Protocol of the Session on September 26, 2012

Genau dieser sehr angestaubte Zeitgeist spiegelt sich auch in der aktuell - das Wort „aktuell“ kann man hier eigentlich nicht verwenden - gültigen E-Government-Strategie des Landes Brandenburg wider. Dort steht zum Beispiel folgender wegweisender Satz:

„E-Government bedarf einer flächendeckenden einheitlichen Ausstattung aller Büroarbeitsplätze mit StandardPCs, Lesegeräten und Chipkarten.“

Auch ist dort die Rede von Ministerien wie dem MLUR oder dem MSWV, also Ministerien, die es schon lange nicht mehr gibt.

Ich meine, es bedarf eigentlich keiner weiteren Argumente, um aufzuzeigen, dass in Sachen E-Government etwas passieren muss. Deswegen legen wir als CDU-Fraktion heute diesen Antrag vor. Klar ist, wir wollen damit noch keine detaillierten Vorgaben machen, welche einzelnen Punkte denn nun überarbeitet oder neu in diese E-Government-Strategie aufgenommen werden müssen. Wir wollen aber hier heute den Impuls zur Überarbeitung der Strategie setzen, und das in einem angemessenen Zeithorizont.

(Beifall CDU)

Dafür soll die Landesregierung zunächst bis zum Jahresende einen Bericht vorlegen, der die bisherige Strategie bewertet und einordnet. Es geht uns also darum, hier zu wissen, wo wir beim Thema E-Government heute überhaupt stehen. Liegt dieser Bericht dann vor, kann man sich an die Überarbeitung oder besser Neufassung dieser zeitgemäßen Strategie machen. Diese neue Strategie soll dann bis Ende Juni nächsten Jahres erarbeitet und dem Landtag vorgelegt werden.

Im dritten Punkt unseres Antrages legen wir Wert darauf, dass auch - das ist selbstverständlich - die kommunalen Spitzenverbände, die Landesdatenschutzbeauftragte und wir als Landtag in diesen Erarbeitungsprozess mit eingebunden und einbezogen werden.

Wie bereits gesagt, soll dieser Antrag keine inhaltliche Vorfestlegung sein. Was beim E-Government in Brandenburg geändert, ergänzt und anders gemacht werden muss und soll, dafür sind dann die entsprechenden Fachbeamten, die Fachleute und auch externe Berater vonnöten.

Zudem kann auch ein Blick über die Landesgrenzen hinaus nicht schaden. Andere Bundesländer haben bereits sehr gute Konzepte, die sehr viel weiter und sehr viel zeitgemäßer sind als die hier im Land Brandenburg. Ein Beispiel: Im Bayerischen Landtag gab es Ende Juni dieses Jahres das 4. Bayerische Anwenderforum E-Government. Zwei Tage diskutierten dort Experten aus Verwaltung und Wirtschaft anhand ganz konkreter Lösungen über die zukunftsweisenden Trends im E-Government.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2007 und im Jahr 2009 gewann Brandenburg mit dem elektronischen Dokumentenmanagementsystem EL.DOK den bundesweiten E-GovernmentWettbewerb. Im Jahr 2010 gab es dann noch einen Siegerplatz, und zwar für das Onlineportal Maerker. Diese Erfolge wurzeln aber ganz eindeutig noch in der Arbeit der vergangenen Wahlperiode. Unter der gegenwärtigen Landesregierung hat Brandenburg leider weiter nichts Vorzeigbares erreicht und vorzuweisen. In dieses Bild passte im Juni dieses Jahres auch die Nachricht, dass das prämierte Elektronische Dokumentenmanagementsystem EL.DOK aus finanziellen Gründen nicht wie geplant in den kommenden Jahren realisiert werden kann.

Meine Damen und Herren, Brandenburg hat also - das kann man so auf den Punkt bringen - beim Thema modernes E-Government leider den Anschluss verloren. Wer sich selbst überzeugen möchte, geht mit seinem Notebook, Netbook, I-Pad

oder Smartphone einmal auf die Seite des Innenministeriums und wirft einen Blick auf die E-Government-Strategie. Danach können Sie unserem Antrag eigentlich nur zustimmen. Darum möchte ich hier werben. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Der Abgeordnete Schippel spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine E-Government-Strategie wurde im Februar 2003 - damals noch gemeinsam mit dem von mir durchaus hochgeachteten Innenminister Schönbohm - erstmals von der Landesregierung vorgelegt. Das ist zehn Jahre her. Insofern ist es richtig, die Strategien zu einem aktuellen E-Government anzupassen. Aber genau das tut die Landesregierung. Sie arbeitet an der Fortschreibung dieser Strategie.

Die E-Government-Strategie des Landes Brandenburg umfasst die Schwerpunkte Ausbau der IT-Infrastruktur, Bereitstellung landeseinheitlicher Basiskomponenten und Onlinedienste sowie die Verbesserung der organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese Bereiche bilden den Handlungsrahmen bei der Umsetzung der Strategie.

