Protocol of the Session on October 7, 2010

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Melior wird sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt hier ein Antrag vor, der sich nahtlos an den Antrag vom vergangenen Monat anschließt, Herr Schierack. Da hat die CDU-Fraktion beantragt: „Hochschulpakt in vollem Umfang beibehalten“. Jetzt heißt der Antrag „Planungssicherheit für Brandenburger Hochschulen“. Ich vermute, das geht jetzt so weiter. Ich sammle die Anträge auch alle; vielleicht kann ich irgendwann einmal meine Bürowand damit tapezieren. Nur: Sind die Anträge der Sache wirklich dienlich? Die Frage muss erlaubt sein.

Sie stellen hier ein System infrage, das Frau Wanka, die damalige CDU-Wissenschaftsministerin von Brandenburg, seinerzeit mit den Hochschulen verabredet, installiert hat, ein System, das berechenbar war für die Hochschulen, das Klarheit im Globalbudget - das wird ihnen nämlich zugewiesen; das wird verabredet - geschaffen hat und das eine leistungsbezogene Komponente hat. Das verstehe ich nun überhaupt nicht mehr: dass sich FDP und CDU jetzt von leistungsbezogenen Komponenten verabschieden und à la Berlin Verträge für jede einzelne Hochschule machen wollen. Die leistungsbezogenen Komponenten sorgen nämlich dafür, dass berücksichtigt wird: Wie viel ausländische Studierende haben wir an den einzelnen Hochschulen in Brandenburg? Wie viel Frauenförderung findet dort statt?, und vieles andere mehr. Ich fände es sehr schade, wenn wir uns von diesem leistungsbezogenen System verabschiedeten.

Im Übrigen: Diese Verabredung - der Hochschulpakt - ist ein konsensuales System. Das heißt, alle Hochschulen Brandenburgs sind daran beteiligt, und wir werden bundesweit darum beneidet, dass wir im Konsens miteinander verabreden, wie wir die Dinge regeln, wie wir auf Exzellenzinitiativen des Bundes reagieren, wie wir bestimmte Dinge davon aufnehmen und auch vor Ort umsetzen.

Die Ministerin ist dabei, mit den Hochschulen diesen Konsens herzustellen. Das wird nicht einfach, das gestehe ich Ihnen gern zu, weil: Wir haben da auch Punkte miteinander beraten, die etwas kritisch zu sehen sind. Aber ich bin sicher, es gelingt.

Die Hochschulen sind längst weiter als Sie. Sie schreiben nicht solch unsinnige Anträge oder denken über solche nach, sondern verhandeln ganz klar mit der ministerialen Ebene und sorgen dafür, dass ihre Hochschulen auch in Zukunft eine gute Arbeit für Brandenburg leisten können.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Melior. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Lipsdorf hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt durch den Hochschulpakt haben die Universitäten und Fachhochschulen im Land ihre Positionen in der deutschen Hochschullandschaft stärken können. Bei der Unterzeichnung von Hochschulpakt I und II durch Landesregierung und brandenburgische Landesrektorenkonferenz gab der Ministerpräsident sein Wort, den Hochschulen mehr Autonomie zuzugestehen und Rücklagen bilden zu können. Da ist sie wieder, die Autonomie. Aber nach der verhängten Haushaltssperre ist dieses Wort nichts mehr wert. Die Landesregierung sagt, dass die Hochschulen auch einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten sollen. Nun werden die Hochschulen für ihr gutes Wirtschaften bzw. für eine weitergehende Planung ihrer Haushalte bestraft.

Insgesamt sollen 10 Millionen Euro wieder entnommen werden bzw. den Hochschulen erst gar nicht zugutekommen. Das sieht die Landesregierung bzw. die rot-rote Koalition so. Die betroffenen Hochschulen sind zu Recht ganz anderer Meinung. Untermauert wird dies durch ein Gutachten von Prof. Dr. Pestalozza. Dieser Wortbruch des Ministerpräsidenten raubt den Hochschulen Planungssicherheit, die sie brauchen, um sich auf neue nationale Herausforderungen, die ja gegeben sind, einzustellen bzw. sich auch im internationalen Wettbewerb profilieren zu können.

