Protocol of the Session on August 31, 2011

Wenn Sie der Meinung sind, Herr Kollege Luthardt, dass schon alle Daten erhoben und genug Kapazitäten in der HumboldtUniversität vorhanden seien, ist das sehr schön. Aber in Mecklenburg-Vorpommern geht man - wie Sie sehen - im laufenden Prozess wirklich anders an die Sache heran.

Von daher, meine Damen und Herren, werbe ich um Ihre Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. Lassen Sie uns zunächst bewerten, mögliche Einzelmaßnahmen analysieren und insbesondere aufkommende Interessenkonflikte im Vorfeld durchdenken. Nur auf dieser Grundlage können wir dann über das Ob, Wo und Wie nachdenken und Entscheidungen treffen. „Feuchte Enteignungen“ lehnt die CDU-Fraktion entschieden ab. Dafür gibt es Beispiele, unter anderem aus der Wahlperiode von 1999 bis 2004, die ich bezeugen kann.

Zum Beispiel kam ein kleiner Landwirt aus Brielow, PotsdamMittelmark, zu mir und zeigte mir, wie seine Wiese vernässt wurde, wie er - wie beim Pingpong - zwischen Wasser- und Bodenverband, unterer Wasserbehörde und Landesumweltamt, wie auch immer, pendelte. Dann ist dem Mann angeboten worden - mit Verweis auch auf Ansprache durch Staatssekretär Schmitz-Jersch damals -, er möge die Wiese doch verkaufen, er könne doch Heu für seine Kühe kaufen. Das arme Bäuerlein hat ihm erklärt, er wolle kein Heu kaufen, er brauche die Wiesen, weil seine Kühe - er hatte nur fünf, er war ein Kleinbauer im Winter Heu haben wollen. Es wurde immer weiter angestaut, bis Binsen auf seiner Wiese gewachsen sind. Man hat den armen Mann so weit getrieben, dass er vor drei Jahren aufgegeben hat. Das ist das, was ich mit „feuchter Enteignung“ meine.

(Beifall CDU)

Der Mann mit seinen Erfahrungen ist nicht der einzige aktuelle Fall. In der Presse kann man lesen, dass gerade Landwirte in Potsdam-Mittelmark genau das umtreibt und sie Angst haben, dass sie damit ihre Flächen verlieren könnten. Bei den Erfahrungen, die ich gemacht habe, muss ich Ihnen sagen, kann ich diesen Betroffenen die Angst nicht nehmen.

Darum möchte ich betonen: Wir hatten in Brandenburg über Jahre einen kooperativen Stil in der Zusammenarbeit zwischen Landnutzern und dem, was die Belange des Umwelt- und Naturschutzes sind, erreicht. Ich denke, wir sollten davon nicht abweichen. Herr Minister Vogelsänger, als ich 2002, noch in der Koalition, hier meine Stellungnahme zum Antrag der PDS

zu dem Thema vortrug, vermerkte nach Schluss meines Redebeitrags das Protokoll:

„(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Muschalla und Vogelsänger [SPD])“

Herr Minister, Sie sehen,

(Heiterkeit - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Gut re- cherchiert!)

es ändert sich nicht nur etwas, wenn man von der Regierung in die Opposition geht. Es ist ab und an auch so, dass die Dinge, wenn man vom Abgeordneten zum Minister wird, sich in der Blickrichtung ändern.

(Beifall CDU)

Herr Minister Vogelsänger, Sie sind ja auch der Minister, der für die Landwirte zuständig ist: Erinnern Sie sich einmal an den damaligen Beifall, den Sie meinem Beitrag gespendet haben. Sie müssen heute nicht klatschen, aber bitte bedenken Sie dies als mahnende Worte. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. Sie waren jetzt in Versuchung, die Redezeit des Abgeordneten Eichelbaum mit zu nutzen. - Gleichwohl geht es weiter mit der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Folgart hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will gleich versuchen, genau den Punkt, den Herr Dombrowski als mein Vorredner hier aufgenommen hat, aus der Diskussionslage heraus zu beschreiben. Wir haben uns in der SPD-Fraktion die Frage gestellt: Nehmen wir den Moorschutz, nehmen wir auch die Nutzung von Mooren konzeptionell in das Programm auf? Der Koalitionsvertrag hat Ja gesagt. Jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, dass wir logischerweise auch zu diesem Antrag der Regierungskoalition kommen.

