Protocol of the Session on May 7, 2010

(Krause [DIE LINKE]: Spannend!)

- Ja, das ist es. Zur Vorstellung: Wenn wir 20 Milliarden Euro Schulden im Jahre 2014 erreichen - das ist bei Ihrer Verschuldungspolitik ja absehbar -, dann wiegen 20 Milliarden Euro 150 000 Tonnen in 1-Euro-Stücken. Das heißt, das sind 5 000 Lkws mit jeweils 30 Tonnen. Sie wissen von der Autobahn: Die Lkws sind 18 Meter lang, 5 000 Lkws aneinandergereiht ergeben eine Länge von 90 Kilometern. Die gesamte A 12 - Stoßstange an Stoßstange - ist zugestaut - sie ist 58 Kilometer lang - und die Gegenspur auch noch zur Hälfte. Das ist die Situation.

20 Milliarden Euro ergeben aneinandergereiht eine Kette von 465 000 Kilometern; das ist elfeinhalb Mal um die Erde. 20 Milliarden Euro kann man auf 46 600 Kilometer Höhe aufstapeln. Das sind 12 % des Weges zum Mond. So ist die Schuldensituation, die wir bis zum Jahre 2012 zu erwarten haben.

(Krause [DIE LINKE]: Wie sieht das in Scheinen aus?)

- Weil Sie nach Scheinen fragen, Herr Krause: Es scheint so, dass die Linken scheinbar weniger mit Münzen zu tun haben, sondern sich mehr mit Scheinen auskennen.

Der gängigste Schein ist der 50-Euro-Schein. Der 50-EuroSchein ist 14 cm lang, 7,7 cm breit und hat eine Fläche

(Heiterkeit bei der SPD sowie Zwischenrufe)

- ich erkläre es Ihnen, Sie haben doch gefragt; ich erkläre es Ihnen gern; nehmen Sie es einfach hin und freuen sich - über die Schulden

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

von 107,8 cm2. 600 Millionen Euro ergeben, wenn man sie nebeneinander ausbreitet, eine Fläche von 129 360 m2. Zum

Vergleich: Das ist ungefähr zweimal das Holländische Viertel in Potsdam, und es bleiben noch 65 Millionen übrig - um einmal die Größenordnung der Schulden, die wir im Land Brandenburg haben, darzustellen.

20 Milliarden Euro ergeben eine Fläche von 4 312 000 m2. Damit können Sie 75 mal das Holländische Viertel mit 50-Euro-Scheinen zudecken.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Das 1-Euro-Stück hat 7,5 Gramm Gewicht; ich versuchte das zu erläutern. Hören Sie zu, dann wissen Sie es!

(Minister Dr. Markov: Stellt ihm bitte keine Fragen!)

Das eigentliche Drama, meine Damen und Herren, wird natürlich nicht der Haushalt 2010, sondern der Haushalt 2011, wenn Sie dann wirklich ernsthaft versuchen sollten, Ihr Versprechen und die Ankündigungen, die Sie jetzt gemacht haben, einzuhalten. Ob die Situation dann viel besser ist,

(Fortgesetzte Unruhe)

ist unklar. Sie sehen also: Sie verschieben das Problem, das wir gegenwärtig haben, auf die Jahre 2011, 12, 13, 14, und mit jedem Jahr, das Sie schieben, werden die Probleme größer und wird die Lage schwieriger.

Und frei mit Franz Josef Strauß gesprochen: Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat zu, als dass wir von dieser Landesregierung solide Haushaltspolitik erwarten können!

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP ist in der Opposition. Opposition ist - im Gegensatz zu Franz Münteferings Ansicht - nicht einfach nur Mist, Opposition ist ein Auftrag. Es ist der Auftrag, die Regierung zu kontrollieren und den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu zeigen, dass es auch anders geht.

Diesen Auftrag nehmen wir als Fraktion der FDP gern an, und wir sind auch bereit, bei der Erfüllung dieses Auftrags mit der Regierung zusammenzuarbeiten. Auch das ist keine Frage, dass wir das gern täten, solange die Regierung auch einmal für andere Meinungen offen wäre. Auch das hätten wir uns gewünscht, und genau dafür war diese Haushaltsdebatte eben kein Beleg, wenn man sieht, wie mit den Anträgen der Opposition in den Ausschüssen und hier in der Debatte umgegangen worden ist. Schade, dass das beim Haushalt nicht möglich war; es wäre eine Chance gewesen. Aber wir bieten auch künftig, bei anderen Themen weiterhin unsere Zusammenarbeit an.

