Protocol of the Session on November 10, 2010

verbänden, auch mit dem Beirat für nachhaltige Entwicklung durchzuführen. Ich möchte Ihnen auch vorschlagen - damit wir nicht alles am grünen Tisch beraten -, uns das eine oder andere Mal auf Exkursion ins Land zu begeben, denn da findet Artenvielfalt statt. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Jungclaus für die einbringende Fraktion. Die Landesregierung hat um eine Minute überzogen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! In Ihren Beiträgen haben Sie zwar viele wichtige, bereits existierende Programme aufgezählt und noch einmal die bisherigen Anstrengungen beworben, aber können Sie damit wirklich eine erforderliche Strategie ersetzen? Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass die nationale Strategie der Bundesregierung völlig umsonst geschrieben und verabschiedet wurde.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Nein!)

Ich sage es noch einmal: Wir verlangen hier weder Wunder von der Landesregierung, noch erwarten wir, dass das Rad neu erfunden wird. Wir fordern lediglich eine verbindliche Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Bundes. Einzelmaßnahmen, Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden reichen nicht aus. Brandenburg braucht eine eigene Strategie zum Erhalt der Artenvielfalt, in der konkrete Ziele und Maßnahmen formuliert werden. Wir brauchen eine Biodiversitätspolitik aus einem Guss statt Flickwerk im Artenschutz.

Das ist keine Einzelposition meiner Partei. Auch auf dem Fachkongress „Mark(e) der Vielfalt“, den unsere Fraktion im September dieses Jahres durchgeführt hat, haben sich sämtliche Experten aus Wissenschaft und Forschung sowie die Umweltverbände für die Erstellung einer vor allen Dingen ressortübergreifenden - Frau Ministerin - verbindlichen Landesstrategie ausgesprochen. Damit könnten Sie erreichen, dass Ihnen Kollege Rupprecht & Co zuhören müssen.

(Vereinzelt Lachen GRÜNE/B90)

Lieber Kollege Dombrowski, Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, Strategie allein garantiere nichts. Ich sage Ihnen aber: Ohne Strategie wird es garantiert nichts. Ihr Antrag benennt zwar einige sehr wichtige Punkte, jedoch geht er uns nicht weit genug. Es hat aus unserer Sicht keinen Sinn, einen regelmäßigen Sachstandsbericht einzufordern und erst von dessen Inhalt abhängig zu machen, ob eine Strategie auf Landesebene gefordert werden soll.

Wir freuen uns jedenfalls über die Bereitschaft, unseren Antrag in die Ausschüsse zu verweisen. Da Sinn der geforderten Strategie aber das Ressortübergreifende ist - die Notwendigkeit haben wir gerade wieder gesehen -, sind wir vor allem im Haupt

ausschuss in der Pflicht. Wir beantragen daher die Überweisung an den Umwelt- und - federführend - an den Hauptausschuss. Ich bitte Sie um dementsprechende Unterstützung. Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, Ihnen liegt zunächst der Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE auf Überweisung des Antrags in Drucksache 5/2211 - Landesstrategie zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt erstellen - an den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz - vor. Zusätzlich ist von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schriftlich beantragt worden, den Hauptausschuss federführend damit zu befassen.

Wir stimmen zunächst über den Antrag auf Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz ab. Wer diesem Antrag - eingebracht von den Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig an den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz überwiesen worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Überweisung des Antrages - federführend - an den Hauptausschuss. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und mehreren Gegenstimmen ist diesem Antrag nicht entsprochen worden.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP, Drucksache 5/2293, bleibt im Laufe des Verfahrens aufrechterhalten und wird in der Endabstimmung entweder zur Entscheidung gebracht oder auch nicht. Damit sind wir am Ende der Debatte zum Tagesordnungspunkt 12.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Modernisierung der Landesverwaltung

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/2219

Dazu liegt Ihnen des Weiteren der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2299 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Abgeordnete Nonnemacher erhält das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Die Basisdaten zur Haushaltslage des Landes Brandenburg sind klar und hier schon öfter vorgetragen worden: Auslaufen der sogenannten Solidarpaktmittel bis 2019, abnehmende europäische Fördermittel durch Herabstufung Brandenburgs vom Höchstfördergebiet in eine Übergangsregion und die Unsicherheiten des Länderfinanzausgleichs lassen erwarten, dass sich die Einnahmen von Brandenburg bis 2020 auf etwa 8 Milliarden Euro verringern werden.

