Wenn wir gute und motivierte Referendare dauerhaft an Brandenburg binden wollen, müssen wir dafür auch vernünftige Arbeitsbedingungen schaffen. Das hier ist das Gegenteil. Im Hinblick auf das Stichwort „Arbeitsbedingungen“ bin ich ge
spannt, wie Sie den angehenden Grundschullehrern verkaufen wollen, dass Sie mit diesem Gesetz die Grundschullehrer den anderen Lehrämtern gleichstellen werden, die Besoldung sich allerdings nicht weiter verändern wird. Das verstärkt natürlich den Eindruck, dass es auch hier um Einsparungen geht. Der wird noch einmal dadurch verstärkt, dass Sie die Zahl der Studienplätze von 700 auf 600 verringern wollen.
Meine Damen und Herren, wir haben gehört, dass das Thema Inklusion in der Lehrerausbildung einen höheren Stellenwert erhalten soll. Das ist natürlich richtig. Wir sehen das auch so. Uns wundert allerdings, dass diese zusätzlichen Inhalte in Sachen Inklusion nicht zulasten der Fachwissenschaften, sondern zulasten der Bildungswissenschaften gehen.
- Danke schön, Kollegin Blechinger. Es wundert mich, dass Sie die einzige sind, die da klatscht. Eigentlich sind wir uns im Bildungsausschuss darin einig, dass der Anteil der Fachwissenschaften eigentlich reduziert werden muss. Wichtiger wären die Bildungswissenschaften.
Sie haben uns ja extra nach Finnland gebracht. Sie wissen, dass dort - zumindest bei den Grundschullehrern - komplett auf die Vermittlung von Fachwissenschaften verzichtet wird. Deswegen bleiben unsere Forderungen auch bestehen. Wir lehnen eine Verkürzung des Referendariats ab und wollen verbindliche Verfahren zur Eignungsfeststellung von Lehramtskandidaten,
weil wir glauben, dass es neben der Abiturnote auch andere wichtige Punkte gibt, die eine persönliche Eignung ausmachen. Es muss auch eine stärkere Orientierung des Angebots an Lehramtsstudienplätzen am tatsächlichen Lehrkräftebedarf im Land geben. Wir können es uns nicht mehr leisten, meilenweit am tatsächlichen Bedarf im Land vorbei auszubilden. Das ist mit Zielvereinbarungen machbar.
Dafür werden wir natürlich auch in den weiteren Beratungen im Ausschuss streiten. Deshalb stimmen wir der Überweisung zu und freuen uns auf eine konstruktive Debatte im Ausschuss. Danke schön.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich neige nicht zu euphorischen Übertreibungen, aber bei dem vorliegenden Gesetzentwurf traue ich mir zu, zu sagen: Dieses neue Lehrerbildungsgesetz wird die Schule - und damit unser ganzes Land - gewaltig verändern.
Natürlich dauern solche Veränderungen im Bildungsbereich lange. Sie werden nicht mit der Verabschiedung des Gesetzes im Landtag anfangen, sondern sie treten mittel- oder langfristig ein. Aber man muss sie eben angehen, gut beraten und dann auch mutig anschieben.
Ich könnte jetzt lange über die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, über die neue Struktur der Lehrämter, den Wegfall einer Staatsprüfung, die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes und die Einführung einer Berufseingangsphase Herr Hoffmann hatte die völlig vergessen -, übrigens einschließlich Fortbildung, reden. Im Grunde steht im neuen Gesetzentwurf auch so etwas wie - ich übersetze es einmal - lebenslanges Lernen für Pädagogen.
Ich will mich aber auf zwei Punkte konzentrieren, die ich für sehr wesentlich halte. Erstens. In § 3 Abs. 4 steht der schlichte Satz:
Dieser schlichte Satz erhöht aus meiner Sicht ganz deutlich die Chance, sich während des Studiums zum Beispiel mit Mitteln und Methoden des Unterrichtens in, wie es so schön heißt, heterogenen Lerngruppen zu beschäftigen. Die Chance für Studierende, darüber etwas kennen und wissen zu lernen, wird deutlich größer. Auf gut Deutsch: Lehrerinnen und Lehrer werden besser auf die Schulwirklichkeit vorbereitet.
Die Spitze dieser Entwicklung ist die geplante Ausbildung im Grundschullehramt Förderpädagogik. Damit setzt die Landesregierung einen Auftrag des Landtages um. Sie konnte hier aber nicht allein tätig werden, sondern die Universität Potsdam musste mit ins Boot. Ich bin sehr dankbar, dass das geklappt hat. Hier waren drei Mitspieler an Bord: Wissenschaftsministerium, Bildungsministerium, Universität. Ich habe bei der letzten Ausschusssitzung - wie wir alle - erfahren, dass die Universität Potsdam bereits mit Vorbereitungen dazu begonnen hat, dass der neue Studiengang im Wintersemester 2013/14 pünktlich starten kann.
