Protocol of the Session on January 26, 2012

bei der Umsetzung des Schallschutzprogramms gegenüber der Öffentlichkeit umfassend und zügig zu kommunizieren. Wir erwarten, dass möglichst schnell alle fehlerhaften Kostenerstattungsvereinbarungen korrigiert werden und dass das korrekte Schutzniveau - keine Überschreitung des Maximalpegels von 55 dB(A) tags im Rauminneren - zugrunde gelegt wird. Sofern erforderlich, müssen alle unzureichenden Schallschutzvorrichtungen durch angemessene ersetzt werden.

Damit die bisherige Umsetzungspraxis ein Ende hat, benötigen wir für die effiziente und korrekte Umsetzung des Schallschutzprogramms eine unabhängige Koordinierungsstelle. Diese sollte für die Steuerung und Umsetzung des Schallschutzprogramms zuständig sein und von der Flughafengesellschaft weitreichende Handlungskompetenzen erhalten. Nur mit einer unabhängigen und gut ausgestatteten Instanz kann neues Vertrauen geschaffen und die zögerliche Realisierung der Schallschutzmaßnahmen beschleunigt werden.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die bisherige Praxis der Flughafengesellschaft zeigt ja, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Von 16 000 vorliegenden Anträgen wurden erst bei ca. 1 000 Wohneinheiten tatsächlich Schallschutzmaßnahmen realisiert. Geht man davon aus, dass alle bisherigen Kostenerstattungsvereinbarungen fehlerhaft sind, dann kann man im schlimmsten Fall noch einmal bei null anfangen. Also hieße das vielleicht sogar bei der Mehrzahl der realisierten Schallschutzmaßnahmen: Unzureichende Schallschutzfenster raus und bessere rein! Bisher werden wir aber auch hier im Unklaren gelassen, wie es weitergehen soll. Wir teilen jedenfalls nicht die Auffassung der Flughafengesellschaft, dass es ausreicht, Kostenerstattungsvereinbarungen bis zur Eröffnung des Flughafens an die Betroffenen zu versenden. Wenn man davon ausgeht, dass alle bisherigen Vereinbarungen falsch sind, wird voraussichtlich selbst dieses Ziel nicht erreicht.

Apropos Eröffnung: Nach § 74 des Verwaltungsverfahrensgesetzes muss die Flughafengesellschaft, sofern beantragt, die Schallschutzmaßnahmen vor Beginn des Flughafenbetriebs fertiggestellt haben. Dies steht auch im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006.

„Aus dem Regelungszweck ergibt sich, dass die Schutzeinrichtungen jedenfalls zu dem Zeitpunkt vorhanden sein müssen, zu dem die Anwohner ohne sie den Einwirkungen ausgesetzt wären, die es abzuwehren gilt. Das ist der Tag, an dem die neue oder geänderte Verkehrsanlage in Betrieb genommen wird.“

Wie schon beschrieben, sind wir hiervon noch weit entfernt. Das Ministerium und die Flughafengesellschaft legen den Planergänzungsbeschluss zu ihren Gunsten aus. Es wird beispielsweise behauptet, es müsse nur vor dem Lärm geschützt werden, der tatsächlich auch vorhanden sei. Auch das widerspricht dem Gerichtsurteil. Hier findet sich nämlich keinerlei zeitliche Staffelung.

Da nun eine rechtzeitige Umsetzung aller Schallschutzmaßnahmen bis zur Eröffnung des Flughafens am 3. Juni nahezu unmöglich erscheint, schlagen wir mit unserem Antrag vor, den Betroffenen ab Inbetriebnahme des Flughafens ein angemessenes Schadensersatzgeld zu zahlen, auch wenn wir wissen, dass

man Lärm und die hieraus resultierenden Zumutungen gegenüber den Betroffenen nicht mit Geld aufwiegen kann. Der zu zahlende Betrag soll rechtzeitig mit Vertretern der betroffenen Kommunen und Bürgerinitiativen ausgehandelt werden. In der Höhe sollte er aber nicht nur der Entschädigung dienen, sondern er muss auch für die Flughafengesellschaft ein empfindliches Übel darstellen, um diese so zur schnelleren Umsetzung zu motivieren.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Die Zahlungen sollten erst dann eingestellt werden, wenn die Schallschutzmaßnahmen bei den Anspruchsberechtigten vollständig erfolgt sind. Auch der Antrag der CDU-Kolleginnen und -Kollegen zur Lärmrente hat diesen Ansatz und findet daher ebenfalls unsere Zustimmung. Wir würden uns freuen, wenn im Sinne der Betroffenen beide Anträge heute Zustimmung fänden, damit Lärmschutz am Flughafen BER kein Lippenbekenntnis bleibt. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Die Abgeordnete Gregor-Ness spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute zwei Anträge zum Schallschutz am Flughafen Berlin Brandenburg International vorliegen. Es bleiben knapp vier Monate, nicht einmal mehr 130 Tage, bis zur Inbetriebnahme unseres größten Infrastrukturprojekts. Die Realisierung des Schallschutzes rückt natürlich dadurch ganz vehement in den Mittelpunkt des Interesses, und das muss auch so sein.

