Also insofern war das alles in Ordnung, und wir haben aus der Entwicklung, die sich vollzogen hat, gelernt.
Frau Schulz-Höpfner, ich habe Politik bisher so verstanden, dass sie Rahmenbedingungen für die große Mehrzahl der Menschen zu setzen hat. Es passt nicht in mein und unser Politikverständnis, hier zwischen Drückebergern und anderen Menschen zu unterscheiden.
Die Unterscheidung überlasse ich dann gern der CDU, deswegen will ich auf die Diskussion gar nicht weiter eingehen. Bei Herrn Büttner bedanke ich mich sehr herzlich für den Nachhilfeunterricht.
Ja, das war notwendig und wunderbar, aber der Minister hat es ja ausgeführt: Wenn das alles so falsch war, was wir gemacht haben, Herr Büttner, und wenn wir jetzt in Bezug auf die Nach
haltigkeitsrücklage erkennen, dass wir zwar den Beitragssatz im nächsten Jahr absenken können, obwohl wir heute schon wissen, dass wir ihn im darauffolgenden Jahr wieder anheben müssen, ist das Irrsinn. Und das kreide ich der Bundesregierung an, das muss sie erkennen, und da muss sie auch eine Korrektur vornehmen. Aber das will sie gar nicht. Und ich wiederhole noch einmal: Weil wir im nächsten Jahr das Wahljahr haben, will die Bundesregierung natürlich mit niedrigen Beiträgen glänzen.
Ich sage es noch einmal in aller Ruhe: Man spielt hier mit den Gefühlen der Menschen, und das begünstigt durchaus spätere Armut. Und das kritisiere ich an dieser Bundesregierung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen vor allem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Als ich das Thema der Aktuellen Stunde erfuhr, fiel mir sofort folgendes Sprichwort ein:
Thema der Aktuellen Stunde - ich will es noch einmal vorlesen -: „Sinkendes Rentenniveau - droht Brandenburg eine Welle von Altersarmut?“ - so Ihre Feststellung zur Aktuellen Stunde. Die Antwort lautet leider: Ja - wenn wir es im nächsten Jahr, im Jahr der Bundestagswahl, nicht hinbekommen, dass damit Schluss gemacht wird. Allerdings, meine Damen und Herren, sind die Grünen in dieser Frage nicht Teil der Lösung, sondern sie waren und sind noch Teil des Problems. Nach der sogenannten Rentenreform der Regierung Kohl lag das Rentenniveau bei 57 %, heute liegt es bei 51 %, und aufgrund der Weichenstellung, die Sie mitzuverantworten haben, wird es 2030 bei 43 % liegen.
Ich habe - wie auch meine Fraktion, und sicherlich das gesamte Parlament - zur Kenntnis genommen, dass Sie als Landesfraktion das heute als Fehler eingestanden haben. Ich habe es nur noch nicht vom Bund gehört, und insofern glaube ich, dass auch die Formulierung hier falsch ist - ich komme noch einmal zum Titel der Aktuellen Stunde zurück -: „Sinkendes Rentenniveau - droht Brandenburg eine Welle von Altersarmut?“ Nein! Eine Welle hört irgendwann auf, hier wird es die Verstetigung einer dramatischen Situation sein.
Ich komme jetzt zur Situation und damit, sehr geehrte Kollegin Schulz-Höpfner, auch zu Brandenburg. Deshalb gehört das Thema auch hierher, und deshalb begrüßen wir es außerordentlich, dass das - trotz der Kritik von uns - zum Thema auch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemacht worden ist. Derzeit ist es so, dass jeder fünfte Brandenburger Rentner ist. Im Jahr 2030 wird jeder dritte Brandenburger Rentner sein. 850 000 Rentner werden wir dann haben, und nach dem Demografiebericht 2,1 Millionen Einwohner. Damit wird sich auch die Einkommensstruktur im Land ändern. Eine dominierende Rolle in der Einkommensstruktur wird in Brandenburg das so
Jetzt zu diesen Modellen: Der momentane Durchschnittsverdiener in Brandenburg benötigt auf dem Rentenniveau von 2010 - also 51 % - 27 Beitragsjahre, um eine Rente in der Größenordnung der Grundsicherung von 670 Euro zu erhalten. Bei dem geplanten Rentenniveau von 2030 muss er dafür 32 Beitragsjahre nachweisen - wie gesagt: 670 Euro sind verbrieft. Ein Geringverdiener bekommt ungefähr 70 % des Durchschnittsverdienstes. Sehr geehrte Kollegin Schulz-Höpfner, da haben Sie ja auch teilweise Drückeberger ausgemacht; bei denen sieht es noch schlechter aus. Bei dem Niveau von 2030 müsste der 50 Beitragsjahre nachweisen, das müssen Sie sich einmal vorstellen.
