Es gibt drittens den Antrag des Abgeordneten Schulze, der Grünen und des Kollegen Goetz, der sich auch wieder um ein Thema dreht, mit dem wir uns vielfach beschäftigt haben: Es geht um die sogenannte dritte Start- und Landebahn. Wir als Liberale nehmen Landtagsbeschlüsse ernst. Ich habe diesen damaligen Beschluss nicht geteilt, ich habe ihm auch nicht zugestimmt, ich halte ihn für falsch, aber es ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen - ganz einfach! Ich denke, wir sollten das akzeptieren. Als Liberaler sage ich deutlich: Ich will mich heute nicht für alle Zeiten festlegen. Ich will Entscheidungen dann treffen, wenn sie sich real stellen. Und ich glaube, diese Entscheidung stellt sich momentan nicht. Wie das auch immer sei andere Kollegen sehen das anders -, ich werde auch heute diesen Antrag ablehnen.
Dann gibt es den Antrag des Abgeordneten Schulze, der sich ganz konkret mit dem Thema: „Verschonung der Ortsmitte von Blankenfelde-Mahlow von doppelter Überfliegung von und zur nördlichen Start- und Landebahn des neuen Flughafens BER“ beschäftigt. Der Antrag ist nach meiner Auffassung weitgehend selbsterklärend.
Allen ist klar: Der Weg der Festlegung der Flugrouten läuft über die Fluglärmkommission, die DFS und das zuständige Bundesamt. Ich glaube, das ist auch ein sinnvoller Weg. Wenn wir uns jetzt mit jeder Einzelfrage möglicher Betroffenheiten
und es wird noch viele Betroffenheiten geben, denn es sind keine für alle Zeit in Stein gemeißelten Flugrouten, die wir haben werden - beschäftigen würden, wäre dieses Haus überfordert. Ich glaube, dazu ist dieser Landtag nicht da, sondern die Fragen sind in der Fluglärmkommission usw. zu klären, und dann haben wir uns gegebenenfalls mit dem Gesamtpaket zu beschäftigen.
Weiterhin gibt es - last, but not least - von SPD und Linke einen Entschließungsantrag. Dieser bekräftigt die Erwartung, dass das Bundesaufsichtsamt und die DFS bei der Festsetzung der Flugrouten alle lärmmindernden Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen. Weiterhin fordert er: Die Landesregierung soll sich aktiv dafür einsetzen, dass das Lärmschutzkonzept durch die Flughafengesellschaft unbürokratisch umgesetzt und mit den Anwohnern kommuniziert wird. Ob man diesen Antrag so stellen muss oder nicht, ist nach meiner Auffassung weitestgehend eine Geschmacksfrage. Es steht nicht unbedingt etwas Neues, es steht aber auch nichts Falsches darin. Deshalb werde ich diesem Antrag zustimmen.
Ich hoffe sehr, dass es uns in Zukunft gelingt - wir werden uns noch vielfach, solange es diesen Flughafen gibt, mit diesen Fragen befassen -, dass wir das sachlich und konstruktiv und weiterhin immer mit dem Blick auf die Betroffenen tun. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Wenn man das Thema Flughafen BER im Plenum rein statistisch betrachtet, haben wir uns in dieser Legislatur bis zu dieser Sitzungswoche neunmal damit auseinandergesetzt. Achtmal davon ist das Thema durch Anträge, Große Anfragen oder eine Aktuelle Stunde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf die Tagesordnung gekommen, davon einmal gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten. Man kann sich also leicht ausrechnen, wie oft Sie sich hier mit dem Thema befasst hätten, wären BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht vor zweieinhalb Jahren in den Landtag eingezogen.
