Im vorigen Jahr waren es von jedem ausgegebenen Euro noch 55,3 Cent, die wir aus eigener Kraft erzielt haben. Wir haben also einen drastischen Rückgang der eigenen Leistung, gemessen an den eigenen Ausgaben: von 55,3 Cent im Jahr 2009 auf rund 47 Cent im Jahr 2010. Das ist die Entwicklung, die wir genommen haben. Es ist eine Entwicklung, die Anlass zu größter Sorge gibt und die auch geradezu danach schreit, dass stärker in die Konsolidierung eingestiegen wird.
Man muss auch sagen: Es ist nicht alles schlecht, was diese Landesregierung hier vorgelegt hat. In der Energiepolitik hat die Linksfraktion elegant die Kurve bekommen. Es ist schön, dass sich die Linksfraktion jetzt gemeinsam mit der SPD, aber auch mit uns und der CDU zur Braunkohle hier in Brandenburg bekennt. Wir brauchen die Braunkohle, und mir ist auch klar, dass die Linksfraktion diese Wende nun genommen hat. Herr Markov, extra für Sie, weil es so schön ist: Sozialismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung. Insofern ist völlig klar, dass sich auch die Linke inzwischen zur Braunkohle bekennt.
Ich bringe das erst einmal zu Ende. Ich sage Ihnen, kurz bevor Schluss ist, Bescheid, Herr Ludwig, dann können wir das gerne tun.
Es wurde gesagt, es habe von der Opposition wenige Anträge gegeben, und es sei wenig gemacht worden. Kollege Richter hat es dankenswerterweise aufgeführt, es waren über 100 Anträge. Die Zahl der angenommenen Anträge hält sich allerdings sehr in Grenzen. Inhaltlich war es ein Antrag der CDU-Fraktion zur Filmförderung, in dem gesagt wurde: Wir wollen auch Fernsehsendungen fördern können. Das war es inhaltlich; der Rest war im Wesentlichen redaktionell, soweit überhaupt etwas angenommen wurde. Massen von Anträgen wurden weggestimmt.
Es war nicht gewollt, dass sich die Opposition mit eigenen Ideen, mit eigenen Anträgen hier einbringt.
Spannend ist, was in früheren Jahren gesagt worden ist. Im Jahr 2007 - ich habe mir einmal die alte Debatte angeschaut - hat Kollegin Kaiser gesagt, das Mindeste, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten könnten, sei, dass die Regierung solide wirtschaftet.
„Ich glaube, dass es richtig ist, jetzt zu sparen und jeden Cent, den wir übrig haben, in die Konsolidierung des Haushalts zu stecken.“
Damals war tatsächlich noch etwas übrig, jetzt ist nichts mehr übrig. Desto wichtiger wird es doch, wenn nichts mehr übrig ist, zu sparen und die Konsolidierungsziele nicht aufzugeben.
Es wurde 2007 von Kollegen Baaske darüber gesprochen, dass den Kommunen mehr Geld gegeben werden soll. In diesem Jahr sind es 200 Millionen Euro weniger. Das heißt, die Kommunen werden ausgedörrt.
Es wird noch schlimmer, da stimme ich Ihnen zu. Die Kommunen werden ausgedörrt, bei gleichbleibenden Aufgaben. Ich sehe das im Kreishaushalt Potsdam-Mittelmark jedes Jahr. Die Aufgaben, die das Land an den Landkreis Potsdam-Mittelmark überträgt, bleiben dieselben. Das Geld, das gegeben wird, bleibt auch, wenn es günstig läuft, dasselbe. Tatsächlich haben wir in Potsdam-Mittelmark wie auch im Land Steigerungen der Personalkosten, Steigerungen in allen anderen Bereichen. Eigentlich müssten die an die Kreise überwiesenen Beträge des Landes für die Erfüllung der Aufgaben steigen, und zwar im gleichen Maße, wie auch im Lande die Ausgaben steigen, weil sich die steigenden Personalkosten im Kreis im gleichen Maße niederschlagen wie im Landeshaushalt; das tun sie aber nicht. Dort werden die Ausgaben kleingerechnet. Das heißt, das Land versucht, sich auf Kosten der Landkreise und Kommunen zu entlasten. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn das so läuft.
Ich habe ein schönes Zitat vom Ministerpräsidenten gefunden. Herr Platzeck hat 2007 erklärt, übrigens auf Anregung der Linken, die ihn damals - noch! - kritisiert hat:
„Jawohl, wir sind froh und dankbar, dass es günstige Rahmenbedingungen gibt. Ohne diese wäre eine so gute Entwicklung nicht möglich. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition“,
„wären die Rahmenbedingungen ungünstig und uns wäre nichts gelungen, dann würden Sie nicht sagen, dass die Rahmenbedingungen schuld seien, sondern dass die Landesregierung schuld sei. Dann sind wir jetzt aber auch schuld daran, dass es gutgeht.“
Das war 2007. Wenn das so ist, Herr Platzeck, gilt das natürlich auch 2009. Dann sind Sie in gleicher Weise schuld, wenn es schlechter geht. Das müssen Sie sich als Landesregierung dann auch anrechnen lassen.