Wir hatten dazu auf Anregung der CDU am 17. Januar eine Ausschusssitzung, haben Vertreter des Flughafens und der Planfeststellungsbehörde gehört, um die Diskrepanzen in der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses zu klären. In der anschließenden Bürgerrunde hätte man meinen können, dass wir alle auf der gleichen Veranstaltung waren. Ich bitte an dieser Stelle auch die Kollegen Genilke und Jungclaus, gelegentlich ein bisschen Realitätssinn einfließen zu lassen, nicht immer alles schlimmerzureden und die Menschen nicht noch mehr zu verunsichern.

Klar ist, für uns gilt der Planfeststellungsbeschluss. Er ist auch nicht verhandelbar. Es gibt folgende Fakten: Wir haben 25 500 anspruchsberechtigte Wohneinheiten. Das Nachtschutzgebiet umfasst 137 km2 und das Tagschutzgebiet 71 km2. Wir haben mit Stand der ersten Kalenderwoche 2012 15 000 Anträge auf Schallschutz bei Ingenieurbüros vorliegen. 13 000 Bestandsaufnahmen sind bereits durchgeführt worden. Wir sind Gesellschafter, und der Flughafen hat diese vorliegen. Demzufolge sind bereits auch knapp 3 500 Kostenerstattungsvereinbarungen von beiden Seiten, also vom Eigentümer und vom Flughafen, unterzeichnet worden. Es galt - und dieses Versprechen gilt es jetzt Realität werden zu lassen: Wer ein Jahr vor Inbetriebnahme den Antrag auf Schallschutz stellt, kann mit einem entsprechenden Schallschutz ausgestattet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings Aktivität, Aktivität auf beiden Seiten, und es gehört auch die Mitwirkung der Betroffenen dazu. Das muss ich hier klipp und klar sagen.

Wichtige Einzelfragen und Kritikpunkte, die immer wieder im Raum schweben, wie Deckenhöhen, Raumgrößen oder bauliche Substanz, sind in der Zwischenzeit der Ist-Situation angepasst und nicht mehr formaljuristisch sozusagen nach den Kriterien der normalen technischen Anordnung und der normalen technischen Standards ausgelegt worden.

Vom Flughafen erwarten wir alle gemeinsam - ich glaube, hier in unserem Namen sprechen zu können -, noch viel aktiver vor Ort zu agieren. Ich fordere auch unsere Aufsichtsgremien, den Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung, auf, dort entsprechend wirksam zu werden, denn ein öffentliches Unternehmen hat eine besondere Verantwortung.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Die besondere Verantwortung - davon gehe ich aus - nehmen unsere Gesellschaftervertreter und unsere Aufsichtsratsmitglieder aus Brandenburg sehr ernst, denn unsere Bürgerinnen und Bürger sind betroffen. Meiner Meinung nach muss es darum gehen, bis zur Inbetriebnahme so viel Lärmschutz wie möglich wirksam umzusetzen, denn der Schutz der Betroffenen muss oberste Priorität haben. Gesundheit - da gebe ich Herrn Jungclaus vollkommen Recht - kann nicht in Geld aufgewogen werden. Die Lärmrente kann als Katalysator wirken, sicherlich, aber sie darf nicht als Alternative zum Lärmschutz verstanden werden, denn dafür ist sie denkbar ungeeignet.