Auch das muss an dieser Stelle mal gesagt werden. Eigene Initiativen von SPD und Linke? - Fehlanzeige! Dies zeigt deutlich, welchen Stellenwert das Thema Flughafen bei der Koalition hat. Von Regierungsparteien erwarten wir aber mehr, als dass sie sich nur treiben lassen. Sie müssen aktiv gestalten,
stattdessen gehen Sie in Deckung, eingeklemmt zwischen der Opposition, den berechtigten Protesten der Betroffenen und einer Flughafengesellschaft, die - zum Beispiel bei dem Thema
- SPD-Mitglied ist er nach wie vor -, das Thema Schallschutz und Gesundheit erneut im Landtag zu thematisieren, auch wenn dieser inzwischen nicht mehr Mitglied Ihrer Fraktion ist - aber das ist ja auch nur ein weiterer Beleg für den katastrophalen Umgang der SPD mit dem Thema Flughafen.
Solche Initiativen sind jedenfalls richtig und notwendig, und zwar solange, bis eine ausreichende Nachtruhe gewährleistet ist und die Bürgerinnen und Bürger endlich angemessenen Schallschutz erhalten haben.
Doch gehen wir die Anträge der Reihenfolge nach durch: Der erste Antrag mit dem Titel: „Die Gesundheit der Bürger schützen“ deckt sich stark mit unseren Forderungen vom Januar, dass das Gutachten des Umweltbundesamtes durch die Landesregierung umfassend geprüft werden soll. Eine Stellungnahme durch die Landesregierung, aus der hervorgeht, warum bestimmte Forderungen umgesetzt werden oder nicht, unterstützen wir ebenfalls. Es wird außerdem nochmals die Notwendigkeit eines Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr aufgegriffen.
Eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms und ein Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses können hier sinnvolle Instrumente darstellen. Es wird den Koalitionsfraktionen nochmals die Gelegenheit gegeben, sich für ein weitreichendes Nachtflugverbot auszusprechen. Die Gesundheitsrisiken durch nächtlichen Flugverkehr, die unsicheren Flugverkehrsprognosen und die zögerliche Umsetzung des Schallschutzprogramms machen ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr jetzt notwendiger denn je.
Kommen wir zum zweiten Antrag mit dem Titel „Fluglärm begrenzen, Gesundheit der Anwohner schützen - dritte Start- und Landebahn des Flughafens BER ausschließen“: Diese Forderung war bereits Bestandteil unseres Entschließungsantrags zum Businessplan des Flughafen im September letzten Jahres. Die vorliegende Formulierung geht jetzt noch einen Schritt und fordert eine gesetzliche Verankerung. Hierdurch erlangt der Ausschluss einer dritten Start- und Landebahn eine noch höhere Verbindlichkeit, und da auch SPD und Linke in ihrem eigenen Antrag vom Dezember eine dritte Start- und Landebahn ausschließen, dürfte einer entsprechenden Beschlussfassung nichts im Wege stehen.
Der dritte Antrag betrifft das Verschonen der Ortsmitte von Blankenfelde-Mahlow von doppelter Überfliegung. Dieser Antrag des Abgeordneten Schulze gilt der am stärksten von Fluglärm betroffenen Gemeinde. Blankenfelde-Mahlow wird doppelt überflogen - ist von An- und Abflügen betroffen. Da die Flugzeuge in nur 200 Metern Höhe über die Dächer donnern
werden, ist von einer erheblichen Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner auszugehen. Wir sehen es ebenfalls als sehr kritisch an, dass die Flugzeuge in bestimmten Flugrouten unmittelbar über das Ortszentrum fliegen sollen. Entscheidungen über die Flugrouten zu treffen ist unserer Ansicht aber nicht Aufgabe des Landtags. Die Kompetenzen liegen hier bei der Deutschen Flugsicherung, der Fluglärmkommission und dem Bundesaufsichtsamt. Es handelt sich hier also um eine äußert komplexe Thematik mit vielen Variablen und Abhängigkeiten.