Meine Damen und Herren, Michael Luthardt hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, sich mit diesem Thema zu befassen, denn Ziele des Klima-, Boden-, Gewässer- und Naturschutzes sind selbstverständlich - ich sage noch einmal: selbstverständlich - nicht ohne Einbeziehung der Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei zu erreichen. Uns ist bewusst, dass ein solcher Programmansatz nicht konfliktfrei ablaufen kann und auch nicht konfliktfrei ablaufen wird. Herr Dombrowski, an der Stelle bin ich auch bei Ihnen.

Wir denken deshalb, dass ein solches Konzept mit Augenmaß ich bin sehr froh, dass Dr. Luthardt darauf hingewiesen hat auch die Situation in Siedlungsgebieten auf Niedermoorstandorten berücksichtigen muss, damit auch historisch gewachsene Wirtschafts- und Siedlungsräume nicht negativ beeinflusst werden.

Aus diesem Grunde ist die Programm- und die Zielakzeptanz von besonderer Bedeutung und deshalb konsequent von An

fang an notwendig. Deshalb haben wir gerade in Punkt 3 des Koalitionsantrages darauf hingewiesen, dass auch die Eigentümer- und Landnutzerinteressen dabei Berücksichtigung finden müssen; auch darauf hat Dr. Luthardt hingewiesen. Denn Fragen wie „Kann ein solches Programm überhaupt das Ziel bei fortlaufender Bewirtschaftung erreichen?“ stellen sich natürlich zuerst, wenn man sich mit diesem Programm beschäftigt, oder wenn diese Frage mit Nein beantwortet wird: Wie wird der Ausgleich für erteilte Nutzungsauflagen tatsächlich gestaltet? - Das sind Punkte, die in der Konzeption bzw. dem Programm mit aller Ernsthaftigkeit abgearbeitet werden müssen, um eventuelle negative betriebswirtschaftliche Konsequenzen, die meine Vorredner ebenfalls bereits angesprochen haben, für Eigentümer respektive Nutzer von Flächen aufzufangen.

Ich denke, dass wir all dies - wir haben uns lang und breit dem Thema gewidmet, wie wir mit den Eigentümerinteressen umgehen, damit es nicht zu dieser „nassen Enteignung“, die Herr Dombrowski beschrieben hat, kommt - in den Koalitionsantrag implantiert haben. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.

In dem Entschließungsantrag der CDU - Herr Beyer wird noch für die FDP sprechen - wird die Landesregierung aufgefordert, zunächst eine Bestandsaufnahme und eine Potenzialraumanalyse durchzuführen. Wir werden nicht nur die Frage des Schutzes - das sage ich jetzt schon einmal, Herr Beyer -, sondern auch die Nutzungskonzeption klar im Auge behalten.

Daher noch einmal: Unserem Antrag können Sie folgen. Wir werden diesen Prozess mit Augenmaß begleiten. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank Herr Abgeordneter Folgart. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Oh schaurig ist's, übers Moor zu gehn, wenn es wimmelt vom Heiderauche, sich wie Phantome die Dünste drehn und die Ranke häkelt am Strauche.“

(Beifall FDP und CDU - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Sehr schön!)

- Danke, danke. - Keine Angst - Sie alle kennen sicherlich das berühmte Gedicht „Der Knabe im Moor“ von Annette von Droste-Hülshoff -, ich habe nicht vor, hier alle Verse zu zitieren; das würde wahrscheinlich für die fünf Minuten reichen.

