Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich will es gleich zu Beginn sehr deutlich machen, denn zu diesem Antrag ist fachlich leider nicht viel zu sagen, außer, dass er jeglicher Grundlage entbehrt. Sowohl die Zielsetzung als auch die Argumentationslogik sind für mich keinesfalls schlüssig.
Zu begründen, mit einer Zweigstelle des Dokumentationszentrums in Potsdam auch mehr Besucher an den Hauptausstellungsort nach Eisenhüttenstadt zu bringen, zeugt nicht annähernd von Weitsicht. Schon jetzt wird der Kulturhaushalt von vielen Seiten als ein Sparopfer der nächsten Haushaltsdebatte gehandelt.
Ich wäre schon froh, wenn wir nicht jedes Jahr leidig für die Ausfinanzierung der kulturellen Infrastruktur in Brandenburg kämpfen müssten und Kultur hier im Hause unter dem Anspruch von Wirtschaft und Bildung den Stellenwert haben würde, den sie auch verdient.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die FDP über die DDR-Alltagskultur zu profilieren versucht. Ich kann Ihnen nur sagen: Versuchen Sie es an anderer Stelle. Der Platz ist schon von mehr als nur einer Partei besetzt. SPD und Linke streiten sich schon sehr lange darum, und ich bin mir sicher: Wenn Sie dies ernsthaft vorhaben, können Sie darunter nur zerquetscht werden.
Die kulturpolitische Kleinsichtigkeit und teilweise der Versuch, die Linke noch links zu überholen, wird Sie, werte Kollegen von der FDP, in eine Sackgasse führen. Wir brauchen eine starke FDP mit liberalem, wirtschaftlichem und feingeistigem Profil. Zeigen Sie das! - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Heinrich. - Wir fahren mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Die Abgeordnete Böhnisch erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie Tutow oder vielleicht Mühltroff? Was haben diese beiden Namen mit dem Antrag der FDP zu tun?, werden Sie mich gleich fragen. - Eine ganze Menge, denn erstens haben beide Orte DDR-Museen, zweitens zeichnen sie sich durch eine ähnlich periphere Lage wie Eisenhüttenstadt aus, und drittens haben diese Museen eine ähnliche Resonanz wie mein Eisenhüttenstädter Dokumentationszentrum.
Weder in Mecklenburg-Vorpommern noch in Sachsen trägt man sich mit dem Gedanken, jetzt in der Landeshauptstadt eine Zweigstelle zu errichten, ein sogenanntes Schaufenster.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 17 Jahren wurde in meiner Heimatstadt dieses Dokumentationszentrum errichtet. Eine Kita, die nicht mehr gebraucht wurde, wurde umgebaut. Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich daran erinnere, dass es wirklich Streit gab, ob es errichtet werden soll oder nicht. Es passte aber genau in meine Stadt. Es ist eben eine Planstadt der DDR.
Die Entscheidung fiel damals wirklich bewusst für unsere Stadt. In den vergangenen 17 Jahren hat sich nun gezeigt, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Vor allen Dingen Touristen besuchen das Dokumentationszentrum. Zentrum und Stadt werden jetzt als eine Einheit gesehen. Das Zentrum wurde auch zu einem Markenzeichen unserer Stadt.
Inzwischen wurde das Dokumentationszentrum auch aus finanziellen Gründen von einem Verein übernommen, der durch große Kraftanstrengung, mit Ideenreichtum und Engagement der Beteiligten, aber auch der Bevölkerung das Zentrum immer weiter ausgebaut hat. So wurde zum Beispiel in den letzten Jahren eine leerstehende Plattenbauwohnung umgebaut, um darin das Flair der 50er Jahre einer DDR-Wohnung nachzugestalten. Die Sammlungen umfassen ca. 150 000 Objekte. Wir wissen manchmal nicht, wo wir die Sachen unterbringen können. Wir suchen krampfhaft nach Depots.
Zusätzlich arbeitet seit einiger Zeit eine Museumspädagogin in der Einrichtung, um den Kontakt zu den Schulen zu verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit 6 000 bis 10 000 Besuchern pro Jahr in einer Stadt mit knapp 30 000 Einwohnern kann das Zentrum auf eine beachtliche Resonanz verweisen.