Die positive Entlastung für Blankenfelde-Mahlow wird aus Ihrem Antrag deutlich, jedoch nicht, welche negativen Konsequenzen sich gegebenenfalls für andere Gemeinden ergeben. Um die Belastung für Blankenfelde-Mahlow, aber auch anderer Gemeinden zu senken, muss aus unserer Sicht der abhängige Betrieb im Allgemeinen Vorrang haben. Diese Möglichkeit wird in der Begründung Ihres Antrags aufgegriffen, leider ist er nicht zentrales Anliegen Ihres Antrags. Es gibt dazu allerdings einen Beschluss aus dem Dezemberplenum 2011:
„Die Landesregierung setzt sich aktiv dafür ein, dass [...] eine Doppelbelastung durch An- und Abflüge im direkten Umfeld des Flughafens weitgehend vermieden wird; [...] der Betriebsablauf auf beiden Bahnen optimiert wird, um eine möglichst geringe Lärmbelastung zu erreichen. Dazu sollte die Konzentration auf möglichst jeweils eine Start- und Landebahn für An- und Abflüge im Wechsel geprüft werden. Durch eine differenzierte Bahnbelegung sollen die Anwohner zusätzlich vor Lärm geschützt werden.“
Der uns kürzlich zugegangene Schriftverkehr des Infrastrukturministeriums lässt allerdings - aktuell - leider das Gegenteil vermuten. Das Bundesaufsichtsamt hat in einem Schreiben vom 4. November 2011 Möglichkeiten aufgezeigt, den vollständigen parallel unabhängigen Betrieb der beiden Pisten einzuschränken. Im Antwortschreiben des Ministeriums steht:
„Wie das Bahnsystem im Einzelnen auch in Verkehrsspitzen von Flughafengesellschaft und der Flugsicherung durch Festlegung geeigneter Betriebs- und Flugverfahren bewirtschaftet wird, obliegt allein Ihnen.“
George Orwell hätte dafür eine Wortschöpfung parat: Doppelsprech. Im Übrigen passt dieses Doppelsprech auch zu dem, was ich eben von der Kollegin Wehlan gehört habe: Wer sich ständig hierhin stellt und nicht müde wird, ein Nachtflugverbot auf Bundesebene zu fordern,
Wir wissen, dass es sich hier um hochkomplexe Entscheidungen handelt, die man nicht aus dem Bauch heraus treffen kann. Das entbindet das Ministerium aber nicht von seiner Verantwortung, sich intensiv mit diesen Themen auseinanderzusetzen und sich gegebenenfalls Rat von Experten zu holen.
Wir würden gern heute von Minister Vogelsänger erfahren, welche Möglichkeiten die Landesregierung aktuell nutzt und bis
her genutzt hat, um Doppelbelastungen der Gemeinden zu reduzieren, und in welcher Form sich die Landesregierung für einen abhängigen Parallelbetrieb einsetzt. Wir haben leider auch hier das Gefühl, dass Sie abwarten statt zu handeln, dass Sie die Verantwortung ein weiteres Mal auf andere abschieben.
Insgesamt gesehen haben wir also, was den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Schall angeht, kurz vor der Eröffnung des Flughafens eine äußert beunruhigende Situation. Wir bitten daher um Zustimmung zu den Anträgen „Gesundheit der Bürger schützen und Ausschluss einer dritten Start- und Landebahn“. Zu Letzterem haben wir namentliche Abstimmung beantragt, weil diese Entscheidung von einer äußerst langfristigen Tragweite sein wird und diese auch jetzt jedem einzelnen Abgeordneten bewusst sein sollte. Ich hoffe, dass die auf der Tagesordnung vermerkten Abwesenheiten von über 10 % der Abgeordneten eine zufällige Begleiterscheinung sind.