Das darf nicht sein. Deshalb fordern wir in diesem Antrag, dass der Hochschulpakt durch einen juristisch bindenden Hochschulvertrag zwischen Landesregierung und Hochschulen ersetzt wird. Dabei muss die Autonomie der Unis und Fachhochschulen gewahrt werden. Dieser Vertrag soll für die Beteiligten rechtsverbindlich sein, und, meine Damen und Herren, das gilt dann aber auch für die Landesregierung. Mit einem rechtlich abgesicherten Hochschulvertrag werden die Hochschulen nicht mehr für ihr gutes Wirtschaften bestraft und müssen schlechte Haushaltslagen, für die sie nicht verantwortlich zu machen sind, nicht ausbaden.

So sind auch Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, davor geschützt, Wortbruch zu begehen bzw. begehen zu müssen, um den Haushalt zu sanieren, und sie brauchen auch ihren eigenen Koalitionsaussagen nicht zu widersprechen, die wie folgt heißen:

„Investitionen in Wissenschaft, Forschung und Innovation sind Investitionen in die Zukunft und bleiben zentrale Bausteine für die zukünftige Entwicklung des Landes.“

Wer glaubt, dass es eine Investition ist, wenn man Hochschulen Geld nicht ausbezahlt oder die Rücklagen wieder einbehält, sollte sich einmal an diese Hochschulen begeben, mal so richtig intensiv, und sich auf den neuesten Stand der Dinge bringen lassen.

Wir sind auf eine leistungsstarke und flexible Forschung sowie motivierte Studenten und Hochschullehrer angewiesen. Wir brauchen in der Zukunft exzellente Fachkräfte, die für dieses Land dann auch bereitstehen müssen. Dafür muss die Landesregierung Sorge tragen.

Die Rücklagenbildung hat sich, wie Herr Platzeck bei der Unterzeichnung des Hochschulpakts II betonte - es steht heute noch auf der Internetseite des MWFK -, bewährt. Wortbruch eines Ministerpräsidenten hat immer Folgen. Ich darf Ihnen an dieser Stelle sagen: In den USA zum Beispiel, so berichtete mir der Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Martin Neumann, ist dieser ungeheuerliche Vorgang, der hier geschehen ist, mit Erschrecken wahrgenommen worden.

(Frau Melior [SPD]: Ungeheuer nennen Sie das!)

- Ungeheuerlicher Vorgang.

Das darf sich nicht wiederholen, darum geht es. Deshalb fordern wir einen rechtsverbindlichen Hochschulvertrag, der die Selbstverwaltung und die Budgetfreiheit der Universitäten und Fachhochschulen schützt. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lipsdorf. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Jürgens erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, FDP und Grüne! Beim ersten Lesen Ihres Antrags hatte ich die Hoffnung, dass wir wirklich zu einer guten Debatte zum Thema Hochschulsteuerung kommen.

Hochschulverträge gehören ja zu den neueren Instrumenten, mit denen ein Land Hochschulen vor dem Hintergrund der Autonomie steuern kann, und in Brandenburg haben wir davon bereits einige Instrumente. Wir haben zum Beispiel die Globalhaushalte, in deren Rahmen die Gelder über eine leistungsbezogene Mittelvergabe ausgereicht werden. Das heißt, das Land setzt finanzielle Anreize, um bestimmte Entwicklungen, beispielsweise bei der Frauenquote, beim Anteil ausländischer Studierender etc. - das hat die Kollegin Melior schon gesagt -, zu fördern. Dieses Modell ist im Konsens beschlossen worden, dieses Modell funktioniert auch in Brandenburg und dieses Modell ist nicht infrage gestellt, es wird weiterhin so bestehen. Man könnte vielleicht einmal - das haben wir mit der Ministerin schon verabredet - über die Evaluierung dieses Modells reden, aber grundsätzlich wird hier nichts angetastet. Die Hochschulen können mit diesem Verteilungsmodell sicher planen.

