Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 18. Juli 2012 konnten wir eine Presseerklärung zur Kenntnis nehmen, die unter anderem folgenden Satz beinhaltete:
„Finanzminister Dr. Helmuth Markov bekräftigte heute, dass das strategische Ziel der rot-roten Landesregierung, das Land, seine Kommunen und Landkreise zu entwickeln und zu stärken, mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz auf solide Beine gestellt ist.“
und ihn entkleiden bis auf das, was da steht: Das Ziel wird auf solide Beine gestellt. - Da steht es nun, das Ziel. Und wie ist es mit der Wirklichkeit? Wie ist es mit der Zielerreichung? Schauen Sie sich doch das Gesetz an! Der Berg hat gekreißt und eine Maus geboren, wahrscheinlich eher noch ein Mäuslein.
Der Vorwegabzug von bisher 50 Millionen Euro wird um sage und schreibe 20 Millionen Euro in 2013 und weitere 10 Millionen Euro in 2014 gekürzt.
(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE] Das bedeutet also eine Aufstockung der Ausgleichsmasse um 1 % im Jahre 2013 und um ein „ganzes“ halbes Prozent im Jahr 2014. Das wird die finanzielle Situation der Kommunen und ihre Handlungsfähigkeit aber nachhaltig verbessern. Wie sieht die finanzielle Situation der Kommunen aus? Insge- samt haben sie 2,2 Milliarden Euro Schulden, einschließlich der Kassenkredite. Das ist mehr, als ihnen über den kommuna- len Finanzausgleich zur Verfügung gestellt wird. Die finanziel- le Symmetrie zwischen Land und Kommunen, deren Herstel- lung eigentlich Aufgabe des Finanzausgleichsgesetzes ist, ist nicht mehr in Balance. Wollte sie in Balance gebracht werden, müsste die Verbundquote nach dem Gutachten von Prof. Jun- kernheinrich - der Finanzminister hat sich schon damit befasst - um 1,4 Prozentpunkte - nicht um 1,4 %! - von 20 auf 21,4 % erhöht werden. In Prozent stellt das eine Erhöhung um 7 dar. In absoluten Zahlen wäre das notwendigerweise eine Erhöhung um 84 Millionen Euro - also nicht um 20 Millionen Euro und noch nicht einmal um 50 Millionen Euro, die der gesamte Vor- wegabzug ausmacht. (Beifall CDU)
Die Umsetzung des Gutachtens wird verweigert, weil - das konnte man soeben hören - die Methodik des Gutachtens in Zweifel gezogen wird. Aber nicht wegen der Methodik wird es abgelehnt, sondern weil das Ergebnis nicht passt, denn die Methodik ist zuvor im Finanzausgleichsbeirat unter Beteiligung des Finanzministeriums diskutiert und einvernehmlich akzeptiert worden. Unterhalten Sie sich dazu bitte einmal mit den kommunalen Spitzenverbänden.
Vielleicht sollte man demnächst das Ergebnis gleich mit in Auftrag geben und ein bisschen das Honorar kürzen, weil man dann spart und das bekommt, was man braucht.
Meine Damen und Herren, die kommunalen Schulden sind der Würgegriff an der kommunalen Selbstverwaltung unserer Gemeinden. Dabei stehen weitere Fragen aus, die nicht nur durch die Rechtsstreitigkeiten, die es in der Tat um den kommunalen Finanzausgleich gibt, infrage gestellt werden. Wo bleibt zum Beispiel der Einstieg in das Entschuldungsprogramm, von dem der Innenminister zu Beginn des Jahres noch gesprochen hat, das immerhin im Papier der Leitbildkonferenz der Linken im September dieses Jahres enthalten war und das andere Länder schon längst eingeführt haben? Die bescheidene Ausweitung des Ausgleichsfonds um sage und schreibe 5 Millionen Euro bedeutet nicht etwa, dass mehr Landesmittel im Ausgleichstopf landen, sondern nur eine Umverteilung zwischen den Gemeinden.
Das Gleiche gilt für die angekündigte, zu prüfende, möglicherweise kommende Einführung eines Sozialkostenfaktors. Das Gleiche gilt für die Finanzausgleichsumlage, die man den abundanten Gemeinden auferlegt hat.
All das verbessert in keinem Fall die Situation der kommunalen Familie: Was den einen gegeben wird, wird den anderen genommen. Unterm Strich steht die gleiche Schuldenlast wie zuvor, und die Kommunen kommen nicht von der Stelle. Die finanzielle Symmetrie ist auch weiterhin nicht in Balance, und damit stellt sich am Ende nur die eine Frage: Was haben Sie eigentlich mit den 2,5 Milliarden Steuermehreinnahmen gemacht, die Sie seit 2010 erzielt haben?
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Richter hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Finanzminister hat zu Beginn seiner Ausführungen, finde ich, sehr eindrücklich die Funktion eines Finanzausgleichsgesetzes dargestellt, nämlich zwischen vielen Unterschiedlichkeiten, die wir im Lande haben, auszugleichen, auch zwischen Landesebene und kommunaler Ebene.
