Vielen Dank. - Wir kommen damit zur Frage 754 (Schüler- fahrtkosten für brandenburgische Schülerinnen und Schüler in Sachsen), gestellt vom Abgeordneten Hoffmann.
Eigentlich ist damit zu rechnen, dass zusätzliche Kosten entstehen, wenn brandenburgische Eltern ihre Kinder in eine Schule nach Sachsen oder auch in einen benachbarten Landkreis schicken. Doch bisher wurden vonseiten des Landkreises Oberspreewald-Lausitz die für die Eltern anfallenden Kosten für den Schülerverkehr über Landkreisgrenzen hinweg und selbst nach Sachsen wie Kosten für Schülerfahrten innerhalb des Landkreises behandelt. Auch Eltern mit niedrigem Einkommen ließen ihre Kinder aus sehr unterschiedlichen Gründen in Sachsen oder in Nachbarlandkreisen einschulen.
Nach der Korrektur dieser Praxis mit einer Satzungsänderung fallen jetzt aber für die Eltern ungeplante Kosten in Höhe von teilweise über 100 Euro pro Monat an. Ein Schulwechsel von einem Gymnasium in Sachsen zurück nach Brandenburg ist praktisch unmöglich, wie wir wissen, sodass einige Elternhäuser mit niedrigem Einkommen in eine schwierige Situation geraten.
Daher frage ich die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, eventuell mit Bezug auf § 112 des Brandenburgischen Schulgesetzes, betroffenen Eltern sowie den Schülerinnen und Schülern in dieser misslichen Situation zu helfen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Hoffmann, eine Bestandsschutzregelung für die Schülerin
nen und Schüler, die ein Gymnasium in Sachsen besuchen und denen die Schülerfahrtkosten nicht mehr in voller Höhe erstattet werden, kann die Landesregierung natürlich nicht treffen. Dafür bietet das Brandenburgische Schulgesetz auch keinerlei Rechtsgrundlage.
Träger der Schülerbeförderung - das wissen Sie sicherlich auch sind die Landkreise und kreisfreien Städte, für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft genauso wie für die freien Schulen. Die Schülerbeförderung ist eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, und der Landkreis Oberspreewald-Lausitz entscheidet selbst, ob er eine Bestandsschutzregelung trifft.
Nach der geänderten Satzung erstattet der Landkreis wenigstens noch 70 % der Fahrtkosten und organisiert die Fahrten zumindest bis zur Kreisgrenze. Die Schülerbeförderung hat in der Rechtsprechung keinen Verfassungsrang, deshalb wird sie auch nicht von dem Grundsatz der Schulgeldfreiheit erfasst.
Vielen Dank. - Damit kommen wir zur Frage 755 (Vereinsvor- mundschaft), gestellt von der Abgeordneten Fortunato.
Seit Jahren gibt es Probleme mit der Vormundschaft für allein reisende, unbegleitete minderjährige Jugendliche im Bereich der Flüchtlingsbetreuung, da die Vereinsvormundschaft im Land Brandenburg bisher gesetzlich nicht geregelt ist. So hatte in einer Einrichtung der Diakonie im Land Brandenburg eine Person die Vormundschaft über mehr als 100 Minderjährige, was angesichts der vielfältigen Aufgaben und Anforderungen ein unhaltbarer Zustand ist.
Ich frage daher die Landesregierung: Wann soll es eine gesetzliche Regelung für die Vereinsvormundschaft in Brandenburg geben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Fortunato, Kinder und Jugendliche, die aus ihrer Heimat geflohen sind, weil die Verhältnisse dort so bedrückend sind, dass sie sich allein, ohne ihre Familie, auf die Flucht in ein fremdes Land und zu völlig fremden Menschen begeben, gehören zu den Menschen, die den Schutz unserer Gesellschaft ganz besonders benötigen.
Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge haben deshalb einen Rechtsanspruch auf Schutz und Betreuung, die sie als Kinder und Jugendliche auch benötigen. Neben pädagogischer Betreuung und medizinischer Behandlung - oft sind es auch traumatherapeutische Maßnahmen - brauchen diese Kinder und Jugendlichen einen rechtlichen Vertreter, da sie als Minderjährige viele Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens noch nicht selbstständig wahrnehmen können.
Unsere Rechtsordnung sieht daher vor, dass sie einen gesetzlichen Vertreter, einen Vormund, zur Seite gestellt bekommen, der die rechtliche Vertretung besorgt und sich darum kümmert, dass sie vernünftig betreut werden und vor allen Dingen alle Hilfe erhalten, die benötigt wird. Diese Vormünder werden vom Familiengericht bestellt, meist aufgrund einer Anzeige durch das Jugendamt, das den Minderjährigen in Obhut genommen hat.
Bei der Auswahl des Vormundes soll das Gericht in erster Priorität geeignete Einzelpersonen benennen. Wenn dies nicht gelingt, kann das Gericht einen geeigneten Verein zum Vormund bestellen; darauf bezieht sich sicher Ihre Anfrage. Ein Verein kann gemäß § 54 des SGB VIII eine Vormundschaft übernehmen, wenn das Landesjugendamt dazu eine Erlaubnis erteilt hat.
Im Land Brandenburg hat das Landesjugendamt bisher erst eine einzige Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsvormundschaften erteilt, und zwar erst am 24. Oktober 2011; das ist also noch ganz neu. Bis dahin wurden von den Gerichten nur Einzelvormünder und Amtsvormundschaften bestellt.
