Protocol of the Session on June 6, 2012

Meine Damen und Herren, damit beende ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Sie haben den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gesetz über Hoch- und Höchstspannungsleitungen in der Erde (Brandenburgisches Erdkabelgesetz - ErdKGBbg)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/1887

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft

Drucksache 5/5373

Der Abgeordnete Vogel beginnt die Aussprache für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute den Gesetzentwurf für ein Erdkabelgesetz von der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen, so sehen Sie mich nicht zerknirscht, sondern sehen jemanden, der durchaus geneigt ist, die parlamentarischen Beratungen und ihre Ergebnisse als Erfolg zu werten - als Erfolg nicht nur für die Opposition, sondern auch für die die Regierung tragenden Fraktionen wie auch die Regierung als ein Beispiel mustergültigen Zusammenspiels von Parlament und Regierung.

(Beifall des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Betrachten wir die Ausgangslage im September 2010: Die 110 km lange 380-kV-Uckermarkleitung in Bertikow-Neuenhagen war, weil die Landesregierung - das muss ich ihr vorwerfen - es versäumt hatte, dies rechtzeitig als Pilotvorhaben anzumelden, eben nicht als Pilotvorhaben im Energieleitungsausbaugesetz des Bundes verankert worden. Wir hatten mehrere Bürgerinitiativen gegen 110-kV-Freileitungen, und wir hatten in Brandenburg wie in Deutschland - insgesamt überhaupt kein Bewusstsein dafür, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen Höchstspannung und Hochspannung gibt, sondern es wurde umgangssprachlich unterschiedslos alles immer unter „Hochspannungsnetz“ subsumiert. Die Folge war, dass wir auch auf Bundesebene keinerlei Differenzierung hinbekommen hatten, sondern immer alles unterschiedslos in einen Topf gerührt wurde.

Heute, nach Anhörung im Ausschuss, ist klar: Es gibt deutliche Unterschiede. 110-kV-Leitungen mit Erdverkabelung sind Stand der Technik, und sie sind in einem erträglichen Rahmen finanzierbar. Das Ergebnis der Anhörung zum damaligen Zeitpunkt war: Es wäre prinzipiell auch in einem Landesgesetz regelbar gewesen. Ganz anders bei den 380-kV-Leitungen, bei denen wir immer noch in einer Pilotphase, einer Erprobungsund Entwicklungsphase einer sehr wohl zukunftsträchtigen Technik sind. Hier wurde aber auch klar: Es ist nicht im Landesgesetz regelbar.

Ergebnis der parlamentarischen Beratungen war, dass sowohl Minister Christoffers beim Bund, im Bundesrat und bei seinen

Kollegen aktiv geworden ist - insbesondere für die Erdverlegung der 110-kV-Leitungen, wofür ich ihm ausdrücklich Anerkennung aussprechen möchte

(Beifall SPD und DIE LINKE)

als auch von der FDP-Fraktion - zumindest von Gregor Beyer -, von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vermutlich auch von den anderen Fraktionen auf die Bundestagsfraktionen eingewirkt wurde, sich dieses Themas anzunehmen. Der heutige Stand ist - und das werte ich als einen Erfolg -, dass es eben im Energiewirtschaftsgesetz § 43h bundesweit eine Erdverkabelung als Regelfall gibt - und zwar seit dem 05.08.2011 - und von daher auch kein Bedarf mehr an einer Regelung in einem Landesgesetz besteht.

Also: Ende gut, alles gut? Leider nein. Es wurden im Bundesgesetz noch Schlupflöcher offengelassen. Das eine ist, dass die Begrenzung bei 110-kV-Leitungen auf das 2,75-Fache der Normalkosten bei Freileitungen begrenzt ist. Ich habe aber gehört, dass inzwischen ein Verfahren vereinbart wurde. Dazu wird, denke ich, der Minister etwas sagen.

Das Zweite ist, dass die Vereinbarkeit - aber das ist kein großes Schlupfloch, das ist eigentlich völlig selbstverständlich - mit dem Naturschutz gegeben sein muss. Bedauerlicherweise wurde von der Regierung nicht übernommen, dass das in die Novellierung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes einfließen soll.

Das Dritte allerdings ist ein großes Scheunentor, das die gesamte Regelung infrage stellt, nämlich dass Freileitungen weiter zulässig bleiben, wenn öffentliches Interesse nicht entgegensteht. Die Folge davon haben wir schon im April unmittelbar zur Kenntnis nehmen dürfen: E.ON Edis hat seine 110-kVLeitungsprojekte erst einmal auf Eis gelegt und will abwarten, wie das nun ausgestaltet werden soll und ob sich vielleicht nicht doch noch die Möglichkeit bietet, die Erdverkabelungspflicht zu umgehen.

