Protocol of the Session on June 7, 2012

Das Ansinnen der FDP deckt sich also mit dem Ansinnen der damaligen Landesregierung, nämlich Brandenburger Schüler fit für das Arbeitsleben zu machen, sie auf den Beruf und die Herausforderungen vorzubereiten. Das ist also richtig. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass man prüft, an welchen Stellen es notwendig ist, das bestehende Konzept zur Berufs- und Studienorientierung weiterzuentwickeln, es zu überarbeiten. Deshalb werden wir diesem Antrag auch zustimmen. - Danke schön.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hoffmann. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Büchel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig und wichtig, dass junge Menschen gut auf das Berufsleben und auf die Ausbildung vorbereitet werden und jedem Einzelnen ein optimaler Übergang von der Schule in die Ausbildung ermöglicht wird. Das gilt umso mehr angesichts der demografischen Entwicklung und den dringend benötigten qualifizierten Fachkräften, die wir hier im Land brauchen.

Aber dies kann nicht allein Aufgabe der Schule sein. Werte Kollegen der FDP, da sind wir uns im Grundsatz einig, dennoch muss ich Sie fragen, wie ehrlich Sie den Antrag, der hier zur Debatte steht, gemeint haben. Sie möchten, dass der Landtag heute - 14 Tage, bevor die Schulferien beginnen - für das in Kürze beginnende Ausbildungsjahr eine Reihe von Maßnah

men beim Übergang von der Schule in die Ausbildung beschließt, um somit einen reibungslosen beruflichen Einstieg sicherzustellen. Ganz ehrlich, werter Kollege Büttner: Dies ist weder pragmatisch noch zielorientiert, weil die jungen Menschen, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen wollen, schon fast aus der Schule heraus sind. Die erreichen wir damit sicherlich nicht mehr.

(Zuruf der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

- Dies steht aber ganz konkret in dem Antrag, Frau von Halem.

Sie fordern den Landtag auf, dass das in der 4. Legislaturperiode beschlossene Konzept zur Berufs- und Studienorientierung im Land Brandenburg fortzuschreiben und eine Reihe von neuen Punkten hinzuzufügen ist. Mit anderen Worten: Sie wollen ein Mehr an Maßnahmen. Ich frage jedoch, ob es wirklich hilfreich ist, den bestehenden und sehr umfangreichen Maßnahmenkatalog tatsächlich zu erweitern. Muss nicht vielmehr der Ansatz gelten: Qualität geht vor Quantität? Wichtig ist es Herr Kollege Hoffmann, da sind wir uns einig -, Bewährtes weiterzuqualifizieren und sicherlich möglicherweise auch die eine oder andere Maßnahme kritisch zu beleuchten, um zu sehen, ob sie sich auch tatsächlich bewährt hat, und wenn nicht, uns davon zu verabschieden.

Der bestehende Katalog sollte also vielmehr kritisch auf Nachhaltigkeit geprüft werden, anstatt den Kanon von Maßnahmen auszuweiten. Aus diesem Grund - da unterscheiden wir uns wieder, werter Kollege Hoffmann -, können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Werte Kollegen von der FDP, Sie fordern in Ihrem Antrag, dass nicht unbedingt die Arbeitsagentur, sondern ein breites Bündnis aus Arbeitgebern, Verbänden und Kammern die Berufsorientierung an Schulen durchführt. Außerdem soll - so steht es explizit darin - die Kooperation von Schulen mit Unternehmen aus der Wirtschaft verstärkt werden.

Wenn ich konkret in die Praxis schaue und zwei Beispiele herausgreife, sehe ich als Erstes den Berufswahlpass. Dieser Berufswahlpass hilft Schülern bei der beruflichen Orientierung. Er ermöglicht den Eltern und Lehrkräften, der Agentur und den Arbeitgebern, die Jugendlichen bei der Berufsfindung aktiv zu unterstützen. Dieser Berufswahlpass ist gemeinsam von der Politik, der Bundesagentur und der Wirtschaft entwickelt worden. Die IHK Ostbrandenburg hat im vergangenen Jahr an alle 3 272 Schüler in den 7. Klassen in Ostbrandenburg genau diesen Berufswahlpass, diese sehr gute Berufsorientierungsleitlinie, ausgereicht. Sie haben angesprochen, wir müssten frühzeitig einsteigen. Ich denke, Sie geben mir Recht: Sich an die 7. Klassen der Oberschulen zu wenden ist sehr frühzeitig.