Trotz der zurzeit anspringenden Konjunktur, der erfreulichen Meldungen der Steuerschätzer, die natürlich gleich wieder neue Begehrlichkeiten hervorrufen, und trotz der am heutigen Tag verabschiedeten Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 5 % wird es nicht möglich sein, Mehreinnahmen in der Größenordnung zu generieren, dass die wegbrechenden Bundes- und EU-Mittel auch nur annährend kompensiert werden können.

Hinzu kommt unser erheblicher Schuldenstand, der trotz der geschätzten Steuermehreinnahmen noch anwachsen dürfte. Dabei werden wir momentan durch historisch niedrige Zinssätze begünstigt. Die 700 Millionen Euro an Zinsen, die Brandenburg jährlich für seine Schulden zahlt, können bei steigenden Zinssätzen dramatisch zunehmen. Es bleibt die bekannte Tatsache, dass Haushaltskonsolidierung vorwiegend über die Ausgabenseite bewerkstelligt werden muss und dass zur Senkung der Ausgaben auch mittel- und längerfristige Strukturanpassungen schnellstmöglich vorgenommen werden müssen.

Dies alles wird nächsten Monat anlässlich der Haushaltsdebatte rekapituliert werden, unter anderem von Herrn Bischoff. Dies wird vermutlich wieder zum Lamento des Finanzministers führen, die Opposition habe keinerlei Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung beizutragen. Diese Jacke haben wir uns noch nie angezogen. Diesmal aber legen wir schon vor der eigentlichen Haushaltsdebatte ein sehr detailreiches Papier vor, wie durch Modernisierung der Landesverwaltung diese strukturellen Anpassungen zur Reduzierung der Ausgaben, insbesondere der Personalausgaben und Personalfolgekosten, geleistet werden können.

Im Mittelpunkt des Antrags stehen Fragen des Beamtenrechts. Uns bereitet Sorge, dass die Versorgungsaufwendungen für Beamte und Beamtinnen im Ruhestand exponentiell ansteigen. Nach 2020 ist mit Pensionslasten von 750 Millionen Euro bis zu 1 Milliarde Euro jährlich zu rechnen. Der Barwert der ab dem 01.01.2020 fälligen Pensionen und Beihilfezahlungen liegt je nach Besoldungsdynamik und Zinserwartung im zweistelligen Milliardenbereich. Das ist nachzulesen auf Seite 111 des Haushaltsgesetzes. Es drohen uns bis zu 30 Milliarden Euro. Die Personalfolgekosten werden in den kommenden Jahren - trotz Personalabbaus - aufgrund der Pensionslasten weiter steigen.

Wir wollen den Beamtenstatus prinzipiell auf sehr enge Kerngebiete hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung beschränken. Dazu gehört mit Justiz, Polizei und Steuerverwaltung die klassische Eingriffsverwaltung. Heutzutage mutet es skurril an, dass noch in den 70er Jahren Müllmänner, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter als hoheitlich Tätige angesehen worden sind und dass es noch länger Bahnbeamte und Postbeamte gab. Für uns Grünen gehören heutzutage Lehrkräfte an Schulen und Hoch

schulen und Forstbedienstete eindeutig nicht zu hoheitlichen Aufgabenträgern.

Gerade bei der Frage der Verbeamtung von Lehrern gibt es immer wieder erbitterte Diskussionen. Meistens werden sehr kurzfristige Argumente angeführt, wonach der Arbeitsmarkt an Nachwuchslehrern leergefegt sei und Brandenburg ohne Verbeamtungsangebot im bundesweiten Wettbewerb noch schlechter dastünde.

(Zuruf von der CDU: So sieht es aus!)