Nein, lieber Michael Luthardt, auch aus einem ganz anderen Grunde bin ich auf dieses Zitat verfallen, denn es war im Frühjahr 1994, als Frau Prof. Vera Luthardt die erste MoorschutzVorlesung an einer brandenburgischen Hochschule mit genau diesem Zitat begonnen hat. Immerhin, nach 17 Jahren haben wir nun im brandenburgischen Landtag einen Antrag vorliegen, und ich sage gleich vorweg: einen, der gar nicht so schlecht ist. Schon die Überschrift „Programm zum Schutz und

zur Nutzung der Moore in Brandenburg“ macht klar, dass es um einen integrativen Ansatz geht, bei dem wir den Schutz und die Nutzung - lieber Kollege Folgart, darin sind wir ganz nah beieinander - gemeinsam betrachten wollen.

Es waren letzten Endes nur zwei kleine Fehler, die wir in diesem Antrag gesehen haben. Der erste Fehler wurde im Neudruck bereits behoben. Es macht Hoffnung, dass in den Regierungsfraktionen offensichtlich kompetente Landnutzungspolitiker vertreten sind, die erkannt haben, dass, wenn man eine Arbeitsgruppe einrichtet, natürlich die berufsständischen Vertretungen ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Insofern haben wir diesen Änderungsantrag dann überhaupt nicht mehr gestellt.

Aber es ist noch ein zweiter Fehler enthalten; die Korrektur des ersten macht jedoch Hoffnung, dass die Regierungsfraktionen dieses kleine Problem, das aber schon eine gewisse Bedeutung hat, erkennen. Denn wenn man bei einem solchen Programm auf einen integrativen Ansatz abheben will, die Zielsetzung im ersten Punkt nach unserer Auffassung deutlich beschreibt und dann die Strategien, die es auf europäischer und auf nationaler Ebene bereits gibt, benennt, müssen natürlich die Strategien der Schützer- und der Nutzerseite benannt sein. Es genügt eben nicht, wenn man berechtigterweise auf die Biodiversitätsstrategie des Bundes abhebt - das muss auch sein -, sondern dann müssen die Nutzungsstrategien, die gleichwertig danebenstehen, wenn Schutz und Nutzung Gegenstand sind, ebenfalls benannt werden. Das ist einerseits, da der Wald eine große Auswirkung auf den Landschaftswasserhaushalt hat, insbesondere durch die Bestockungsverhältnisse, das Nationale Waldprogramm; auf der anderen Seite, jener der agrarischen Nutzung und der ländlichen Räume, ist es der Nationale Strategieplan der Bundesrepublik Deutschland für die Entwicklung ländlicher Räume. Wenn man Schutz und Nutzung erreichen will, dann muss man bitte auch alle Strategien benennen, die bei der Aufstellung dieses Programmes relevant sind.

Zum Antrag der Kollegen von der CDU-Fraktion - ich sehe es insbesondere nach 17 Jahren ähnlich, wie es Vorredner bereits angesprochen haben -: Ich denke, wir haben hinreichend geforscht. Das Landesumweltamt war in den vergangenen Jahren aktiv genug und verfügt über hinreichende Aufstellungen über die verschiedenen Moortypen in Brandenburg, sodass ich diesen Schritt davor nicht als unbedingt notwendig ansehen würde.

Ich halte es für viel entscheidender, dass wir tatsächlich zu einem solchen Programm kommen, weil es gerade auch bei der Frage von Ausgleichen, die natürlich gestellt werden muss, für die Landnutzer wichtige Perspektiven eröffnet. Daher würde es uns sehr freuen, wenn Sie unserem kleinen Änderungsantrag zustimmen würden. Wir stimmten dann umso lieber dem Programm zum Moorschutz zu. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Jungclaus wird ihn halten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag zur Erarbeitung eines integrierten Programms zum

Schutz der Moore formuliert ein notwendiges Anliegen. Wir unterstützen dieses Vorhaben grundsätzlich, denn - wir haben es bereits gehört - Moorschutz ist Klimaschutz und dient gleichsam dem vorsorgenden Hochwasser- sowie dem Artenschutz. In seiner Verknüpfung mit moorverträglichen Nutzungskonzepten und deren touristischen Potenzialen leistet der Schutz unserer Moore darüber hinaus einen Beitrag zur Regionalentwicklung.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Angesichts der in Ihrem Antrag aufgeführten dramatischen Zahlen über den Verlust von Moorflächen in Brandenburg muss man sich jedoch schon ein wenig über das zögerliche Maßnahmenpaket wundern. Wir halten ein zügiges und deutlich breiter angelegtes Vorgehen für geboten.

