Protocol of the Session on October 7, 2010

Drucksache 5/1802

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Drucksache 5/2014

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der CDU-Fraktion eröffnet. Der Abgeordnete Prof. Dr. Schierack erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Ich freue mich, dass einige von Ihnen schon anwesend sind. Gestern habe ich mich auch ein wenig verspätet, insofern nehme ich die Verspätung der anderen nicht so übel.

(Görke [DIE LINKE]: Wir sind extra Ihretwegen und wegen des Gesetzentwurfs gekommen!)

- Danke. Brandenburg, meine Damen und Herren, gehört zu den Ländern, die in der Bologna-Reform beispielgebend waren - insbesondere dank der Hochschulen des Landes, aber auch dank der Präsidenten, Studiendekane, Professoren und Studenten.

Allerdings haben die Studentenproteste im letzten Jahr gezeigt, dass es noch kleinere Mängel in der Umsetzung des BolognaProzesses gibt. So hat die Kultusministerkonferenz darauf reagiert und einen Teil dieser Forderungen in einem sogenannten Eckpunktepapier verabschiedet.

Nach Auffassung der Landesregierung soll heute die zu debattierende Novelle vor allem auf die überarbeiteten KMK-Vorgaben abzielen. Der Bericht der Landesregierung vom April dieses Jahres hat noch einmal - so wie der Stifterverband im letzten Jahr - öffentlich gelobt, dass die Regelungen im Brandenburgischen Hochschulgesetz bereits sehr umsichtig gestaltet sind. Der Regelungsbedarf wäre somit sehr gering. Einige Korrekturen sind in der Novelle durchaus nachvollziehbar, sachgerecht und klug, andere dagegen sind eher nicht hilfreich und lösen auch die aufgeworfenen Probleme unserer Studenten nicht. Darunter, meine Damen und Herren, fällt auch die Regelung zum vereinfachten Masterzugang mit geringeren Hürden. Dies ist zwar gut gemeint - das kann ich verstehen -, aber unter den Voraussetzungen, die in der Novelle genannt worden sind, ignoriert es die Realität im nationalen und internationalen Wissenschaftswettbewerb um Spitzenforschung und Spitzenkräfte.

Deshalb haben wir als Union und FDP einen Änderungsantrag eingebracht. Wissenschaft ist nun einmal kompetitiv. Es gibt diese Wettbewerbsstrukturen. Ausgehend von einem breiten Ausbildungsfundament eines guten Studiums muss man sich dann als Student an der Uni oder aber auch in der wissenschaftlichen Welt durchaus behaupten. Man braucht hier im Saal nicht schön zu finden, dass es diesen Wettbewerb gibt, das kann man bemängeln, aber es entspricht nun einmal der Realität.

Außerdem, meine Damen und Herren, ist es nicht nachhaltig, Hochschulbildung zu jeder Zeit, an jedem Ort und zu jedem Preis sowie zu jeder geringeren Einzelleistung einzufordern. Nachhaltigkeit beruht auch in der Hochschulbildung auf Ressourceneffizienz für die folgenden Generationen. Hochschulbildung ist ein zu wertvolles Gut, als dass es, ohne Nachhaltigkeit und ohne Leistung einzufordern, verschenkt werden sollte.

Auf der anderen Seite ist es so: Wenn man mehr Studenten einen Masterzugang ermöglichen möchte, was durchaus von meiner Sympathie getragen wird, dann bedarf es auch einer größeren finanziellen Ausstattung durch das Land, beispiels

weise zur Verbesserung des Bachelorstudiums. Nur so kann gewährleistet werden, dass jeder Student, wenn er es wirklich will und dazu in der Lage ist, die qualifizierten Anforderungen eines Masterstudiengangs erfüllen kann.

