Protocol of the Session on September 28, 2011

(Vereinzelt Beifall SPD und Beifall CDU)

Ungeachtet dessen steht meine Zusage, diesen Einsatz sehr sorgfältig auszuwerten, allen Hinweisen nachzugehen und, wo es notwendig ist, Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen.

Engagiertes Eintreten gegen rechten Extremismus war und ist in Brandenburg gewollt und gewünscht; daran lassen wir keinen Zweifel. Aber auch dieses demokratische Engagement muss die Regeln unserer freiheitlichen demokratischen Rechtsordnung achten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und CDU sowie der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

Es gibt Nachfragen. Herr Vogel, bitte.

Ich weise nur darauf hin, dass Frau Steinmetzer-Mann denselben Mikrofonknopf gedrückt hat, sodass auch sie die Möglichkeit erhalten sollte, eine Frage zu stellen.

Herr Innenminister, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass nach dem Münchner Kessel - ich war übrigens damals dabei -

(Zurufe von der CDU: Aha!)

das Verfassungsgericht in einem Urteil klargestellt hat, dass die Einkesselung von Demonstranten rechtswidrig ist, insbesondere gegen geltendes Verfassungsrecht verstößt. In dem konkreten Fall war es so, dass auch Demonstranten, die - der Aufforderung der Polizei folgend - den Versammlungsraum Richtung Poststraße verlassen hatten, durch einen nordrhein-westfälischen Polizeiriegel am weiteren Verlassen gehindert wurden und insofern meines Erachtens der Tatbestand der Einkesselung erfüllt war.

Erstens: Wie sehen Sie das? Ist in Ihren Richtlinien gegenüber der Brandenburger Polizei klargestellt, dass die Einkesselung von Demonstranten untersagt ist? Wie ist sichergestellt, dass so etwas nicht passiert?

Zweitens: Sie haben angedeutet, dass die Identitätsfeststellungen etwas lange gedauert haben. Ist es in einem solchen Fall

wirklich gerechtfertigt, nicht nur - was meines Erachtens richtig ist - die Ausweise zu kontrollieren und die Namen zu verzeichnen, sondern auch Leibesvisitationen durchzuführen, Fotos zu machen und die Teilnehmenden - es handelte sich auch um fast vollständige Schulklassen - wie Verbrecher zu behandeln?

Herr Minister, bitte.

Herr Vogel, ich beginne mit Ihrer letzten Frage: Ich kann - und muss offensichtlich - nochmals auf das Legalitätsprinzip verweisen. Die Polizei hat im Hinblick auf den Anfangsverdacht der Nötigung und der gröblichen Störung einer Versammlung die Identitäten der Teilnehmer der Sitzblockade festzustellen bzw. Maßnahmen zu ergreifen, die eine spätere Identitätsfeststellung ermöglichen. In welcher Art und Weise dies passierte, ob es angemessen war oder ob es hätte besser laufen können, werden wir - ich habe es bereits vorhin gesagt - einer genauen Prüfung unterziehen. Dazu kann ich an dieser Stelle keine Aussage treffen.

Nun zu Ihrem Vorwurf, es habe einen Kessel gegeben: Die Polizei sieht das anders. Aber auch diesen Vorwurf werden wir prüfen.

Vielen Dank. - Die nächste Nachfrage stellt der Abgeordnete Petke.

Herr Minister, zunächst einmal danke ich Ihnen dafür, dass Sie sich vor die Polizei gestellt haben.

Zweitens möchte ich eine Frage stellen, die ich mit einem Zitat aus einem Artikel des „Neuen Deutschlands“ einleite. Unter der Überschrift „Polizei demütigt Antifaschisten“ lässt sich Ihr Ministerkollege, Justizminister Schöneburg, heute wie folgt zitieren:

„'Die Justiz hat nicht gebilligt, dass die Polizei in dieser Weise vorgeht', erklärte Justizminister Schöneburg. Im Gegenteil, die Justiz habe versucht, deeskalierend zu wirken, und ein Leitender Oberstaatsanwalt sei auch am Ort des Geschehens gewesen. Aber, so Schöneburg: 'Wir haben keine Eingriffsmöglichkeit.' Es sei unverhältnismäßig, dass Gegendemonstranten nach einer friedlichen Sitzblockade stundenlang festgehalten werden...“

Schöneburg nennt den Polizeieinsatz ein „verheerendes Signal“.

Ich darf Sie fragen, Herr Minister: Treten Sie dieser Meinung Ihres Kabinettskollegen Schöneburgs bei?

