Protocol of the Session on November 9, 2011

Ich komme gleich dazu, wie wir unser Hochschulsystem weiter stärken und zukunftsfähig machen wollen. Erlauben Sie mir jedoch zunächst, auch zum Themenfeld Finanzen ein schiefes Bild aus dem Antrag zur Aktuellen Stunde geradezurücken.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das finden wir gut!)

Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie können es mir glauben: Die globale Minderausgabe im nächsten Jahr - nicht die Kürzung, Herr Schierack -, ist sicherlich nicht das, was ich mir zum Amtsantritt und für die Hochschulen gewünscht habe. Aber so übel, wie es in Ihrem Antrag erscheint, sieht es nicht aus.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die für die Hochschulen verfügbaren Landesmittel sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen: von rund 214 Millionen Euro 2005 im Referenzjahr zum Hochschulpakt 2020 auf rund 260 Millionen Euro in diesem Jahr. Das ist summa summarum

eine Steigerung um mehr als 20 %. Trotz der Konsolidierungszwänge im Landeshaushalt, die auch vor den Hochschulen nicht Halt machen können, steht den Hochschulen mit den Hochschulpaktmitteln im Jahr 2012 mehr Geld denn je zur Verfügung und dezidiert mehr als im laufenden Jahr.

Zum Schluss zur Frage der Pro-Kopf-Ausgaben: Es ist zutreffend, dass in Brandenburg die Hochschulausgaben im Ländervergleich unterdurchschnittlich sind. Das liegt aber auch an dem vergleichsweise jungen und kleinen Hochschulsystem und im Übrigen auch an der besonderen Struktur - Frau Melior hatte schon darauf hingewiesen. Es wirkt sich aus, dass es keine eigene Ausbildung in der Medizin, in der Theologie oder in der Landwirtschaft gibt. Es ist jetzt die Frage, ob man zum jetzigen Zeitpunkt wirklich den Vorwurf machen kann, dass sich Brandenburg schon bei der Gründung der Hochschulen nach seinen Verhältnissen gestreckt hat und wir auch heute solide nach unseren Verhältnissen zu leben bereit sind.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich komme nun dazu, wie wir, im Antrag von den Grünen gefordert, die brandenburgische Hochschullandschaft stärken wollen. Gerade um das Hochschulsystem 20 Jahre nach seiner Neugründung von der Phase des Aufbaus hin zur Konsolidierung und Weiterentwicklung zu führen, wurden zwei Strukturkommissionen ins Leben gerufen. Wir streben eine strukturelle Überprüfung und gestalterische Weiterentwicklung mit dem Ziel der Zukunftssicherung an. Das bedeutet, dass es nicht so bleibt, wie es ist. Es bedeutet, dass sich auch inhaltlich und in den Strukturen etwas ändern wird. Damit können wir uns neuen Herausforderungen stellen, die sich unter anderem aus der Entwicklung der brandenburgischen Wirtschaft ergeben und sich damit auch in der Hochschullandschaft widerspiegeln müssen. Deswegen wurde die Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz eingerichtet. Diese Kommission hat den Auftrag, Empfehlungen für eine fachlich-inhaltliche Profilierung der Hochschulregion Lausitz zu erarbeiten, die zu einer Stärkung der Forschungsleistungen führen. Die Bedarfe des Landes Brandenburg und die potenzielle Studierendennachfrage dienen der Justierung. Darüber hinaus wird die Kommission Empfehlungen zu den Strukturen abgeben, unter denen eine größtmögliche Leistungssteigerung zu erzielen ist. Dabei sollen die Städte Senftenberg und Cottbus als Hochschulstandorte bleiben. Diese Kommission muss ihre Arbeit zu Ende bringen. Sie liegt sozusagen in den letzten Zügen. Die Umsetzungsplanung wird dann der nächste Schritt sein, für den das MWFK verantwortlich zeichnet.

Auf Vorschlag meines Hauses wurde schließlich im März dieses Jahres die Hochschulstrukturkommission durch den Ministerpräsidenten einberufen. Von der Hochschulstrukturkommission werden Empfehlungen zur Zukunftssicherung der brandenburgischen Hochschullandschaft in Kooperation mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der beruflichen Praxis im Kontext des internationalen und nationalen Wettbewerbs kommen. Beide Kommissionen sind mit hoch renommierten und unabhängigen Wissenschaftlern und Praxisvertretern besetzt. Es handelt sich in beiden Fällen um Struktur- und nicht um Sparkommissionen.