Da diese erste und bisher einzige Erlaubnis gegenüber einem Verein erst wenige Wochen zurückliegt, gibt es noch keine Erfahrungen, ob und wie sich diese Vereinsvormundschaft bewährt hat oder sich bewähren kann. Das Landesjugendamt hat sich vorsorglich in dem Erlaubnisbescheid entsprechende Änderungen vorbehalten, damit bei Bedarf nachgesteuert werden kann, gegebenenfalls auch beim Betreuungsschlüssel, wenn dies tatsächlich solche negativen Auswirkungen haben sollte.
Sie können also sicher sein, dass wir die Entwicklung aufmerksam beobachten und im Blick behalten. Wenn die Praxis zeigt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht genügen, um den Kindern und Jugendlichen den notwendigen Schutz zu gewähren, werden wir diese Rahmenbedingungen nochmals überprüfen. - Danke.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragestunde angelangt. Der Rest der Fragen wird schriftlich beantwortet.
Es wurde vereinbart, dazu keine Debatte zu führen. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung dieser Drucksache in den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Danke sehr. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist dieser Gesetzentwurf überwiesen.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und damit die erste Hälfte unserer Plenarsitzung und entlasse Sie bis 13 Uhr in die Mittagspause.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne den Nachmittagsteil unserer Sitzung - bei sehr spärlicher Beteiligung, obwohl es jetzt um ein für uns alle wichtiges Gesetz geht.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Bevor ich Herrn Minister Dr. Woidke das Wort erteile, bitte ich die Schriftführerdienste, hier zu erscheinen. - Da sind sie schon.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur zustimmen: Das Gesetz ist von sehr großer Relevanz. Es hat eine sehr lange Vorgeschichte auch hier im Hohen Haus. Vor Einfügung der Regelungen in das Brandenburgische Polizeigesetz im Jahr 2008 gab es viele Diskussionen, und es wurden Befürchtungen geäußert.
Zentrale Fragen in der Debatte damals waren: Wie geht die Polizei zukünftig mit den Befugnissen im Bereich der Telekommunikationsüberwachung und der anlassbezogenen automatischen Kennzeichenfahndung um? Haben diese Befugnisse überhaupt einen Nutzen für die polizeiliche Arbeit? Am Ende stand, dass in Brandenburg beide Instrumente zeitlich befristet durch den Gesetzgeber zugelassen worden sind und der Landtag die Landesregierung gebeten hat, den gerade gestellten Fragen mit einer Evaluation in Form einer wissenschaftlichen Begleitforschung nachzugehen.
Mittlerweile liegt das Gutachten des Freiburger Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Strafrecht vor. Der Verfasser der Studie hat diese bereits im Innenausschuss vorgestellt und mit den Abgeordneten diskutiert.
Die Untersuchung gliedert sich in zwei Teile. Sie besteht aus einem rechtsvergleichenden Teil sowie der Darstellung und Auswertung der Anwendungspraxis im Land Brandenburg.
Aus dem nationalen Rechtsvergleich ergibt sich, dass die Mehrheit der Bundesländer Regelungen zur Verkehrsdatenabfrage
und zur Standortbestimmung von Mobilfunkendgeräten in ihr Polizeigesetz aufgenommen haben. Dabei ist die Handyortung am weitesten verbreitet. Lediglich drei Bundesländer haben diese Maßnahme in ihrem Polizei- und Ordnungsrecht bislang nicht speziell geregelt. In zehn Bundesländern gibt es Regelungen zur automatischen Kennzeichenerfassung.
Was die Anwendung hier im Land betrifft, ist anzumerken: Das Institut sieht hier weder rechtliche noch praktische Probleme. Die zuständigen Beamten achten streng auf die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen. Das Dokumentationssystem der Brandenburger Polizei ist vorbildlich.
Zusammenfassend stellt das Institut im Ergebnis seiner Auswertung ausdrücklich fest, dass die Brandenburger Polizei von diesen - damals neuen - Befugnissen in verantwortungsvollem Umfang Gebrauch gemacht hat. Insofern beziehen sich die konkreten Empfehlungen des Instituts ausschließlich auf die rechtliche Ebene. Aufbauend auf die bereits vorhandenen Regelungen soll die Verkehrsdatenabfrage innerhalb des § 33b als eigene Regelung ausgestaltet und die anlassbezogene automatische Kennzeichenfahndung auch im Falle der Entwendung von Kraftfahrzeugen zugelassen werden. Diesem letzten Vorschlag sind wir nicht gefolgt. Abgesehen von dieser Einschränkung ist die Landesregierung den weiteren Empfehlungen des Gutachtens gefolgt.
Der Ihnen vorliegende Entwurf enthält daher den Vorschlag, der Polizei die Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung nach § 33b Abs. 3 und zur anlassbezogenen automatischen Kennzeichenfahndung zur Verfügung zu stellen. Ich schlage vor, den Entwurf zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres zu überweisen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Woidke. - Bevor wir die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fortsetzen, möchte ich ganz herzlich Besucher bei uns begrüßen. Wir haben heute die Mitglieder des Vereins „Aussicht Uckermark“ aus Schönfeld zu Gast. Seien Sie herzlich willkommen bei dieser Debatte.