Protocol of the Session on November 11, 2010

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Es geht um den Antrag in Drucksache 5/2254, Neudruck, eingebracht von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Der Landtag muss bei der Polizeistrukturreform mitentscheiden!“. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Enthaltungen sehe ich nicht. Bei einer deutlichen Anzahl von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Lärmschutz durch Photovoltaikanlagen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/2255

Des Weiteren liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2300 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Dr. Bernig hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Ich freue mich, dass Vertreter der Bürgerinitiative AG „Lärmschutz - Jetzt!“ aus Michendorf vertreten sind. Auch Frau Bürgermeisterin Jung ist hier zu Gast. Herzlich willkommen!

Was ist das Anliegen unserer Antragstellung? Allen bekannt ist die Planung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. In Brandenburg sind wir mit einem Projekt bedeutenden Ausmaßes befasst bzw. betroffen. Je nach Sichtweise und Interessenlage kann man darüber erfreut sein oder man kann sein Veto einlegen. So erleben wir es beispielsweise beim Projekt „Deutsche Einheit“ 11.

Hier handelt es sich um den achtstreifigen Ausbau der A 10 zwischen den Autobahndreiecken Nuthetal und Potsdam. Hier soll an einem der meistbefahrenen Autobahnabschnitte Deutschlands eine Entlastung durch die Erhöhung der Durchlassfähigkeit gewährleistet werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es sich nicht nur um den Ausbau der Autobahn, sondern auch um den weiteren Ausbau der Raststätten handelt. Dann reden wir nicht nur von einem achtstreifigen Ausbau, sondern sogar von einem zwölfstreifigen.

Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang, dass es getrennte Planfeststellungsverfahren gibt und die Gefahr besteht, dass nicht alle Lärmbelästigungen und weitere Umweltbelastungen auch tatsächlich Berücksichtigung finden. Hinzu tritt die Tatsache, dass die Lärmbelästigungen gemäß den noch geltenden rechtlichen Regelungen auf statistischer Grundlage errechnet werden. Hier ist es an der Zeit, die gesetzlich geregelten Lärmschutzmaßnahmen aufgrund der tatsächlichen, über einen bestimmten engen Zeitraum anfallenden Höchstwerte festzulegen. Soweit die Tatsachen, die bereits frühzeitig mit Bekanntwerden der konkreten Pläne die betroffenen Kommunen mit ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und besonders die Bürgerinnen und Bürger auf den Plan gerufen haben.

Für den Autobahnabschnitt Potsdam - Dreieck Nuthetal gründete sich eine Bürgerinitiative, die mit großer Kompetenz und ideenreich die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger vertritt. Zentrales Thema ist ein Lärmschutz, der so hoch wie irgend möglich ausfallen sollte und der vor allen Dingen auch zusätzlich erfolgen soll.

Bereits vor drei Jahren hatten wir uns bemüht, ebenfalls in Zusammenarbeit mit einer Bürgerinitiative, an der Havelbrücke in Töplitz einen höheren Lärmschutz zu erreichen. Die zuständigen Ministerien im Bund und im Land und der zuständige Landesbetrieb für Straßenwesen verwiesen uns jedoch immer darauf, dass nur freiwillige Maßnahmen möglich seien. Da der Bund und das Land nicht infrage kämen, könnten das nur Dritte sein, also die Wirtschaft oder auch die Kommunen.

In diesem Zusammenhang stießen wir auf die Möglichkeit, Immissionsschutz und nachhaltige Entwicklung miteinander zu verknüpfen und für dieses Projekt Partner in der Solarwirt

schaft zu finden. Die Idee besteht ganz einfach darin, entsprechende Bauten für den Lärmschutz als Grundlage für photovoltaische Stromerzeugung zu nutzen. Damit sollte das Notwendige mit dem Nützlichen verbunden werden. Stellt sich die Frage: Ist das möglich?

Erste Vorschläge machte im Land die Bürgerinitiative A 10 Nord-Birkenwerder/Hohen Neuendorf, die sich mit ihren Intentionen, die die Vorteile einer solchen Anlage aus ihrer Sicht bieten, an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft gewandt haben. Die Bürgerinitiative stützte sich auf eine Studie der Universität Weimar, die eine solche Anlage in Form einer Modulbauweise untersucht und vorgestellt hatte. Darüber hinaus sind Anlagen in Bayern und in Emden, Niedersachsen, schon realisiert worden.