Die IHK Ostbrandenburg schreibt selbst zu diesem Berufswahlpass:

„Mit diesem Pass leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Fachkräfte für unsere regionale Wirtschaft.“

Ein anderes Beispiel aus meinem Wahlkreis, aus der Oderbruch-Oberschule Neutrebbin in Märkisch-Oderland: Dort gibt es das Projekt des Job-Karussells. Hier haben 104 Betriebe aus der Region den 51 Schülern der 9. Klasse ermöglicht, regelmäßig über das Schülerbetriebspraktikum hinaus in die Berufswelt hineinzuschnuppern, praktische Erfahrungen zu sammeln

und somit auch gemeinsam zu gucken, ob derjenige für diesen Beruf geeignet und ob es das Richtige ist, gemeinsam hier weiterzumachen. Das ist sehr praktische Berufsorientierung gemeinsam von Schule und Wirtschaft aus der Region.

Sie sehen - ich fasse zusammen -, dass die Wirtschaft, die Unternehmen und die Schulen im Land Brandenburg bereits sehr gut kooperieren. Das, was vorhanden ist, muss entsprechend gestärkt und ausgebaut werden. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Gratulation zu diesem Antrag, liebe FDP. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall FDP)

Es gibt in Brandenburg eine Reihe von hervorragenden Programmen zur Berufsorientierung. Sie alle aufzuzählen haben insbesondere die Vorrednerinnen und Vorredner der Regierungsfraktionen in ausreichendem Maße übernommen. Ich steuere jetzt nur noch ein paar Gedanken zur Debatte bei.

Ich weiß auch, dass es durchaus einige Schulen gibt, die das Thema richtig ernst nehmen und sich weit über das in den Lehrplänen vorgesehene Maß um Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen bemühen, interessante Leute zu Vorträgen vor den Schülern einladen und Orientierungstage veranstalten. Aber das sind nicht alle Schulen. Es gibt zu denken, dass die herausragenden Programme, die in dem Konzept von 2008 aufgelistet sind, von denen wir wissen und heute noch einmal gehört haben - zum Beispiel IOS, Praxislernen, produktives Lernen und auch die Förderung von schulverweigernden Schülerinnen und Schülern -, samt und sonders von ESF-Mitteln leben, wie die Landesregierung heute zum Beispiel zu einer Formulierung aus dem Konzept von 2008 steht, die da lautet:

„Über eine darüber hinausgehende flächendeckende Ausweitung des Praxislernens soll nach dem Auslaufen der ESF-Mittel im Jahr 2013 entschieden werden.“

Das fände ich heute schon interessant zu hören.

Ein bisschen skeptisch bin ich allerdings bei dem Ansatz, Lehrerinnen und Lehrer zu Betriebspraktika zu schicken. Ich denke, es müsste schon sehr viel Zeit darauf verwendet werden, um sie in die Lage zu versetzen, daraus breit gefächerte Entscheidungshilfen für Schülerinnen und Schüler werden zu lassen. Nein, erfolgversprechender ist es aus meiner Sicht, den Jugendlichen Möglichkeiten zu bieten, diese Erfahrungen selbst zu machen und Kontakte mit Menschen herzustellen, die aus dem Berufsleben jenseits von Schule kommen.

In diesem Zusammenhang gewinnt auch der Ansatz neuen Reiz, um Quereinsteiger in den Lehrerberuf zu werben. Wer

könnte authentischer Berufserfahrung vermitteln als diejenigen, die sie selbst gemacht haben?

Was der vorliegende Antrag allerdings nicht erwähnt, ist die Rolle der Arbeitgeber. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen angesichts mangelnder Ausbildungsstellen auf Bundesebene über die Ausbildungsplatzabgabe diskutiert wurde, aber zu einer gelungenen Berufsorientierung können auch die Arbeitgeber ihren Anteil leisten. Das tun sie zum großen Teil schon sehr erfolgreich, aber ich denke doch, dass im Zuge einer Fortschreibung dieses Konzeptes neue Anregungen entstehen könnten.

