Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Goetz, nur so viel: Bei der Überschrift zur heutigen Aktuellen Stunde handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Nehmen Sie es einfach sprachlich. Die ist Voraussetzung für eine Diskussion.
Ich mache gleich weiter. Das passt sehr gut zu dem, was Herr Burkardt hier sagte. Es gibt ja noch viel mehr gute Nachrichten. Wir haben tatsächlich einen Aufschwung, zumindest bei einer kleinen Gruppe hier bei uns in Deutschland. Die gute Nachricht: 2009 gibt es wieder viel mehr Millionäre als 2008. In Deutschland ist diese Zahl um 23 % und damit am höchsten gestiegen. Europa ist die reichste Region der Erde, und Deutschland gehört zu den reichsten Ländern in Europa.
All das ist wichtig und durchaus eine positive Nachricht. Es müsste Sie freuen. Eine Ursache dafür, dass die Reichen so gut durch die Krise gekommen sind, war in der Schuldenaufnahme der Länder, in den Konjunkturprogrammen, in der Unterstützung der großen Banken zu sehen. Auch die Euro-Rettung hat ihre Wirkung nicht verfehlt, wie uns die Entwicklung des Reichtums belegt.
Nachdem es den Reichen nun wieder besser geht, müssen wir jetzt endlich anfangen zu sparen. Denn wir leben ja mit unseren Schulden - Sie haben das hier gesagt - auf Kosten der künftigen Generation. Dabei heißt der Kurs der schwarz-gelben Koalition - freundlich ausgedrückt -: Entlastet die Wohlhabenden, dann wird es den Armen schon wieder besser gehen.
Das hat in der Praxis leider nicht funktioniert, und zwar schon seit 2000 nicht - so die aktuelle Studie des DIW. Die Studie hat folgendes Ergebnis: Auch der Anteil der Armen wächst, und zwar zuungunsten der Mittelschicht, die Sie ja immer vertreten wollen. Das wiederum - und jetzt bin ich beim Thema - trifft Brandenburg ganz besonders, weil, wie deutschlandweit festgestellt wurde, der Anteil an Niedriglöhnern ungeheuer wächst. Dieser Anteil ist in Brandenburg überdurchschnittlich hoch, übrigens auch gerade dank einer Wirtschaftspolitik des CDUWirtschaftsministers, der Niedriglohn als Standortvorteil für Brandenburg gesehen hat. Genau umgekehrt - so sehen wir es jetzt - wirkt sich das hier aus, nämlich negativ. Denn genau das ist die Gruppe von Menschen, bei denen gespart wird.
29,5 Milliarden des 80 Milliarden-Euro-Sparpaketes will die Bundesregierung nun bei den Erwerbslosen eintreiben. Da von sozialer Ausgewogenheit zu sprechen ist, gelinde gesagt, einfach unverfroren. Ich komme zu den einzelnen Punkten:
Erstens: die Streichung des Rentenbeitrages von Grundsicherungsbeziehern. Lassen wir das Ganze ein wenig Revue passieren, denn der Abbau hat ja nicht erst jetzt begonnen. Derzeit liegt der monatliche Rentenbeitrag des Bundes für Harzt-IV
Empfänger bei 40 Euro - damit kommt man auch jetzt schon in die Grundsicherung. Aber was soll's, es gab Zeiten, da kamen 236 Euro für einen Arbeitslosenhilfeempfänger in die Rentenkasse und später wurde eine Rente gezahlt. Das ist schon lange nicht mehr der Fall. Die Auswirkungen auf die Rentenkassen sind enorm, weil die 40 Euro gestrichen werden; das müssten Sie als Finanzer eigentlich wissen, Herr Burkardt. Das bedeutet nämlich für alle diejenigen, die Rente beziehen werden,
weniger Geld in der Kasse der gesetzlichen Rentenversicherung, Nullrunden oder Absenken der Renten. Es betrifft also nicht nur die Erwerbslosen, sondern es betrifft alle Rentnerinnen und Rentner, und das ist das Perfide.
Zweitens: Streichung des Zuschlags beim Übergang von Arbeitslosengeld I in Arbeitslosengeld II. Hier trifft es die Erwerbslosen ganz direkt. Dieser Zuschlag ist die letzte Abfederung, damit Betroffene nicht sofort in die Armut oder in ein tiefes Loch hineinfallen. Das sagen Ihnen alle, die Angst davor haben, arbeitslos zu werden. Lesen Sie einfach die Studien! Für eine vierköpfige Familie, eine Familie mit zwei Kindern, kann sich das im Zeitraum von zwei Jahren immerhin auf 7 920 Euro summieren - für Reiche Peanuts, aber für die betroffene Familie ist es viel Geld, das sie zum Leben braucht und übrigens auch ausgeben würde, hier in Brandenburg.
Drittens: Streichung des Elterngeldes. Geradezu entlarvend ist diese Streichung für SGB-II-Bezieherinnen und -Bezieher. Waren Geringverdiener und Leistungsempfänger schon bei der Einführung des Elterngeldes benachteiligt, weil sie statt zwei Jahren nur maximal 14 Monate - oder 12 Monate bei Beziehern von Arbeitslosengeld II - 300 Euro bekamen; sie haben also satte 3 000 bzw. 3 600 Euro weniger bekommen -, so bekommen sie jetzt überhaupt nichts mehr.
