Protocol of the Session on November 19, 2009

Herr Präsident! Wir freuen uns, wenn die Landesregierung überzieht. Das gibt uns immer noch die Möglichkeit, ein paar Worte zu sagen.

Herr Finanzminister Markov, ich gebe Ihnen völlig Recht in Ihrer Einschätzung und vor allem in dem detaillierten Darlegen dessen, was Rot-Grün angestellt hat und was diese Finanzkrise tatsächlich mit auslösen konnte. Ich denke schon, dass man das gar nicht oft genug sagen kann.

Da gibt es einen Staatssekretär Asmussen, der sich nach wie vor keiner Schuld bewusst ist, dass man Landesbanken erlaubt hat, in Irland zu investieren, um genau das einheimsen zu können.

(Minister Dr. Markov: Brandenburg hatte keine Landes- bank - zum Glück!)

- Ich habe Herrn Speer immer dazu gratuliert, dass wir nicht auf solche Ideen gekommen sind, Herr Markov.

(Vereinzelt Beifall CDU - Zuruf Minister Dr. Markov)

- Herr Speer hat es nach wie vor gerechtfertigt, und das war richtig.

Was ich aber schon hinterfragen muss, sind die Ausführungen bezüglich Vordenken, Nachdenken, wobei ich mich frage: Worüber? Und: Was kommt tatsächlich dabei heraus? Es hat mich ziemlich stark an das erinnert, was uns früher gepredigt wurde: Überholen ohne einzuholen!

(Vereinzelt Gelächter bei der CDU - Unmut bei der Frak- tion DIE LINKE)

Wenn dann noch das Argument kommt: Wenn Sie zu einer demokratischen Partei hier sagen: Sie wollten uns ja eigentlich zugestehen, dass man in einer Demokratie unterschiedliche Ansichten haben kann; in einem solchen Falle wird man jedoch gleich angegriffen -, dass die FDP Ihnen den Staat überlassen solle, dann bekomme ich wirklich langsam Angst, denn wir haben heute einen kleinen Ausblick bekommen, wohin das geht.

Zum Thema Haushaltssperre: Lassen Sie mich kurz etwas dazu sagen, Herr Finanzminister. Ich glaube, wir sind uns einig oder bald darüber einig, dass eine Haushaltssperre nicht gleich Haushaltssperre ist, sondern es sehr wohl qualifizierte Haushaltssperren gibt.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE und SPD)

- Haben Sie noch nichts davon gehört? Das würde mich nicht wundern.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Es gibt die Themen Überträge, Ausgabereste und, und, und. Man muss sich ja nicht auf eine Haushaltssperre einigen.

Aber wenn sie nicht einmal bereit sind, einen Nachtragshaushalt in der Größenordnung aufzustellen,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

dann frage ich mich: Wie wollen Sie in Zukunft der Forderung nach Transparenz - Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit entsprechen?

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Sie haben nicht zu- gehört!)

Aber Sie haben Recht: Wir haben noch einen anderen Antrag. Bei dessen Behandlung werden wir weiter darüber diskutieren.

Wir wissen genau, dass wir 2019 ein Haushaltsvolumen von nur noch 7,5 bzw. 8 Milliarden Euro haben werden, völlig unabhängig davon, welche Entscheidungen in den letzten zwei, drei Jahren getroffen wurden, und völlig unabhängig davon, welche Entscheidungen jetzt getroffen werden. Das sind Fakten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Das hat nicht zwingend mit dem Rückgang von Steuermehreinnahmen zu tun, über die wir hier laufend diskutieren, über geplante Steuermehreinnahmen, die niemals real da waren. Auch dazu gibt es nachher eine Anfrage.

