Protocol of the Session on June 7, 2012

Anfang des Jahres kochte das Thema in der Tat hoch, und ich sage, auch zu Recht, nachdem die Landesregierung zuvor eine grundsätzliche Entscheidung über die Einrichtung eines Landesschulamtes getroffen hatte. Anschließend ist glücklicherweise Ruhe eingekehrt. Im März ist bei diesem Thema weißer Rauch aufgestiegen. Gewerkschaften, Personalvertretungen und Ministerium hatten intensiv miteinander beraten, hatten viele der über 170 einzelnen Aufgaben der Schulämter entweder der zentralen Schulbehörde oder den Regionalstellen zugeordnet. Dieser Prozess läuft immer noch.

Nach diesem 28. März war wieder wochenlang Ruhe, bevor am vergangenen Montag aus Gründen, die ich nicht kenne und nicht nachvollziehen kann, die GEW den Abschied von diesem vorher mühsam vereinbarten Kompromiss verkündet hat. Es ist nun aber das Zeichen eines Kompromisses, dass es Gruppen, Personen und Regionen gibt, die mit ihm unzufrieden sind. Die Frage ist, ob sich die Vereinbarung, die man miteinander geschlossen hat, den Problemen des Landes und in diesem Fall der Schulaufsicht stellt. Das Problem, an dem wir alle nicht vorbeikommen, nämlich dass wir zukünftig weniger Geld haben werden, ist bekannt. Das zwingt zu Effektivität, und das wirft die Frage auf: Wo kann auch bei Bildung gespart werden, ohne dass die Schulqualität leidet?

Nachvollziehbar ist, dass sofort der Blick auf die Verwaltungsaufgaben fällt, die rund um Schule zu erledigen sind. Es ist doch nicht erklärlich, warum sich jedes dieser sechs bisherigen staatlichen Schulämter selbst um Reisekostenabrechnungen und EDV gekümmert hat, selber eigene Formulare entwickelt hat. Zum Beispiel diese Verwaltungsaufgaben sind es, die zukünftig zentral von der einheitlichen Behörde Landesschulagentur wahrgenommen werden. Das Modell, das dazu übernommen wird, stammt übrigens - wie ich gehört habe - aus Sachsen. Auch andere Länder gehen diesen Weg. Wir sind da in Deutschland keine Exoten.

Alles das ist das Grundprinzip. Alles, was Unterstützung und Beratung der Schulen anbelangt, soll so regional wie irgend möglich geschehen. Bestes Beispiel dafür ist der konkrete Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen. Anders als in der großen Landesschulagentur hat man in den Regionalstellen die Chance, nicht nur die Akte, sondern auch den Lehrer mit all seinen Eigenschaften persönlich zu kennen und beurteilen zu können, an welche Schule er am besten passt.

Es gibt auch noch Aufgaben, die landesweit gesteuert werden sollten, etwa die Art und Weise der Durchführung von Förder

ausschussverfahren oder der Einsatz von LER-Lehrern, auf die man, wie wir in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses erfahren haben, in den einzelnen Schulämtern sehr unterschiedlich Wert legt. Grundprinzip: Beraten so nah wie möglich, verwalten so zentral und effektiv wie möglich!

Die zweite große Herausforderung ist, dass das Land deutlich weniger Schülerinnen und Schüler und damit weniger Schulstandorte hat als noch vor einigen Jahren. Auch dem stellt sich die neue Struktur. Statt der bisher sechs eigenständigen Schulämter wird es deshalb noch vier Regionalstellen der Schulagentur geben. Die neuen Regionalstellen haben jetzt in etwa ähnlich viele Schulen zu betreuen. Durch die Reduzierung von Standorten und die Zentralisierung von Verwaltungsaufgaben wird das MBJS im Bereich der Schulämter mit gut 40 Stellen zum Erreichen der Personalzielzahl der Landesregierung beitragen - selbstverständlich, wie es in Brandenburg üblich ist, sozialverträglich, selbstverständlich ohne betriebsbedingte Kündigungen und selbstverständlich unter Einbeziehung jedes einzelnen Betroffenen.

Es wird also an Verwaltung gespart und nicht an Bildung, Herr Büttner. Die neue Struktur soll spätestens Anfang 2014 stehen. Diese Zeit gilt es zu nutzen. Bis dahin sind noch viele Detailfragen zu klären. Dass dabei die Qualität von Schulaufsicht nicht leidet, erwarte nicht nur ich, sondern das ist auch erklärtes Ziel des Bildungsministeriums, der Personalräte und Gewerkschaften. Im Gegenteil, ich behaupte, durch die Entlastung von Verwaltungsaufgaben werden die Schulräte künftig mehr für ihre Schulen da sein.

