Abschließende Bemerkung: Wichtig wäre mir auch, wenn wir von der gesellschaftlichen Anerkennung des Lehrerberufs sprechen, dass sie dann schon an der Universität, die Lehrerinnen und Lehrer ausbildet, beginnen muss. Auch das wäre ein Ziel, wenn wir neue, junge Lehrer nach Brandenburg holen wollen. Danke.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, während der Gelbphase nach dem Schlusssatz zu suchen. Ich sage auch noch einmal: Nach der Überziehung der Redezeit gibt es keine Zwischenfragen mehr.
Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Büttner, der bisher immer pünktlich seinen Schlusspunkt gefunden hat, von der FDP-Fraktion fort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich freue mich, dass das Schulressourcenkonzept letztlich vorliegt. Wir haben es am 6. Mai 2010 beschlossen. Da hieß es, wir sollten es Anfang 2011 vorgelegt bekommen. Damals haben Sie offensichtlich noch nicht gewusst, dass ein Haushalt immer am Ende eines Jahres für das nächste Jahr beschlossen wird. Die Begründung des Chefs der Staatskanzlei, warum das Konzept Anfang des Jahres nicht vorgelegt werden konnte, war, dass Ihr Haus mitgeteilt habe, dass der Haushalt 2011, der Grundlage für die Planung in den nachfolgenden Schuljahren ist, erst Mitte 2010 verabschiedet werde.
Aber sei's drum, wir haben jetzt endlich das Schulressourcenkonzept vorliegen, und wir finden es richtig, dass es vorliegt; denn Weiterentwicklung und Fortschreibung eines Schulressourcenkonzepts ist notwendig. Sie haben einige Punkte schon herausgegriffen, die Sie als positiv dargestellt haben.
Nun werden Sie aber verstehen, dass wir - ähnlich wie der Kollege Hoffmann - auch einige Punkte gefunden haben, die uns an diesem Schulressourcenkonzept nicht gefallen bzw. die im Schulressourcenkonzept einfach nicht vorhanden sind.
Ich möchte mit etwas beginnen, was Sie, Herr Kollege Günther, gerade gesagt haben, mit der Schüler-Lehrer-Relation von 15,4. Sie tragen diese Zahl wie eine Monstranz vor sich her. Diese Schüler-Lehrer-Relation von 15,4 sagt aber überhaupt nichts aus, weil Sie in diese Schüler-Lehrer-Relation auch die Relation in den Förderschulen mit eingerechnet haben, die deutlich niedriger als in den Regelschulen ist. Also sagt dies für die Regelschulen im Moment überhaupt nichts aus.
Es ist auch nicht richtig, dass die Schüler-Lehrer-Relation im bundesweiten Vergleich so sehr gut ist. Wir haben vor kurzem die Studie des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung in die Hand bekommen. Ich weiß, Frau von Halem, Sie haben sie in Auftrag gegeben. Dort haben wir einen bundesweiten Vergleich der Schüler-Lehrer-Relation. Bundesweit liegt Brandenburg auf Platz 12. Die neuen Länder haben im Schnitt eine Relation von 14,3. Die Schüler-Lehrer-Relation in Brandenburg kann also nicht so toll sein, wie Sie immer behaupten.
Schauen wir uns einmal die Realität im Land an. Herr Günther, ich unterstelle Ihnen, genauso wie ich das gegenüber der Ministerin tue, dass Sie an den Schulen im Land unterwegs sind und natürlich auch die Realität in den Schulen wahrnehmen. Ich weiß nicht, ob Sie da eine andere Realität wahrnehmen; aber die Probleme, die ich vor Ort immer genannt bekomme, sind zum Beispiel: Förder- und Teilungsstunden fallen aus. Die Förder- und Teilungsstunden werden auch in der Unterrichtsstatistik überhaupt nicht aufgeschrieben und erfasst. Das ist eines der Probleme, und da müssen wir ran.
Wir haben überhaupt keine Übersichten darüber, wie hoch der Unterrichtsausfall in diesem Land tatsächlich ist.
Darauf gehen Sie in Ihrem Schulressourcenkonzept überhaupt nicht ein, sondern Sie nehmen das einfach so hin. Wir haben
einen hohen Unterrichtsausfall. Kommen Sie mir nicht immer mit den 1,4 oder 1,5 %, die angeblich tatsächlich ausfallen. Das ist nicht die Realität. Nehmen Sie bitte endlich einmal die Realitäten in diesem Land wahr!