Die Veränderungen sind überschaubar; er hat sie schon genannt, ich will sie nicht wiederholen, sondern nur eines hinzufügen: Die Möglichkeit für Kommunen, die sich in Haushaltsschwierigkeiten befinden, bestimmte Investitionen vorzunehmen - § 16 des Gesetzes -, begrüßen wir. Wir erwarten aber noch klare Ausführungsbestimmungen für die Inanspruchnahme dieser Mittel. Es muss also auch klar sein, wer unter welchen Bedingungen wie stark usw. zugreifen kann. Das wird sicherlich in den Ausführungen ergänzt.
Die Schlüsselzuweisungen des Landes an die kommunale Ebene haben sich ständig - wenn auch wenig - erhöht. Es ist gerade kritisiert worden, dass das längst nicht ausreicht. Das ist aber in Zeiten sinkender Landeseinnahmen keine Selbstverständlichkeit, sondern bedeutet eine klare Prioritätensetzung für die Kommunen. Das ist längst nicht in allen Bundesländern der Fall. Wir haben gerade gehört, dass die direkten Zuweisungen an die Kommunen in Brandenburg unter allen Bundesländern am höchsten liegen.
Im Großen und Ganzen - ich bin mir der Tragweite bewusst, wenn ich das sage - sind die brandenburgischen Kommunen in der Lage, ihre Haushalte auszugleichen; wir können uns die Zahlen ansehen. Dabei verkenne ich überhaupt nicht, dass einige Kommunen und Landkreise außerordentlich große finanzielle Sorgen haben, und hier müssen wir handeln, das sehe ich auch so. Es wird aber - dieser Anspruch klang eben an - nicht dauerhaft gelingen, die zurückgehenden Zuweisungen des Bundes aus den Solidarpaktmitteln vollständig durch Landesmittel zu ersetzen. Das wird uns einfach nicht gelingen, da müssen wir ehrlich miteinander sein. Diese Entwicklung müssen wir vorhersehen.
Ich halte es im Übrigen auch nicht für vernünftig, die Ebenen Landeshaushalt und Kommunalhaushalte ständig gegenüberzustellen. Beide Ebenen bezahlen die Bürger mit ihren Steuern sowohl den kommunalen als auch den Landeshaushalt, und Einschnitte in beide Ebenen spüren die Bürger sehr direkt. Ich erinnere hier an die Diskussion der letzten Wochen über marode Landesstraßen, Schienennahverkehr, Einsparungen bei der Polizei usw. All das sind Landesaufgaben, deren Umsetzung jeder Bürger direkt zu spüren bekommt.
Selbstverständlich sollen die Kommunen angemessen ausgestattet werden. Es geht also nicht um ein Gegeneinander, nicht um den Kampf, ein möglichst großes Stück Kuchen vom Gesamthaushalt für die eine oder andere Ebene zu gewinnen - der Kuchen muss insgesamt größer werden. Es geht auch um ein ausgewogenes Verhältnis von Landes- und Kommunalfinanzen, um Anstrengungen auf allen Ebenen, Einnahmen zu erhöhen und - auch das muss man sagen - Ausgaben zu senken.
Natürlich bleiben einige Punkte offen, die im kommenden parlamentarischen Verfahren diskutiert werden müssen; einer ist hier angesprochen worden. Auf Veranlassung des Landtags hat die Landesregierung zwei Gutachten in Auftrag gegeben - die regelmäßige Überprüfung -, aber der Landtag wollte auch bewusst einige Dinge ganz konkret wissen. Er wollte nämlich etwas über die Auswirkungen der Weltfinanzkrise auf die Kommunalhaushalte wissen. Das konnte uns leider nicht beantwortet werden, weil die Gutachter einen anderen Zeitraum gewählt haben. Die Gutachter haben das auch begründet, aber das muss ich jetzt nicht ausführen.
Der Landtag wollte auch erfahren, wie sich die Soziallasten und die Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte entwickelt haben. Die Gutachter stellen eindeutig fest, dass die Soziallasten durch die Bundesgesetzgebung stark gestiegen sind und die Verteilung im Land Brandenburg sehr unterschiedlich ist. Die Gutachter unterbreiten aber keine Lösungsvorschläge, wie wir mit dieser Situation umgehen sollen. Das halte ich für unbefriedigend. Eine Sache einfach nur festzustellen ist die eine Seite, einen Vorschlag zu unterbreiten die andere.
Wir begrüßen, dass der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt. Das entlastet Landkreise und kreisfreie Städte und ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, weitere müssen folgen. Aus Bundesgesetzgebung resultierende Soziallasten, die unsere Kommunen zu tragen haben, müssen in Zukunft anders finanziert werden.
Aber auch wir im Land müssen für einen gerechten Ausgleich sorgen. Wenn die Soziallasten in manchen Kreisen dreimal so hoch liegen wie in anderen, ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein gewisser Ausgleich stattfindet; der Minister ist darauf eingegangen.
