgesetz lügt schon im Titel. Es ist in Wahrheit ein Asylbewerberleistungsausschlussgesetz.“

(Beifall GRÜNE/B90)

„Dieses Gesetz soll Flüchtlinge finanziell so kurz wie möglich halten, es soll sie abschrecken.“

Das Asylbewerberleistungsgesetz muss in der Tat im historischen Kontext gesehen und begriffen werden. Im August 2012 jährten sich zum 20. Mal die pogromartigen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen. Tagelang wurden dort im August 1992 die erschreckenden Bilder des brennenden Asylbewerberheimes, der johlenden und Beifall klatschenden Menge davor, der untätigen Polizei, der spät eingreifenden Feuerwehr und der Todesangst in den Gesichtern der Eingeschlossenen in allen Medien gezeigt. Aber Rostock-Lichtenhagen war kein Einzelfall. Es gab ähnliche Ausschreitungen in Solingen, in Mölln, aber auch in Brandenburg.

Eine große Anzahl von Flüchtlingen aufgrund schwerster Menschenrechtsverletzungen auf dem Balkan - wir erinnern uns an die Vorgeschichte von Srebrenica -, in Osteuropa und in Teilen Afrikas traf auf eine durch den Transformationsschock der Nachwendejahre massiv verunsicherte Bevölkerung. Die Situation damals zeichnete sich zudem durch ein völliges Fehlen von professionellen Betreuungsstrukturen aus. Die ehemalige brandenburgische Ausländerbeauftragte, Almuth Berger, hat in einem sehr eindrucksvollen Referat anlässlich der Tagung des Flüchtlingsrates am 01.09. die damalige Situation folgendermaßen beschrieben:

„Statt Hilfen für die oft wirklich überforderten Kommunen zu geben, statt mehr Mitarbeiter im Bundesamt einzusetzen und die aufgestauten Berge von Anträgen schneller zu bearbeiten, statt Residenzpflicht, Arbeitsverbot und Heimunterbringung abzuschaffen oder wenigstens zu lockern, wurden die Gesetze verschärft.“

Die Haltung „Das Boot ist voll“, die Angst, von Kriminellen und angeblichen Wirtschaftsflüchtlingen überschwemmt zu werden, und die Ausschreitungen an verschiedenen Stellen der Bundesrepublik wurden zum Anlass genommen, tiefgreifende Einschränkungen des Asylrechtes durchzusetzen, und bescherten uns das Asylbewerberleistungsgesetz als Abschreckungsinstrument.

Bei ihren Vorbereitungen für das Asylbewerberleistungsgesetz 1992/1993 ging die damalige Regierungskoalition von der Annahme aus, dass - wie es die Abgeordnete Prof. Männle ausführte - „die finanziellen Leistungen an Asylbewerber und die wirtschaftlichen Möglichkeiten in Deutschland dazu führten, dass 60 % der nach Westeuropa kommenden Asylbewerber sich die Bundesrepublik Deutschland als Asylland gewählt haben“.

Mit ihrem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Leistungen der Asylbewerber verfolgte die damalige Regierung drei Ziele: Erstens sollten potenziellen Asylsuchenden durch deutlich reduzierte sozialrechtliche Transferleistungen angebliche Anreize gestrichen werden. Zweitens wurde das analog für bereits in Deutschland lebende, abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber - sogenannte „Geduldete“ - bezweckt. Auch ihnen sollten angebliche leistungsrechtliche Anreize für ein weiteres Bleiben in Deutschland genommen werden. Sie sollten schnellstmöglich wieder ausreisen. Drittens ging es um eine finanzielle Entlastung.

Mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurden für die Kommunen und Länder Einsparungen in Höhe von annähernd einer Milliarde Euro prognostiziert. Ob das eingetreten ist, ist sehr fraglich.

(Frau Lehmann [SPD]: Das ist nie gemessen worden!)