Protocol of the Session on September 28, 2011

Wenn man bereit ist, meine Ausführungen zu akzeptieren und interdisziplinär zu denken, kommt man zu der Erkenntnis, dass das, was in der Betriebswirtschaft in den Bilanzen gilt, auch adaptiv auf die Stromseite zu übertragen ist. Warum? - Weil Sie auf der Stromseite ähnlich wie in der Bilanz eines Unternehmens eine Aktivseite - sprich: den Energieverbraucher - und eine Passivseite - sprich: die Energieerzeugung - haben.

Jetzt behaupten Sie in Ihrem Antrag, wie es im Land viele tun, Sie bestimmen durch den konkreten Verbrauch von Energie zugleich, wie auf der Erzeugerseite diese Energie erzeugt wird. Ich sage Ihnen: Das ist ein physikalischer, ein mathematischer und auch ein logischer Bruch, der in diesem Sinne nicht aufrechtzuerhalten ist.

Der Erfolg - sprich: der Energieverbrauch - steuert nicht die Frage der Energieerzeugung. Die Energieerzeugung wird ausschließlich beeinflusst durch die Rahmengesetzgebung auf der Erzeugerseite, nicht auf der Verbraucherseite. Das sind so clevere Marketingtricks, die so einige Unternehmen mit mehr oder weniger großem Erfolg betreiben. Aber rational, physikalisch und sachlich steuern sie die Zusammensetzung des Energiemixes nicht auf der Verbrauchsseite, sondern auf der Erzeugerseite. Dort gibt es die entsprechende Gesetzgebung.

(Beifall CDU - Bischoff [SPD]: Nette Vorlesung!)

Übrigens spricht man mathematisch immer dann von einer Tautologie, wenn sich etwas von selbst gegenseitig logisch aufhebt. Das Entscheidende ist ja: Wenn ich sage, dass ich auf der Verbrauchsseite dem EEG entsprechen möchte, bin ich quasi auf der Erzeugerseite, und die Erzeugerseite wird ja gerade durch das EEG bestimmt. Dass das auch so ist, kann ich Ihnen einmal ganz einfach an einem ganz praktischen Beispiel erklären: Wenn wir in diesem Plenarsaal das Licht anschalten, unsere Computer anschalten, dann stellt sich wohl niemand die Frage, ob genau dieser Strom jetzt aus dieser oder jener Energieform entsteht. Weil das so ist, ist auch die konkrete Entscheidung über den Verbrauch von Energie nicht abhängig von der Frage, wie die Verbraucherseite positioniert ist.

Deshalb möchte ich zusammenfassend sagen: Es ist Symbolpolitik - keine Frage, man kann auch Symbolpolitik machen. Aber ich möchte gerne einen Beitrag dazu leisten, dass wir bei aller Symbolik nie die Physik vergessen und auch nie das vergessen, was wir damit rational und tatsächlich bewirken. Be

wirken würden wir viel mehr, wenn wir uns über die Erzeugerseite unterhielten. Dort ist nämlich der politische Handlungsdruck und nicht so sehr auf der Verbraucherseite. Ich vermute aber, das wird Sie auch nicht überzeugen. - Trotzdem herzlichen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Der Abgeordnete Görke spricht für die Linksfraktion.

(Bischoff [SPD]: Los, Christian, erstes Semester! Komm!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie so oft im Leben, gibt es für eine einfache Forderung leider nicht immer eine einfache Lösung. Mein Vorredner hat versucht, es auf der physikalischen Ebene zu erläutern. Ich werde versuchen, das jetzt anhand der Fakten zu tun, die in der Bundesrepublik in Bezug auf die Versorgung von Brandenburgs Landesbehörden mit 100 % Ökostrom, wie es die Grünen fordern, bis jetzt zu Buche stehen. Dass das auf der Verbraucherseite geht, hat nicht nur Herr Lammert im Zusammenhang mit der Symbolpolitik demonstriert, als er gesagt hat, dass der Bundestag auf 100 % zertifizierten Ökostrom umgestellt hat. Das haben auch Landesregierungen geschafft.