Dann gibt es die Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen, die über mehrere Jahre geschlossen werden

die jetzigen gelten bis 2012. Auch diese setzen finanzielle Anreize, und auch hier haben die Hochschulen Planungssicherheit für die nächsten Jahre.

Dann gibt es die Hochschulpakte I und II. Der Hochschulpakt II läuft in diesem Jahr aus, für den Hochschulpakt III laufen bereits Verhandlungen zwischen dem Ministerium und den Hochschulen. Also auch hier gibt es Planungssicherheit, hier finden bereits Gespräche statt. Ich weiß gar nicht, was Sie hier von Planungsunsicherheit fabulieren. Es gibt Instrumente, die den Hochschulen sehr wohl Planungssicherheit geben.

Die Debatte um die Rücklagen, weshalb Sie hier aktionistisch Ihren Antrag stellen, hatten wir bereits in der letzten Sitzung: Es ist nicht möglich - der Zeitaspekt ist ein weiteres Argument gegen Ihren Antrag -, dass diese Verträge innerhalb von zwei Monaten - wir haben heute den 7. Oktober -, zum 01.01. - so sieht es Ihr Antrag vor -, stehen. Es ist überhaupt nicht denkbar, dass das Ministerium innerhalb von nicht einmal zwei Monaten mit allen neuen Hochschulen Verträge schließt.

Ich weiß: Der Eingriff in die Rücklagen war schmerzhaft, und ich bedaure das auch für die Hochschulen zutiefst. Aber niemand - das möchte ich noch einmal betonen, Herr Prof. Schierack - will das Recht der Hochschulen auf Rücklagenbildung abschaffen, wie Sie das hier unterstellt haben.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Das hat niemand vor. Es wird weiterhin Planungssicherheit geben mit den Instrumenten, die ich benannt habe. Wenn Sie einmal in den Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 sehen, werden Sie feststellen, dass darin die Zuweisungen konstant geblieben sind. Das ist die wirkliche Planungssicherheit, die wir den Hochschulen auch für das nächste Jahr noch geben. Deshalb, nicht nur aufgrund der verfehlten Zeitplanung, sondern auch, weil es aus unserer Sicht nicht so hoppladihopp möglich ist, Hochschulverträge zu schließen, und Sie nicht einmal definieren, was in ihnen alles enthalten sein soll, lehnen wir Ihren Antrag ab. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jürgens. - Wir setzen die Debatte mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete Niels erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich erlaube mir, am Anfang noch einmal kurz zu sagen, worum es geht, um auch selbst den Faden wiederzufinden, und danach benutze ich eine kleine Geschichte.

Die Gesamtrücklagen der Universitäten in Brandenburg betrugen 24,6 Millionen Euro. Die Höhe des Zugriffs der Landesregierung beträgt 10 Millionen Euro. Gemäß dem Beschluss wurden 25 % aus den Rücklagen jeder Hochschule entnommen und der Rest von den Universitäten, die am meisten Geld zurückgelegt hatten: von der BTU 3,66 Millionen Euro, von der Universität Potsdam 4,494 Millionen Euro.

Nun war der Sinn des Ganzen eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel über die jeweiligen Haus

haltsjahre hinaus, ein verantwortungsvoller Umgang und eine langfristige Planung.