Schulen müssen in den Schulprogrammen ihre Maßnahmen zur Berufsorientierung dokumentieren. Beraten werden sie dabei von der Schulaufsicht - schon wieder dieser grässliche Begriff - und dem „BUSS“-System. Da wären wir wieder bei dem Thema von heute früh: Wird die Beratung mit weniger Schulräten und größeren Distanzen besser? Gleiches gilt für das „BUSS“-System. Da sind immer die gleichen Stellenzahlen und immer mehr Aufgaben. Ja, wir wollen selbstständige Schulen, aber das heißt nicht, sie sich selbst zu überlassen, sondern es bedeutet, sie selbst entscheiden zu lassen, aber natürlich nach Beratung und Unterstützung.

Das Monitoring, das angesprochen wurde, darf deshalb nicht nur für die Angebote der Einzelschule gelten, sondern muss auch das den Schulen zur Verfügung stehende Gesamtangebot der Berufsorientierung im Auge haben. Der Hauptgrund, aus dem wir diesen Antrag unterstützen, sind das Auslaufen der ESF-Mittel und die Pläne der Landesregierung, wie sie mit der Studienorientierung danach zu verfahren gedenkt. - Danke.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Dr. Münch hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht eine kleine Interpretationshilfe für Herrn Büttner, warum Herr Günther böse geschaut hat: weil dieser Antrag von einem ähnlichen Geist getragen ist wie der Antrag heute Morgen zur Aktuellen Stunde. Er kommt irgendwie unzeitig, vielleicht ist das der Grund dafür.

Ich stimme den Damen und Herren Abgeordneten von der FDP-Fraktion durchaus zu, dass wir viele qualifizierte Fachkräfte für eine zukunftssichere und moderne Wirtschaft brauchen - vollkommen richtig. Die Berufschancen für Jugendliche waren vielleicht noch nie so gut wie heute. Darin sind wir ebenfalls einer Meinung. Trotzdem finden nicht alle Schülerinnen und Schüler eine Lehrstelle. Die FDP macht uns jetzt darauf aufmerksam, dass wir mit Blick auf das beginnende Ausbildungsjahr Maßnahmen für die Berufsorientierung umsetzen sollten. Wir kämen aber reichlich spät, wenn wir damit jetzt beginnen würden.

Die Berufsorientierung beginnt in Brandenburg für alle Schülerinnen und Schüler in der 7. Klasse. Wir geben uns nicht damit zufrieden, wenn Jugendliche die Schule ohne anerkannten

Abschluss verlassen, sondern arbeiten seit Jahren daran, diese Quote zu senken. Wir haben das auch häufig diskutiert, und es ist uns gelungen, die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss von 10,1 % am Schuljahresende 2009/10 - sie war in den Vorjahren noch höher - weiter zu senken, nämlich auf 8,6 % am letzten Schuljahresende.

Damit der entscheidende Übergang von der Schule in den Beruf gelingt, beginnen wir frühzeitig mit einer individuellen Berufs- und Studienorientierung. Wir haben bereits viele Beispiele von den Vorrednerinnen und -rednern gehört. Das Ziel ist, die Schülerinnen und Schüler bei ihrer Orientierung auf dem vielfältigen Arbeits- und Ausbildungsmarkt intensiv zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass niemand die Schule verlässt, ohne zu wissen, was er bzw. sie später einmal machen wird.

Die brandenburgische Landesregierung hat mit ihrem Konzept zur Berufs- und Studienorientierung von 2008 - ich freue mich sehr, dass auch Herr Hoffmann dies gelobt hat - die Berufsund Studienorientierung als einen wichtigen Schwerpunkt in den Schulalltag integriert. Das heißt, die Schulen in unserem Land stellen sich den Anforderungen in diesem Bereich mit wachsendem Erfolg. Die Schulvisitation 2011 hat das bestätigt, und wir haben diesen Schwerpunkt bei der neuen Runde der Schulvisitation nochmals fokussiert.