Derzeit liegen für 110-kV-Leitungen überhaupt keine Anträge bei Genehmigungsbehörden vor, und das führt unmittelbar dazu, dass wir einfach feststellen müssen: Wenn in Brandenburg keine 110-kV-Leitungen geplant sind oder gebaut werden, sind nicht die Bürgerinitiativen schuld an diesem Rückstand, sondern einzig und allein die Netzbetreiber, die das Ganze nicht vorantreiben. Das Problem, das dem zugrunde liegt, ist doch, dass wir es hier mit Netzmonopolen zu tun haben, die einfach betriebswirtschaftlich kalkulieren, die auch davon ausgehen: Je mehr Zeit ins Land geht, je größer die Not ist, je größer die Befürchtungen in der Wirtschaft sind, desto größer wird auch die Bereitschaft der Politik sein, die Kassen zu öffnen und zu subventionieren oder irgendwelche Verrechnungsmodelle zu entwickeln.

Von daher, denke ich, ist es allerhöchste Eisenbahn, das nicht weiter zuzulassen, sondern die Landesregierung ist natürlich aufgefordert - der Wirtschaftsminister insbesondere -, auf die Netzbetreiber Druck auszuüben, ihre Planungen offenzulegen und dafür zu sorgen, dass der erforderliche Netzausbau, den in diesem Hause alle Fraktionen unterstützen, auch zuwege gebracht wird. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE)

Die Abgeordnete Hackenschmidt setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir reden zum wiederholten Mal darüber, und wir sind froh: Als wir das letzte Mal das Thema hier besprochen haben, war die Bundesgesetzeslage noch etwas anders. Der Gesetzentwurf hat einen langen Vorlauf, der sich in die Diskussion über die Energiestrategie 2030 und die Energiewende einfügt.

Vor einem Jahr gab es in der Tat Regelungslücken und Nachteile bei der Erdverlegung von Hochspannungsleitungen. Im Energiewirtschaftsgesetz waren nur Offshore-Erdkabel begünstigt, ansonsten galt die 60%-ige Mehrkostenregel, die in der Praxis die Erdkabel dann auch meist verhinderte. Daraus sind dann der Gesetzentwurf - ein Antrag der Koalitionsfraktionen - und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum Thema entstanden.

Die Anhörung hat aus meiner Sicht klargemacht: Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen ist derzeit noch nicht Stand der Technik. Höchstspannung - ich betone das - ist etwas anderes als Hochspannung. Höchstspannungsleitungen zu verkabeln ist deutlich teurer, unsicherer und mit viel größeren Natureingriffen verbunden. Die Verkabelung von Hochspannungsleitungen dagegen ist technisch überhaupt kein Problem, und sie sind heute auch günstiger.

Mit der Energiewende haben sich dann die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert: Es gibt nun einen Vorrang für die Erdverkabelung von Hochspannungsleitungen und eine Begünstigung bis 270 % Mehrkosten. Diese Änderungen haben den Gesetzentwurf, der von Ihnen eingebracht wird, praktisch überflüssig gemacht. Dennoch war es wichtig, dass wir diese Diskussion geführt haben, um uns noch einmal ausgiebig mit diesem Thema auseinanderzusetzen und auch in der Anhörung die Argumente auszutauschen. Außerdem ist das Thema damit noch lange nicht erledigt, sondern wird parallel zur Energiewende und zur Umsetzung der Energiestrategie weiter intensiv fortgeführt.

So wünschenswert eine möglichst großflächige Erdverkabelung wäre - wir werden sie nicht finanzieren können, solange die Mehrkosten - und das ist der eigentliche Knackpunkt - im jeweiligen Versorgungsgebiet umgelegt werden. Wir werden uns also weiterhin dafür einsetzen, dass ein fairer Lastenausgleich erfolgt.

(Beifall DIE LINKE)

Wie Sie alle wissen, hängt die Energiewende an der Systemintegration der erneuerbaren Energien. Dazu brauchen wir möglichst schnell neue Übertragungs- und Verteilnetze, und diese Netze dürfen nicht zu teuer werden, denn darunter würde wieder die Akzeptanz der Energiewende leiden. Sie sehen: Hier ist Augenmaß gefragt.

Ich bin für pragmatische Lösungen und für eine Erdverkabelung in sensiblen Bereichen. Das sind für mich naturschutzfachlich sensible Orte - zum Beispiel Rastvogelbestände -, Orte, an denen die Akzeptanz stark gefährdet ist - Stichwort Orts

nähe - und touristische Gebiete und Regionen mit empfindlichen Feuchtgebieten und Mooren etc. Eine pragmatische Lösung ist auch, vorhandene Trassen für den Bau von Verteilnetzen zu nutzen, beispielsweise an Schienenverkehrswegen. Dort stellt sich die Frage nach der Erdverkabelung nämlich überhaupt nicht. Deshalb noch einmal: Wir lehnen den Antrag ab. Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle zunächst zufrieden fest, dass hier zumindest dahin gehend Konsens besteht, dass es richtig und wichtig war, dieses Thema gemeinsam zu erörtern, auch wenn sich in der Tat die Gesetzeslage durch die Initiativen auf der Bundesebene geändert hat. Denn es ist kein Geheimnis: Wir stehen vor einer Herkulesaufgabe; das weiß auch jeder. Wir bezeichnen diese Herkulesaufgabe mit „Energiewende“. Wie schnell wir sie schaffen und ob wir sie überhaupt so schaffen, wie sie von uns allen mit einem relativ großen Konsens, wenn wir uns den Energiemix anschauen, gewünscht wird, darüber können wir lange reden. Ich bin teilweise noch im Zweifel, ob wir nicht doch relativ schnell die eine oder andere Entscheidung neu überdenken werden.

