Wenn wir jetzt darüber sprechen, dass die Mittel für den Straßenbau, Herr Genilke, in Zukunft geringer ausfallen, sollten wir aber nicht vergessen, dass Brandenburg heute 5 800 km Landesstraßen mit überwiegend gutem Ausbauzustand hat. Angesichts der erwarteten demografischen Entwicklung reicht dieses Netz in weiten Teilen des Landes aus. Allein es zu erhalten wird anspruchsvoll genug. Selbstverständlich - an die Adresse der Grünen - können wir auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Nach fünf Jahren wird regulär geprüft, ob eine Anpassung des Landesstraßenbedarfsplans notwendig ist. Dieser Plan ist also eine solide Grundlage für die kommenden Jahre; denn das Gesetz sichert die Finanzierung der darin enthaltenen Vorhaben. So erhöht es auch die Rechtssicherheit der Planfeststellungsbeschlüsse. Wir begrüßen deshalb dieses Gesetz ausdrücklich. Den Änderungsantrag werden wir wohl, da wir ihn heute eigentlich nicht einmal abstimmen müssen, weil das laut Geschäftsordnung nicht geht, im Ausschuss wiedersehen. Wir werden, das ist kein Geheimnis, ihn so ablehnen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kircheis. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Beyer hat das Wort.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ministerium für Infrastruktur
und Landwirtschaft hatte ursprünglich zum Ziel, den vorliegenden Gesetzentwurf dem Landtag noch vor der Sommerpause zuzuleiten, um frühzeitig Planungssicherheit zu schaffen. Das hat nicht ganz geklappt. Aber der Gesetzentwurf hat uns immerhin noch in diesem Jahr erreicht. Herr Minister, das ist immerhin um Längen besser als das, was wir bei solchen Anträgen aus dem Umweltministerium des Landes gewohnt sind. Von daher grundsätzlich erst einmal Respekt.
Damit könnte man es nun fast bewenden lassen und befriedigt feststellen, dass ein für Brandenburg zweifelsohne extrem wichtiges Änderungsgesetz vorliegt und heute ins parlamentarische Verfahren gehen kann, um in aller Ruhe und Sachlichkeit - darauf wurde schon hingewiesen - die gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle sinnvolle Detaildebatte zu führen, wäre da nicht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit dem man sich dann leider Gottes doch schon in der 1. Lesung befassen muss.
Einen Vorteil hat der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Selbst wenn nicht darüber stehen würde, woher er kommt, wäre das spätestens bei der Lektüre des ersten Satzes aus der Begründung klar. Ich darf kurz zitieren:
„Das erklärte Ziel der Landesregierung, die Erreichbarkeit aller Landesteile sicherzustellen, ist für die Autofahrer schon längst erreicht. Der Bedarf an Straßen ist bis auf extreme Ausnahmen gedeckt.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Sie haben großes Glück, dass wir heute schon eine humoristische Einlage in diesem Hohen Hause hatten, daher wird es wahrscheinlich nur der zweite Platz bezüglich des Ordens „Wider den tierischen Ernst“.
Ich gestehe gerne, auf mich persönlich trifft der Satz ja auch zu. Nur fahre ich, wie sich das für jeden Förster gehört, auch einen geländegängigen Wagen. Ich komme mit Sicherheit in Brandenburg überallhin. Das ist aber eben nicht generell der Fall.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines ist auch klar, um noch einmal auf die humoristische Einlage zurückzukommen: So ein geländegängiger Wagen hat natürlich immense Emissionen an Treibhausgasen. Das muss ich natürlich einräumen. Dagegen ist das Rülpsen von Kühen gar nichts. Also nur, um wirklich bei der Sache zu bleiben.
Wer einen solchen Satz in einen Antrag schreibt, bei aller Liebe, meine Kollegen von den Grünen, der dokumentiert eins auf alle Fälle: dass der Mitgliederbestand Ihrer Partei offensichtlich in der Regel schwerpunktmäßig aus Potsdam kommt und nicht in den ländlichen Räumen des Landes Brandenburg angesiedelt ist. Sonst wäre ein solcher Satz nicht möglich.