In Rheinland-Pfalz beispielsweise waren Sie als Grüne noch nicht in der Landesregierung, als man dort bereits bei einem Anteil von 98 % Ökostrom lag. Auch ohne Sie als grünem Regierungspartner ist es jetzt so, dass es nach dem Branchenblatt Ökostrom - da gibt es eine nette Aufstellung - mittlerweile fünf Länder gibt, die einen Anteil von fast 100 % Ökostrom auf der Habenseite erreicht haben. Zwei Länder haben einen Anteil von 25 %, und ein Land hat einen Anteil von 50 %. Herr Jungclaus, wir in Brandenburg sind nach dieser Statistik, die die Landesregierung jetzt auch bestätigt, bei einem Anteil von 73 %, also 23 % mehr als 2009.

Deshalb haben wir als Koalitionsfraktionen auch das Ziel und den politischen Willen, den Anteil des Ökostroms in der Landesverwaltung zum nächstmöglichen Zeitraum auf 100 % zu steigern. Wann ist dieser nächstmögliche Zeitpunkt? Dazu sagen Sie als Grüne, wir sollen bis Ende 2011 die Verträge kündigen. Dann gibt es noch eine Auslauffrist. Und dann hätte man zum 01.01.2013 den entsprechenden zertifizierten Strom hier in der Landesverwaltung anliegen.

Genau da beginnt das Problem. Herr Kollege Jungclaus, ich dachte, Sie hätten sich schon mit Ihrem finanzpolitischen Sprecher rückgekoppelt. Er war es, der diese Frage schon im Haushaltsausschuss bei der letzten Haushaltsdebatte thematisiert hat. Da hat die Landesregierung dargestellt, dass es im Jahr 2009 eine europaweite Ausschreibung gegeben hat und dass wir zusammen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben diese hat auch eine Menge Liegenschaften hier: Bundeswehr, Bundesgrenzschutz, den Zoll, den Deutschen Wetterdienst usw. ein Vergabepaket hatten. Das hat er erklärt. Es ist klar, dass dieses Paket natürlich nur gemeinsam gekündigt werden kann.

Der Bund hat nun Folgendes beschlossen: Er hat seine Bundesanstalt beauftragt, 2013 alle Stromverträge zusammenzubinden

und für den Bund neu auszuschreiben. Wenn wir jetzt früher wie Sie es für möglich halten - aus diesem Vertrag aussteigen und ihn kündigen, was meinen Sie, was für Regressforderungen seitens des Bundes auf uns zukommen? - Da bin ich dann auch schon bei den Verhandlungen mit dem Bund. Ich glaube, da machen Sie zurzeit sehr leidvolle Erfahrungen in Berlin. Ich sage einmal nur „Umwidmung von Mitteln für den Ausbau der A 100“.

Insofern bitte ich Sie, verantwortungsvoll mit diesem Begehren umzugehen und eher unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, der indirekt sagt: Neuausschreibung 2013; dann besteht ab 01.01.2013 eine realistische Chance für 100 % Ökostrom. Wenn Ihnen das noch nicht schnell genug geht - und hier bin ich bei dem von Ihnen angesprochenen Leitstern oder besser gesagt beim bildlichen Vergleich einer Sternschnuppe -, dann gehen Sie ins Saarland. Dort regieren Sie mit. Schauen Sie einmal im Ökoblatt, wo Sie dort stehen. In dieser Hinsicht sind Sie ein Sternschnüppchen!

(Vereinzelt Heiterkeit bei SPD und DIE LINKE)

Insofern sollten Sie dann auch darüber nachdenken, ob Sie nicht schnellstens aus den Verträgen, die Sie dort möglicherweise haben, aussteigen sollten, wo Sie sogar Atomstrom aus Cattenom abnehmen. Darüber sollten Sie einmal in den grünen Gliederungen reden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD - Bischoff [SPD]: Wo gibt es denn so etwas? - Frau Kaiser [DIE LINKE] zum Abgeordneten Bischoff: Wir waren einmal im Saarland!)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte es ganz kurz machen. Ich gestehe ehrlich, ich hatte große Befürchtungen, was das Thema dieses Tagesordnungspunkts anbelangt. Ich bin dem Kollegen Bretz unwahrscheinlich dankbar, dass es ihm gelungen ist, das intellektuelle Niveau hier zu halten, trotz dieses doch sehr fragwürdigen Antrags.