Auch die Bürgerinitiative AG „Lärmschutz - Jetzt!“ aus Michendorf hat ein Gutachten und ein Kurzkonzept zur Machbarkeit erarbeitet und dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft im Juli übergeben. Inzwischen ist es weiter fortgeschrieben worden und eine Grundlage für die Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium. Der Kollege Andre Halpap hat es mir gerade übergeben.

Allen Beteiligten muss klar sein, dass diese Vorstellungen möglichst zügig geprüft und auf Umsetzbarkeit abgeklopft werden müssen. Denn die Zeit drängt, da das Planfeststellungsverfahren läuft und hier schon Weichen gestellt werden können oder sogar müssen. Es ist klar, dass der Bund verantwortlich ist, aber die Planung und Ausführung erfolgen im Auftrag des Bundes und im und durch das Land.

Wir haben deshalb eine besondere Verantwortung für dieses Projekt auf dem Brandenburger Territorium, das für Jahrzehnte Bestand haben soll und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger wesentlich prägen wird.

Es ist auch mehr als hilfreich, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im September dieses Jahres in einem Gutachten festgestellt hat, dass es für den Neubau bzw. für die Nachrüstung keine rechtlichen Hürden gibt, die einer Kombination von Lärmschutz und Solarstromerzeugung entgegenstehen würden. Dazu fand gestern im Bundestag ein interessantes Fachgespräch statt.

Es werden drei Betreibermodelle beschrieben, und es wird der Hinweis gegeben, dass der schon lange erwartete Behördenleitfaden „Erhöhung der Wirksamkeit von Lärmschutzwänden durch Photovoltaik“ voraussichtlich Ende dieses Jahres vom Bundesverkehrsministerium vorgelegt werden wird. Wie gestern zu erfahren war, verschiebt sich dieser Termin erneut auf das nächste Jahr. Die Erarbeitung dieses Leitfadens hatte bereits 1989 der damalige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium angekündigt. 22 Jahre intensivster Arbeit sollten doch ausreichen, um diesen Behördenleitfaden zu verabschieden und in die Tat umzusetzen.

Basierend auf dem Landtagsbeschluss 5/491, der die Landesregierung auffordert, für einen verstärkten Lärmschutz beim südlichen Ausbau des Berliner Rings zu sorgen, war das zuständige Infrastrukturministerium auch aktiv. Entscheidend für den weiteren Erkenntnisgewinn war eine intensive Befassung mit dem Einsatz von Photovoltaikanlagen an der A 10 in Form einer erweiterten Voruntersuchung im Auftrag des Bundesver

kehrsministeriums, des Brandenburger Verkehrsministeriums und des Landesbetriebes Straßenwesen.

Das Ergebnis lautet kurz gesagt erstens: Mit den akustisch ertüchtigten Photovoltaikanlagen ist ein signifikant höheres als das gesetzlich vorgeschriebene Lärmschutzniveau zu erreichen.

Zweitens: Mit der Realisierung würde ein bisher einzigartiges Projekt präferiert, das wegen der beträchtlichen Größenordnung hervorragend als Pilotprojekt geeignet ist und weltweit einmalig wäre. Dem Solarland Brandenburg wäre also die Vorreiterrolle gewiss.

Drittens: Es ist ebenfalls interessant, dass auf diese Weise eine Reduzierung der Errichtungskosten für Lärmschutzwände von 20 % in der Baulast des Bundes möglich ist. Basis der Betrachtung ist - und das soll hier betont werden -, dass es sich um Investitionen handelt, die nicht vom Bund geleistet werden, schon gar nicht vom Land, sondern es geht um private Investoren sowie um das Engagement von Kommunen.

Wir sind der Auffassung, dafür gibt es Interessenten, denn hier kann durch die gesetzlich geregelte Einspeisungsvergütung eine rentable Investition vorgenommen werden. Die Wirtschaftlichkeit konnte eindeutig nachgewiesen werden. Das Land kann und muss an dieser Stelle hilfreich tätig werden und Planer und Investoren vermitteln.