Der Wettbewerb um gute Kräfte - seien es nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Lehrer oder Fachkräfte allgemein - wird eine der größten Herausforderungen in der nächsten Dekade sein. Es käme auch niemand auf die Idee, den Anteil an niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten in der Uckermark über ein Verbeamtungsangebot zu heben oder Altenpfleger zu Staatsbediensteten zu machen. Das klassische Berufsbeamtentum gehört auf den Prüfstand und taugt nicht zur Lösung von Rekrutierungsproblemen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Das Pensionsmodell für Beamte verlagert Belastungen in die Zukunft. Dies wollen wir begrenzen. Ziel für uns Grüne ist ein möglichst einheitliches Dienstrecht im öffentlichen Dienst. Darauf zielen die Forderungen ab, den Eintritt in den Ruhestand den Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung anzugleichen. Auf Sonderregelungen für besonders belastete Funktionsträgerinnen und Funktionsträger wird in dem Antrag eingegangen.

Darauf zielen auch die Forderungen ab, die Pensionsansprüche am Lebensdurchschnittseinkommen zu orientieren und die Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. Letzteres ist nur über Umwege von Bundesratsinitiativen realisierbar. Prinzipiell bleibt aber eine einheitliche Bürgerversicherung unter Einschluss der Beamten unser Ziel. Damit sollen die unseligen Beihilferegelungen auslaufen und ich sage das ganz bewusst im Hinblick auf die Kollegen der FDP - die Zwangsrekrutierung der Beamtinnen und Beamten für die private Krankenversicherung unterbunden werden.

Unser Antrag auf Modernisierung der Landesverwaltung beinhaltet auch deutliche Verbesserungen für die Beschäftigten: Aufstiegschancen, verbesserte Durchlässigkeit zwischen den Laufbahngruppen, aufgabengerechte Bezahlung, vermehrte Ausgestaltung des Polizeidienstes als Laufbahn des gehobenen und höheren Dienstes sowie vernünftige Einstellungskorridore.

Im zweiten Teil des Antrags wird auf die aus unserer Sicht unerlässliche Überprüfung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen - Stichwort Funktionalreform - und auf die Überprüfung der Notwendigkeit, Qualität und Aufgabentiefe von öffentlichen Leistungen - Stichwort Aufgabenkritik - abgestellt. Dabei ist zu prüfen, welche Aufgaben privatisiert werden können, welche in öffentlicher Trägerschaft bleiben und welche gegebenenfalls rekommunalisiert werden sollten. Prinzipiell stehen wir Grünen wirtschaftlichen Aktivitäten der Kommunen positiv gegenüber. Das Modell Stadtwerke im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge erfährt nicht umsonst eine Renaissance.

Aus den geschilderten aufgabenkritischen Analysen können dann exakte Personalbedarfe und Vergütungsfragen in den Verwaltungen ermittelt werden. Man muss das Pferd ja nicht immer von hinten aufzäumen - wie bei der Polizeireform, bei der man erst die Zielzahlen vorgibt und sich dann mit den Aufgaben beschäftigt.

(Beifall GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, wir Grünen pflegen den Slogan: Jetzt für morgen! Heute müssen die Probleme der Zukunft konsequent und nachhaltig angegangen werden, denn gerade Strukturveränderungen haben lange Vorlaufzeiten.

Wir haben hier einen Fächer von Maßnahmen angeboten, die die Verwaltungen modernisieren und die für eine Haushaltskonsolidierung unerlässlich sind. Wir müssten das nicht tun, wir sind die kleinste Oppositionsfraktion und könnten uns gemütlich in der Ecke der Fundamentalkritik einrichten.

(Oh! bei der SPD)

- Oh! Tun wir aber nicht.

Wir tun auch unseren eigenen Anhängern mit diesen Maßnahmen weh. Streichung von Sonderzahlungen und Verweigerung des Beamtenstatus sind keine Forderungen, um sich beliebt zu machen. Wir hängen aber immer noch dem Glauben an, dass Politik wahrhaftig sein muss, dass sie sich den realen Problemen stellen muss und nicht nur auf den kurzfristigen Beifall abstellen kann.

(Beifall GRÜNE/B90)

Auch wenn wir Grünen die Wähler mit den höchsten Bildungsabschlüssen und auch hohen Durchschnittseinkommen haben: Wir sind keine Klientelpartei.

(Zuruf von der SPD: Die können es sich leisten!)

Deshalb sage ich Ihnen: Jetzt für morgen! Machen Sie etwas daraus!

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der SPD fort. Der Abgeordnete Bischoff hat das Wort.