Wenn wir denn mit einer individualisierten und begabtengerechten Förderung in diesem Land Ernst machen wollen, dann brauchen wir kleinere Klassen. Selbst wenn wir in der Situation sind, dass die Lehrerausstattung wie im Schulamtsbezirk Cottbus ausreichend ist, werden diese plötzlich nicht genehmigt. Ich nenne Ihnen das Beispiel der Grundschule Bad Liebenwerda; das sollten Sie eigentlich kennen. Nach der Dreizügigkeit in der 2. Klasse wird diese in der 3. Klasse plötzlich nicht mehr genehmigt. Es wird nur noch die Zweizügigkeit genehmigt - mit 30 Kindern in der Klasse, obwohl die Lehrerausstattung an der Schule vorhanden ist, sodass die Schulleiterin dazu übergegangen ist, nach eigenem Gutdünken die Klasse einfach zu teilen, natürlich ohne die Sicherheit zu haben, dass sie die notwendige Ausstattung in einem Jahr noch hat. Wenn wir jetzt schon kleinere Klassen, obwohl sie möglich sind, nicht mehr zulassen, dann frage ich mich: In welcher Realität leben Sie bzw. lebt Ihr staatliches Schulamt eigentlich?
Was Sie hier überhaupt nicht eingerechnet haben, ist das Thema Inklusion. Wie wollen Sie denn jetzt damit umgehen? Ende Oktober - so wurde uns in einer Sitzung des Bildungsausschusses versprochen - möchten Sie ein Konzept zur Inklusion vorlegen. Ich würde Ihnen übrigens empfehlen, wenn Sie den runden Tisch jetzt tatsächlich einrichten wollen, dass Sie vielleicht, wenn Sie Ende Oktober das Konzept haben, langsam die Einladungen herausschicken. Sonst wird es etwas schwierig, daran auch wirklich teilzunehmen, Frau Ministerin. Ich glaube nicht, dass das bis Ende Oktober noch stattfinden wird.
Meine Damen und Herren, wir nehmen den Bericht zur Kenntnis. Ich bitte Sie nur, endlich einmal die Realitäten in diesem Lande in der Bildung zur Kenntnis zu nehmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin sehr, sehr froh, dass wir das Schulressourcenkonzept, übrigens bevor es eigentlich geplant war, bekommen haben, nicht nach der Antragssituation, aber nach dem Rhythmus der Schulressourcenkonzepte. Wir hatten uns in der Koalition schon verständigt, dass wir uns unbedingt die neue Modellrechnung ansehen und gucken müssen, welche Bedarfe und welche Kapazitäten wir haben. Das ist wichtig für die mittlere Finanzplanung, und das ist auch ganz wichtig für das, was wir lehrerbildungsmäßig auf den Weg bringen müssen. Darüber bin ich zunächst froh, und wir brauchten, Herr Hoffmann, wirklich nicht Ihre Zahl. Wir wussten immer, dass es mehr als 1 250 Stellen sein müssen, um letztlich auf die Relation von 15,4 zu kommen. Wir haben sie jetzt aber eingestellt.
Jetzt nochmal einen Blick zurück: 1990 sind wir mit 36 000 Lehrerinnen und Lehrern gestartet. Wir sind jetzt bei 18 000 Personen. Wir haben also einen gigantischen Personalabbau hinter uns, und den haben Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land getragen, wie die Frau Ministerin schon gesagt hat, mit Lohnverzicht, mit Altersteilzeit, mit Pensionseinbußen und Ähnlichem, und das bei einer steigenden Belastung. Man muss den Kolleginnen und Kollegen sowie den Tarifpartnern an dieser Stelle einmal Dank dafür sagen, dass dies auf diese Art und Weise passiert ist.
Nun kommen wir zu dem, was zukünftig sein wird. Noch nie sind in diesem Land Brandenburg, auch nicht unter Ihrer Beteiligung, Herr Kollege Gordon Hoffmann und Herr Kollege Senftleben, schon einmal innerhalb von zwei Schuljahren 700 junge Lehrer eingestellt worden. Das ist in diesem Jahr geleistet worden, und wir sind übrigens schon bei einer Schüler-Lehrer-Relation, die bei 15,2 liegt, denn wir haben - siehe letzte Landtagssitzung im Juni - etwas „über den Durst“ eingestellt, um das Pensum, das wir vor uns haben, zu bewältigen.
Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit diesem Schulressourcenkonzept auch ganz klare Bedarfe formulieren können, die sich als eine wirklich riesige Herausforderung ergeben, vor der wir alle stehen. Denn diese Lehrer müssen wir ausbilden, dafür müssen wir Referendariatsplätze haben, sie müssen die richtigen Fächer unterrichten können und für die richtigen Schulstufen ausgebildet werden. Es steht uns noch bevor, das alles strukturell-regulierend eingreifend hinzubekommen.