(Vereinzelt Beifall und Heiterkeit SPD)

Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist eigentlich erschreckend, in welche Niederungen der Energiepolitik wir uns begeben müssen. Wir verlangen jetzt, solange die Legislatur dieses Landtages, dieses Hohen Hauses, dauert, dass endlich einmal gesagt wird, wie es mit der Energiestrategie 2020 weitergeht. Wir müssen insbesondere für die Lausitz, aber letzten Endes für das ganze Land die Frage beantworten, wie es mit der Braunkohleverstromung weitergeht. Wir haben spätestens seit letzter Woche auch ein - leider Gottes - ungelöstes Problem, was die CCS-Technologie anbelangt.

Dies alles sind wichtige Fragen, die alle für sich genommen mit Sicherheit mindestens für eine Aktuelle Stunde geeignet wären. Und was machen wir hier an diesem Nachmittag - noch haben wir schönes Wetter draußen -? Wir reden über Stroman

bieter für Landesbehörden. Das geht mir nicht ganz in den Kopf, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Ich gestehe ja gerne: Der Antrag der Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommt ganz schön daher. Er liest sich zunächst einmal gut. Das klingt alles ein wenig nach dem Motto: „Lasst uns etwas für unser gutes Gewissen tun und in großem Stil Ökostrom einkaufen, dann klappt das auch schon irgendwie mit der Weltrettung.“ Das ist letzten Endes der ganze substanzielle Inhalt dieses Antrages. Die großen Fragen, die wir wirklich klären müssten, werden nicht einmal ansatzweise angeschnitten und schon gar nicht thematisiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wer so denkt, mag ja in politisch grünen Kreisen zum Weltverbesserer taugen. Unter rein pragmatischen Gesichtspunkten nenne ich diese Herangehensweise schlichtweg töricht und anmaßend gegenüber dem Steuerzahler. Viel mehr habe ich dazu an dieser Stelle ehrlich gesagt nicht zu sagen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU sowie der Abgeordneten Gregor-Ness [SPD])

Minister Markov spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Elektriker verstehe ich das selbstverständlich, dass es eine Stromquelle gibt und dass es einen Verbraucher gibt. Selbstverständlich kann der Verbraucher bestimmen - das ist sozusagen der Auftrag, den wir auch haben -, von welcher Stromquelle er den Strom beziehen möchte.

Meine Diplomarbeit beschäftigte sich damit, und auch meine Doktorarbeit hatte etwas mit Strom zu tun, nämlich mit der Fokussierung von Elektronenstrahlen, das heißt, wie man beim Anlegen einer hohen Beschleunigungsspannung enorme Leistung erzeugen kann. Darum geht es letztendlich hier, um das klar und deutlich zu sagen. Wir haben 2009 eine europaweite Ausschreibung gemacht.

Wir haben dies in vier Lose aufgegliedert, und zwar in Abhängigkeit von den Kilowattstunden, die gebraucht werden. Und wir haben das nicht nur für die Landesliegenschaften gemacht das hat Herr Görke ja gesagt -, sondern wir haben sie für die Landesliegenschaften plus die Bundesliegenschaften gemacht, die uns die BIMA für diesen Fall übertragen hat, dass wir das mitmachen sollen. Wenn man sich das anschaut, kann man sagen: Wir haben die Verträge so gemacht, dass wir 50 % Ökostrom haben wollten. 2010 haben wir das auch geschafft. Der Sinn dieser Angelegenheit, wenn man Ökostrom nimmt, ist ja, dass man versucht, damit die CO2-Emissionen zu senken.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bretz?

Ja, klar.

Bitte.