Der hier vorgelegte Haushalt gefährdet die Zukunft des Landes Brandenburg, er vergrößert die Schulden drastisch, führt uns auf einen Schuldenbetrag von 20 Milliarden und eine Halbwertszeit - davon war die Rede - von über 24 Jahren zu. Ich glaube, dass diese Schulden auch in 24 000 Jahren nicht bedient werden können, wenn sich die Haushaltsentwicklung so fortsetzt. Deswegen kann dieser Haushalt, so wie er vorgelegt worden ist, nicht die Zustimmung der FDP-Fraktion finden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Vogel von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Kosanke [SPD]: Nachrechnen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allen Respekt, Herr Goetz, das waren genug Rechenaufgaben für fünf PISA-Jahrgänge. Ich hoffe, dass alles ordentlich mitgeschrieben wurde und sich auch keine Fehler einschleichen, damit wir die Rechnung nachprüfen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanzwelt ist aus den Fugen geraten. Wer von uns wäre denn vor einem Monat auf die Idee gekommen, dass Euro-Anleihen eines EUStaates von den Finanzmärkten als Junkbonds eingestuft werden, in unseren Breiten das Wort vom Staatsbankrott die Runde macht und dass nicht nur ein europäisches Land - Griechenland -, sondern inzwischen mehrere südeuropäische Länder der Eurozone von den internationalen Finanzspekulanten zum Abschuss freigegeben worden sind. Was so martialisch klingt, ist pure Realität. Der Leiter der BaFin nannte dies gestern einen „Angriffskrieg auf die Eurozone“.

Jetzt rächt sich, dass es die Weltgemeinschaft nach 2009 nicht geschafft hat, die Institutionen und Akteure des Weltfinanzsystems, die Hedgefonds und Ratingagenturen, die „systemrelevanten Banken“ und deren Produkte an die Leine zu nehmen. Jetzt rächt sich, dass das Spielkasino der internationalen Finanzmarktjongleure nicht geschlossen wurde.

Für jeden von uns wurde in den letzten Wochen erkennbar: Die internationalen Finanzmärkte richten sich in ihrem Handeln nicht an den deutschen Landtagswahlterminen aus. Erkennbar wurde aber auch, wie erpressbar und Dritten hilflos ausgeliefert Länder werden, die über ihre Verhältnisse leben.

Die griechische Finanzkrise, die inzwischen eine europäische ist, zeigt uns aber auch schonungslos auf, dass die Fähigkeit zu einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik heutzutage die Schlüsselqualifikation, die Schlüsselkompetenz jedes Politikers sein muss. Verantwortungsvolle Haushaltspolitik heißt aber nicht nur, mit dem verfügbaren Geld auszukommen, sondern dabei auch noch die fachpolitischen Prioritäten zu setzen, die ein Land zukunftsfest machen oder mit den Worten des früheren sozialdemokratischen schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson - ich zitiere heute nur Sozialdemokraten, um nicht in Verruf zu geraten - gesagt:

„Nur ein Staat, der nicht länger über seine Verhältnisse lebt, hat seine Hände frei, seine Mittel gezielt für Zukunftsinvestitionen einzusetzen.“

Doch wie sieht es hier bei den Verantwortlichen der rot-roten Mehrheit aus? Bis heute wurde die in der Pressemitteilung vom 19.03.2010 von Herrn Görke formulierte Aussage „Alte Rezepte wie eine Konsolidierung der Haushalte über die Ausgabenseite funktionierten schon in der Vergangenheit nicht“ nicht zurückgewiesen. Die SPD hatte in den letzten Legislaturperioden - oder zumindest in der letzten Legislaturperiode - immer eine andere Auffassung vertreten. Ich denke, es ist in diesen

Haushaltsberatungen deutlich geworden, dass die Sanierung nicht über die Einnahmeseite, sondern nur über die Ausgabenseite funktionieren wird.