Herr Petke, es gehört nicht zu den Aufgabengebieten des Innenministers, Aussagen von Kabinettskollegen zu kommentieren.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Die nächste Nachfrage stellt Frau SteinmetzerMann. Bitte schön.

Herr Minister Dr. Woidke, in Ihrer gestrigen Pressemitteilung sprachen Sie davon, dass Sie die Kritik an dem Polizeieinsatz ernst nehmen und die Vorwürfe aufklären wollen.

Meine Frage: Erfahren die Auswertungen vergangener Demonstrationen bei Einsatzkonzepten Berücksichtigung? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zog das Ministerium aus dem Vorfall, dass ein am Boden liegender Jugendlicher von Polizisten mit Füßen getreten wurde? Das Video vom 26.06.2010 aus Finsterwalde liegt Ihrem Büro vor.

Die Polizei bereitet ihre Einsätze sehr genau vor und wertet vorhergehende Einsätze sehr genau aus, um Schlüsse für kommende Einsätze ziehen zu können.

Frau Steinmetzer-Mann, es gibt eine alte Weisheit, die an dieser Stelle gut passt: Jede Generalstabsplanung wird über den Haufen geworfen, sobald es zum ersten Kontakt kommt. - Am Ende ist es so, dass sich jeder Einsatz anders gestaltet. Der Polizeiführer vor Ort muss damit rechnen, dass unvorhergesehene Ereignisse auftreten, und er muss auf diese auch reagieren können. Dieser Einsatz wird, wie gesagt, einer Auswertung unterzogen, deren Ergebnisse bei der Planung kommender Einsätze berücksichtigt werden. Ich kann jetzt nichts zu dem Vorfall in Finsterwalde sagen, betone aber: Die Polizei wertet intern jeden Einsatz kritisch aus. Daraus werden Schlüsse auch für kommende Einsätze gezogen; dessen können Sie sicher sein.

Vielen Dank. - Ich meine, das Thema war wichtig genug, um dem Antwortenden etwas mehr Zeit als üblich zu geben. Wir können etwas Zeit aufholen, indem wir die nächsten drei Fragen, die sich mit dem Vergabegesetz beschäftigen, gemeinsam beantworten lassen.

Wir beginnen mit Frage 710 (Anwendung des Brandenburgi- schen Vergabegesetzes), gestellt vom Abgeordneten Baer.

In der 40. Sitzung des Brandenburger Landtags wurde das Brandenburgische Vergabegesetz verabschiedet. Danach dürfen öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten einen Stundenlohn von 8 Euro zahlen.

Ich frage die Landesregierung: Trifft es zu, dass in der Landesverwaltung Schwierigkeiten bei der Anwendung des Brandenburgischen Vergabegesetzes für die eigene Auftragsvergabe gesehen werden?

Der Abgeordnete Görke stellt nunmehr die Frage 711 (Verga- begesetz und laufende Verträge). Bitte schön.

Für die Linksfraktion sind tarifliche Entgeltzahlungen, zum Beispiel im Bewachungsgewerbe, von 4,86 Euro im letzten Jahr und von 6,50 Euro in diesem Jahr nicht existenzsichernd. Deshalb hat die Mehrheit in diesem Parlament das Landesvergabegesetz verabschiedet, welches ab 01.01.2012 Mindeststandards und eine Mindestlohnhöhe oder Lohnuntergrenze von 8 Euro festlegt.

Meine Frage an die Landesregierung lautet: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, diese Mindestanforderungen auch auf noch laufende Verträge des Landtages bzw. der Landesverwaltung in Anwendung zu bringen?

Der Abgeordnete Senftleben stellt die Frage 712 (Umsetzung des Vergabegesetzes in der Landesverwaltung).

Wir alle gemeinsam wissen, dass sich die drei Fragen aus der letzten Sitzung des Hauptausschusses ergeben haben, in der zum Haushalt des Landtages in Bezug auf die Wachleute in unserem Hause nachgefragt wurde.

Deswegen frage ich jetzt nach - die Frage ist konkret an die Regierung gerichtet -: In welchen Bereichen der Landesverwaltung, einschließlich der nachgeordneten Behörden, werden im Haushaltsjahr 2012 bestehende Dienstleistungsverträge, die einen Stundenlohn von weniger als 8 Euro vorsehen, nicht an den Mindestlohn des Vergabegesetzes angepasst?

Vielen Dank. - Minister Christoffers wird die Antwort geben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank für das große Interesse des Parlaments am Vergabegesetz. Ich möchte daran erinnern, dass dieses Gesetz per Mehrheitsbeschluss des Landtages ab 01.01.2012 gilt. Ich gehe davon aus, dass die Landtagsverwaltung und die Landesverwaltung - und damit auch die Landesregierung - mit Sicherheit ihre Vorbildfunktion wahrnehmen und eine rechtzeitige Bestimmung der Voraussetzungen schaffen werden, damit dieses Gesetz ab 01.01.2012 tatsächlich umgesetzt werden kann.