Ich werde nicht müde zu betonen, dass ich erst die Empfehlungen der Strukturkommissionen abwarten werde, um dann über deren Umsetzung zu entscheiden.

Ich lade Sie bereits jetzt ein, sich an der Diskussion der Ergebnisse und der Umsetzung produktiv zu beteiligen, und stelle abschließend fest: Die Hochschulen werden nicht überrannt, wir gefährden und zweckentfremden keine Bundesmittel, und wir räumen den Hochschulen im Landeshaushalt die Priorität ein, die wir uns leisten können.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Lassen Sie uns, wenn die Ergebnisse der Expertenkommissionen vorliegen, gemeinsam die große Chance nutzen, in Brandenburg mit modernen Konzepten eine stabile Entwicklung und eine gute Zukunft für die Hochschulen weiter zu befördern. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Während die Abgeordnete Melior ans Mikrofon tritt, begrüße ich unsere Gäste, die Ortsgruppe des Seniorenverbandes aus Schipkau. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Ich möchte nur noch einmal auf wenige Punkte eingehen. Frau von Halem, das Bild, das Sie heute Morgen gemalt haben, war eher das Bild der umgebenden Novemberstimmung: grau, und dann auch sehr neblig - neblig besonders, was die Diskussion um die 5 Millionen Euro angeht. Wir haben mehrfach versucht zu erklären - Herr Jürgens, Frau Ministerin Kunst und auch ich -, dass die 5 Millionen Euro in der vorigen Woche im Ausschuss beschlossen worden sind und damit die 15 Millionen Euro Einnahmen tatsächlich als 15 Millionen Euro Ausgaben an die Hochschulen in Brandenburg gehen.

Sie haben auch, Frau von Halem, darauf hingewiesen, dass Inklusion und die medizinischen Berufe, vor allem die Pflegeberufe, die leitenden Stellen, akademisiert werden sollen bzw. eine akademische Ausbildung benötigen. Ja, es stimmt: Wir werden für beides mehr Geld brauchen. Über das Thema Inklusion werden wir heute noch diskutieren.

Dann weisen Sie immer wieder auf die Homepage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hin, auf der angeblich erklärt wird, wie das alles funktionieren kann, dass dann doch mehr Geld, nämlich auch die 12 Millionen Euro, an die Hochschulen geht. Mir scheint es zunehmend so, als wollten Sie die nicht richtig oder als könnten Sie die auch nicht richtig erklären; denn Haushaltspolitiker gucken auch drauf und sehen viele Luftbuchungen, aber keine solide Gegenfinanzierung.

Ich wollte auch noch gern auf die Ausführungen von Herrn Schierack eingehen: Kommissionen statt Konzeptionen. Das hört sich schön an. Wenn die Kommissionen eher getagt hätten, dann wären wir heute schon bei Konzeptionen.

(Einzelbeifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das möchte ich hier ausdrücklich sagen.

Ein hohes Maß an Autonomie der Hochschulen - ich weiß nicht, warum Sie das immer wieder einfordern. Es war Ihre

Ministerin, die mit dem Brandenburgischen Hochschulgesetz seinerzeit dafür gesorgt hat, dass es eine hohe Autonomie der Hochschulen in Brandenburg gibt. Deshalb verstehe ich diese ständige Forderung nicht.

Herr Schierack, Sie haben gesagt - vielleicht haben Sie sich versprochen, das will ich Ihnen ausdrücklich zugute halten -, wie viel Studierende - Sie haben gesagt: Studenten, ich benutze immer das Wort „Studierende“, gendergerecht - wir „ertragen“. Ich will niemanden „ertragen“, ich wünsche mir viele junge Leute hier im Land und freue mich über jeden, der unsere Hochschulen wählt und dann auch hier studiert.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Prof. Schierack, 83 Sekunden kann ich Ihnen noch bieten.

(Zurufe und Heiterkeit)

- Er verzichtet. Dann erhält die Linksfraktion noch einmal das Wort. - Der Abgeordnete Jürgens hat auch genug geredet. Frau Ministerin hat ihre Zeit ausgeschöpft. Dann könnte Frau von Halem noch einmal reden.