Frühere Beispiele wie Schweden, das in den 90er Jahren aus eigener Erkenntnis seine Ausgaben massiv kürzte und so die Staatsausgaben in Ordnung brachte, zeigen nicht nur, dass dieser Weg möglich, sondern auch der einzig gangbare ist, wenn man noch Spielräume für selbstständiges politisches Handeln erhalten will. Heute ist Schweden das EU-Land mit der niedrigsten Nettoneuverschuldung. Das Beispiel Griechenlands dagegen zeigt, dass einem Staat, der nicht beizeiten beginnt, Einnahmen und Ausgaben ins Lot zu bringen, die Kürzungen der Ausgaben irgendwann diktiert werden.

Frau Kaiser, in einem Punkt muss ich deutlich widersprechen. Die Probleme, die in Griechenland jetzt auftreten, sind doch nicht den Auflagen der EU und des IWF geschuldet, sondern das Ergebnis eines langjährigen Prozesses und Versagens der griechischen Regierungen.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass heute im Bundestag über die Hilfen für Griechenland abgestimmt wurde und die Linken gegen diese Hilfen gestimmt haben und die SPD sich enthalten hat, die Grünen aus europäischer Solidarität mit CDU und FDP gemeinsam für diese Hilfen gestimmt haben.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Schippel [SPD])

Man konnte selbstverständlich Entschließungsanträge einbringen, das ist gängige Praxis in allen Parlamenten. Darin haben wir auch zum Ausdruck gebracht, dass wir für die Finanztransaktionssteuer sind. Aber allein die Tatsache, dass wir bei Randbedingungen andere Auffassungen haben, rechtfertigt nicht, die Solidarität mit Griechenland zu verweigern.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Aber was für Staaten gilt, gilt genauso für die deutschen Bundesländer, deren Defizite in die Gesamtbilanz Deutschlands eingerechnet werden. Aus diesem Grund war die Einführung der von Brandenburg abgelehnten Schuldenbremse nur konsequent.

Schuldenbremse, das ist die in das Grundgesetz übernommene Übereinkunft des Bundes und der Länder, dass diese ab 2020 keine strukturelle - nicht überhaupt keine, sondern nur keine strukturelle - Neuverschuldung mehr zulassen dürfen und die Länder in den nächsten Jahren dafür die Voraussetzungen schaffen sollen.

Frau Kaiser hat heute noch einmal sehr deutlich gemacht, dass die Linke diese Schuldenbremse ablehnt. Ich weiß nicht, wie die SPD momentan zur Schuldenbremse steht.

(Schulze [SPD]: Das ist Verfassungslage! - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wir halten uns an Gesetze!)

- Gut, das nehmen wir zu Protokoll. - Ich finde aber sehr bemerkenswert, dass bis heute auf der Internetseite der Linksfraktion unter A-Z, Begriff „Haushaltspolitik“ als letzte aktuel

le Meldung der Beschluss zur Einreichung der Organklage gegen die Schuldenbremse zu finden ist. Das ist also die aktuelle Haushaltspolititk der Linken.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wir arbeiten daran!)

Begründet wurde das von Ihnen im Wesentlichen damit, dass diese einen tiefen Eingriff in das föderale System der Bundesrepublik darstellen würde, dass den Ländern ein Teil ihrer haushaltswirtschaflichen Selbstständigkeit und damit ihrer Eigenständigkeit genommen würde und dass die Länder bisher selber über die Höhe ihrer Verschuldung entscheiden konnten. Frau Kaiser, Griechenland müsste uns allen doch ein Menetekel sein. Am Ende entscheiden die Geldgeber über die Höhe der Verschuldung und nicht die Länder. Wenn die Marktkräfte entscheiden, werden Eingriffe in das Staatsgefüge erzwungen, die weit über alles hinausgehen, was mit der Schuldenbremse als maßvolle Selbstbeschränkung erreicht werden soll. Das kann doch niemand von uns wollen.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt CDU und FDP)

Natürlich ist es grundsätzlich verständlich, wenn in den Bundesländern die Einnahmesituation des Staates beklagt wird und Möglichkeiten einer Einnahmeverbesserung gesucht werden. Allerdings erschließt sich dieses Klagen für Brandenburg nur bedingt.