Ich erwarte deshalb auch von Herrn Genilke, dass er mit der CDU gemeinsam sowohl in Richtung der Gesellschafter Bund und Berlin Einfluss nimmt als auch gegebenenfalls durch gleiche Beschlusslagen eine entsprechende Initialzündung erreicht, damit wir gemeinsam vorankommen. Wir von der Brandenburger Seite allein werden das nicht schaffen.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt SPD)

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um Überweisung der beiden Anträge, damit wir uns damit noch einmal ausführlich im Rahmen des Ausschusses befassen können. Wir halten eine Koordinierungsstelle auf Landesebene an dieser Stelle auch nicht für geboten, denn die Verantwortung muss da wahrgenommen werden, wo sie hingehört. Gefordert sind jetzt der Flughafen und natürlich die aktive Mitwirkung der einzelnen Betroffenen, die ein hohes Interesse an Lärm- und Schallschutz haben. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Beyer setzt die Debatte für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 3. Juni dieses Jahres werden wir die Eröffnung des Flughafens BER in Schönefeld feiern. Die Hauptstadtregion erhält damit einen Flughafen, der einer Region, in der fast sechs Millionen Menschen leben, in Sachen Größe, Modernität und auch bei der Anzahl der Flugbewegungen gerecht wird. Der Flughafen wird sich - da sind sich alle

einig - zu einer Jobmaschine entwickeln, deren Strahlkraft weit über die Berliner Randgemeinden hinausreichen wird. Ich betone daher nochmals, dass es von zentraler Bedeutung ist, dass der Flughafen pünktlich und damit ohne Verzögerungen fertiggebaut und in Betrieb genommen werden kann.

Neben der Betrachtung der wirtschaftlichen Ebene spielt der Schutz der Anwohner ebenfalls eine zentrale Rolle, und er muss eine zentrale Rolle spielen. Schutz bedeutet in diesem Fall nicht nur Schutz vor gesundheitlichen Gefahren und möglichen, durch dauerhaften Lärm verursachten Folgeschäden, sondern umfasst auch die Frage der Schadensregulierung infolge Wertminderung anliegender Grundstücke.

Gemäß § 74 Verwaltungsverfahrensgesetz steht die Flughafengesellschaft in der Verantwortung, die für den Schutz der menschlichen Gesundheit erforderlichen Schallschutzmaßnahmen vor Beginn des Flughafenbetriebs am neuen Flughafen Anfang Juni 2012 fertigzustellen. Im Großraum um den Flughafen BER leben rund 25 000 antragsberechtigte Personen, von denen bis zum vergangenen Sommer rund 14 000 einen entsprechenden Antrag auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen gestellt haben. Bis zum 31.12.2010 wurden 12 000 Kostenerstattungsvereinbarungen versandt. Damit hatten bereits 86 % der betroffenen Anwohner zu Beginn dieses Jahres Aussicht auf die Durchführung entsprechender Maßnahmen.

Zum Vergleich: Am Münchener Flughafen, der gemeinhin als Vorbild genannt wird, lagen ein Jahr vor Aufnahme des Betriebes rund 3 000 Anträge vor, von denen erst knapp 100 beschieden waren. Dies verdeutlicht, wie ernst das Thema Schallschutz und gesundheitliche Prävention im Umfeld des Flughafens genommen wird. Ich gebe der Kollegin Gregor-Ness ausdrücklich Recht, dass wir gelegentlich unser aller Verantwortung in den Mittelpunkt dieser Debatte stellen sollten.

Die Forderungen nach Lärmrenten, wie sie nun von der CDUFraktion aufgemacht werden, hält meine Fraktion für verfrüht und zum jetzigen Zeitpunkt für nicht zielführend. Auch wenn gegenwärtig erst in rund 800 Wohneinheiten Schallschutzmaßnahmen realisiert worden sind, besteht für uns nach wie vor kein Zweifel, dass alle angedachten Maßnahmen fristgerecht bis zum 3. Juni 2012 realisiert werden könnten.

Es geht nicht darum, wer zuerst losläuft. Wichtig ist, wer zuerst ankommt. Wir vertrauen darauf, dass die Flughafengesellschaft Schönefeld ihre Aussagen einhält und die beantragten Maßnahmen unbürokratisch und gewissenhaft umsetzt. Sollte sich im zweiten Quartal abzeichnen, dass die geplanten Schallschutzmaßnahmen nicht ausreichen bzw. deren Umsetzung nicht fristgerecht zu realisieren ist, werden wir uns über Entschädigungszahlungen für diejenigen Bürger, in deren Häusern und Wohnungen die Maßnahmen nicht durchgeführt wurden, auszutauschen haben. Wir glauben, dass dies der richtige Weg ist. Von daher ist es, denke ich, auch richtig, dass wir diesen Antrag in den Ausschuss verweisen und dort weiter beraten. Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall FDP)

Die Abgeordnete Wehlan spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte zum Tagesordnungspunkt den umfassenden Lärmschutz der Anwohner am Flughafen Schönefeld betreffend steht deutlich unter dem Eindruck der heutigen Festsetzung der Flugrouten durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Mit der Kenntnisnahme der Ergebnisse macht sich eine große Ernüchterung breit. Wer die Hoffnung hatte, dass die grundsätzlichen Regelungsbedarfe des Umweltbundesamtes in die Positionierung des Bundesaufsichtsamtes Eingang finden würden, sieht sich getäuscht.