Der in Ihrem Antrag, Herr Lipsdorf, angegebene Vergleich mit den Besucherzahlen einer ähnlichen Einrichtung in Berlin, in der Bundeshauptstadt mit 3,4 Millionen Menschen, ist unfair. Andererseits ergibt sich natürlich für mich die Frage, warum eine zusätzliche Außenstelle in Potsdam geschaffen werden soll, wenn es in Berlin bereits eine ähnliche Einrichtung gibt. Ich glaube, dass man von Potsdam schneller nach Berlin kommt als nach Eisenhüttenstadt.
Sicher würde ich auch dazu raten, eine weitere Stelle einzurichten, um auf DDR-Alltagskultur aufmerksam zu machen.
Doch wir müssen uns im Klaren sein, dass die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle in Potsdam die Gefahr in sich birgt, dass die Ausstellung in Eisenhüttenstadt dann vielleicht nicht mehr finanzierbar ist. Aus meiner 20-jährigen Tätigkeit im Kulturausschuss der Stadt kenne ich die Probleme um die Finanzierung dieses Dokumentationszentrums. Ich weiß, wie groß die Anstrengungen sind, um eine relativ stabile Finanzierung zu sichern. Gefördert wird dieses Zentrum durch eine Drittelfinanzierung: ein Drittel das Land, ein Drittel der Kreis, ein Drittel die Stadt. Angesichts der Haushaltslage - da erzähle ich Ihnen nichts Neues - sowohl des Landes als auch der Kommunen wissen Sie, dass es für eine neu einzurichtende Zweigstelle momentan sicherlich keine zusätzlichen finanziellen Mittel gibt. Daher werden wir diesen Antrag ablehnen. Das tue ich nicht nur aus Lokalpatriotismus.
Im Übrigen ist es sicherlich nicht notwendig, darauf zu verweisen, dass das Dokumentationszentrum nicht nur bereit, sondern sehr gewillt ist, wissenschaftlich mit Institutionen zusammenzuarbeiten. Auch Ausstellungen in Potsdam sind realisierbar. Vorlesungen, Gesprächsrunden können auch in Eisenhüttenstadt stattfinden. Dabei wünsche ich mir Ihre Unterstützung, dieses Dokumentationszentrum, das sicher die meisten im Saal nicht kennen, einmal aufzusuchen. Zeigen Sie mit Ihrem Besuch in Eisenhüttenstadt Ihr Interesse an diesem Zentrum. - Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Böhnisch. - Wir kommen nun zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Abgeordneter Vogel wird anstelle der erkrankten Abgeordneten Frau Niels sprechen. Bitte, Herr Vogel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lipsdort und liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich denke, das Anliegen ist aller Ehren wert. Aber wir müssen uns wirklich einmal überlegen, womit wir uns hier in diesem Plenum befassen. Was ist an diesem Antrag so wichtig, dass wir uns in diesem Hohen Haus damit befassen müssen? Wollen wir demnächst über jedes lokale Problem reden? Hat nicht jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis irgendeine Einrichtung, die er gern abgesichert sehen will? Hat nicht jeder von unseren Kollegen irgendeine Idee, dass durch Zusammenfassung oder Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen Synergieeffekte erzielt werden können? Ist das nicht ein Thema, das vielleicht zwischen Eisenhüttenstadt und Potsdam ausgehandelt werden sollte? Müssen wir uns wirklich hier damit auseinandersetzen?
Ich rede nicht gegen Ihr Anliegen. Es mag ja sinnvoll sein, dieses Schaufenster zu haben. Ich sehe nur nicht, dass es hierher gehört. Es ist ein Antrag, den Sie, denke ich, allerhöchstens hätten in den Ausschuss einbringen können.
Die FDP muss sich wirklich überlegen, ob sie mit solchen Anträgen die Sitzung bis 18.30 Uhr verlängern möchte.
Ich denke, hierher gehören die wirklich wichtigen Themen, die grundsätzlichen Diskussionen. Dann haben wir auch Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und werden ernst genommen. Aber mit solchen Dingen demontieren wir uns selber. - Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Münch erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich brauchte ich nach den Beiträgen von Herrn Vogel und Frau Heinrich gar nichts mehr zu sagen. Doch mir geht es natürlich um die Sache und deswegen einige Sätze zu diesem wichtigen Museum.