(Zurufe)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Prof. Kunst, wir haben natürlich nicht unterstellen wollen, dass sich auf einen Studienplatz zehn Leute bewerben wollten. Wir wissen auch, dass es Mehrfachbewerbungen gibt. Wir sind selbstverständlich davon ausgegangen, dass das allen klar ist. Das möchte ich deutlich sagen.

(Zuruf von der SPD)

Ich habe viele blumige Worte über unsere Hochschullandschaft gehört. Ich möchte noch einmal deutlich sagen - auch das habe ich zu Beginn meiner Rede gesagt -: Natürlich gibt es viele positive Punkte, und wir bestreiten sie nicht. Nichtsdestotrotz bleibt auch nach dieser Debatte für mich der Eindruck, dass die Kürzungen diesmal etwas geschickter verpackt werden sollten als im letzten Jahr mit den Rückgriffen in die Hochschulrücklagen.

(Zuruf von der SPD)

Denn die Antworten, die ich auf meine Vorwürfe bekommen habe, sind aus meiner Sicht noch nicht gänzlich klar. Fangen wir mit den 10 Millionen Euro an! Warum stellt der Bund 25 Millionen Euro in Aussicht? Das ist aus der Antwort der Landesregierung auf die Nachfrage von Herrn Prof. Schierack vom August sehr deutlich und klar zu lesen. Ja, es ist richtig, es hat in den letzten Jahren immer wieder eine Berechnungsdifferenz zwischen den in Aussicht gestellten Summen und dem, was tatsächlich gekommen ist, gegeben. Das waren aber ein paar 1 000 Euro rauf oder runter und nicht 10 Millionen Euro. Das ist ein Betrag, der in diesem Fall in keiner Weise angemessen ist.

(Zurufe der Abgeordneten Holzschuher und Bischoff [SPD])

- Das sind die 10 Millionen Euro.

Darüber hinaus habe ich mehrfach die Frage nach den 5 Millionen Euro gehört. Wenn 15 Millionen Euro eingestellt und 10 Millionen Euro weitergereicht werden, das sei, liebe Kollegin Melior, geheilt? Das ist doch ungefähr so, als würde die Großmutter kommen und mir 50 Euro für meine Tochter geben, ich stecke es aber in meine eigene Tasche, und wenn das Kind fragt: Wo ist das Geld?,

(Frau Melior [SPD]: Her damit!)

dann gehe ich an die Spardose des Kindes, nehme die 50 Euro heraus und sage: Hier hast du die 50 Euro. - Das ist doch nicht geheilt. Das ist doch etwas ganz anderes.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE - Holzschuher [SPD]: Wir gehen gut mit unseren Kindern um! - Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

- Nein, dahin gehören die Gelder aus dem Hochschulpakt nicht. Diese Gelder sind eins zu eins weiterzugeben, und sie sind genau deshalb da, weil die Studierendenzahlen gestiegen sind. Das ist der Grund. Deshalb muss ich ehrlich sagen: Diese Grundannahme, es verdunste nichts, ja, das sind die physikalischen Gesetze der Materie, die aber nach unseren Erfahrungen im Brandenburger Landeshaushalt nicht eins zu eins gelten. Da sind die Verdunstungskräfte stärker.

(Beifall GRÜNE/B90 und des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Debatte zur Aktuellen Stunde angelangt. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 5/4182

Wir beginnen mit der Frage 743 (Schließungsverfahren gesetz- licher Krankenkassen), die die Abgeordnete Lehmann stellt.

Mit der City BKK gab es in diesem Jahr die erste Schließung einer gesetzlichen Krankenkasse. Diese Schließung war mit Verunsicherungen und Abwicklungsproblemen zulasten der Versicherten und der Leistungserbringer verbunden. Das Schließungsverfahren bei der City BKK machte deutlich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ausreichend sind.

Da davon auszugehen ist, dass es künftig weitere Schließungen von Kassen geben kann, frage ich die Landesregierung: Werden die im Entwurf des Versorgungsstrukturgesetzes vorgesehenen Regelungen zur Schließung von gesetzlichen Krankenkassen als ausreichend bewertet?

Das sagt uns Frau Ministerin Tack.