Wir wissen zurzeit noch nicht genau, wie sich der Bund verhält, wer zum Beispiel zu welchen Konditionen mitverdienen will oder wird. Umgehend geklärt werden müssen Haftungsund Rückbaupflichten. Zu sichern wäre, dass die Erträge aus der Überlassung der Flächen, ob aus Pacht oder anderen Nutzungsentgelten, zweckgebunden eingesetzt werden, also für mehr und wirksameren Lärmschutz, und nicht im großen Haushaltsloch verschwinden.

Dies hätte insgesamt Pilotcharakter. Denn wir alle wissen, dass nicht nur die Anwohner in Michendorf mit dem Lärmschutz nach bisher gültigen Grenzwerten zu Recht unzufrieden sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl wir sicher nicht die Experten sind, die alle Details bewerten können, und weitere Planungen erst noch erfolgen, weitere Rechtsvorschriften ergänzt und geändert werden müssen, sind wir der Auffassung, dass sich Brandenburg diese Chance für ein Pilotprojekt dieser Qualität und Dimension nicht entgehen lassen sollte. Durch die koordinierte Zusammenarbeit von Infrastrukturministerium, Umweltministerium, Wirtschaftsministerium und Bundesverkehrsministerium muss es möglich sein, Lärm- und Gesundheitsschutz, Nutzung erneuerbarer Energien, Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit sinnvoll miteinander zu verbinden. Ein solches Projekt ist realistisch und kann bei Engagement aller Beteiligten Wirklichkeit werden.

Zum Entschließungsantrag der FDP stellt sich mir die Frage, warum keine Änderungsanträge zu unserem Antrag eingebracht wurden. Ansonsten finde ich die Intention der Entschließung in unserem Antrag ganz gut aufgehoben. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich den Antrag der Koalitionsfraktionen präferiere, und bitte hierfür um Ihre Zustimmung.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Dr. Bernig. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der CDU fort. Der Abgeordnete Genilke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Jung, sehr geehrter Herr Halpap, ich grüße Sie ganz besonders an diesem Abend. Die Bürgerinitiative „Lärmschutz - Jetzt!“ ist geradezu ein Musterbeispiel für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Gesellschaft und Politik. Sie zeigt, was möglich ist, wenn man konkrete Vorschläge in ein Verfahren einbringt und nicht einfach nur eine ablehnende Grundhaltung zum Ausbau von Infrastrukturprojekten einnimmt.

Wir erinnern uns: Nach heftigen Protesten vor Ort wurde vom Bundesverkehrsministerium im Sommer bestätigt, dass für den Ausbau der A 10 zwischen Dreieck Nuthetal und Potsdam offenporiger Asphalt verwendet werden soll, um einen besseren Lärmschutz für die Anwohner zu ermöglichen. Nicht zu unterschätzen war in diesem Zusammenhang der Einsatz der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bund, Frau Reiche, und des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium, Herrn Mücke, ohne die eine derart zügige und zielorientierte Lösung wohl nicht hätte gefunden werden können.

(Vereinzelt Beifall FDP)

Das sollte bei dieser Diskussion nicht unterschlagen werden. Da der Bund jedoch dazu verpflichtet ist, nur den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutz zu realisieren, bestand nun die Problematik, dass die Lärmschutzwände niedriger gebaut werden müssen. Darauf hat die Bürgerinitiative schnell reagiert und einen Vorschlag in den politischen Raum eingebracht, der bisher im gesamten Bundesgebiet wohl seinesgleichen sucht. Die Lärmschutzwände sollen unter Nutzung von Photovoltaikanlagen nämlich noch erhöht werden.