Dazu gibt es einige Denkansätze, die wir hoffentlich jetzt im Verfahren qualifizieren können. Wir wollen einmal sehen, ob wir bis Weihnachten zu einem Ergebnis kommen. Folgende Frage ist zum Beispiel zu diskutieren: Muss der Vorwegabzug, den wir jetzt reduzieren, tatsächlich in die allgemeine Verbundmasse fließen, oder sollten wir ihn nicht zielgerichtet dort einsetzen, wo die Not am größten ist?
Eine Arbeitsgruppe des FAG-Beirats befasst sich mit diesem Thema. Ich freue mich, dass die Spitzenverbände mit im Boot sind. Ich glaube, wir haben noch eine spannende Diskussion vor uns. Ich bitte um Überweisung in den Haushaltsausschuss und den Innenausschuss. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Richter. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fortgesetzt. Frau Abgeordnete Vogdt hat das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das uns vorgelegte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes nimmt eine Korrektur vor, die schon lange überfällig wäre, sofern sie ernstgemeint wäre. So planen Sie, meine Damen und Herren der rot-roten Regierungskoalition, die Rückführung und vollständige Abschaffung des sogenannten Vorwegabzugs. Scheinbar prima.
Aber schon seit 2006 werden den Kommunen mit dem sogenannten Vorwegabzug jährlich 50 Millionen Euro genommen. Wir als FDP-Fraktion haben mehrfach die Streichung des pauschalen Vorwegabzugs gefordert, weil die Kommunen nicht für die verfehlte Haushaltspolitik des Landes in die Haftung genommen werden dürfen.
Mit dem Spielraum der derzeit sprudelnden Steuereinnahmen wollen Sie, Herr Markov, den Kommunen etwas vom Vorwegabzug zurückgeben. Vordergründig könnte man denken: Richtig so. - Aber Sie wollen es nicht vollständig zurückgeben, wie
Sie noch im Januar dieses Jahres angekündigt haben, sondern in kleinen Etappen bis 2016. Das ist falsche, im doppelten Sinne des Wortes „ganz linke“ Finanzpolitik.
Sie versuchen den Kommunen Sand in die Augen zu streuen, wenn Sie behaupten, sie würden mehr Geld vom Land bekommen. Richtig ist hingegen, dass Sie ihnen in kleinen Schritten einen Teil - und nur einen kleinen Teil - des Geldes zurückgeben, das Sie ihnen zuvor zu Unrecht weggenommen haben.
In dem Gesetzestext ist ferner nachzulesen, dass der stufenweise Abbau des Vorwegabzugs eine Teilkompensation für die rückläufigen Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen darstellen soll.
Ich frage Sie, Herr Markov: Wie sieht Ihr Konzept für die Ausgestaltung des zukünftigen Finanzausgleichsgesetzes aus, vor dem Hintergrund sich reduzierender Bundeszuweisungen bis 2019 und der Volatilität der Steuereinnahmen? Von - ich zitiere - „aktiver Zukunftsvorsorge“ sprechen Sie, wie in einer Pressemitteilung Ihres Ministeriums zu lesen ist. Davon kann wahrlich keine Rede sein.
Nun zum Ausgleichsfonds, der in § 16 geregelt ist. Dieser soll für die Jahre 2013 bis 2015 auf 45 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden. Selbst der von Ihnen beauftragte Gutachter, Prof. Dr. Lenk, empfiehlt hinsichtlich der Verfahrenstransparenz, die Anwendungsfälle des § 16 an ein regelgebundenes Verfahren mit den entsprechenden Indikatoren zu binden und auf diesem Wege die Anwendung dieses Paragrafen zu minimieren. Da hat Ihr Gutachter Recht, wir sehen das genauso. Aber auch hier wird von der rot-roten Regierungskoalition offenbar kein Handlungsbedarf gesehen. Die Empfehlungen Ihrer Gutachter haben Sie ohnehin nicht berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, aufgrund der Entwicklung der Rahmenbedingungen müssen die zur Verfügung stehenden Mittel zukünftig noch stärker in ihrer Wirkung konzentriert werden. Der Solidargedanke des Finanzausgleichs ist ein Aspekt, ein sehr wichtiger Aspekt, denn auch ärmere Gemeinden müssen zukünftig ihre Aufgaben weiterhin erfüllen können. Hierfür brauchen wir geeignete Instrumente. Ein geeignetes Instrument ist es aber definitiv nicht - wie es die SPD jüngst forderte -, einen Speckgürtelsoli bzw. Sozialsoli einzuführen. Sie sind - das haben wir verstanden - Vertreter der Maxime „Leistung darf sich nicht lohnen“. Sie fallen in mindestens 23 Jahre alte Denkmuster zurück. Sie wollen immer nur umverteilen. Warum fördern Sie nicht den Wettbewerb unter den Gemeinden?
Wir brauchen zukünftig Anreizmechanismen, die derart ausgestaltet sind, dass Kommunen sich dazu veranlasst sehen, effizienter und enger zusammenzuarbeiten, als das bisher der Fall ist. Deshalb sehen wir zu diesem Gesetzentwurf noch erheblichen Änderungsbedarf. - Ich danke Ihnen.