Immerhin ist das Problem der Altersarmut nun nach vielen Jahren wieder auf der Agenda und durch die Bundesministerin von der Leyen in die Lettern gebracht worden. Den Lösungsansatz halten wir trotzdem für falsch, weil die beschlossene Absenkung des Rentenniveaus nicht angetastet wird und weil es zweitens - nur kosmetische Verbesserungen für Betroffene mit einer längeren Lebensarbeitszeit gibt. Der normale Rentner des Jahres 2030 wird weiter im Grundsicherungsniveau verbleiben.
Meine Damen und Herren, jede vermeintliche Rentenreform jede! - war tatsächlich eine Rentenkürzung. Die Rente ist mit Norbert Blüm nicht sicherer geworden, auch mit seinen Nachfolgern nicht, sondern sie ist immer kleiner geworden. Da auch Kollege Baaske als Sozialminister die demografische Entwicklung als die Ursache und den Grund hier genannt hat: Schon zu Norbert Blüms Zeiten hat der damalige SPD-Sozialexperte Norbert Dreßler gesagt: Das ist Unsinn.
- Rudolf Dreßler, genau, für das Protokoll. - Und erst letzte Woche hat Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Direktor des Instituts für vergleichende Bildungsforschung an der Uni Köln, in den „Tagesthemen“ den Zusammenhang deutlich gemacht. Er sagte: Das Rentenniveau ist keine Frage der Biologie, sondern der Ökonomie.
Ich will noch einmal auf meine Kollegin Wöllert abheben: Der noch nicht veröffentlichte Entwurf - er liegt ja noch in den Schubladen - zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt doch wirklich deutlich, wie sich die ökonomische Lage seit 2007 - also auch in den Krisenjahren dieser Bundesrepublik - verändert hat. Die Einnahmen der öffentlichen Hand sind um 800 Milliarden Euro gesunken - und damit natürlich auch die Einnahmen, die zur Finanzierung von Sozialleistungen genutzt werden müssen. Das private Vermögen in Deutschland ist um 1,4 Billionen - das sind 1 400 Milliarden auf 10 Billionen Euro gestiegen, und das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt davon 53 %. Man kann es auch anders formulieren, ganz platt: Der Millionär braucht die gesetzliche Rente nicht, aber die gesetzliche Rente braucht den Millionär.
Deshalb, meine Damen und Herren: Eine gerechte Rente ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und auch der fairen Lastenverteilung.
Frau Kollegin Schulz-Höpfner, ich lasse auch das Argument nicht gelten, dass es ein Riesenhusarenstück wäre, wenn man im Bund diese Finanzierung auflegen müsste. Wie gesagt, die Zahlen sind da: Die Erhöhung um einen Prozentpunkt im Rentenniveau kostet derzeit 1 Milliarde Euro im Bundeshaushalt. Diese eine Milliarde wird den Bundeshaushalt nicht aus den Angeln heben. Der Bund hat - wir haben die Erfahrungen mit den Euro-Rettungsbürgschaften noch im Ohr - innerhalb von wenigen Tagen 480 Milliarden Euro an Bürgschaften übernommen, mehr als das Doppelte des gesamten Jahreshaushalts des Bundes. Das zeigt, was für die Politik möglich ist, wenn es um eine wichtige Sache geht. Insofern fallen - leider - diese innerstaatlichen Probleme und damit die Rente momentan nicht unter die Kategorie kühnen Handelns.
Meine Damen und Herren, die Linke hat ihr Konzept vorgelegt, Sie können es nachlesen. Wir sind dafür, dass wir die drohende Altersarmut nicht als unabwendbares Naturereignis sehen, und es kommt auch nicht plötzlich. Dem ist durch politisches Handeln zu begegnen, und wir haben es in der Hand, im Jahr 2013 etwas zu verändern. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Spätestens als Kollege Görke in seinem hübschen grünen Hemd hier Arnold Hau zitiert hat in Bezug auf die Elche und ihre Kritiker, habe ich mich zu einer Kurzintervention genötigt gesehen.