Bleibt die Frage der Standorte für Regionalstellen. Die habe ich bewusst ans Ende gestellt, denn im Zentrum der Diskussion sollte die Frage der Aufgabenzuordnung und nicht die der Standorte stehen. Wenn man dann aber die Zahl der Standorte reduziert, kann man noch so gut auf Ausgewogenheit, Nachhaltigkeit, Erreichbarkeit, Demografiefestigkeit achten. Wenn es Gegenwind gibt - der ist immer vorprogrammiert -, muss und soll man - das erwarte ich vom Bildungsministerium - gut und intensiv kommunizieren. Dann muss man auch zu dem stehen, was man verhandelt hat. Ansonsten bleibt alles, wie es ist, nämlich beim Alten. Genau das wollen Sie im Kern.

Herr Büttner, Sie erwecken hier den Eindruck, als sei das Wichtigste bei der Bildung die Schulaufsicht.

(Frau Lehmann [SPD]: Genau so ist es!)

Ich sage: Nein! Sie hat eine dienende Funktion, nämlich für Bildung.

(Beifall der Abgeordneten Frau Lehmann und Frau Melior [SPD])

Sie erwecken auch den Eindruck, als seien Schulämter die meistbesuchten Ämter des Landes.

(Frau Lehmann [SPD]: So ist es!)

Ich habe vor zwei Tagen den Schulleiter einer mittelgroßen Oberschule angesprochen und gefragt, wie oft er denn so zum Schulamt müsse? Die Antwort war: Drei- bis viermal im Jahr. Der Schulleiter fährt heute übrigens weiter, als es zukünftig etwa von Schwedt nach Frankfurt (Oder) - nötig sein wird,

denn im Schulamtsbezirk Perleberg liegt der Sitz des staatlichen Schulamtes heute am weitesten von der großen Mehrzahl der Schulen entfernt. Für diese spezielle Schule kann ich sagen: Das hat die Qualität der Schule nicht negativ beeinflusst.

Beratung und Unterstützung leisten nämlich nicht nur die Schulämter. Ein ganzes Netzwerk von Beratung und Unterstützung für Lehrer, das sogenannte BUSS-System - Sie haben es in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses mitbekommen wird umgebaut, sodass die Fortbildung zukünftig vor Ort in den Schulen stattfindet und die Lehrer nicht zum Schulamt fahren müssen.

Unter dem Strich aber heißt das: Wenn sich die Rahmenbedingungen wie geschildert ändern - weniger Schüler, weniger Geld -, dann muss man sich entscheiden und die Frage beantworten, was man sich leisten will. Jeder weiß, dass kleinteilige Strukturen besonders teuer sind. Jeder, der eine Außenstelle der Kreisverwaltung hat, weiß: Das ist kein Sparmodell.

Ich sage Ihnen, wofür ich mich entscheide: Lieber behalte ich kleinteilige Strukturen bei den Grundschulen als kleinteilige Strukturen bei den Schulämtern.

(Beifall SPD)

Herr Büttner, Sie erwecken hier immer den Eindruck, unglaublich reformfreudig zu sein. Ich werde nachher noch etwas zu Ihrem Entschließungsantrag sagen; dafür gönne ich mir die zweiten fünf Minuten.

(Zuruf von der CDU: Wir freuen uns!)

- Ja, ich freue mich auch sehr.

Sie fordern die Landesregierung und die Koalition immer wieder auf, aktiv zu werden, etwas zu verändern, dieses und jenes anzupacken. Aber wenn es konkret wird, ist ganz schnell Schluss mit Ihrer Reformfreude.

Sie haben auf Ihrem letzten Landesparteitag beschlossen, künftig mitzuregieren. Ich kann Ihnen versichern: Mit dieser Grundeinstellung wird das nichts in Brandenburg.

(Frau Lehmann [SPD]: Kann man beschließen, mitzu- regieren?)

- Das haben die einfach beschlossen.

(Frau Lehmann [SPD]: Donnerwetter!)

Herr Büttner, wenn Sie aber nicht handeln - dafür ist die Opposition auch nicht da -, dann handelt eben die Landesregierung ihrem Auftrag entsprechend. Sie vollzieht genau das, was Sie im Titel dieser Aktuellen Stunde fordern: Sie stellt die Reform der staatlichen Schulämter auf eine solide Basis und gestaltet die Schulaufsicht zukunftsfähig. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Der Abgeordnete Hoffmann setzt für die CDU-Fraktion fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war schon ein interessantes Bild. Mittlerweile hat sich zwar die zweite Reihe bei der SPD so leidlich gefüllt, aber vorhin saß Frau Muhß noch allein da. Der Ministerpräsident unterhielt sich angeregt mit Herrn Markov. Ich sehe es mit Sorge, wenn wir hier in einer Aktuellen Stunde über ein drängendes Thema debattieren, das aber offensichtlich niemanden interessiert.