Meine Damen und Herren, mehr Masterstudienplätze bedeuten auch mehr Betreuer. Das ist eine Binsenweisheit. Wenn diese nicht zusätzlich finanziert werden, verschärft sich außerdem noch die Betreuungsrelation für die Studenten, was die Situation der Studenten deutlich verschlechtern würde. Zudem müssen die Hochschulen jetzt noch einen Eingriff in die Rücklagen in Höhe von 10 Millionen Euro verkraften - Geld, das für essenzielle studentische Belange nicht mehr zur Verfügung steht.

Hingegen setzt die Regierungskoalition - das ist auch ein Kritikpunkt - auf verstärkte Kontrollen der Hochschulen und beschränkt die Hochschulautonomie durch ein zusätzliches Genehmigungsverfahren. Der Verwaltungsaufwand nimmt so zu. Es kommt zur Verdoppelung der Genehmigungsverfahren denn die Akkreditierung gibt es ja nach wie vor -, und mit der Überwachung der Satzung für den Masterzugang wird die Rechtsaufsicht weitgehend überschritten und greift klar in die fachlichen Belange der Hochschulen ein. Am Ende des Tages, meine Damen und Herren, wird das Gesetz dem Land, unseren Hochschulen und unseren Studierenden eben nicht helfen. Die Betreuungsrelation wird schlechter werden.

Die Gesetzesnovelle wäre bei entsprechender finanzieller Flankierung, bei Planungssicherheit und Sicherung der Hochschulautonomie durchaus akzeptabel. So, wie sie jedoch heute vorliegt, können wir dieser Novelle nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Prof. Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Melior erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre eine schöne Überraschung gewesen, Herr Schierack, wenn Sie mal zugestimmt hätten. Ich sage Ihnen auch gleich die Gründe, warum ich meine, Sie können als CDU-Fraktion zustimmen.

Wir haben in Brandenburg ein gutes Hochschulgesetz; das haben Sie selbst in der letzten Ausschusssitzung auch so gesagt. Das Gute ist aber, Herr Schierack, der Feind des Besseren. Wir wollen ein besseres Hochschulgesetz haben, vor allem für unsere Studierenden in Brandenburg.

In dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE vom Dezember vergangenen Jahres haben wir die Landesregierung aufgefordert, die notwendigen Konsequenzen aus dem Bildungsstreik zu ziehen - auch darauf sind Sie eingegangen - und die Bologna-Reform qualifiziert weiterzuentwickeln. In einem ersten Bericht sollten die Bachelor- und Masterstudiengänge durchforstet werden, insbesondere im Hinblick auf drei Punkte, nämlich auf mehr Flexibilität für Studierende, auf die Barrieren des Übergangs vom Bachelor zum Master, und es ging um die Überprüfung von Teilzeitstudienmöglichkeiten in

möglichst allen Studiengängen und für alle Studierenden, deren persönliche Studiensituation dies erfordert.

Der Bericht des Ministeriums wurde dem Landtag mit der Drucksache 5/799 vorgelegt. Mit einer ersten Novelle des Brandenburgischen Hochschulgesetzes aus dem Jahr 2008 wollen wir heute die ersten konkreten Änderungen beschließen. Im Folgenden gehe ich kurz darauf ein.

Der erste Punkt, Teilzeitstudienmöglichkeiten: Das zurzeit gültige Gesetz gibt im § 17 schon eine breite Möglichkeit zur Einrichtung von Teilzeitstudien seitens der Hochschulen vor. Gefehlt hat nach unserer Auffassung eine Regelung für Studierende, ein Teilzeitstudium für sich und ihre individuelle Situation einzufordern. Das ist jetzt mit der Ergänzung des § 17 Abs. 4 erfolgt:

„Die Hochschulen sollen... eine Immatrikulation oder Rückmeldung als Teilzeitstudierender zulassen, wenn der Antragsteller entsprechende persönliche Gründe nachweist.“

Im Übrigen soll ein Teilzeitstudium semesterweise oder studienjahrsbezogen stattfinden können.