Herr Kollege Görke, ich finde es ein bisschen schade - und das kam auch bei anderen Kollegen hier zum Ausdruck -, dass wir jetzt eine Schulddebatte aufmachen. Wir, und speziell ich für meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hatten noch nie ein Problem damit, unsere Verantwortung für Hartz-IV-Gesetze, unsere Verantwortung in einer rot-grünen Bundesregierung hier zur Debatte zu stellen. Wir haben uns zu den Erfolgen der Agenda 2010 bekannt. Wir haben auch klar gesagt, wo es Nachbesserungsbedarf gibt oder mit welchen Dingen wir auch seinerzeit schon sehr unglücklich waren. Herr Minister Baaske hat das in seinem Statement auch etwas angesprochen.
Ich denke, wir führen hier keine Schulddebatten, sondern wir wollen versuchen, nah am Problem zu sein.
Deshalb hat meine Fraktion auch beschlossen, diese Aktuelle Stunde - wir haben ja nicht so oft Aktuelle Stunden - dem akut dringenden Problem Renten und den Auswirkungen in Brandenburg zu widmen. Wenn das kein Thema hier ist, können wir uns gleich abmelden, dann leben wir in der Tauchglocke.
Eine der entscheidenden Stellschrauben ist das Absenken des Rentenniveaus. Das ist einfach so, und das muss man breit debattieren. Wenn wir das Niveau so absenken, bekommen wir gravierende Probleme. Dann müssen wir diese Altersarmut durch Sozialleistungen anderer Art auffangen. Diese müssen gegenfinanziert werden.
Wenn wir das Niveau bei 51 % - dem heutigen Stand - fixieren, bekommen wir auch massive Probleme. Woher soll dann das Geld kommen? Wir können die Jungen ja nicht mit Rentenbeiträgen von 30 % belasten. Auch das muss durch Umverteilung gegenfinanziert werden.
Es geht hier darum - da gebe ich Frau Schulz-Höpfner Recht -, in einer sehr schwierigen Diskussion, in der Häme, Spott und Schuldzuweisungen unangebracht sind, einen breiten, von Verantwortungsbewusstsein getragenen Konsens zu finden. Danke.
Sehr geehrte Kollegin, ich habe sehr deutlich gesagt - und ich hoffe, dass ich nicht missverstanden worden bin -: Es ist richtig, dass das Thema hier heute diskutiert wird. Es hat Auswirkungen auch auf Brandenburg. Die Stellschrauben dafür liegen beim Bund. Insofern will ich Sie unterstützen.
Auch wir sind dafür, dass die Senkung des Rentenniveaus auf 43 % nicht die Zukunft sein kann, sondern dass es angehoben wird. Es werden unterschiedliche Prozentsätze diskutiert, auch bei den Grünen. Wir sagen, dass 53 % - statt einer Senkung auf 43 % - durchaus eine Zielmarke sein kann. Wir meinen aber auch, dass über die Rente mit 67 Jahren geredet werden muss. In dem Zusammenhang ist ebenfalls die Frage der Rücknahme der Abschläge für erwerbsgeminderte Renten zu diskutieren.
Ich glaube, dass es Übereinstimmung mit drei Fraktionen in diesem Saal darüber gibt, dass sich eine gesetzliche Rentenversicherung zu einer solidarischen Rentenversicherung umwidmen muss. Im Unterschied zu CDU und FDP meine ich, dass das der richtige Weg ist.
Es muss gleichfalls darüber geredet werden, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, damit auch diejenigen, die bisher nur zu einem bestimmten Teil einzahlen müssen, der solidarischen Finanzierung zugeführt werden. Deswegen ist der Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, demzufolge eine private Vorsorge diese Lücke zwischen 43 % und 53 % schließen soll, nicht diskutabel.
Ich wünsche mir von Ihnen als Grüne ein klares Bekenntnis zur Rentenangleichung Ost-West. Jetzt sagen Sie: Ja, das alles ist hier in Brandenburg ganz auf Linie der Angleichung. - Aber diese Entscheidung fällt wirklich im Bund. Da sind sie weiterhin auf der Suche. Wir glauben, dass es nach 21 Jahren durchaus gerechtfertigt ist, die Ost-West-Rentenangleichung zu vollziehen.
Es ist keinem Ostdeutschen zu erklären - keinem! -, warum er nach 45 Arbeitsjahren weiterhin bis zu 142 Euro weniger bekommen soll. - Vielen Dank.