Ich stelle - so habe ich es auch im Ausschuss gesagt - hier noch einmal fest: Mit dieser bundesweiten Vorreiterrolle wird das Ansehen der Lehrerbildung an der Uni Potsdam und darüber hinaus deutlich wachsen.
Ich spreche auch deshalb von einer Vorreiterrolle, weil hier nicht einfach Sonderpädagogen ausgebildet werden, die dann die schwierigen Fälle in der Schule bearbeiten sollen. Nein, das werden ganz bewusst Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer mit einer besonderen Befähigung sein, die das organisieren sollen, was eben an einer inklusiven Schule das A und O ist: die Zusammenarbeit aller Professionen. Zugleich werden sie was ich für besonders wichtig halte - Teil der Lehrerschaft sein.
Ich komme zur zweiten gravierenden Änderung. Es sollen erstmals steuernde Elemente eingeführt werden. Lehramtsstudierende müssen künftig Fächerkombinationen wählen, für die sie dann mutmaßlich auch mit ausreichendem Stundenvolumen eingesetzt werden können. Außerdem sollen Studierende vor dem Studienantritt eine Einschätzung über ihre individuellen
Voraussetzungen als Lehrkraft erhalten. Das dient der besseren Selbsteinschätzung. Damit soll aber, bitte, niemand vom Studium ausgeschlossen werden. Ihm oder ihr soll aber klar werden, wo die Stärken und wo die Schwächen liegen.
Dieser letzte Punkt wird vermutlich in der kommenden Diskussion der strittigste sein. Da ist, denke ich, eine Menge Stoff für eine intensive Beratung - nach schon sehr intensiven Vorberatungen zwischen Bildungs- und Wissenschaftspolitikern. Ich denke aber, dass dieser Gesetzentwurf unterm Strich eine gute Grundlage ist. Er stellt sich den bildungspolitischen Herausforderungen der Zukunft, und er wird - davon bin ich überzeugt neue Impulse in unsere Schulen bringen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Günther, Sie haben davon gesprochen, dass dieses Gesetz das Land verändern werde. Sie haben aber - ich nehme einmal an, bewusst - offengelassen, ob zum Positiven oder zum Negativen, Herr Kollege Günther.
Es wird einige Punkte geben, die wir nach der Anhörung im Ausschuss zu beraten haben. Sicherlich stimmen wir darin überein, dass gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer das Fundament für eine gute Schul- und Bildungsqualität sind. Sicherlich stimmen wir auch darin überein, dass gut ausgebildete Lehrer eine wichtige Stellung in der Entwicklung der Gesellschaft haben. Deswegen sollte sich ihr Stellenwert auch in dieser Gesellschaft entsprechend widerspiegeln.
Herr Kollege Günther, Sie haben sogar darauf hingewiesen, dass Lehrerinnen und Lehrer vor neuen Herausforderungen stehen. Sie sehen sich nämlich den Herausforderungen einer heterogenen Schülergesellschaft gegenüber, der Inklusion, aber sie müssen auch der demografischen Entwicklung standhalten können, die ebenfalls neue Herausforderungen mit sich bringt.
Deswegen muss es unser Ziel sein, die geeignetsten Menschen für den Lehrerberuf zu finden und bereits in der Schule für den Lehrerberuf zu werben.
Nun haben wir endlich Ihren Gesetzentwurf vorliegen, mit dem Sie die Lehrerbildung sowie die Fort- und Weiterbildung weiterentwickeln wollen. Sehen wir uns doch einmal einzelne Punkte dieses Gesetzentwurfs an. Diesbezüglich kann ich mich recht kurzfassen; denn Kollege Hoffmann hat mir vieles schon vorweggenommen, dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen. Insofern kann ich mich auf einige Punkte beschränken.
Zunächst zu § 1: Ziel und Inhalt der Lehrerbildung. Im Gesetzentwurf sprechen Sie ausschließlich von einer internen Evaluation, jedoch nicht von einer externen Evaluation. Eine externe Evaluation ist jedoch notwendig. Am Ende dürfen Entscheidungen nicht nach finanziellen Erfordernissen getroffen werden, sondern es muss nach qualitativen Gesichtspunkten bewertet werden. Das können wir dem Gesetzentwurf gegenwärtig nicht entnehmen.
Zudem haben wir in diesem Zusammenhang erhebliche Zweifel. In § 1 Abs. 6 schreiben Sie, dass personenbezogene Daten ohne Einwilligung der Lehramtskandidaten erhoben werden können. Diesbezüglich hegen wir als Liberale Zweifel. Insofern muss das an der Stelle noch untersucht und näher beleuchtet werden.