Es war in der Tat wichtig, dass wir uns über die Erdverkabelung unterhalten haben. Es ist schon erwähnt worden, dass in den § 43 Energiewirtschaftsgesetz nunmehr die für den 110kV-Bereich entscheidende Regelung aufgenommen worden ist, nach der die Erdverkabelung zum Regelfall werden soll. Ich möchte allerdings an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass die Formulierung in § 43 - vorsichtig gesagt sehr halbherzig gewählt worden ist. Denn der Vorrang der Erdverkabelung ist von technischen Machbarkeiten, vom Faktor 2,75 in der Finanzierung, von naturschutzfachlichen Belangen und Ähnlichem abhängig. Dennoch, meine ich, ist es ein richtiger Schritt. Wir werden uns allerdings hier in Brandenburg bei dem einen oder anderen Fachgesetz noch einmal sehr detailliert darüber unterhalten müssen, insbesondere was die Novellierung des Naturschutzgesetzes anbelangt. Das will ich ganz deutlich sagen, denn der Vorrang der Erdverkabelung steht unter dem Vorbehalt naturschutzfachlicher Belange. Herr Wirtschaftsminister, dazu wird es noch das eine oder andere Wort zu reden geben, weil noch nicht alles abschließend auch in der Auslegung geklärt ist.

Dennoch kann ich feststellen: Das Ziel ist erreicht. Wir haben eine wichtige Debatte geführt. Brandenburg hat in dieser Debatte für die Bundespolitik Impulse gesetzt; das ist umgesetzt. Es sind bei Weitem noch nicht alle Probleme gelöst, und dieses Thema wird uns noch mehrfach auch in diesem Hohen Hause beschäftigen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Der Abgeordnete Domres spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Tue Gutes und rede darüber - eine alte Weisheit, nicht nur in der Politik. Mit dem jetzigen Tagesordnungspunkt diskutieren wir den Gesetzentwurf der Grünen und der FDP für ein Brandenburger Erdkabelgesetz in 2. Lesung und werden die einstimmig gefasste Empfehlung des Wirtschaftsausschusses, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, annehmen.

Gestatten Sie mir bitte zu Beginn zwei Bemerkungen in der Sache. Die erste: Ich danke der Landesregierung, insbesondere Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, für das Engagement auf Bundesebene in Bezug auf die erzielten, aber auch die noch zu erzielenden Ergebnisse beim Netzausbau, besonders bei der Schaffung der Rahmensetzung für Erdverkabelung.

(Beifall DIE LINKE)

Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus vom Juli 2011 wurden wichtige Voraussetzungen für eine Beschleunigung des Netzausbaus geschaffen. Für den Bereich der Verteilnetze betrifft dies insbesondere den neu in das Energiewirtschaftsgesetz zur Erdverkabelung eingeführten § 43h. Mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes wurde geregelt, dass die Erdverkabelung als Regelfall anzuerkennen und anzusehen ist.

Die Einführung der Begrenzung auf den Faktor 2,75 bezüglich der Kosten verdeutlicht, dass bei einer Erdkabelausführung in der Regel von höheren Kosten als bei Freileitungen auszugehen ist. Gleichwohl wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die höheren Kosten als bei Freileitungen im Interesse eines zügigen Netzausbaus und einer geringeren Belastung der vom Netzausbau Betroffenen in Kauf genommen werden können.

Dass es diese Veränderungen gab, daran hat der Wirtschaftsminister einen großen Anteil. Also, Herr Beyer, der linke Wirtschaftsminister hat geliefert, hat Sie also nicht enttäuscht, wie Sie es in der Debatte am 13.04.2011 noch gemutmaßt haben, und hat Ihren Vertrauensvorschuss, meine ich, voll gerechtfertigt.

(Beifall DIE LINKE)

Zweite Vorbemerkung: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gerade die Debatte um dieses Brandenburger Erdkabelgesetz macht deutlich, dass sich die Arbeitsweise hier im Landtag und das Zusammenspiel von Regierung und Parlament verbessert haben. Ich erinnere daran, dass meine Fraktion bereits in der vergangenen Wahlperiode ein Erdkabelgesetz eingebracht hatte, dies aber ohne Überweisung abgelehnt wurde. Dass dieser Gesetzentwurf jetzt anders behandelt wurde, hat auch damit zu tun, dass die CDU in der Opposition und die Linke in Regierungsverantwortung ist, und das ist gut so.

(Beifall DIE LINKE)

Man merkt auch bei diesem Thema, dass sich der Umgang mit Oppositionsanträgen hier im Landtag verbessert hat.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dies ist keine neue Erkenntnis: Um die ambitionierten Ziele von Bund und Ländern beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen, ist es