Protocol of the Session on July 1, 2010

„Es besteht dringend die Notwendigkeit, dass die Landesregierung zu den Grundsätzen von Wahrheit und Klarheit, dem Fundament öffentlichen Haushaltsgebarens, zurückkehrt.“

Was unterstellen Sie uns mit den Worten, dass wir zu Klarheit und Wahrheit zurückkehren sollen?

(Zuruf des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Unterstellen Sie uns - das hoffe ich nicht -, dass wir einen unwahren und unklaren Haushalt vorlegen?

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Im Landtag von Brandenburg stand die Änderung des Etats nicht nur einmal zur Diskussion. Die erwarteten Einnahmen und Ausgaben sind exakt veranschlagt. Das können Sie mir glauben. Die Änderungen bei den Einnahmen haben jedoch auch mit der Steuerpolitik, mit dem Fehlverhalten der Bundesregierung - mit dem völlig zerstrittenen Haufen

(Oh! bei der CDU)

und mit der Senkung von Steuern für große Hotelketten zu tun.

Meine Damen und Herren, wenn Sie Anträge zur Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit stellen, dann bitte auch mit Antragsklarheit und Antragswahrheit. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Burkardt erhält das Wort.

(Bischoff [SPD]: Oje, wir freuen uns!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun sind wir endlich beim Lieblingsspielzeug der Regierungskoalition angekommen - bei der Bundesregierung.

Herr Bischoff, wo Sie Recht haben, haben Sie Recht,

(Bischoff [SPD]: Ja!)

wir befinden uns im ersten Semester Finanzwirtschaft.

(Bischoff [SPD]: Finanzwissenschaften!)

Im ersten Semester Haushaltsrecht - das erste Ausbildungsjahr für Verwaltungsleute - wird vermittelt, was unter Haushaltswahrheit und -klarheit zu verstehen ist.

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Wenn eine Oppositionsfraktion Anlass sieht, die Landesregierung an das gegenwärtige Thema zu erinnern - Sie sprachen eben von sich als Regierung, was ich mit Interesse zur Kenntnis nehme -, sollte man beginnen, darüber nachzudenken, welchen Zustand wir im Umgang mit dem Landeshaushalt erreicht haben, dass sich sogar eine Oppositionsfraktion darüber beschweren muss,

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

dass dieser Haushalt alles andere als dem Gebot von Haushaltswahrheit und -klarheit folgt.

(Bischoff [SPD]: Böse Unterstellung, Herr Vorsitzender des Ausschusses! - Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

§ 11 der Landeshaushaltsordnung möchte ich Ihnen nicht vorlesen, das können Sie schließlich selbst lesen. Wenn Sie sich aber diesen Haushalt anschauen und feststellen müssen, dass er so klar, wahr und gut berechnet ist, dass der Finanzminister bereits drei Wochen nach seiner Verabschiedung die Haushaltssperre verhängen muss - am 7. Mai wurde der Haushalt beschlossen und am 30. April stand offenbar bereits fest, dass der Finanzminister 300 Millionen Euro des Landeshaushalts vergeblich sucht, wovon er uns kein Wort sagte -, dann hat das mit Haushaltswahrheit und -klarheit genauso wenig zu tun wie der Umstand, dass der Wirtschaftsminister den Ansatz für die Erstattung der Kosten gegenüber der ILB zu hoch angesetzt hat, was er genau in dem Moment entdeckt, als Sie einen Deckungsbeitrag für Ihre Mehrausgaben, die Sie in diesem Haushalt unterbringen wollen, benötigen.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD] - Beifall CDU und FDP)

Herr Minister Christoffers, im Übrigen wird Ihnen die Akteneinsicht nicht erspart bleiben. Sie erhalten den alten Brief zu

rück und einen Durchschlag an die Beauftragte für die Akteneinsicht, damit Sie das endlich umsetzen können.

Die Mittel für die Grundsicherung sind im Haushalt nicht mehr dargetan. Vielmehr werden sie am Haushalt vorbei geleistet. Der Finanzplanungszeitraum ist kürzer, als in § 50 HGrG vorgeschrieben. Die Investitionsschwerpunkte werden nicht erläutert. Mehrjährige Investitionsprogramme gemäß § 50 Abs. 3 HGrG werden nicht vorgelegt.

Die Zahlen über das, was im Haushalt fehlt, dürfen wir dann der Presse entnehmen, weil sie der Minister uns entgegen dem, was er in der ersten Ausschusssitzung erklärt hat, nicht gesagt hat. Er hat sie draußen vor der Tür der Presse genannt. Auch das gehört zum Thema Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit.

Was die Fragen anbelangt: Wir haben ihm 48 Stunden vor der Sitzung Fragen zugeleitet, die er bitte in der Sitzung beantworten möge, damit er Zeit hat, sich darauf vorzubereiten. Das macht nicht jede Fraktion; wir haben das gemacht. Sie können es im Protokoll nachlesen. Er behandelt diese als eine Anfrage, die er geschäftsmäßig abwickeln will. Irgendwann werden wir die Antworten eines Tages zu lesen bekommen.

(Zuruf von der CDU: Unerhört!)