In Absatz 5 wollen Sie als Ministerium bzw. als Landesregierung auf Kosten des Entscheidungsrechts des Parlaments selbst Inhalte und Formen der Lehrerausbildung für mögliche neue Konzepte der Berufsqualifizierung und des Berufseinstiegs festlegen. Damit wird am Ende das Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt. Dies wird auch aus § 3 - Lehramtsstudium ersichtlich, weshalb wir hinreichend Kritikpunkte haben.
Sie, Kollege Günther, befürworten es, dass mit diesem Paragraphen die Landesregierung in die Autonomie der Hochschulen eingreift. Das haben Sie gerade hier vorn gesagt. Es gehört aber nicht zur Aufgabe der Landesregierung, die Ausgestaltung der Studiengänge zu übernehmen, indem durch Rechtsverordnung die Art und der Umfang der nachzuweisenden Prüfungsund Studienleistung sowie deren Bewertung geregelt werden sollen. Es ist auch nicht Aufgabe der Regierung, die Feststellung der individuellen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Lehrkraft zu bestimmen. Das sollte die Universität Potsdam übernehmen.
Wenn Sie das Konzept - das Gesamtkonzept zur strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung des Lehramtsstudiums und des Vorbereitungsdienstes vom Juni 2011 - gelesen haben, das wir im Ausschuss beraten haben, erkennen Sie, dass die Beratung zur Eignung durch die Universität Potsdam erfolgen sollte und dass bereits ein System erarbeitet wird. Vielleicht können Sie, Frau Ministerin - falls Sie dazu nachher noch einmal sprechen -, darauf Bezug nehmen.
Auch der Zugang und die Voraussetzungen zum Masterstudium sollen durch Ministeriumshandeln geregelt werden. Das widerspricht dem Brandenburgischen Hochschulgesetz. In § 8 steht: Zugangsvoraussetzung für einen Masterstudiengang ist ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss. Darüber hinaus sollen die Hochschulen in den Satzungen weitere besondere Zugangsvoraussetzungen für die Studienaufnahme festlegen.
Im Übrigen, Kollege Günther, glaube ich nicht, dass wir mit einer Festschreibung von Fächerkombinationen die Motivation der Schulabgänger stärken, Lehrer zu werden. Sie wissen genau, dass Studienanfänger immer sehr eigene Vorstellungen und Ideen haben und sich ungern etwas vorschreiben lassen.
Zu § 4 - Akkreditierung und Zugang zum Vorbereitungsdienst sei gesagt, dass auch hier das Ministerium versucht, Aufgaben an sich zu ziehen, die der Akkreditierungsrat durchführen sollte.
Wichtig für uns Liberale - auch Kollege Hoffmann hat darauf hingewiesen - ist ein hoher Praxisbezug bereits von Beginn des Studiums an; denn so merken die Studierenden, ob der Lehrerberuf für sie geeignet ist, und sie wissen von Anfang an, was auf sie zukommen kann. Das ist nämlich eines der Probleme, das wir oft genug in Diskussionen hören: Ich habe das studiert und weiß, dass ich dafür eigentlich nicht geeignet bin. Aber was soll ich jetzt machen? - Da stellt sich die Frage: Wie können wir zum Beispiel Polyvalenz herstellen? Was können die
jungen Menschen damit anfangen? - Schließlich kann es nicht so sein, dass sie dann 30 oder 40 Jahre in diesem System sind, obwohl sie von Anfang an eigentlich keine Lust auf den Job hatten.
Möglich sind zum Beispiel Mentoring-Programme zwischen den Ausbildungsschulen und den Lehramtsstudierenden bereits von der ersten Phase an. Das muss dann natürlich auch im Vorbereitungsdienst durchgeführt werden, wozu man entsprechendes Personal und finanzielle Mittel benötigt.
Zu alldem findet im Ausschuss noch eine Anhörung statt. An dieser Stelle komme ich nicht weiter; denn es blinkt mir zu rot.
Insofern werden wir die Diskussion im Ausschuss führen. Jedenfalls muss die Universität Potsdam gestärkt werden. Zudem brauchen wir eine Stärkung des Zentrums für Lehrerbildung. Hier kann das Land helfen, indem es entsprechende Ressourcen bereitstellt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Büttner, der vorliegende Gesetzentwurf wurde in einem Bilderbuchverfahren entwickelt. Ich freue mich sehr, dass Sie beide von der Opposition das heute auch gezeigt haben. Im Februar 2011 haben wir eine Konzeption beantragt, und schon nach einem Jahr liegt ein Gesetz vor. Diese Konzeption wurde schon einmal, unter anderem mit Anhörungen, auf sehr breiten Füßen debattiert. Wir haben diese drei Säulen vom Parlament aus in Bewegung gesetzt und hatten auch gute Beteiligungsrechte im Parlament. Das wünschte ich mir für alle Verfahren. Insofern war schon das Verfahren selbst eine gute Erfahrung.