Nun wissen wir durch die Armutsforschung: Arme werden eher sterben, Arme sind eher krank. Nun sollen Arme auch keine Kinder mehr bekommen. Das scheint die Rechnung zu sein. Die Begründung Ihrer Bundesfamilienministerin hat mit sozialer Ausgewogenheit und Familienpolitik überhaupt nichts zu tun. Sie lautet, dass das Kindergeld ja auch auf Hartz IV angerechnet werde. Da könne man doch das Elterngeld auch anrechnen. - Tolle Logik, wo wir ja wollten, dass das Kindergeld nicht mehr angerechnet wird, und wie Sie wissen, es in den Regelsätzen nicht enthalten ist! Also, wer jetzt noch von sozial spricht, der hat das Wort in seinem Sinn nicht verstanden.
Viertens: Umwandlung von Pflichtleistungen in Ermessensleistungen. Es klingt im schwarz-gelben „Neusprech“ so schön harmlos: Neujustierung von Sozialgesetzen. Die Umwandlung von Pflichtleistungen in Ermessensleistungen und Effizienzverbesserungen bei der Arbeitsmarktvermittlung - was sich dahinter verbirgt, ist ebenfalls knallhart und zynisch: der Abbau von Leistungen und Rechten bei denen, die ohnehin wenig haben. Mit der Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung wird ganz konkret eine Kürzung von 5 Milliarden Euro jährlich vorgegeben. Das werden die Betroffenen merken, und das wird sie in ihren Chancen auf Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe weiter einschränken.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP! Hier wird nicht neu justiert oder effizienter gemacht, hier wird knallhart weiter von unten nach oben umverteilt.
Hier wird nichts im Interesse künftiger Generationen getan, hier werden Lasten für die Zukunft verschoben, um Steuergeschenke an die Reichen finanzieren zu können. Deswegen ist Ihr ganzes Gerede von Generationengerechtigkeit fadenscheinig, durchsichtig. Das nimmt Ihnen - das zeigen die Umfragen inzwischen - auch niemand mehr ab. - Ich danke Ihnen.
Schönen Guten Morgen! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg sagt, dass wir uns in der Aktuellen Stunde mit aktuellen Fragen der Landespolitik beschäftigen sollen.
Anstatt wir uns also heute in dieser Aktuellen Stunde darüber unterhalten, wie die Landesregierung ihren Haushalt vor dem Hintergrund der Haushaltssperre bewertet, da dieser Haushalt offensichtlich auf Sand gebaut und das Fundament binnen drei Wochen schon weggespült war -,
- anstatt wir uns heute mit den Problemen der Bildungspolitik vor dem Hintergrund des Ländervergleichs beschäftigen, bei dem Brandenburg so schlecht abgeschnitten hat! Im Übrigen: Das Berliner Abgeordnetenhaus diskutiert heute auf Antrag von Rot-Rot darüber, die haben sich nicht weggeduckt.
Aber das kann man ja nicht auf die schwarz-gelbe Bundesregierung schieben, nein, da müssen ja andere herhalten. Da schiebt man dann sogar auf eine Partei ab, die in diesem Land seit 16 Jahren nicht regiert. Das ist schon interessant.
Frau Lehmann, Sie müssen mir irgendwann einmal erklären, wo wir denn eigentlich mehr Lehrer haben, wenn wir die Lehrerstellen abbauen. Darüber können wir uns ja noch einmal unterhalten.
Wir hätten uns auch über die Fragen der Sicherheitspolitik in diesem Land vor dem Hintergrund des Personalkonzeptes der Polizei unterhalten können. Wir hätten uns mit irgendeinem anderen Problem aus Brandenburger Sicht beschäftigen können; aber die SPD scheint ja keine wichtigen Themen im Land zu erkennen und versucht, von ihrer Politik abzulenken, indem sie, wie üblich, die schwarz-gelbe Bundesregierung kritisiert, anstatt Vorschläge zu bringen, wie unser Land modernisiert werden kann.
Ist eigentlich Ihre sozialdemokratische Bundestagsfraktion so schwach, dass sie das nicht selbst hinbekommt?
(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90 - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Die Armut im Lande ist Ihnen egal, oder? - Okay!)
Aber bitte, meinetwegen diskutieren wir über das Sparpaket der Bundesregierung. Die Finanzlage in Bund, Ländern und Gemeinden ist dramatisch. Das wissen wir alle. Wir hier in Brandenburg wissen, dass wir in den nächsten Jahren 2 Milliarden Euro einsparen müssen. Ich würde gern wissen, welche Konzepte die Landesregierung dazu hat, anstatt nur den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: Das ist alles so dramatisch, und der Bund ist daran schuld.
Aber da kommt ja nichts. Im Gegenteil: Sie, die Landesregierung, gibt sogar noch Geld für Imageprojekte wie das SchülerBAföG aus.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung kümmert sich um die dramatische Schuldensituation, die unter anderem dadurch verursacht wurde, dass seit 1999 über 300 Milliarden Euro an neuen Schulden im Bund hinzugekommen sind - unter der Verantwortung sozialdemokratischer Finanzminister. Das gehört wohl zur Wahrheit dazu, oder glauben Sie, dass wir das vergessen?
(Bischoff [SPD]: Deshalb habt ihr es jetzt an Hotelketten verteilt! - Weitere Zurufe von SPD und DIE LINKE)
Das alles belastet zukünftige Generationen und zerstört die Handlungsfähigkeit unseres Landes in der Zukunft. Wir als FDP werden jedenfalls nicht zulassen, dass durch die ausufernde Staatsverschuldung die Gestaltungsfreiheit kommender Generationen beschnitten wird.