Zweiter Punkt, Flexibilität für Studierende: Die Formulierung heißt nun: „Leistungen sind anzuerkennen....“ Es geht insbesondere um die Flexibilität, von einer Fachhochschule an die andere, von einer Hochschule an die andere zu wechseln und auch innerhalb Europas diesen Austausch zu gewährleisten. Die Formulierung, was Flexibilität angeht, heißt also: „Leistungen sind anzuerkennen, sofern sie sich nicht wesentlich unterscheiden.“ Das gilt auch für ausländische Studiensemester und fördert so den Austausch innerhalb Europas.

Darüber hinaus ist auch festgelegt, dass 50 % der außerhalb der Hochschulen erworbenen Kenntnisse, also durch berufliche Tätigkeit erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten, auf das Studium anzurechnen sind. Sie ersetzen so die bisherige Möglichkeit der Anrechnung, es heißt also jetzt, dass sie anzurechnen sind.

Der dritte Punkt - das ist der wichtigste für uns - betrifft den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang. Dieser Punkt wurde besonders von den Studierenden aufmerksam verfolgt. Wir haben dazu etliche Diskussionen vor Ort gemeinsam bestritten. Die Kultusministerkonferenz - darauf hat auch Herr Schierack hingewiesen - am 10. Dezember 2009 hat den Weg für einen barrierefreien Übergang freigemacht. Dieser Übergang kann dann, so formuliert es die Kultusministerkonferenz, durch Einzelregelungen in den Gesetzen der Länder unterstützt und konkretisiert werden. Alles andere ist somit der Regelung der Länder überlassen und ist eine Kann-Bestimmung.

Für Brandenburg haben wir dies insofern übernommen, als im § 18 neu geregelt ist, dass unsere Hochschulen besondere Eignungs- und Qualifikationsvoraussetzungen in ihren Satzungen nur dann festlegen können, wenn dies die speziellen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs nachweislich erfordern. Das Wort „nachweislich“ habe ich nicht umsonst betont. Es bedeutet, dass die Satzungen dem Ministerium rechtzeitig zur rechtlichen Prüfung - und nur zur rechtlichen Prüfung; hier besteht der Dissens darin, dass Sie sagen, es sei eine fachliche Prüfung, es aber in der Tat nur eine rechtliche

Prüfung ist - vorgelegt werden müssen. Damit können einerseits die Hochschulen die Masterstudiengänge speziell ausrichten und andererseits die Studierenden sicher sein, dass keine unnötigen Hürden für sie errichtet werden. Im Änderungsantrag haben wir das mit der Ergänzung im Artikel 2 noch einmal deutlich unterstrichen. Diese Ergänzung regelt auch alle bisher bestehenden Satzungen, die dann noch einmal vorgelegt und auch entsprechend rechtlich überprüft werden.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein Wort zum Antrag der CDU, der hier erneut eingebracht wurde. Wir haben im Ausschuss schon darüber diskutiert. Mit diesem Antrag haben Sie in Bezug auf die alte Regelung im § 8 nur das Wort „sollen“ durch das Wort „können“ ersetzt. Das reicht uns aber nicht, weil die Studierenden damit eben nicht vor weiteren Einschränkungen zum Masterstudiengang geschützt werden.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete!

Ich bin gleich fertig, Frau Präsidentin. - Die Freiheit der Hochschulen muss die Freiheit der Studierenden einschließen, schon in ihrem eigenen Interesse. Und, Herr Schierack, hier ist weder die Freiheit der Hochschule noch die der Wissenschaft in Brandenburg gefährdet. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Melior. - Wir setzen die Beratung mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Lipsdorf, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag ist von der CDU und der FDP eingebracht worden, also nicht nur von der CDU.

In der Tat bezieht sich die Novelle auf die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz. Es ist also nicht unbedingt vornehmlich ein Kind der Landesregierung, sondern eher eine Umsetzung dessen, was bundesweit beschlossen und empfohlen wurde.