Es mag ja Landkreise geben, die weitgehend gesättigt sind, was neue Straßen anbelangt. Gottlob ist das so. Es zeigt auch, dass wir in Brandenburg in den vergangenen 20 Jahren nicht untätig waren. Aber es gibt eben auch Landkreise, in denen wir nach
wie vor noch infrastrukturelle Defizite haben. Ich wollte jetzt eigentlich keine Beispiele nennen, um mich bei meinem Fraktionsvorsitzenden nicht unbeliebt zu machen. Aber so viel kann ich vielleicht doch sagen: Die Uckermark, die Prignitz und auch Elbe-Elster sind sicherlich weit mehr als Vorhalteräume für Wolfspopulationen. Sie sind brandenburgische Zukunftsräume.
Sie sind brandenburgische Zukunftsräume, denen wir Perspektiven auch durch weitere Infrastrukturprojekte zu geben haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Liberalen in Brandenburg steht außer Frage, dass der Status quo niemals Ausgangspunkt für die Betrachtung praktischer Politik sein darf. Wer sich als gesättigt betrachtet, wird träge. Mit Trägheit ist kein Weg in die Zukunft möglich. - Gerade nach dem Mittagessen passt das gut.
Es kann gar keinen Zweifel daran geben, dass das vorliegende Änderungsgesetz zum Landesstraßenbedarfsplan eines der wichtigsten gesetzgeberischen Vorhaben mindestens dieses Jahres ist. Die Systematik des Gesetzes ist korrekt und schafft sowohl für die Bürger, für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung Rechtssicherheit. Mit der Aufnahme eines Vorhabens in den Bedarfsplan ist das verkehrliche Bedürfnis für den jeweiligen Straßenbau kraft Gesetz geregelt. Der Landesstraßenbedarfsplan ist auf 15 Jahre festgelegt. Festgelegt ist aber auch eine Anpassung des Bedarfs an die jeweiligen Gegebenheiten nach fünf Jahren. Bei dieser Prüfung sind die bei der Bedarfsplanung zu berührenden Belange, insbesondere die der Wirtschaft, des Naturschutzes, des Umweltschutzes, des Städtebaus und der Verkehrssicherheit, zu beachten. Ich plädiere nicht dafür, Baumaßnahmen zu streichen, sondern dafür, dass wir zunächst gemeinsam im zuständigen Fachausschuss noch einmal über bestehenden Bedarf oder eben nicht bestehenden Bedarf bei Straßenbauvorhaben sprechen und diesen prüfen. Genau dafür ist das gesetzgeberische Verfahren ja auch geschaffen.
Sehr geehrter Herr Minister, eines ist auch sicher: Wir werden uns darüber unterhalten, warum die Uckermark mit keiner Maßnahme in diesem Plan auftaucht. Das ist eigentlich die entscheidende Frage, die an dieser Stelle zu stellen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine gute und funktionierende Infrastruktur ist für die Zukunft unseres Landes unerlässlich. Mit dieser Prämisse gehen wir gern in die Fachberatungen des Ausschusses, und unter dieser Prämisse werden wir sicherlich auch einvernehmlich Lösungen finden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Das Wort hat die Abgeordnete Wehlan von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Erste Gesetz zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes umfasst ein Spannungsfeld zwischen „völlig unzureichend“ und „entschieden zu viel“. Die Debatte, die dazu
schon stattgefunden hat, macht dies sehr deutlich. Die CDU formuliert Kritik am ungenügenden Neubau und damit auch am Finanzvolumen für diese Sparte, während der vorliegende Änderungsantrag der Grünen ein „entschieden zu viel“ markiert; von den 18 Maßnahmen sollen noch zehn gestrichen werden.
Aber wir sind hier in guter Umarmung mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Gemeinden, mit Ämtern und mit Berliner Bezirken. Denn die über 12 000 Einwendungen gegen den Entwurf des Bedarfsplans, der im Juni vergangenen Jahres, also noch unter Rot-Schwarz, als erster Diskussionsstand in die zuständige Fachausschusssitzung gegeben wurde, zeigen doch sehr deutlich, dass dieses Spannungsfeld auch die Bürgerinnen und Bürger draußen bewegt. Während wir an anderer Stelle heute schon einmal fehlende Spannungsräume zu Bürgerinnen und Bürgern feststellten, haben wir hier auf alle Fälle einen Spannungsraum, der sich zwischen „völlig unzureichend“ und „entschieden zu viel“ wiederfindet.