Wenn ich mit meinen Kindern - ich habe drei - für vier Jahre einen Vertrag abschließe, dass sie regelmäßig für die laufenden Kosten monatliche Zuweisungen bekommen und ich am Ende des Jahres mit ihnen keine Tabula-rasa-Kasse mache und alles wieder zurücknehme, sondern sie Rücklagen bilden dürfen, wird Folgendes passieren: Der große Sohn überlegt sich, für den Führerschein zu sparen, und wirbt Drittmittel von Großmutter und Tanten ein, um sich schon einen entsprechenden Gebrauchtwagen zu kaufen. Zu 50 % finanziert er das aus meinen Zuwendungen für die laufenden Kosten, das ist klar. Er überlegt sich die ganzen Jahre über immer wieder: Was ist sinnvoll auszugeben, worauf kann ich aber im Notfall verzichten? Er haushaltet also sparsam. Ich will jetzt nicht ausführen, was die anderen beiden Kinder machen, damit würde ich vielleicht zu tief ins Nähkästchen greifen.

Wenn ich nun nach vier Jahren beschließe - einsam und allein -, dass ich einen Großteil der Rücklagen entnehme, steht mein Sohn doch bestimmt nicht da und freut sich über die Frauenquote, Frau Melior, nämlich, dass Bestandteil war, dass er eine Fahrlehrerin nimmt und sagt: Juchhu, Gott sei Dank, du hast mir dafür regelmäßig etwas gezahlt.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Er geht auch bestimmt nicht vor Gericht, um gegen mich zu klagen, nein.

Natürlich haben wir im Landtag - mal die Parallele - einen Antrag eingereicht, weil die Hochschulen logischerweise mit der Ministerin verhandeln. Was sollen sie sonst machen? Meine Kinder würden auch zuerst zu mir kommen, sich bei mir beschweren und nach dem Sinn fragen. Denn das ist doch beim Hochschulpakt die zentrale Frage: Worin bestand denn der Sinn? Bitte nicht noch einmal die Frauenquote erwähnen!

Das war nicht der Sinn der Rücklagenbildung. Im Sinne des sinnvollen, verantwortungsvollen Haushaltens sage ich nun meinem Sohn: Weißt du, das war eine Ausnahme. In den nächsten Jahren kommt das auf keinen Fall wieder vor. Spare weiter! Mein Sohn wird in den Folgejahren restlos alles ausgeben; und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Hochschulen auf eine Zusage der jetzigen Ministerin verlassen. Zwei Minister haben bereits das Amt gewechselt. Es ist auch immer die Frage, wie lange sich ein Minister in der Landesregierung hält - leider.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Ich erinnere mich an eine Zusage, dass Hornow das letzte Dorf ist, das für die Braunkohle fällt. Daran haben sehr viele Menschen geglaubt. Na ja, davon können sich die von JänschwaldeNord Betroffenen nicht allzu viel kaufen, und sie können auch nicht gegen solche Worte klagen. Insofern ist es doch sehr sinnvoll, einen Antrag einzubringen. Und dass die CDU schon einmal einen ähnlichen Antrag gestellt hat, zeigt mir: Das muss doch wohl einen Sinn haben.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU - Frau Melior [SPD]: Und noch einen und noch einen!)

Und wenn ein sinnvoller Antrag schon einmal abgelehnt wurde, ist es umso schöner, wenn sich noch zwei Fraktionen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - mit der CDU zusammenfinden und einen qualifizierten neuen Antrag ausarbeiten, um Rechtssicherheit für die Hochschulen zu schaffen.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

- Um ihn noch weiter zu qualifizieren, Herr Jürgens, können wir ihn ja in den Ausschuss überweisen, um dann mit Ihrer Zusammenarbeit und mit vielen anderen fachlich begnadeten Kollegen zu einer Spitzenlösung zu kommen.

(Frau Melior [SPD]: Wir haben ein super System, wir brauchen diesen Antrag nicht! - Vereinzelt Beifall GRÜ- NE/B90)

- Frau Melior, Frau Wanka hat dieses System nicht dazu benutzt, die Rücklagen anzugreifen, das wollte ich auch noch einmal sagen.