Herr Kollege Baer, es ist deswegen noch keine unmittelbare Prognose möglich, ob und gegebenenfalls inwiefern es bei der Anwendung des Brandenburgischen Vergabegesetzes in der Praxis künftig zu Schwierigkeiten kommen könnte. Es besteht in einigen Fragen Erläuterungsbedarf. Dafür gibt es § 10 des Gesetzes. Dieser enthält eine Regelung, die Rechtsverordnungen ermöglicht, um genau diese Fragen zu klären. In einer Rechtsverordnung werden unter anderem geregelt: die Bearbeitungsschritte der Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des Mindestlohns durch die Auftragnehmer und deren Subunternehmen, die zur Wahrung des Datenschutzes zu treffenden Vorkehrungen, die Voraussetzungen und das Verfahren für die Zulassung von Verzeichnissen über geeignete Unternehmen, die

Voraussetzung und das Verfahren für die Verhängung einer Auftragssperre. Die Vorbildfunktion der Landesregierung ist also gewährleistet. Wir gehen davon aus, dass die von Ihnen aufgeworfene Problematik mittelbar nach Erlass dieser Rechtsverordnung, das heißt sehr schnell geklärt werden kann.

Zur Frage des Abgeordneten Görke möchte ich vorausschicken: Wir gehen davon aus, dass die Abgeordneten hinsichtlich der Problematik in der Landtagsverwaltung keine Antwort von der Landesregierung erwarten, weil es Sache des Landtages selbst ist.

Ich gehe nun auf die Frage ein, was die Landesverwaltung dazu tun wird. Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass das Gesetz ab 01.01.2012 gilt. Gestatten Sie mir, die Fragen von Herrn Görke und Herrn Senftleben zusammen zu beantworten.

Ein Teil der bestehenden Verträge beinhaltet bereits sogenannte Tariftreueerklärungen. Das gilt insbesondere für den Bereich der Dienstleistungsverträge im Rahmen der Gebäudebewirtschaftung, also zum Beispiel für den Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes. Die Arbeitnehmer werden also bereits nach dem für ihre Branche geltenden Tarif entlohnt. Bei Falschangaben besteht ein fristloses Kündigungsrecht. Vertragsstrafen sind nur teilweise vorgesehen, aber zum Beispiel auch im Wach- und Sicherheitsgewerbe.

Das Gesetz enthält - nach der Entscheidung des Landtages besonders mit Rücksicht auf mehrjährige Verträge die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen bereits laufende Verträge an das Vergabegesetz anzupassen. Voraussetzung dafür ist die im Vertragsverhältnis enthaltene Preisanpassungsklausel; diese erklärt sich aus den üblicherweise vorab zu berücksichtigenden Tarifveränderungen. Wenn eine derartige Preisanpassungsklausel vorhanden ist, kann der Vertrag angepasst werden. Bei bestehenden Verträgen ohne Preisanpassungsklausel gilt, dass das Vergabegesetz sofort nicht anwendbar ist. Eine freiwillige Orientierung an den Maßstäben des Vergabegesetzes im Wege einer Vertragsänderung kommt nicht in Betracht. Das würde eine wesentliche Vertragsänderung darstellen, und es müsste neu ausgeschrieben werden.

Wir werden zu Beginn des Jahres 2012 alle Dienstleistungsverträge, die eine Preisanpassungsklausel enthalten, anpassen müssen. Gegenwärtig prüfen die Ministerien und der BLB, in welcher Zuständigkeit welcher Vertrag liegt. Die Verträge, die solche Preisanpassungsklauseln nicht enthalten, können erst schrittweise angepasst werden, wenn diese Leistung neu ausgeschrieben wird. Das heißt: Hier werden alle Bereiche angepasst, und damit wird das Vergabegesetz auch seine Anwendung finden. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Senftleben hat Nachfragen.

Herr Minister, Sie haben gesagt, das Vergabegesetz könne in einzelnen Bereichen nicht sofort angewendet werden. Das heißt für mich: Es wird zum 01.01.2012 Dienstleistungsverträge geben, die nicht den Stundenlohn von 8 Euro enthalten, und

Dienstleistungspartner, die nicht den Stundenlohn von 8 Euro zahlen. Im Gegensatz dazu haben Sie das allen anderen öffentlichen Auftraggebern so vorgeschrieben.