Beim Antrag zu Blankenfelde-Mahlow sind wir - wie bereits erläutert - der Auffassung, dass es hier nicht neuer Beschlüsse, sondern des Vollzugs bedarf, und werden uns daher dabei enthalten. Der Entschließungsantrag von SPD- und Linksfraktion ist wie der schon im Dezember gefasste eine Ansammlung weichgespülter Worthülsen ohne Sicherheit für die Flughafenanrainer. Da er jedoch in weitestgehendem Maße nicht schädlich ist, werden wir ihm zustimmen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Flughafen BER ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, und dieser Flughafen ist verbunden mit Hoffnungen, Hoffnungen auf Arbeitsplätze, auf wirtschaftliche Entwicklung und ist natürlich auch mit Ängsten verbunden.
Ich habe die Debatten im Landtag, aber auch im Ausschuss immer so verstanden, dass sich alle fünf Fraktionen sehr ernsthaft mit dieser Thematik beschäftigen, und deshalb halte ich es für schwierig aufzuzählen, wer hier wann welche Anträge eingebracht hat. Ich glaube, insbesondere im Infrastrukturausschuss sehen wir, dass sich alle Abgeordneten mit diesem Thema sehr ernsthaft auseinandersetzen.
Im Rahmen der Planfeststellung hat die Planfeststellungsbehörde den notwendigen Ausgleich zwischen dem Schutzbedürfnis der Anwohner, was Lärm angeht, und den im Rahmen der Daseinsvorsorge durch Flughafenbetreiber zu befriedigenden öffentlichen Verkehrsinteressen geschaffen. Das ist eine schwierige Abwägung. Eine Gefahr für die Gesundheit ist ab einem Dauerschallpegel von 70 dB(A) - außen - am Tag gegeben. Deshalb hat die Planfeststellungsbehörde den Flughafenanwohnern gegenüber der FBB einen Anspruch auf Übernah
me von Wohngebäuden eingeräumt, wenn ein Dauerschallpegel von 70 dB(A) - außen - am Tag überschritten wird. Das ist der eine Teil.
Der andere Teil: Bei Dauerschallpegeln unterhalb von 70 dB(A) bewegt man sich im Hinblick auf die Vermeidung von Gesundheitsbeeinträchtigungen im Bereich der Vorsorge. Die im Bereich Blankenfelde-Mahlow auftretenden Dauerschallpegel führen somit nicht zu einer Gefahr für die Gesundheit, aber der Fluglärm führt zu erheblichen Belästigungen.
Die Planfeststellungsbehörde hat jedoch dem Lärmschutzbedürfnis der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss Rechnung getragen, und diesen Planfeststellungsbeschluss gilt es umzusetzen. Es bestehen Ansprüche auf baulichen Schallschutz im Aufenthaltsraum und in Schlafräumen. Hier ist der Flughafen in der Pflicht, und die Ansprüche sind Verpflichtung. Dies wird mit Sicherheit in der Anhörung des Landtagsausschusses auch noch einmal die entsprechende Rolle spielen. Und wenn wir über Blankenfelde-Mahlow reden, müssen wir nicht nur über Fluglärm, sondern über Verkehrslärm insgesamt reden, der dort eine Rolle spielt.
Kommen wir zur lärmfachlichen Stellungnahme des Umweltbundesamtes. Die lärmfachliche Stellungnahme des Umweltbundesamtes richtet sich nicht an die Landesregierung, sie richtet sich an das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Trotzdem sollte man die in der Stellungnahme enthaltenen Anregungen ernst nehmen, auch wenn man nicht alle Schlussfolgerungen teilt. Die lärmfachliche Stellungnahme des Umweltbundesamtes enthält in erster Linie eine Bewertung von unterschiedlichen Flugroutenvarianten für den Verkehrsflughafen BER aus lärmfachlicher Sicht. Aufgabe der lärmfachlichen Stellungnahme ist in erster Linie, eine Rangfolge der verschiedenen Flugroutenvorschläge aus Lärmgesichtspunkten zu erstellen, um das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung bei der Entscheidung über die Festsetzung der Flugrouten zu unterstützen. Das ist die Aufgabe.