Der Beschluss sagt, dass für die Zulassung zu Masterstudiengängen weitere Voraussetzungen zur Qualitätssicherung oder aus Kapazitätsgründen von den Hochschulen bestimmt werden können. Und genau darum geht es uns mit diesem Antrag. Unsere Formulierung:

„Darüber hinaus können die Hochschulen in den Satzungen weitere besondere Zugangsvoraussetzungen zu den Masterstudiengängen festlegen.“

Also vom Sollen zum Können.

Das ist für uns eine Form der Hochschulautonomie - Entschuldigung! Da sehen wir schon, dass, wenn das Sollen bleibt, das Können in diesem Fall nicht mehr so genutzt werden kann, und dass eine Einschränkung der Hochschulautonomie stattfin

det. Das ist langsam spaßig, denn jedes Mal, wenn Herr Prof. Dr. Schierack, ich oder generell jemand von der CDUoder FDP-Fraktion das Wort Hochschulautonomie in den Mund nehmen, scheut Rot-Rot dies wie Beelzebub das Weihwasser.

Es steht die Frage, wie eng dann die Kontakte zu den Hochschulen sind. Die Frage für uns ist vor allen Dingen, wer im Ministerium konkret über diese Dinge entscheidet, die eigentlich unter die Hochschulautonomie fallen, und über die - wie Sie sagen rechtlichen Grundlagen. Wir sagen: Nein, hier werden zweifellos auch fachliche Fragen bewertet werden. Folgt dann die Ministerin oder der Minister den Empfehlungen von wem auch immer aus dem Ministerium, oder setzt er oder sie entgegengesetzte Beschlüsse um? Hier ist die Frage: Wer entscheidet darüber? Das Innenministerium? Und mit wem zusammen?

Wir lehnen die Form der Novelle in der jetzigen Fassung ab, weil sie die Hochschulautonomie nicht genügend berücksichtigt. Zweifellos handelt es sich um eine notwendige und im Großen und Ganzen um eine gute Novelle. Bis auf den eben genannten Punkt gehen wir mit.

Es wurde angekündigt, dass das Hochschulgesetz generell groß reformiert oder novelliert werden soll. Es wurde bisher allerdings nicht konkret formuliert, welche Eckpunkte die Novelle haben soll. Ich gebe hier aufgrund aktueller Zeitungsinterviews und aktueller Dinge, die im Land und im Nachbarland Sachsen geschehen, den dringenden Rat, auf eine engere Zusammenarbeit mit den mittelständischen und kleinen Betrieben, Firmen und Unternehmen in Brandenburg zu setzen, damit Hochschulen und Unternehmen auch in der Forschung enger miteinander verzahnt werden, weil hier ein Potenzial für Brandenburg liegt. Das als Hinweis für die Zukunft. - Danke.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Lipsdorf. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Jürgens wird sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bildung und Wissenschaft sind Schwerpunkte der rot-roten Koalition. Aus diesem Grund streben wir in Brandenburg eine Hochschullandschaft an, die sozialer, gerechter und demokratischer ist als die heutige. Bis wir dort angelangt sind, ist es aber noch eine weite Reise. Doch wie sagt ein chinesisches Sprichwort so schön: Jede lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

Die Änderung des Hochschulgesetzes, die wir heute diskutieren, ist dieser erste Schritt. Zwar ist es ein verhältnismäßig kleiner Schritt - weitere müssen aus Sicht meiner Fraktion folgen -, dennoch sind die Änderungen, die wir jetzt am Hochschulgesetz vornehmen, keine Kleinigkeiten, sondern wichtige Verbesserungen für Studierende in unserem Land. Sie waren mit ihren Protesten vor knapp einem Jahr die Auslöser für die Neuerungen, und wenn wir auch nicht all ihre Forderungen aufgegriffen haben und aufgreifen konnten, so gehen wir jetzt auf viele ihrer Wünsche ein. Meine Kollegin Frau Melior ist auf die Punkte schon konkret eingegangen, deswegen werde ich sie nur noch einmal kurz nennen.