Protocol of the Session on April 26, 2012

Oder lautet die Konsequenz aus dieser Botschaft: „Bitte gehen Sie direkt zu Ihrem Ministerpräsidenten! Mit der Gesundheitsministerin lohnt es sich sowieso nicht mehr zu sprechen; sie fühlt sich dafür überhaupt nicht verantwortlich. Der Ministerpräsident beschafft Ihnen die fehlenden Augenärzte, die fehlenden Dermatologen, die fehlenden Orthopäden“? Ich hoffe, dass trifft nicht nur auf die Uckermark zu. - Das meinen Sie doch nicht etwa im Ernst?

Meine Damen und Herren, was wir gegenwärtig erleben, ist doch nur die Spitze der erlebbaren Unterversorgung. Sie wissen das auch. Aber so sollte man mit den Problemen des Landes nicht umgehen!

Bis heute - deswegen unser Antrag - warten wir auf ein Konzept der Landesregierung zum flächendeckenden Erhalt des Netzes aus ambulanter und stationärer Versorgung im ländlichen Raum. Gesundheit ist ein hohes Gut. Deren Erhaltung ist Bestandteil der Daseinsvorsorge der Landesregierung und der Kommunen, aber natürlich auch der Ärzte und der Krankenkassen. Es reicht nicht aus, ein Papier unter dem Titel „Künftige Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung“ zu schreiben. Das ist eine Zustandsbeschreibung, aber keine Antwort. Es fehlt das aktive Handeln der Landesregierung, um das zu flankieren, was Ärzte und Krankenkassen bereits machen.

Es geht bei dem, was ich meine, um Visionen, Konzepte und Strukturen. Sicherlich sind im Zusammenhang mit der Frage, wie zukünftig die medizinische Versorgung im Land erfolgen soll, auch harte Wahrheiten auszusprechen. Aber die Politik muss auf diese Herausforderungen reagieren, sie muss eine Antwort haben. Sie hat strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Ärzte, Pfleger und Krankenkassen in Ruhe für ihre Patienten wirken können.

Meine Damen und Herren! Alle Fakten zur Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum liegen auf dem Tisch. Wir wissen, dass der Ärztemangel zunehmen wird. Es nützt nichts, darüber zu schwadronieren, ob es sich um einen Mangel oder um ein Umverteilungsproblem handelt. Das nützt doch im konkreten Fall überhaupt nichts! Sie müssen aktiv werden.

(Beifall CDU)

Verantwortungsvolles Handeln und eine gute Praxis in anderen Bundesländern zeigen doch auf, was man tun kann. Sie sollten strukturell, aber auch konkret materiell unterstützen, beispielsweise durch die Förderung der Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin. Durch Zuschläge können Sie ebenso etwas tun wie durch ein koordiniertes Studien- und Stipendiensystem.

Frau Kaiser, Sie haben eine Presseerklärung herausgegeben, in der Sie auch das Stipendiensystem angesprochen haben. Wir haben das schon vor zwei Jahren gefordert! Ich hoffe, da passiert noch etwas.

(Beifall CDU)

Durch Nichthandeln wird in diesem Land nichts passieren. Das wird sich rächen.

Sie als Landesregierung müssen endlich zum Äußersten greifen: Sie müssen endlich handeln! Deshalb sollten Sie Ihre eigenen Aktivitäten akzentuieren. Je eher sie handeln, desto besser ist es für die Menschen in der Fläche. Sie sollen über weite, weite Wege und lange Wartezeiten nicht mehr klagen müssen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Lipsdorf [FDP])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Prof. Dr. Schierack. - Wir setzen die Aussprache nunmehr mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Lehmann hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Wir haben wieder ein hervorragendes Schwadronieren des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion gehört. Ich habe in der Überschrift des Antrags der CDU-Fraktion etwas von „Konzept“ gelesen. Ich habe nicht gehört, welche Vorschläge die CDU im Allgemeinen oder speziell Herr Prof. Dr. Schierack in puncto Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung entwickelt hat. Das war leider in allen Beiträgen, die ich bislang von Ihnen gehört habe, so. Aber es ist schön, dass wir, bedingt durch Ihren Antrag, heute wieder einmal über die medizinische Versorgung hier in Brandenburg sprechen können. Wir tun das auch sehr gern.