Wir wollen mit der E-Government-Strategie Initiativen und Projekte des Landes und der Kommunen bündeln, koordinieren und steuern, und zwar mit dem Ziel einer bürgernahen Verwaltung und - ich komme noch einmal darauf zurück - des Abbaus von Bürokratie. Wir wollen Verwaltungsabläufe optimieren und nicht zuletzt - auch das spielt eine Rolle - Kosten sparen. Wir haben die Zeit seit 2003 genutzt. Sie können das alles auf der Seite des Innenministeriums nachlesen. Es wurden die verschiedenen Portale eingerichtet, beispielsweise das Dienstleistungsportal service.brandenburg.de, Mobile Bürgerdienste für Brandenburg, Maerker Brandenburg und weitere. All diese Portale dienen den Bürgerinnen und Bürgern in der Kommunikation, dienen dem Verwaltungsverfahren oder dienen dazu, Verwaltungsverfahren mit Behörden zu vereinfachen.

Sie haben es selbst erwähnt - das ist für mich der Gegenbeweis bzw. der Widerspruch -, Sie haben im Jahr 2003 angefangen, anschließend haben Sie die Jahre 2009 und 2010 erwähnt, in denen Brandenburg ausgezeichnet wurde. Dann zu sagen, das sei Stillstand oder Ähnliches, halte ich nicht für beweiskräftig.

Nun zu Ihrer Forderung an die Landesregierung, bis zum Ende dieses Jahres einen Bericht über den Umsetzungsstand der E-Government-Strategie vorzulegen: Diesbezüglich erinnere ich Sie an eine weitere Gemeinsamkeit. Im Jahr 2006 haben wir gemeinsam beschlossen, Bürokratie abzubauen und

(Bischoff [SPD]: Yes!)

Berichtswesen einzudämmen.

(Bischoff [SPD]: Yes!)

Insofern wäre es aus meiner Sicht vernünftig, diese Dinge gegebenenfalls im Innenausschuss zu behandeln. Dort kann zeit

nah und sehr konkret berichtet werden. Wozu brauchen wir also einen Bericht? - Ich dachte immer, Sie sind uns einen Schritt voraus. In diesem Fall ist dem nicht so; denn wir arbeiten bereits daran. Sie aber fordern von uns, nun endlich daran zu arbeiten. Insofern ist Ihr Antrag gegenstandslos, weshalb wir ihn als Koalition ablehnen werden.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Goetz setzt die Debatte für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Lieber Kollege Lakenmacher, seit März 2011 sitzen wir uns in der Enquetekommission 5/2 den Hintern platt - sehen Sie mir die Ausdrucksweise nach - und befassen uns mit zukunftsfähigen Strukturen für das Land Brandenburg.

Ich habe mir einmal heraussuchen lassen, was wir bisher dort getan haben. Am 10. Juni 2011 - gleich zu Beginn - gab es in der zweiten Sitzung der Enquetekommission eine Anhörung zum Themenkomplex 6: Leistungsfähiges und bürgernahes E-Government. Gesprochen hat vom Ministerium des Innern Herr Everding; er hat den Titel Chief Process and Innovation Officer. Herr Innenminister, vielleicht können Sie dem Mann einmal einen richtigen Titel verpassen, damit man auch versteht, was damit gemeint ist. Herr Everding hat jedenfalls gesprochen und über das wissenschaftliche Forschungsprojekt Stein-Hardenberg 2.0 - dies ist den damals Anwesenden vielleicht noch in Erinnerung - berichtet.

In der 9. Sitzung der Enquetekommission am 09.03.2012 gab es wiederum eine Anhörung zum Themenkomplex 6: Leistungsfähiges und bürgernahes E-Gouvernement. Gesprochen haben Prof. Dr. Schuppan, Wissenschaftlicher Direktor am Institut für E-Government in Potsdam, Herr Wolfram Ebeling, Geschäftsführer der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Technikunterstützte Informationsverarbeitung im Land Brandenburg, Frau Silke Kühlewind vom Städte- und Gemeindebund und Herr Dr. Obermann vom Landkreistag Brandenburg.

In der 13. Sitzung am 17. August 2012 - diese liegt gerade einen Monat zurück - gab es wiederum eine Anhörung zum Themenkomplex 6 - Sie ahnen es -: Leistungsfähiges und bürgernahes E-Government. Gesprochen hat Herr Martin Schallbruch, IT-Direktor des Bundes.

Insofern ist seit anderthalb Jahren das Thema E-Government leistungsfähiges und bürgernahes Verwalten, neue Strukturen auf allen Ebenen des Landes - ständiges Thema in dieser Enquetekommission 5/2. So, wie wir uns in der Opposition gemeinsam berechtigt darüber ärgern, wenn aus der Regierungskoalition heraus Vorschlägen vorgegriffen und gesagt wird, wie Landkreise aussehen sollen, wer wo eingemeindet werden soll, welche kommunalen Strukturen geändert werden sollen und was abgeschafft werden soll - Kommunalpolitische Vereinigung vergangenen Samstag, Kollege Schippel -, so ist es eben auch nicht besser, wenn umgekehrt aus der Opposition heraus den Themen vorgegriffen wird, die dort in gleicher Weise bearbeitet werden.