Herr Minister, ich habe eine Zwischenfrage. Sie haben Recht: Wenn Sie einen Stromverbraucher haben und eine Stromquelle, dann können Sie darüber entscheiden, ob Sie die Stromquelle nutzen oder nicht. Ist Ihnen bekannt, dass das deutsche Stromnetz in einem europäischen Stromnetz verankert ist, dass man die Stromnetze sowohl Brandenburgs, Deutschlands als auch das europäische gar nicht voneinander separieren kann, und ist Ihnen bekannt, dass eine Aussage, ich nutze diese oder jene Stromform, für den einzelnen Verbraucher elektrotechnisch und physikalisch nicht möglich ist? Sie können zwar eine gesamtbilanzielle Betrachtung machen, aber Sie können es nicht für den einzelnen Verbraucher bei interdependent wechselwirkenden Gesamtnetzen tun. Geben Sie mir da Recht?

Erstens: Ich saß zehn Jahre im Europäischen Parlament. Demzufolge können Sie davon ausgehen, dass ich weiß, wie die Durchleitungsrechte, die Durchleitungen und die Strom-zurVerfügungstellungen über die europäischen Netze und damit auch als Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland funktionieren.

Zweitens: Selbstverständlich werden über die Netze unterschiedlich erzeugte Ströme geleitet. Das ist doch ganz logisch. Wenn ich mir aber einen Anbieter suche, der mir garantiert, dass er mir Ökostrom liefert bzw. in das Netz einspeist, woraus ich den Strom dann abnehme, dann kann ich sagen: Ich habe mir einen Anbieter gesucht, der mir Ökostrom liefert.

Wenn Sie vergleichen - ich komme auf meine Zahl zurück -: 2010 haben wir die CO2-Emission gegenüber 2009 immerhin um fast 27 000 Tonnen reduziert.

Zu Ihrer Frage: Da es einen Wechsel in einer Anbieterfirma, die insbesondere bei den Losen 2 und 3 engagiert war, gegeben hat, sind wir nicht bei 50 %, sondern wir sind für 2011 bereits bei 73 %, weil dieser Anbieter, der die andere Firma gekauft hat, 100 % Ökostrom liefert. Wenn Sie das ins Verhältnis zu den Übrigen setzen, landen wir bei 73 %. Das bedeutet, für 2011 haben wir bereits eine Einsparung von 35 598 Tonnen CO2. Wir sind also schon weit über den 50 %.

Möchten Sie weiterhin Zwiegespräche mit Herrn Bretz führen? Er hat wieder eine Zwischenfrage.

Das machen wir nachher draußen.

(Bretz [CDU]: Herr Präsident, ich verbitte mir, dass Sie eine solch wertende Aussage machen, wenn ich das Recht einer Zwischenfrage nutze! - Beifall CDU)

Ich formuliere meine Fragen, wie ich es für richtig halte.

Herr Bretz, der Präsident hat mich gefragt, ob ich auf die Zwischenfrage antworten möchte. Ich habe Ihnen angeboten, wir unterhalten uns nachher draußen.

(Bretz [CDU]: Dann melde ich jetzt eine Kurzinterven- tion an!)

Aber ich habe jetzt nicht auf Sie Bezug genommen. Gut, wie auch immer.

Warum kann ich Ihrem Antrag nicht folgen? Das hat Herr Görke klar und deutlich beschrieben. Da wir mit der BIMA gekoppelt sind, unsere Verträge 2012 auslaufen, 2010, 2011 und 2012, drei Jahre, und wir die Verlängerungsoption für ein Jahr haben, kommen wir mit der Verlängerungsoption genau dahin, wo der Bund das dann für seine Liegenschaften selbstständig macht. Insofern werde ich die Verträge jetzt nicht auflösen. Wir werden die Option wahrnehmen. Wir werden sie bis Ende 2013 machen. Danach werden wir selbstverständlich anstreben, dass wir für die Landesliegenschaften, für die wir dann nur noch zuständig sind, nicht mehr für die Bundesliegenschaften, nahe an 100 % herankommen. Sie wissen auch, dass wir regionale Besonderheiten in unserem Land haben, dass wir auch eine Verantwortung gegenüber anderen Stromanbietern haben. Aber wir werden versuchen, nahe an die 100 % zu kommen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben eine Kurzintenvention des Abgeordneten Bretz.