Der aktuelle Fall in Schwedt - Sie haben ihn erwähnt, Herr Prof. Schierack -, wo es nach Aussagen des Krankenhausträgers wohl über Jahre nicht gelungen ist, einen Chefarzt für die Kinderklinik zu gewinnen - Klammer auf: unglaublich; Klammer zu -, veranlasst die CDU, nunmehr von der Landesregierung ein verbindliches Konzept für die flächendeckende medizinische Versorgung im Land vorzulegen. In diesem Zusammenhang erinnern die Kollegen der CDU an die in diesem Haus bereits diskutierten Anträge zur akademischen Ausbildung an einer brandenburgischen Fakultät sowie an die Einführung eines landesweiten Stipendiensystems; darüber diskutieren wir schon seit Beginn dieser Wahlperiode.

Letztgenannte Anträge mussten wir leider ablehnen. Auch dem heute vorliegenden Antrag können die Koalitionsfraktionen so nicht recht folgen. Denn das von Ihnen eingeforderte Konzept liegt seit Januar 2011 vor. Wir haben es in diesem Haus sehr ausführlich, sehr intensiv diskutiert. Der CDU empfehle ich, einen Blick in unsere Sitzungsprotokolle zu werfen. Für neun Handlungsfelder haben wir ganz konkrete Maßnahmen formuliert, gekoppelt mit entsprechenden Umsetzungsempfehlungen. Das ist also ganz in Ihrem Sinne, liebe Kollegen von der CDU.

Krankenhaus- und vertragsärztliche Versorgung, arztentlastende Berufe wie AGnES I und AGnES II, integrierte Versorgung, Telemedizin, Bedarfsplanung sowie investive Förderung - um nur einige Bereiche zu nennen - wurden konzeptionell aufgearbeitet. Die CDU spricht hier lediglich von einer Ist-Analyse; insoweit haben wir dann doch eine unterschiedliche Wertung. Und genau so möchte ich das auch in diesem Raum stehen lassen.

Das Brandenburgische Krankenhausentwicklungsgesetz aus dem Jahr 2009 - das wird unser weiterer Schwerpunkt sein

werden wir novellieren und damit die stationäre medizinische Versorgung verlässlich, transparent und zukunftsfähig gestalten. Ziel ist es, jedes Krankenhaus zu erhalten. Gerade im ländlichen Raum sollen und müssen sie eine zentrale Rolle im Rahmen der Gesundheitsversorgung übernehmen, und zwar im engen Zusammenwirken mit dem niedergelassenen Bereich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schwedt lehrt uns an dieser Stelle, alle Beteiligten in die Pflicht zu nehmen, um Unterhöhlungen des Krankenhausplanes künftig zu vermeiden und Qualifizierungen innerhalb der Krankenhäuser einzufordern. In Schwedt war es ein Träger - ein privater Träger! -; aber es gibt auch andere, auf die wir sehr wohl aufpassen müssen. In anderen Regionen waren es die Krankenkassen, die ebenfalls versucht haben, in dieser Frage ihr Süppchen zu kochen.

Es reicht nicht, dass wir uns das bei der Fortschreibung des Krankenhausplanes nur anschauen; hier müssen wir Scharniere finden, damit solch ein Unterlaufen des Krankenhausplanes nicht mehr möglich ist.

Um die medizinische Versorgung allumfassend zu gewährleisten, benötigen wir eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung. Was das angeht, ist das Versorgungsstrukturgesetz der Bundesregierung allerdings ein Schlag ins Gesicht, Herr Prof. Schierack. Denn wer auf spezialärztliche Versorgung setzt, schwächt die Struktur der Hausärzte und hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Schade, dass Sie zu den Hausärzten hier nichts gesagt haben. Anstatt die Lotsenfunktion der Hausärzte als erste Ansprechpartner für Patientinnen und Patienten zu stärken, verschlechtert diese Bundesregierung die hausarztzentrierte Versorgung.