Der vorgesetzten Degradierung von Moorstandorten durch Entwässerung, Grünlandumbruch sowie torfzersetzende Nutzung müssen schnell umfangreiche Maßnahmen zum Erhalt entgegengestellt werden. Wir vermissen dabei besonders - erstens ein abgestimmtes Vorgehen zur Optimierung der Grünlandförderung, und - zweitens - die Benennung von Prioritäten für kurzfristig umsetzbare Maßnahmen einschließlich einer diesbezüglichen Kostenschätzung. Wir erwarten - drittens - vor allem ein Schutzkonzept, das sich nicht nur auf beispielhafte Flächen bezieht, sondern dass alle, also auch degradierte Moorböden Brandenburgs, einbezieht.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern in West und Ost tritt Brandenburg hier mit einer Verzögerung von zehn Jahren und mehr auf den Plan. Deshalb dürfen wir diese wichtige Aufgabe nicht so zögerlich angehen, wie es Ihr Antrag teilweise erwarten lässt. Wir brauchen ein entschlossenes fach- und ressortübergreifendes Vorgehen, das auf die in anderen Bundesländern sowie im europäischen Raum gesammelten Erfahrungen zurückgreift.

Mit Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern gibt es bereits gute Vorbilder auf diesem Gebiet. Herausgreifen möchte ich ebenfalls das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Das im Jahr 2000 verabschiedete Moorschutzkonzept setzt unter anderem auf die Erprobung nachhaltiger Nutzungskonzepte für die unterschiedlichen Moorstandorte.

Die Erkenntnisse aus verschiedenen Projekten zeigen, dass Moorschutz und eine wirtschaftliche Nutzung durchaus miteinander vereinbar sind. Sie zeigen aber auch, dass die Förderinstrumente besser auf den Moorschutz abgestimmt werden müssen. Diese Erkenntnis müssen wir uns von Anfang an zunutze machen, wir brauchen nicht mit kleinteiligen Pilotprojekten das Rad neu zu erfinden. Auch sollten wir wie andere Bundesländer zügig prüfen, wie der Erlass eines Grünlandumbruchverbotes zum Moorschutz beitragen kann.

Noch einmal zum Stichwort „ressortübergreifend“: Vor dem Hintergrund des vorliegenden Antrags ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung das Programm zur Förderung des Landeswasserhaushaltes in diesem Jahr um knapp 50 % gekürzt hat. Wenn Sie Ihren Antrag ernst meinen, müssen Sie parallel dazu die Rücknahme dieser Kürzung in Aussicht stellen, ansonsten steht dies in krassem Widerspruch zueinander.

In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an den bisherigen Verzicht der Landesregierung auf die Erhebung des

vollen Wasserentgeltes für die Braunkohlentagebaue. Die hierbei jährlich verschenkten rund 23 Millionen Euro könnten gut für den Moorschutz eingesetzt werden.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau!)

Auch auf die Verzerrung von Kosten und Nutzen bei den flächenbezogenen Abgaben für die Gewässerunterhaltung möchte ich an dieser Stelle noch einmal hinweisen. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf, wie vor Kurzem auch die Anhörung zum Landeswasserhaushaltsgesetz gezeigt hat.

Nichts davon findet sich in dem vorliegenden Antrag wieder.

Fehlanzeige auch bei der Unterlegung der Ziele mit haushalterischem Bezug; von der Einrichtung eigener Titel ist jedenfalls nicht die Rede. Im Ergebnis ist ein alle Moorböden in Brandenburg umfassendes Moorschutzprogramm überfällig. Dem Moorschutz muss ein herausgehobener Stellenwert in der Nachhaltigkeitsstrategie eingeräumt werden. Das Moorschutzprogramm gehört finanziell angemessen ausgestattet - so, dass es seinen Namen auch verdient.