Nicht hoch genug einzuschätzen ist, dass von den über 12 000 Einwendungen zu dem vorliegenden Entwurf im vergangenen Jahr über 2 500 private Einwendungen per E-Mail und Brief waren, dazu noch über 10 000 Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern, die über Unterschriftenlisten zu einem ganz konkreten Projekt in ihrer Region, in ihrer Gemarkung die Stimme erhoben haben.
Ich möchte hier betonen, dass die Linke die allgemeinen Grundsätze zur Aufnahme von Neubaumaßnahmen in dem Entwurf deutlich unterstützt. Das betrifft zuallererst auch den formulierten allgemeinen Grundsatz „Erneuerung geht vor Neubau“. Der Minister hat deutlich artikuliert, in welchem Finanzrahmen sich das vollziehen soll: 90 % zu 10 %. Auch das sehen wir als mehr als berechtigt an, gerade auch in Anbetracht der klaren Signale, die schon eine Legislatur vor der jetzigen vom Landesrechnungshof gegeben wurden, der deutlich kritisierte, dass das Land zu wenig Vorsorge für die Erhaltung von Landesstraßen trifft. Damals waren es 20 Millionen Euro, die in diese Position der Landesregierung Eingang fanden. Heute haben wir mit dem vorliegenden Entwurf 45 Millionen Euro vorgesehen. In Anbetracht dessen, was meine Kollegin Tack gerade in diesem Spannungsfeld immer auch als sehr kritikwürdig markiert hat, sehe ich darin ein sehr positives Signal. Ja, es geht darum, dass sich diese Erhaltungsmaßnahmen deutlicher im Bedarfsplan widerspiegeln. Wir sprechen hier immerhin von 5 800 km Landesstraße und über 1 500 Ortsumgehungen.
Ich meine, dass der Konsolidierungsbeitrag, den Herr Genilke angesprochen hat, im Pendant „Bildung kontra Beton“ insofern nicht tragfähig ist, als sich für einen ordentlichen Politiker, einen ordentlichen Haushälter der Anspruch stellt, dafür Sorge zu tragen, dass man das, was man baut, auch erhalten kann, und dass man sich bei diesen Fragen ganz konkret in die Verantwortung nimmt. Damit wird ein Spannungsfeld aufgezeigt, dem mit dem vorliegenden Gesetzentwurf endlich Rechnung getragen wird.
Natürlich schließt die Aufnahme von Neubaumaßnahmen auch die realistische Finanzierbarkeit ein. Das wird niemand in Abrede stellen. Deswegen ist dies auch ein Kriterium, wenn es nicht explizit und in besonderer Weise aufgeführt ist. Die künftige Finanzausstattung wird nicht besser werden. Die mittelfristige Finanzplanung liegt uns allen vor. Wir plädieren hier
für Realismus und Augenmaß. Dazu gibt es klare Aussagen in der mittelfristigen Finanzplanung. Deswegen sind auch die 50 Millionen Euro für Erhaltung und Neubau mit einem solch deutlichen Signal an eine Finanzplanung für 15 Jahre vorzusehen. Man sollte mir zeigen, wo dies an anderer Stelle in Anbetracht von Wirtschaftskrise und von erheblichen Einnahmerisiken noch gemacht werden kann.
Der zweite Grundsatz betrifft die Zubringerfunktion BBI und die wirtschaftliche Erschließung der Infrastruktur, der dritte Grundsatz all das, was Umweltbelange betrifft.
Gestatten Sie mir dazu noch eine Anmerkung. Ich finde es schon ein wenig schade, dass in der 1. Lesung eines Gesetzes ein Antrag zur Streichung von zehn von 18 Projekten eingebracht wird. Dann nehmen Sie uns einfach zu wenig ernst, Herr Jungclaus. Das bin ich von Ihnen gar nicht gewohnt. Denn die fachliche Debatte zu Fragestellungen, die Sie verbunden mit Verkehrsprojekten haben, sollten wir, wie es in den zurückliegenden Wochen und Monaten möglich war, im Fachausschuss führen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. Zu Ihrem Beitrag hat der Abgeordnete Genilke eine Kurzintervention angemeldet.