Es gehört auch zur Wahrheit, darauf hinzuweisen, dass man den Bürgern vorgaukelt, wir hätten dramatische Steuereinbrüche, nur, weil man ursprünglich mit mehr geplant hat, als dann gekommen ist. Man sollte sich wirklich der alten Weisheit unserer Großeltern erinnern: Spare in der Zeit, so hast du in der Not! - Aber wenn man höhere Steuermehreinnahmen hat - wie in den Jahren 2006, 2007, 2008 - und in dieser Linie einfach weiterplant, ohne zu wissen, dass es irgendwann auch wieder weniger wird, braucht man sich nicht zu wundern.

Beachtlich fand ich, Herr Markov, dass Sie sagten, Sie seien gegen jegliche Steuerreduzierung. So jedenfalls habe ich das von Ihnen Gesagte wahrgenommen.

(Zuruf von Minister Dr. Markov)

Ich erinnere nur daran: Sie wollten die Einnahmegrundlagen erhöhen.

(Minister Dr. Markov: Das habe ich nicht gesagt!)

- Gut. Dann spare ich mir das.

Heute ist auch Herr Tillich angesprochen worden; dafür bin ich sehr dankbar. Nur leider wurde wieder nur teilweise zitiert. Herr Tillich hat nämlich den völlig richtigen Ansatz.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Wir auch!)

- Dann lesen Sie ihn einmal richtig.

Herr Tillich sagt nämlich ganz klar: Wenn der Bund Steuerentlastungen plant, dann ist das die eine Sache. Dies darf nicht zwingend zulasten der Länder und Kommunen gehen, sondern sie müssen dann auch Erleichterungen bekommen, und zwar nicht in Form von Steuern, sondern von Möglichkeiten.

Da geht es nämlich um Aufgabenreduzierungen, worüber jeder nachzudenken hat, und um die Flexibilisierung von Normen und Standards.

(Frau Lehmann [SPD]: Also doch Einsparungen!)

Ich darf noch einmal daran erinnern, dass dieses Haus...

(Zwischenruf bei der SPD)

- Na selbstverständlich! Das wissen Sie doch! Lassen Sie uns zum Beispiel über Kitas diskutieren, was Normen und Standards betrifft! Reden Sie doch einmal mit der Kita-Initiative, wie sie darüber denkt. Da brauchen Sie nicht zwingend mehr Geld, um einfach die Leistungen zu verbessern. Ganz im Gegenteil. Das sind nämlich die Stellschrauben dabei. Wenn wir den Gemeinden und Kommunen ganz strenge Normen und Standards vorgeben, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass sie nicht reagieren können.

Wir hatten in unserem Sonderausschuss für die Überprüfung von Normen und Standards einen sehr guten Ansatz und haben auch gesagt, dass beantragt werden soll, von Normen und Standards abweichen zu können. Das Land weigert sich in vielen Bereichen nach wie vor. Wir müssen an dieser Stellschraube weiter arbeiten. Das ist der Punkt, den Herr Tillich angesprochen hat. Da muss der Bund nacharbeiten. Das sehe ich hundertprozentig genauso, dass wir flexibler darauf reagieren können und dann tatsächlich die Gesetze nach unserem Gusto ausgestalten. Dann haben wir auch genügend Spielräume.

Alles in allem, denke ich, dass der politische Ansatz der Linken und der bürgerlichen Parteien in dieser Aktuellen Stunde sehr gut deutlich geworden ist. An dieser Stelle sollten wir weitermachen, vielleicht etwas unaufgeregter und etwas sachlicher. Das würde mich in Zukunft sehr freuen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Ich denke, die Steuersenkungen werden dem Land ausdrücklich guttun, und wir werden auf Dauer eine festere, stabilere Einnahmesituation haben, wenn die Erleichtungen für unsere Bürger und unsere Unternehmen kommen. - Danke.

(Beifall CDU)

Als Nächste erhält die Fraktion der Linkspartei das Wort. Es spricht der Abgeordnete Ludwig.

Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Konjunkturpaket II sollte auf die Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert werden. Ein Bestandteil - aber eben nur ein Bestandteil war, dass im Umfang von 10 Milliarden Euro kommunaler Investitionsbedarf bedient werden sollte. Die Zahl - 10 Milliarden Euro - klingt gewaltig. Wenn man aber den von uns im Deutschen Städte- und Gemeindebund ermittelten Gesamtinvestitionsrückstau von 700 Milliarden Euro berücksichtigt, erkennt man, dass dies ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.

Gleichzeitig wurden mit diesen Begleitgesetzen die Grundlagen dafür geschaffen, dass die deutschen Städte und Gemeinden in den kommenden beiden Jahren - 2010 und 2011 - mit Steuermindereinnahmen in Höhe von 5 Milliarden Euro rechnen müssen. Das heißt, die Hälfte dieser 10 Milliarden, die in Gänze auch nur durch die kommunalen Mitleistungsanteile zu

sammenkommen, finanzieren Städte und Gemeinden bereits in den kommenden Jahren selbst durch die Steuermindereinnahmen. Deshalb, sehr geehrte Frau Dr. Ludwig, sind wir sehr sensibel, wenn wir hören, dass nun erneut kommunale Steuereinnahmen wegfallen sollen.

Sie haben Brandenburg im Herzen. Schauen wir in dieses Herz hinein! Wie wirkt sich die Finanzwirtschaft bisher in Brandenburg aus? Richtig ist: Nicht nur das Land, sondern auch die brandenburgischen Städte und Gemeinden haben zwei sehr gute Einnahmejahre hinter sich. Das hat aber nicht zur Folge, dass es damit den Gemeinden gut geht, sondern es geht ihnen möglicherweise nur weniger schlecht.

Schauen wir deshalb in den Haushalt eines CDU-Oberbürgermeisters, in die Stadt Frankfurt (Oder). Von den Gesamtkassenkrediten, die die Städte und Gemeinden im Land Brandenburg am Ende des vergangenen Jahres führten - das sind Zahlen des Finanzministeriums - in Höhe von 609,4 Millionen Euro sind die Städte und Gemeinden nicht weg. Das sind die kurzfristigen Verbindlichkeiten. Es sind nicht die langfristigen Schulden, die auf den Städten und Gemeinden lasten. Frankfurt (Oder) plant in seiner Not für dieses Jahr 125 Millionen Euro Kassenkredit. Davon sind gut 50 Millionen Euro bereits in Anspruch genommen. Wie gesagt, das sind die kurzfristigen Verbindlichkeiten, also die teuren Kredite, die Städte und Gemeinden aufnehmen. Dazu kommen noch die langfristigen Verbindlichkeiten der Stadt Frankfurt (Oder), die ebenso mit Zinsen zu bedienen sind. Das alles führt dazu, dass nun die Stadtverwaltung sogar die Schließung des Konzerthauses prüft. Heute Abend können Sie sich das im rbb gern ansehen.

Anstatt nun die Chancen für den Abbau dieses - 690 Milliarden sind ja noch übrig - kommunalen Investitionsrückstaus in Brandenburg zu erschließen, sollen neue Steuersenkungen und damit Investitionshemmnisse für Gemeinden aufgebaut werden. 24 Milliarden Euro pro Jahr sollen es sein. Das wird auch in Brandenburg Wirkung haben. Sie wollen also keine kommunalen Investitionen in Größenordnungen mitten in der Krisenzeit! Sie wollen also nicht, dass damit Arbeit und Einkommen geschaffen wird, sondern es soll nur mit der Umverteilung von unten nach oben weitergemacht werden.

Plötzlich entstehen aber neue Verbündete bei all denen, die wie wir das kritisieren. So ist gestern vom schwarz-gelben Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen in der nordwestdeutschen Presse nachzulesen: Sollte der Bund keine dauerhafte Kompensation für die erwarteten Steuerausfälle bereitstellen, könne Schleswig-Holstein das Gesetz nicht mittragen. - Das lässt sich dort nachlesen, er soll das der Bundeskanzlerin in einem Brief mitgeteilt haben, bevor sie in Brandenburg in Klausur ging.