Benehmensherstellung à la Bundesaufsichtsamt heißt, dass man die Vorschläge einfach ignoriert und ablehnt. Die Linke hatte an den heutigen Tag eine andere Erwartung, nämlich, dass das Bundesaufsichtsamt zu grundsätzlichen Regelungsbedarfen gegenüber dem Bundesgesetzgeber Stellung nimmt. Die Facharbeit zu den Regelungsbedarfen hat das Umweltbundesamt vollumfänglich auf über 100 Seiten geleistet. Zu Recht wurde dort das völlige Nachtflugverbot herausgearbeitet. „Nur das würde den Umständen Rechnung tragen“, so das Umweltbundesamt, „dass Fluglärm krank macht“. Zudem seien viele Bürger über Jahre den Planfeststellungsunterlagen gefolgt und davon ausgegangen, nicht betroffen zu sein. Die Rede ist von massivem Vertrauensverlust, der entstanden ist. Folgerichtig macht das Umweltbundesamt in seinem Gutachten ein Spannungsverhältnis zwischen Planfeststellung und Flugroutenfestsetzung aus. Als grundsätzlich fatal wird die Entscheidung für den Standort im Jahr 1996 beschrieben. „Damit sei in Kauf genommen worden“, so das Umweltbundesamt, „dass eine große Anzahl“ von Bürgern künftig Fluglärm ausgesetzt ist, ohne dass die Flugroutenplanung daran noch etwas ändern könne. Herr Genilke, die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow ist mit Anund Abflugrouten doppelt belastet. Das ist unvernünftig, und dabei bleibe ich auch.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Im mittlerweile veröffentlichten Teil des Urteils vom Oktober 2011 zum BBI/BER ist in den Randnummern 146 - 161 die ganze Geschichte um die misslichen Routenfestlegungen noch einmal aufgeschlüsselt und wird der Beklagte gerügt. „Eine Flugroutenprognose in einer Planfeststellung muss von realistischen Annahmen ausgehen“, so das Gericht. Die Planfeststellungsbehörde durfte nicht davon ausgehen, dass die Deutsche Flugsicherung für den unabhängigen Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde. Falscher stadtnaher Standort, Fluglärm, der krank machen kann, eine Planfeststellung, die nicht von realistischen Annahmen für Flugrouten ausgeht, massiver Vertrauensverlust, und wie reagiert das Bundesaufsichtsamt auf diese Handlungsfelder? - Nicht. Gar nicht. Keine Empfehlung an den Bundesgesetzgeber, die Verfahren zur Planfeststellung und zur Festsetzung der Flugrouten von den Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten der Bürgerinnen und Bürger her gesetzlich zu harmonisieren. Herr Genilke, auch an dieser Stelle: Das ist mehr als unvernünftig; Rangsdorf lässt grüßen.

Keine Empfehlung an den Bundesgesetzgeber, das Nachtflugverbot für alle deutschen Flughäfen mit klaren Vorgaben für stadtnahe Flughäfen bundeseinheitlich zu regeln. Keine Empfehlung an den Bundesgesetzgeber zur Veränderung des Lärmschutzgesetzes, um die Lärmschutzwerte in den Schutzzonen für stadtnahe Flughäfen abzusenken. Der Hintergrund ist im