Herr Kollege Vogel, Sie haben gestern in der Haushaltsdebatte gesagt, wir sollten hier endlich die Rendite einfahren. Die werden wir aber erst ab 2025 haben, denn bis dahin bleiben die Schülerzahlen etwa stabil bei 246 000 Schülerinnen und Schülern.
Sie hatten angesprochen, dass man auch die richtigen Fächer braucht. Welche Maßnahmen halten Sie für erforderlich, damit die Ausbildung oder die Studienplätze an der Potsdamer Uni auch dem Bedarf im Land Brandenburg entsprechen?
Frau Kollegin Blechinger, Sie wissen, dass eine Hochschule autonom ist, dass es schwieriger Aushandlungsprozesse bedarf, um das hinzubekommen, dass man sich die Fächerkombination noch einmal angucken muss, in die man regulierend eingreifen kann, und dass man natürlich im Bereich Primarstufe und im Bereich Sekundarstufe I, wo wir die meisten brauchen, auch die meisten Kapazitäten zur Verfügung stellen muss. Das alles werden wir noch einmal diskutieren, wenn wir das Lehrerbildungskonzept auf dem Tisch haben. Dies ist zunächst einmal im Entstehen. Dann sind Sie auch mit all Ihrer Fantasie gefor
dert, die Frage zu beantworten: Wie bekommen wir das hin bei einer autonomen Hochschule und bei der Freiheit der Studienwahl? Das ist eine Herausforderung.
Das ist für uns doch eine Riesenchance, mit dieser Schülerzahl von etwa 246 000 - mit geringen Schwankungen - letztendlich auch einmal die Qualität anzufassen. Insofern ist die SchülerLehrer-Relation von 15,2 bzw. 15,4, wenn wir sie stabil halten, schon eine Chance. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern ist sie noch nicht so prickelnd, aber schauen wir doch erst einmal, was uns auf diesem Gebiet noch gelingt.
Folgendes hat mich übrigens wirklich ein bisschen erschreckt: Im Schulressourcenkonzept 2007 stand noch: Wir brauchen bis 2014 60 Sonderpädagogen. Jetzt brauchen wir 660, und zwar egal, ob wir Inklusion machen oder ob wir weiter an den Förderschulen festhalten. Den Studiengang Sonderpädagogik - das haben Sie damals in Ihrer Regierungsverantwortung auch verpennt -
richten wir jetzt erst ein. Ihre Ministerin Wanka hat über zehn Jahre lang ausgebremst, dass wir in diesem Land Sonderpädagogen ausbilden.
Ich möchte zumindest auch sagen, dass wir für dieses Schulressourcenkonzept natürlich in politischer Verantwortung sind. Wenn wir Inklusion machen wollen, und wir wollen das, dann brauchen wir kleinere Klassen. Wir wollen den Ganztagsunterricht ausbauen. Wir wollen, dass die Flexible Eingangsphase für die, die sie auf den Weg bringen möchten, eingerichtet wird. Dafür brauchen wir miteinander politische Entscheidungen in diesem Landtag.
Wir sparen genau an dieser Stelle nichts ein, und das Schulressourcenkonzept wird uns helfen, genau diese politischen Dinge auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja von der Opposition. Es gibt natürlich auch Wermutstropfen - und den Wermut trinkt man bekanntlich als Aperitif, also fange ich damit an -, es sind aber nur vier.
Erster: konkrete Einstellungsbedarfe versus Passung im Hinblick auf Schulart und Fächerkombination: Der Bedarf für die Jahre 2011/2012 bis 2014/2015 wird mit 16 000 angegeben. Wir freuen uns natürlich sehr, dass die Landesregierung sich endlich weitestgehend unseren gebetsmühlenartig wiederholten Forderungen und Berechnungen angenähert hat. Abzüglich der Einstellungen in diesem Jahr verbleiben für die kommenden drei Jahre 450 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr, davon knapp 80 für das Lehramt Primarstufe und 20 für Sonderpädagogik. Die Studierenden wollen aber mehrheitlich das Lehramt Gymnasium. Ähnlich gegenläufige Entwicklungen gibt es bei den Fächerkombinationen.
Ein Dekan der Universität Potsdam, der im Ausschuss von diesen mehrfach zuwiderlaufenden Entwicklungen erfuhr, fragte unlängst, ob denn eigentlich den Studierenden diese Bedarfe mal vorgestellt werden könnten. Vielleicht kann die neue Lehrkräftebedarfsplanung auch die Kommunikation verbessern. Trotzdem bleibt deutlich, dass die Absolventinnen und Absolventen mitnichten 1:1 die Bedarfe decken werden.