Nur kurz zur Erklärung, Frau Wehlan: Sie tun so, als ob Sie dem, was der Landesrechnungshof 2008 von uns gefordert hat, nämlich 25 Millionen Euro für die Instandsetzung und 25 Millionen Euro einzusetzen, um die Folgeschäden oder den Investitionsstau ein Stück weit abzumildern, nachkommen. Das ist hier nicht so. Sie vergessen bei dieser Gelegenheit geflissentlich, wenn Sie denn schon von einer Summe von 50 Millionen Euro ausgehen, dass von den jetzt eingestellten 50 Millionen Euro ca. 25 Millionen Euro Planungsgelder sind. Diese können schlecht investiert werden; sie gehören zwar zu einer Investition, aber das ist letztlich Geld, das nicht unbedingt und unmittelbar auf die Straße kommt, sondern das natürlich in der Vorbetrachtung und zur Planung erforderlich ist.
Von daher ist die Summe, wie ich meine, deutlich zu gering, und die Summe von 17 Millionen Euro, die Sie letztlich im Haushalt streichen, ist ein eindeutiges Votum, dass der Landesstraßenbau nicht die Priorität besitzt, wie sie ein Transitland, das Brandenburg ist, tatsächlich brauchen würde. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Genilke. Die Rednerin hat die Möglichkeit, auf Ihre Kurzintervention zu reagieren. Bitte, Frau Abgeordnete.
Geschätzter Kollege Genilke, ich habe mich auf Ihre Majorisierung der Neubauposition bezogen und mich dabei im Ein
klang mit der kritischen Reflexion des Landesrechnungshofs von 2007 gewähnt, der nicht für den Neubau, sondern für die Verantwortung zur Werterhaltung gesprochen hat. Keine andere Auseinandersetzung hat hier stattgefunden, und ich meine, Sie haben es auch verstanden.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Das Wort erhält nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Jungclaus, bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es wird Sie beruhigen, Frau Wehlan, ich nehme Sie weiterhin ernst.
Die Redezeiten, wie sie eben auf die Gesetzesvorlage der Koalition und auf unseren Änderungsantrag aufgeteilt wurden, zeigen schon allein, dass es sinnvoll war, den Antrag an dieser Stelle einzubringen. Wir liefern natürlich auch immer gerne dem Kollegen Beyer Vorlagen für seine Büttenreden.
Trotzdem kann man eigentlich nicht oft genug betonen: Brandenburg braucht dringend eine nachhaltige Verkehrspolitik, und die Stärkung einer umweltschonenden und klimaschonenden Mobilität muss hierbei im Mittelpunkt stehen. Leider hat die Politik der Landesregierung zurzeit damit nicht so viel zu tun, und mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes verstößt der Minister nach unserer Ansicht, wie beim Beispiel Falkensee, auch noch gegen geltendes Gesetz. Denn das Landesstraßenbedarfsplangesetz schreibt im § 4 explizit eine aktuelle verkehrliche umweltfachliche Analyse für alle Maßnahmen vor, die bei der periodischen Prüfung und Überarbeitung des Bedarfsplans durchgeführt werden müssen. Bei allen Auflistungen von Einzelmaßnahmen, die vor uns stehen, ist das die eigentliche Kritik vonseiten unseres Änderungsantrages. Aber Sie haben es schon angesprochen: Das können wir im Ausschuss klären.
Die Landesregierung übernimmt alte Vorhaben als indisponible Maßnahme und umgeht dadurch eine aktuelle Überprüfung. Die als indisponibel eingestuften Maßnahmen im Landesstraßenbedarfsplangesetz beruhen auf Bedarfsprüfungen der frühen 90er Jahre, deren Verkehrsprognosen zum Teil völlig falsch waren. So wurde Berlin beispielsweise mittelfristig als 5-Millionen-Einwohner-Stadt einbezogen, die Dynamik der demografischen Entwicklung Brandenburgs unterschätzt und von einer deutlich stärker prosperierenden Wirtschaft ausgegangen.