(Widerspruch bei der CDU)

- Das wollen Sie nicht hören, dagegen haben Sie etwas. Hausärzte gehören eindeutig nicht zur Klientel der FDP.

Dieses Gesetz tut auch nichts gegen ärztliche Überversorgung. Damit wird es nicht gelingen, eine Unterversorgung an anderen Orten zu beseitigen. Damit haben wir leider ganz konkret hier in Brandenburg zu tun.

Auch die unterschiedliche Honorierung von Kassen- und Privatpatienten greift dieses Gesetz nicht auf. Nach wie vor werden sich Ärzte dort niederlassen, wo der Anteil an Privatpatienten hoch ist, weil dort mehr verdient wird.

Frau Abgeordnete Lehmann, Sie haben leider keine Gelegenheit mehr, das weiter auszuführen. Die Redezeit ist zu Ende.

(Zuruf von der CDU: Antworten haben Sie auch nicht ge- liefert!)

Ich will nur noch einen Satz sagen, damit es ganz deutlich wird. Wir empfehlen, den Antrag der CDU-Fraktion abzulehnen. Sie richtet - wie immer - ihren Tunnelblick auf die ärztliche Versorgung, während sie andere Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung völlig ausblendet. - Danke schön.

(Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. Unsere kurze Tagesordnung verleitet dazu, heute die Redebeiträge zu verlängern. Ich bitte darum, dies nicht zu tun.

Bevor wir mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fortsetzen, begrüße ich sehr herzlich Bürgerinnen und Bürger aus Neuenhagen in unserem Haus. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Abgeordneter Lipsdorf von der Fraktion der FDP setzt die Aussprache nunmehr fort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das bereits erwähnte Versorgungsstrukturgesetz flexibilisiert gewisse Dinge, was auch im Interesse unseres Landes liegt. Das Land gewinnt dadurch mehr Möglichkeiten. Das Land Brandenburg ist infolge des demografischen Wandels immer größeren Herausforderungen ausgesetzt, gerade wenn es darum geht, seine Bürger mit guter medizinischer Infrastruktur zu versorgen. In einem Gutachten hieß es bereits 2007 unter anderem: Weil kein Arzt seinen Tag vornehmlich im Auto verbringen wolle, wanderten junge deutsche Mediziner heute lieber nach Irland oder nach Skandinavien aus, als sich den Bedingungen der neuen Bundesländer zu stellen. In abgelegenen Landkreisen werde es somit riskanter werden, krank zu sein. Das war vor fünf Jahren. Offensichtlich hat sich nicht viel verändert.

Hinsichtlich der Bewertung des Problems sind wir uns wohl alle einig, dass Brandenburg einige strukturelle Nachteile aufweist: tendenziell ländlich geprägte Strukturen, eine kleinteilige Wirtschaft, jahrelange Abwanderung gut ausgebildeter junger Menschen usw. Es ist die Aufgabe der Politik, der Verwaltung und der Akteure im Gesundheitswesen, Konzepte zu erarbeiten, die Situation im Gesundheitsbereich zu stabilisieren und zu verbessern.

Das setzt fachliche Kompetenzen genauso voraus wie den Willen, sich in einer sachlichen Debatte über die gangbaren Wege auszutauschen. Genau diese sachliche Debatte hat meine Fraktion zuletzt im Rahmen der Schließung der Kinderklinik in Schwedt vermisst. Statt Kooperation gab es Vorwürfe. Es wurden Schuldige gesucht und natürlich imaginär gefunden. Teilweise war der große Lösungsansatz: Rekommunalisierung des Schwedter Klinikums. Das kann es aber nicht sein, weil es nicht an die Wurzel der Ursachen greift.

Dass ein erster Versuch eines runden Tisches alles andere als optimal verlaufen ist, darf nicht über die Verantwortung der Akteure hinwegtäuschen. Der aktuelle Brandenburger Landeskrankenhausplan schreibt fest, an welchen Krankenhäusern im Land welche Angebote vorzuhalten sind. Der Plan besitzt Gültigkeit. Die Frage ist also nicht, ob, sondern wie es uns gelingt, Allgemeinmediziner und Fachärzte auch in den peripheren Regionen zu halten bzw. dort hinzubringen. Das Asklepios-Klinikum in Schwedt finanziert Mediziner bereits zwölf Monate über ein Stipendium. Dies ist ein sehr sinnvoller Weg.