Das Dokumentationszentrum wird von einem Verein getragen. Es ist eine große Leistung dieses Vereins, das Museum in dieser Qualität zu betreiben. Frau Böhnisch, Sie haben das auch sehr gut dargestellt. Ich bin vor wenigen Wochen dort gewesen und habe mir das Museum sehr intensiv angesehen. Ich kann nur sagen: Es ist eine absolut empfehlenswerte Ausstellung. Gerade auch die Sonderausstellung, die zurzeit läuft, ist hoch interessant und verdient es, von sehr vielen Menschen gesehen zu werden.
Der Trägerverein selbst - und auf den sollten wir hören - sieht den Sitz des Dokumentationszentrums langfristig in Eisenhüttenstadt, weil es eben dorthin gehört und passt. Frau Böhnisch hat das bereits geschildert. Auch die Ausstellung passt gut dorthin.
Wir unterstützen den Standort Eisenhüttenstadt und fördern gemeinsam mit dem Bund die Umsetzung einer neuen Dauerausstellung. Das sollte gemacht werden. Die alte ist ein bisschen in die Jahre gekommen. Die Gesamtkosten für diese neue Ausstellung betragen 784 000 Euro. Das Land wird dazu knapp 400 000 Euro aus PMO-Mitteln dazugeben. Ab 2012 werden wir eine neue attraktive Dauerausstellung haben.
Am jährlichen Betrieb, Frau Böhnisch hat darauf hingewiesen, beteiligt sich das Land mit einem Anteil von 78 000 Euro, was einem Drittel der Kosten entspricht. Ich denke, das ist ein ansehnlicher Betrag. Es ist auch nicht vorgesehen, hier aus der Verantwortung zu gehen.
Die Verlagerung nach Potsdam steht derzeit überhaupt nicht an. Die personellen Ressourcen sind nicht vorhanden. Es besteht auch keine Notwendigkeit dazu. Was aber wichtig wäre, um das Ganze abzukürzen, ist natürlich eine stärkere Präsenz der Ausstellung und des Themas in Potsdam. Deswegen ist es wichtig, dass beispielsweise das Haus für brandenburgisch
Ich war kürzlich in Meyenburg in der Prignitz und habe mir dort das Modemuseum angesehen; es ist in privater Trägerschaft. Auch dort würden sich inhaltliche Zusammenhänge und Kooperationen ergeben. Wir sollten in diesem Sinne arbeiten und das Dokumentationszentrum in Eisenhüttenstadt stärken und unterstützen, indem auch wir dorthin gehen, darauf aufmerksam machen und junge Menschen gezielt hinschicken.
Ich denke, wir sollten Eisenhüttenstadt nicht als Randlage oder abgelegen herunterreden. Herr Lipsdorf, Sie kommen aus Cottbus. Dann könnte man das Gleiche über Cottbus sagen. Das sehe ich nicht so. Das ist alles eine Frage des Standpunktes.
Wir sollten das Dokumentationszentrum stärken und stützen. Es leistet eine gute Arbeit und hat es nicht verdient, hier in irgendeinen negativen Sog hineinzugeraten. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort erhält am Ende noch einmal die einbringende FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Lipsdorf, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren! Kleine Berichtigung: Es mag sein, dass der Förderverein das nicht will. Herr Ludwig, der Museumsleiter, will das sehr wohl und hat das in einem persönlichen Brief kundgetan. Der Brief ist auch einigen bekannt. Weiterhin ist es Prof. Dr. Martin Sabrow - er ist am Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam -, der es absolut unterstützt, um dann zum Beispiel diese Zweigstelle für Diskussionen zu nutzen.
Dass die Diskussionen nötig sind, Herr Vogel, das haben wir doch heute wieder gesehen und gehört; gerade in diesem Parlament sind sie nötig.
Meine Damen und Herren von der CDU, ein kleines Zitat, Sie dürfen dann raten, von wem es ist: Da hat jemand am 13.08. vorgeschlagen, einen Raum im Potsdamer Museum zum Gedenken an die DDR einzurichten, da die Alltagskultur sehr wichtig sei.