Im Übrigen kann ich Ihnen nur empfehlen, sich das Protokoll der letzten Finanzausschusssitzung vorzunehmen und nachzulesen, was der Minister über die Ursachen für das Haushaltsloch, für das Finanzierungsdefizit, für den Gesamtsaldo erklärt hat. Wenn Sie glauben, mir das dann erklären zu können, stehe ich gern zur Verfügung - ich gebe auch eine Tasse frisch aufgebrühten Kaffee aus -,

(Zuruf von der CDU: Jawohl!)

damit wir uns darüber verständigen. Ich habe es auch nach der Lektüre dieses Protokolls noch nicht verstanden.

Wenn Sie nach der Lektüre noch die Frage beantworten wollen, wie es mit den Auswirkungen des LASA-Debakels auf dieses Haushaltsloch aussieht: Sie finden in dem Protokoll mindestens vier verschiedene Aussagen des Finanzministers. Das ist Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, und das ist die Finanzpolitik des Landes Brandenburg. - Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Görke möchte sprechen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Antrag der FDP ist mit einem Satz eigentlich alles gesagt: Der Antrag ist, Frau Vogdt, gegenstandslos. Es besteht kein Anlass, die rot-rote Koalition bzw. die Landesregierung aufzufordern, zu Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zurückzukehren, weil wir uns nie von diesen Grundsätzen entfernt haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Widerspruch bei der CDU)

Offensichtlich ist Ihnen nicht im Zusammenhang mit der PISA-Studie geläufig, was Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit bedeuten. Wir hatten heute etwas über die Leseschwäche gehört. In diesem Zusammenhang werde ich einmal vorzutragen versuchen, was ich in den einschlägigen Lexika zum Haushaltsrecht gefunden habe. Da heißt es: Das Prinzip der Haushaltswahrheit ist ein allgemeiner Haushaltsgrundsatz, der in der Kameralistik besagt, dass die Haushaltsansätze, die geplant sind, die Einnahmen und Ausgaben, grundsätzlich möglichst präzise zu schätzen sind. Und sie fordern, dass die Ansätze auf dieser Grundlage gewissenhaft ermittelt werden. Genau das hat der Finanzminister mit dem Kabinett bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs im Februar dieses Jahres getan.

Leider haben Sie übersehen, sehr verehrte Kollegin Vogdt mein Vorredner hat das auch wieder probiert -, dass die entstandenen Finanzierungssaldos vom April im Mai anzuführen waren. Sie wissen auch ganz genau, dass das eine Momentaufnahme war.

Deshalb will ich noch einmal die Momentaufnahme des Sommers 2009 aufrufen. Ich weiß, das ist für die Sozialdemokraten jetzt zumindest eine Zahl; Mike Bischoff zum Beispiel kennt sie.

(Bischoff [SPD]: Wir können damit leben, aber die...)

Im Sommer hatten wir eine strukturelle Abweichung von den Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro. Aber wissen Sie, warum das nicht das Parlament beschäftigt hat? Weil die Rücklagen bzw. die fortgeltende Kreditermächtigung, die der Landtag der Landesregierung gegeben hatte, verfügbar waren. Mit dem Haushalt 2010 - Sie wissen auch, dass wir den auf Naht gelegt haben - waren diese Freiräume nicht gegeben. Insofern war es folgerichtig, dass der Finanzminister diese haushaltswirksamen Beschränkungen verkünden musste.

Stichwort Steuerschätzung: Sehr geehrte Kollegin Vogdt, mittlerweile liegt die regionale Steuerschätzung für den Mai vor. Wie es nun einmal mit Schätzungen ist, es gibt Abweichungen nach oben und nach unten. Beispielsweise ist im Bundeshaushalt nach den kürzlich veröffentlichten Zahlen die Neuverschuldung des Bundes um ein Viertel geringer ausgefallen, 25 Milliarden Euro gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsansatz. Ich habe aus Ihrer Bundes-FDP oder von Ihnen keinen Vorwurf gehört, dass die Bundesregierung möglicherweise von den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit abgewichen und somit ein nichttransparenter Haushalt aufgestellt worden sei.

Apropros Transparenz: Ich glaube, Herr Kollege Burkardt, Sie sollten die Sachverständigen, die zu Beginn dieses Jahres den Bundeshaushalt bewertet haben, einmal nach dem Schattenhaushalt befragen. Da ist einiges sehr Interessantes nachzulesen, wie man versucht, diese Wahrheiten ein wenig zu kaschieren.

Liebe Kollegin Vogdt, Ihr Antrag enthält die Forderung, die Einnahmen und Ausgaben systematisch zu gliedern. Ich weiß nicht, ob und wie gründlich Sie diesen Haushalt gelesen haben. Ich habe den Einzelplan 20 hier. Er ist gegliedert in Kapitel und titelscharf untergliedert in Einnahmen und Ausgaben in den jeweiligen Haushaltsgruppen 1 bis 9.

Wem das noch nicht reicht, der schaue ins Haushaltsgesetz. Dort ist die Abbildung des Gesamthaushalts zu sehen. Der ist

auch nach den einzelnen Gruppierungen unterteilt. Ich glaube, diese Systematik ist keineswegs neu.

Ich habe mir einmal den Haushalt aus dem Jahre 1993 angesehen. Da war die FDP-Fraktion in der letzten Phase ihrer Verantwortung. Der Haushalt sah genauso aus wie jetzt. Er ist also keine spezifische Besonderheit von Rot-Rot, sondern eine Entwicklung, die wir hier jahrelang vollzogen haben, um den Haushalt transparent aufzustellen. Deshalb ist Ihr Antrag gegenstandslos. Wir werden ihm nicht entsprechen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel spricht zu uns.