Was anfangs noch etwas skeptisch betrachtet wurde, hat inzwischen den Charakter eines innovativen Modellprojekts angenommen. Dem Ministerium muss man zugestehen, dass es offen auf diesen Vorschlag reagiert hat. Der Bürgerinitiative muss man zugestehen, dass sie es geschafft hat, mit ihren Ideen das Verkehrsministerium dazu zu drängen, diese neuen Wege zu gehen. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall CDU, FDP sowie vereinzelt GRÜNE/B90)

Das in der Folge in Auftrag gegebene Gutachten der DEGES hat gezeigt, dass der Vorschlag unter bestimmten Voraussetzungen umsetzbar sein kann. Somit möchte ich der Bürgerinitiative hierfür meinen größten Respekt für die bisherige Leistung zum Ausdruck bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Vorlauf berücksichtigend, war ich dennoch etwas überrascht von Ihrem Antrag, denn er vermittelt doch ein wenig den Eindruck, dass hier die Leistungen und die Erfolge der Bürgerinitiative ein Stück weit politisch vereinnahmt werden sollen.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE - Zurufe von der SPD: Was?)

Zumindest habe ich in den Vor-Ort-Gesprächen nie die Verkehrspolitiker Ihrer Fraktionen getroffen. Deshalb hat es mich ein wenig überrascht.

Sie fordern Maßnahmen, deren Umsetzung der Parlamentarische Staatssekretär, Herr Bretschneider, in der Ausschusssitzung am 30. September längst angekündigt hat. Ich darf in diesem Zusammenhang aus dem Protokoll zitieren. Herr Bretschneider sagte wörtlich:

„Wir sind mitten im Prozess. Wir sind auch in einem intensiven Dialog mit der Bürgermeisterin von Michendorf und der Bürgerinitiative. Das Ministerium hat geholfen, dass spezifische Investoren, die ohnehin in Kontakt mit uns sind, auch mit der Bürgermeisterin Kontakt aufgenommen haben.“

Sie lassen sich also im Grunde das, was schon geschehen ist, mit diesem Antrag noch einmal sanktionieren. Da war der Minister schon wesentlich weiter.

(Vereinzelt Beifall CDU)

In der weiteren Diskussion im Ausschuss wurde deutlich, dass das Ministerium auch mit dem Bund und insbesondere mit Frau Reiche im ständigen Kontakt steht. Gleichzeitig war aber klar, dass insbesondere die Fragen des Betreibermodells - ob kommunal oder privat - oder auch der generellen Finanzierung sehr komplex sind. Herr Bretschneider sprach davon, dass noch dicke Bretter gebohrt werden müssten, dass im Ministerium jedoch bereits mehrere Mitarbeiter an einer Lösung arbeiten.

Allerdings scheint es nun so, dass Sie selbst den Aussagen Ihrer eigenen Regierung nicht mehr so recht trauen und fordern, sich das vor sechs Wochen Besprochene noch einmal offiziell im Landtag absegnen zu lassen. Gut, an uns soll es nicht scheitern, denn der Vorschlag ist in der Tat reizvoll. Wichtig ist allerdings, dass dieser Beschluss nicht als eine reine „Lex Michendorf“ betrachtet wird, auch wenn die Michendorfer hierbei besonderes Engagement zur Erarbeitung einer Lösung gezeigt haben. Aber es gibt zahlreiche weitere lärmbelastete Ortschaften. Allein für die A 10 kann ich in diesem Zusammenhang die Havelbrücke in Töplitz und auch die Problematik am Nordring bei Hohen Neuendorf anführen.

Der Punkt 2.3 mit der Forderung, weitere Standorte, bei denen die Notwendigkeit von Lärmschutzmaßnahmen mit Photovoltaikanlagen verknüpft werden kann, zu prüfen, ist für uns als Fraktion besonders wichtig.

Kommen wir nun zum FDP-Antrag: Dieser ist natürlich auch prima. Sie haben dort nur einen Passus hineingeschrieben, nämlich dass das Land den Betreiber bzw. den potenziellen Investor suchen soll. Hierzu muss ich Ihnen sagen: Nach den Vorkommnissen in der letzten Zeit bin ich mir nicht so ganz sicher, ob es wirklich so eine gute Idee ist, dass das Land hier auch noch den Investor suchen soll. Außerdem haben wir eine kommunale Daseinsvorsorge, die die Bürgermeisterin wahrnimmt, und noch eine kommunale Selbstverwaltung. Daher, denke ich, ist man dazu auch selbst in der Lage - wenn gewollt, natürlich auch mithilfe des Ministeriums, aber prinzipiell in Eigenverantwortung -, die potenziellen Betreiber und Investoren zu suchen und auch zu finden. Unter dieser Maßga