Natürlich besteht erheblicher Bedarf, dort etwas zu ändern. Natürlich ist der Antrag vom Grundsatz her richtig, Kollege Lakenmacher, aber es ist der richtige Antrag zur falschen Zeit am falschen Ort. Deswegen lehnen wir ihn ab. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP, GRÜNE/B90 sowie des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste aus Rathenow! Verehrter Herr Kollege Lakenmacher, der Antrag der CDU-Fraktion lässt mich etwas ratlos zurück.

(Bretz [CDU]: Ich wusste das!)

- Das dachte ich mir.

Sie haben zweifelsohne Recht, dass die E-Government-Strategie des Landes Brandenburg nicht mehr sehr frisch ist. Gerade in diesem Bereich geht die technische Entwicklung rasant voran und eine Strategie aus dem Jahr 2003 gehört überarbeitet. Aber einen Hinweis darauf, was dringend gemacht werden sollte, welche Aspekte die Strategie neu abdecken sollte, wie Land und kommunale Ebene gemeinsam betrachtet werden sollen, sucht man in Ihrem Antrag und seiner Begründung vergebens.

Wir sehen im E-Government zahlreiche Möglichkeiten, Verwaltungshandeln transparenter, bürgernäher und effektiver zu gestalten. Nicht zuletzt deshalb hat E-Government eine große Bedeutung für alle anstehenden Reformbemühungen auf Landesebene.

Prof. Schuppan, Wissenschaftlicher Direktor am Institut für EGovernment in Potsdam, ist sicherlich Recht zu geben, wenn er konstatiert, dass das Land Brandenburg isolierte Einzelprojekte mit gewisser Strahlkraft fördert - zum Beispiel den „Maerker“ -, aber eine ebenenübergreifende Strategie nicht vorhanden ist und das Land kleine Kommunen, die vielfach finanziell und personell überfordert sind, nicht ausreichend unterstützt. Er beschreibt dies als Stillhaltetaktik auf Landesebene. Nicht umsonst hat Prof. Schuppan seinen Vortrag aber in der Enquetekommission 5/2 „Kommunal- und Landesverwaltung - bürgernah, effektiv und zukunftsfest - Brandenburg 2020“ gehalten.

Gemeinsam haben wir uns hier am 23. März 2011 verständigt, dieses Thema dort zu behandeln. Ich zitiere aus dem einstimmig beschlossenen Einsetzungsbeschluss Punkt 8:

„Die derzeitige E-Government-Strategie der Landesregierung ist zu überprüfen. Dabei ist darzustellen, welche Bedeutung ein modernes E-Government im Zusammenhang mit kommunalen Verwaltungsstrukturänderungen haben kann und welcher Weiterentwicklungsbedarf hierbei besteht.“

Herr Lakenmacher, vielleicht können Sie uns aufklären, wieso Sie hier zusätzliche Aktivitäten einfordern, von Ihrer Fraktion

aber keinerlei diesbezügliche Impulse in die Enquetekommission 5/2 kommen. Vielleicht tauschen Sie sich einfach einmal mit Herrn Petke aus.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt von SPD und DIE LINKE)

Vielleicht wäre eine simple E-Mail hilfreich, bevor wir hier ein weiteres Paralleluniversum betreten.

Hinzu kommt, dass wir alle hoffen, dass das Forschungsprojekt „Stein-Hardenberg 2.0 - Staatlicher Wandel im Informationszeitalter“, an dem das Land Brandenburg beteiligt ist und das noch bis Ende 2013 läuft, wichtige verwertbare Hinweise und weiterführende Ansätze für die strategische Ausrichtung von EGovernment und eine nachhaltige Modernisierungsplanung der öffentlichen Verwaltung liefert. Auch diese Ergebnisse sollten in eine neue Strategie einfließen. Immerhin sind wir auch finanziell an dem Projekt beteiligt.

Meine Fraktion hat nichts dagegen, wenn die Landesregierung einen Bericht über die bisherige Strategie vorlegt. Ansonsten werden wir aber darauf drängen, das Thema in der Enquetekommission weiter zu behandeln und insbesondere mit dem Bereich der Kommunal- und Verwaltungsstrukturreform zu verknüpfen. Auf diese Weise können wir am meisten positive Energie nutzbar machen und Erkenntnisse für die Zukunft und die zukünftige Gestaltung unseres Landes gewinnen.

In diesem Sinne halte ich diesen Antrag so, wie er formuliert ist, für entbehrlich. Ich fordere Sie auf: Werden Sie durch Ihren Vertreter in der Enquetekommission aktiv und engagieren Sie sich mit uns gemeinsam für eine bessere Verknüpfung von Land und Kommunen in Fragen des E-Governments und für die Entwicklung neuer Angebote.

(Beifall GRÜNE/B90, SPD und DIE LINKE)

Minister Woidke spricht für die Landesregierung.