(Frau Melior [SPD]: Weit gefehlt!)

Herr Günther, ich glaube, das ist auch der Grund dafür, dass Sie den Bezug zur Aktualität nicht herstellen können. Die Leute wissen nämlich, dass Sie das alles überhaupt nicht interessiert. Deshalb schreiben sie Ihnen auch keine Briefe mehr.

(Beifall CDU und FDP)

Bei uns gehen solche Briefe unvermindert häufig ein. Wenn die Menschen Ihnen nicht mehr schreiben, dann deshalb, weil sie sich sicher sind, dass für Sie das Thema abgehakt ist.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Sie irren!)

Es ist kein Geheimnis, dass an den bisherigen Strukturen immer wieder Kritik geäußert wurde, nicht nur aus dem politischen Raum - auch aus meiner Fraktion -, sondern auch von Schulleitern und Lehrern. Ich glaube, dass man solche Kritik ernst nehmen und sich den aufgeworfenen Fragen stellen muss. Deshalb haben wir, die CDU, in unserem Landtagswahlprogramm ganz klar festgeschrieben, dass wir Aufgaben und Strukturen der staatlichen Schulämter grundsätzlich überprüfen wollen, um die Qualität der Serviceleistungen für unsere Brandenburger Schulen zu verbessern.

(Frau Melior [SPD]: Na bitte!)

Ich habe mich deshalb sehr gefreut, dass Anfang 2010 im Ministerium die Arbeitsgruppe „Evaluation und Aufgabenkritik der staatlichen Schulämter“ - die sogenannte AG EVA eingesetzt wurde. Ziel war es, die letzte Schulämterreform zu evaluieren und eine Aufgabenkritik mit Blick auf die Zukunft vorzunehmen. So weit, so richtig. Das war ein Schritt, den ich ausdrücklich begrüßt habe.

Im weiteren Verfahren stand dieses Thema immer wieder auf der Tagesordnung des Bildungsausschusses; wir haben es schon vom Kollegen Büttner gehört. Auf unsere Nachfragen: „Wie weit ist es denn? Wann können wir den Bericht bekommen?“, wurden wir mit dem Hinweis darauf vertröstet, dass der Bericht noch nicht fertig sei; aber wenn er denn fertig sei, werde er uns vorgelegt.

Da wurde man stutzig; denn von Schulräten wurde man gefragt, wie man den Bericht denn finde. Wir mussten immer antworten: „Bis jetzt finden wir den noch gar nicht, jedenfalls nicht in unserem Postfach. Der ist nämlich noch nicht da. Also ist er wohl noch nicht fertig.“

Aber wir hatten natürlich Vertrauen - wie man es als guter Abgeordneter so hat. Am 1. Dezember stand das Thema wieder einmal turnusmäßig auf der Tagesordnung; dann allerdings wurden wir von den Ereignissen überrollt.

(Bischoff [SPD]: Können wir über die Sache reden?)

Es gab nämlich zwischenzeitlich von Herrn Platzeck eine Pressemitteilung, in der zu lesen war, er habe entschieden, die Messen seien gesungen. Die staatlichen Schulämter werden demnach aufgelöst und in eine Landesschulbehörde zusammengeführt.

Für die Sitzung des Ausschusses zwei Wochen später haben wir dann den schriftlichen Bericht bekommen. Das waren knapp zwei DIN A4-Seiten, Zeilenabstand 1,5. Große Schrift - kleiner Inhalt!

(Heiterkeit und Beifall CDU - Zuruf von der SPD: Für Sehschwache!)

Darin stand das Gleiche wie in der Pressemitteilung. Aber wir haben glücklicherweise funktionierende Verbände im Land. Die GEW und der Brandenburgische Pädagogenverband haben uns schließlich den echten Bericht übergeben. Dieser war über 70 Seiten lang, und in dem stand auch ein bisschen mehr. Auf dem Deckblatt stand auch das Fertigstellungsdatum - der Bericht war ja damals angeblich noch nicht fertig -: 31. März 2011.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

Das heißt, dieser Bericht wurde den Abgeordneten acht Monate lang wissentlich vorenthalten, und zwar nicht nur denen der Opposition, sondern auch denen der Regierungskoalition. Das ist symptomatisch und zeigt, wie die rot-rote Regierung mit diesem Thema umgeht. Daran krankt die ganze Geschichte bis heute. Das ist übrigens nicht nur im Bildungsausschuss so, sondern das ist ein grundsätzliches Problem von Rot-Rot.