(Frau Wöllert [DIE LINKE]: Ja!)

Den Weg muss man weiter diskutieren, weitergehen und ausbauen. Das ist unsere Meinung. Dazu stehen wir auch.

Es ist aber auch wichtig, Möglichkeiten zu eruieren, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und die Angebotspalette zu erweitern. Zukünftig wird die medizinische Versorgung nicht mehr nach dem Muster ambulant oder stationär funktionieren, sondern nur noch integriert, also ambulant und stationär sinnvoll miteinander verknüpft.

(Frau Nonnemacher [GRÜNE/B90]: Das sollte Ihr Ge- sundheitsminister auch einmal machen!)

Die notwendigen Schritte einzuleiten ist Aufgabe der Landesregierung. Sie täte gut daran, dies im Rahmen der Erarbeitung einer Gesamtstrategie zur medizinischen Versorgung im Land Brandenburg zu tun. Niemandem ist geholfen, wenn die Gesundheitsministerin den Anschein vermittelt, mit dem aktuellen Krankenhausplan und der Ausreichung von Fördermitteln sei die Pflicht des Landes getan. Es gehört eben mehr dazu, Gesundheitspolitik verantwortungsvoll auf der Landesebene zu gestalten. Das fordern wir an dieser Stelle nachdrücklich ein.

Die Entscheidung von Medizinern, sich in einer Region niederzulassen, hängt nicht allein von ökonomischen Faktoren ab, sondern maßgeblich auch von soziokulturellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kommune. Attraktive Regionen mit einem breit gefächerten Kulturangebot und der dazugehörigen sozialen Infrastruktur sind genauso wichtig wie ein entsprechendes Einkommen, vielleicht mit Zuschlägen versehen.

Es sollte daher auch die Aufgabe der Enquetekommission 5/2 des Landtages sein, eine Gebietsreform nur in Verbindung mit einer vorher erfolgten Funktionalreform vorzuschlagen. In diesem Zusammenhang ist zu definieren, welche Anforderungen der demografische Wandel zukünftig an die Gemeinden stellen wird und welche Mindeststandards wir in Brandenburg benötigen, um insbesondere die medizinische und pflegerische Infrastruktur in der Fläche aufrechtzuerhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Meine Fraktion spricht sich nicht zuletzt dafür aus, Initiativen zur Errichtung einer privat geführten medizinischen Fakultät im Land Brandenburg tatkräftig zu unterstützen. Das Land muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, Mediziner hier auszubilden und im Land zu halten. Das bedeutet nicht, dass das Land Geld in die Hand nimmt, sondern vielmehr, dass sich das Gesundheitsministerium und das Wissenschaftsministerium als enge Partner der Initiatoren begreifen, um mit ihrer Expertise für eine positive Entwicklung auf dem brandenburgischen Gesundheitsmarkt zu sorgen. Dieser Dreiklang - mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der medizinischen Versorgung, eine funktionale Gebietsreform, welche die medizinische und pflegerische Versorgung im Blick behält, und die Ansiedlung einer medizinischen Fakultät im Land - wird dazu beitragen, die medizinische Versorgung mittelfristig zu stabilisieren. Entsprechend sollten diese Punkte Eingang in eine Gesamtkonzeption finden, die die Landesregierung zusammen initiiert und uns vorstellt. - Danke schön.

(Beifall FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lipsdorf. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Wöllert erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Prof. Dr. Schierack, es war ein bisschen enttäuschend, aber Sie haben heute mit Ihrem Beitrag die gleiche Unkenntnis der Gesetzeslage nachgewiesen, wie Ihr Kollege Eichelbaum heute früh in der Aktuellen Stunde im Bereich der Justiz.

(Prof. Dr. Schierack [CDU]: Gott sei Dank, dass Sie kenntnisreich sind!)