Um Schülerinnen und Schüler bei der Berufsorientierung zu unterstützen, hat das Land in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen und Projekte auf den Weg gebracht. Viele Schulen haben bereits sehr enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Region sowie mit Hochschulen. Beim „Zukunftstag“ lernen Jugendliche den beruflichen Alltag kennen. Jungen erleben die Arbeit in der Kita, Mädchen gewinnen einen Einblick in MINT-Berufe.

- Sie sollten zuhören, Herr Büttner. - Beim „Tag des offenen Unternehmens“ lernen Jugendliche unterschiedliche Berufsbilder kennen. Auch dieser Tag ist ein großer Erfolg. Mit der Auszeichnung „Schulen mit hervorragender Berufsorientierung“ werden jedes Jahr die besten Schulen geehrt, und es ist sehr spannend und interessant, zu erleben, auf welche Ideen besonders auch Oberschulen kommen, um die Berufsorientierung voranzutreiben. Außerdem unterstützen Förderprogramme für Schulprojekte wie die Initiative Oberschule, die bereits mehrfach erwähnt wurde, das Projekt - „Berufsorientierung als Chance“ - BaCh - für Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe sowie „Komm auf Tour Plus“ die Berufsund Studienorientierung an den Schulen. Das Gemeinschaftsprojekt der Hochschulen „Studium lohnt“ und „Science on Tour“, die vom ESF gefördert werden, stärken erfolgreich die Studierneigung. Das heißt, auch in diese Richtung funktioniert die Orientierung.

Die regionale Zusammenarbeit zwischen Schule und Unternehmen über den Verein „Netzwerk Zukunft Schule und Wirtschaft in Brandenburg e. V.“ hat bundesweit große Beachtung gefunden. Im Netzwerk werden Lehrerfortbildungen und Berufsorientierungstourneen für Lehrerinnen und Lehrer angeboten. Künftig - auch dies ist wichtig, denn es geht um die Gymnasien - belegen alle Schülerinnen und Schüler an allen Schulformen mit gymnasialer Oberstufe in der Qualifikationsphase einen Seminarkurs zur fachlichen, fachübergreifenden oder fächerverbindenden Vertiefung, zum verstärkten Aufbau

wissenschaftlicher Kompetenz oder unmittelbar zur Studienund Berufsorientierung. Das heißt, es ist verbindlich im Lehrplan für die GOSt verankert. Alle drei Seminarkurse sind wichtig für die Entscheidung über die Berufswahl.

Sie sehen also als Zusammenfassung, dass die Landesregierung in der Berufs- und Studienorientierung sehr gut aufgestellt ist. Wir haben in allen Schulformen erfolgreiche Projekte und wirksame Maßnahmen, die wir selbstverständlich weiterentwickeln und evaluieren, denn wir tun dies nicht zum Selbstzweck, sondern um tatsächlich etwas damit zu erreichen, denn wir wollen Jugendliche beim Übergang von der Schule zum Beruf noch intensiver unterstützen. Deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen, den Antrag abzulehnen; wir brauchen ihn schlichtweg nicht. - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Dr. Münch. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion der FDP fort. Herr Abgeordneter Büttner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihr Auftreten hier, Frau Ministerin, sowohl heute Morgen als auch eben, und genauso Ihres, Herr Kollege Günther, zeigt die ganze Arroganz der Macht, die man in diesem Land so satt hat.

(Beifall FDP und CDU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Hat- ten Sie heute Sekt zum Frühstück? - Zuruf des Abgeord- neten Görke [DIE LINKE])

- Ja, Frau Kaiser, ich weiß: Wenn in Brandenburg die Sonne lacht, hat das auch die SPD gemacht.

(Beifall FDP und CDU)

Aber in der Bildungspolitik ist die Sonne schon längst untergegangen. Sie sind nur noch nicht aufgewacht, das ist Ihr Problem. Sie können mir ja mal eines erklären: Wenn das alles in diesem Land so toll ist und so super läuft

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Sie haben heute Sekt ge- trunken!)