Gutachten des Umweltbundesamtes ausführlich beschrieben. Mit der problematischen Standortentscheidung für Schönefeld in einer dicht besiedelten Umgebung war von vornherein klar, dass die Betroffenenzahl durch die Flugroutenplanung nicht wesentlich verringert werden kann. Weil das so ist, wäre eine solche Empfehlung an den Bundesgesetzgeber zur Abmilderung der Belastung für die Anwohner mehr als geboten.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Nichts von all dem findet sich in den heutigen Festlegungen des Bundesaufsichtsamtes wieder. Nach den Äußerungen des Bundesverkehrsministers Ramsauer erschließt sich auch, warum. Schließlich ist das Bundesaufsichtsamt dem Bundesverkehrsminister unterstellt, und dieser nahm zuerst einmal die Anwohner der Flughäfen in die Pflicht. Zwar sagte er am Dienstagabend in Berlin, dass die Lärmschutzinteressen gewahrt werden müssten, jedoch sagte er auch: Unser Wohlstand ist ohne Risiken und Nebenwirkungen nicht zu haben. - Diese Nebenwirkungen sind aber die Betroffenen - berechtigterweise - nicht mehr zu tragen bereit. Ich denke, auch das ist ein Signal an Politik, das man mindestens beachten sollte.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass das Lärmschutzgesetz 2005 durch die damalige rot-grüne Bundesregierung geändert wurde. Hier wurden die Grenzwerte für Lärmschutzzonen abgesenkt, Lärmschutzbereiche erweitert und Verschärfungen der zulässigen Lärmpegel am Tag und in der Nacht verfügt. Die Kritiker nannten das Gesetz damals unzureichend. Beispielsweise bemängelte der BUND, dass es nur einen Minimalschutz der Flughafenanwohner geben soll, das Gesetz zur tatsächlichen Lärmminderung aber nicht beitrage und es ein Mangel sei, dass das Gesetz kein Nachtflugverbot regelt.

Das Gesetz kam damals nach einjährigem Streit zwischen dem Umwelt- und Verkehrsministerium zustande. Gegenstand des Streits waren die in Rede stehenden Mehrkosten für die Flughafenbetreiber in Höhe von 600 Millionen Euro. Herr Trittin sah damals im Gesetz einen Faktor zur Verfahrensbeschleunigung. So würde eine Überforderung der Wirtschaft durch Übergangsregelungen bis 2011 vermieden. Der Ausbau von großen Flughäfen wie Frankfurt am Main, Leipzig, Köln oder Berlin-Schönefeld werde durch das neue Gesetz nicht erschwert. Schade, kann ich da nur sagen. Grundsätzliche Regelungsbedarfe für stadtnahe bzw. dicht besiedelte Gebiete waren damals schon gegeben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Diskussion von damals hat uns heute eingeholt. Ein Lärmschutzgesetz, welches dem Gesundheits- und Lärmschutz gesetzlich Vorrang einräumt, würde uns unsere heutige Debatte wesentlich erleichtern. Die Linke unterstützt die Intention der vorliegenden Anträge und verweist auf den Beschluss des Landtags vom Dezember 2011, Schutzbedürfnisse der Bürger ernst zu nehmen und dritte Startund Landebahnen zu verhindern.

Wir bekräftigen die Erwartung, dass die Flughafengesellschaft alles tut, um die Akzeptanz des Flughafens bei den Umlandgemeinden und Anwohnern zu verbessern und verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das ist übrigens schon Beschlussgegenstand vom Dezember 2011.

Die aktuelle Diskussion gegen die durch die Raumordnungsbehörde des Landes Brandenburg beauflagte Durchsetzung des

Schallschutzes am Tag trägt dieser Erwartung in keiner Weise Rechnung. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht beliebig auslegbar. Diese Erwartung ist eine, die wir heute hier über alle Fraktionen im Landtag hinweg gemeinsam formuliert haben, und ist, denke ich, ein deutliches Zeichen zur Unterstützung der Auffassung der Raumordnungsbehörde, aber auch ein deutliches Zeichen an die Gesellschafter und den Aufsichtsrat.

Der Landtag hat die Landesregierung bereits im Dezember 2011 aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass ein Obmann eingesetzt wird, der bestehende Konflikte bei der Durchsetzung des Schallschutzprogramms aus der Sicht der Anwohner gegenüber der FBB moderiert und zu ihrer Lösung beiträgt. In Anbetracht des Eröffnungstermins und der aktuellen Problemlage bei der Umsetzung des Schallschutzprogramms ist hier schnelles Handeln gefordert. Wir erwarten von der Flughafengesellschaft, dass sie alles tut, damit vor Inbetriebnahme des BER ein umfassender Schallschutz der Anwohner gesichert ist. Das Schallschutzprogramm endet nicht, wenn eine Summe X erreicht ist, die die FBB dafür kalkuliert hat. Das Schallschutzprogramm endet dann, wenn die berechtigten Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger erfüllt sind.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Hier unterstützen wir ausdrücklich die Herangehensweise der Landesregierung. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Antragsberechtigten für Schallschutzmaßnahmen, die ab laufendem Betrieb des Flughafens BER unverschuldet keinen Schallschutz erlangen konnten, eine Entschädigung wegen gesundheitsschädigender Lärmemissionen erhalten.