Die Realität ist aber eine andere. Wir hören, falls irgendetwas schiefgeht, falls der Regierung die eigenen Ideen ausgehen: Schuld ist in jedem Fall Schwarz-Gelb in Berlin. „Fanta 4“ hat inzwischen darüber schon ein Lied geschrieben: „Es ist meine Schuld, schuld bin ich alleine.“ - So läuft das dort. Falls es euch beruhigt, es trifft auf keinen Fall die Falschen.“ Das sind die „Fantastischen Vier“ mit dem neuen Titel. Man könnte meinen, das sei für diese rot-rote Regierungskoalition geschrieben, um Schuld anderen in die Schuhe schieben zu können. Auch dort geht es so weiter: „Schiebt uns die Schuld in die Schuhe, wir warten nur darauf.“ Das kann man alles schön zitieren, das ist ein Liedtext, der wunderbar geeignet ist, das Credo dieser Landesregierung, dieser Koalitionsfraktionen aufzunehmen, wenn es darum geht, Schuld wegzuschieben und eigene Verantwortung auf andere zu delegieren, weil man eigene Aufgaben nicht erfüllt.
Sie brüsten sich damit, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, dass die Investitionsquote in diesem Jahr etwas höher ist als im vorigen Jahr. Es ist schön, dass sie etwas höher ist. Aber sagen Sie bitte auch dazu, dass diese höheren Investitionen zu einem großen Teil aus den 467 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II kommen und dass dieses Geld vom Bund kommt - das gehört nun einmal dazu -,
dass dieses Geld, diese höhere Investitionsquote, aufgelegt und weitergeführt von einer schwarz-gelben Bundesregierung, vom Bund kommt, mit dem Sie sich jetzt ihre Investitionsquote schönrechnen. Natürlich ist es toll, eine höhere Investitionsquote zu haben, gar keine Frage. Aber dann heulen Sie nicht herum, wenn gesagt wird, Steuersenkungen kosten uns 40, 50 oder 55 Millionen Euro - die wildesten Zahlen geistern herum -, wenn gleichzeitig 467 Millionen Euro in den Topf des Landes gespült werden. Die Zahlen sind ja unterschiedlich. Der Ministerpräsident sprach von 50 Millionen, Kollege Markov sprach von 55 Millionen Euro, und auf meine Nachfrage meinte er, es seien alles nur Schätzungen, so genau wisse man das nicht. Damit hat er natürlich Recht, bei positiver Konjunkturentwicklung kann es auch etwas weniger sein. Es können auch 40 Millionen Euro herauskommen. Wir können Ende 2010 abrechnen, was hier wirklich an Kosten entstanden ist.
Aber diese Steuersenkungen, die am 1. Januar in Kraft getreten sind, kommen im Wesentlichen Familien mit Kindern zugu
te. Es sind Erhöhungen der Kinderfreibeträge, Erhöhungen des Kindergeldes. Es kommt auch Hartz-IV-Empfängern zugute, deren Schonvermögen verdreifacht worden ist. Das sind Leistungen, für die die schwarz-gelbe Bundesregierung steht.
Wenn von Klientelpolitik die Rede ist und von Familien mit Kindern gesprochen wird, dann sage ich Ihnen: Jawohl, die FDP steht für Familien mit Kindern, erleichtert deren Lebensbedingungen, gibt mehr Kindergeld und gewährt Steuererleichterungen, denn da gehören sie hin und an keinen anderen Ort.
Meine Damen und Herren - Kollege Woidke ist immer noch abwesend -, es ist verblüffend, was hier für ein Steuerverständnis besteht. Kollege Woidke meinte, die Bürger zahlten die Steuersenkungen, und spricht von „Steuergeschenken“. Also, beim besten Willen: Steuern, das ist Geld, das den Bürgern weggenommen wird. Die Bürger zahlen da nichts.
Was haben Sie für ein Staatsverständnis? Es sind keine Geschenke, wenn man den Leuten weniger abnimmt. Wenn der Steuersatz sinkt und jemand weniger zahlt, dann wird doch wohl nichts geschenkt! Wenn ich jemandem in die Tasche greife, ihm einen Euro herausnehme und ihm morgen 50 Cent zurückgebe, dann habe ich ihm doch nicht 50 Cent geschenkt. Was haben Sie für ein Verständnis vom Staat, was haben Sie für ein Verständnis von Steuerkraft, davon, wie das alles läuft? - Sie sind völlig von der Rolle.
Das ist obrigkeitsstaatlich, wie Sie hier denken. Das ist nicht gedacht vom selbstbestimmten Bürger her, der dem Staat Geld zur Verfügung stellt.
Ähnlich ist es - ich kann es hier noch einmal aufgreifen - im Innenbereich. Nicht der Staat gewährt den Bürgern die Freiheit, sondern die Bürger gewähren dem Staat Einschränkungen ihrer Freiheit. Das ist die Situation, von der wir ausgehen. Der Staat ist das Mittel zum Zweck, er ist für die Bürger da, und die Bürger sind nicht die Untertanen des Staates.
Sie gehen obrigkeitsstaatlich an die Steuerdiskussion heran. Das ist grundfalsch, und es wäre eigentlich nicht einmal mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn man so herangehen wollte, wie Sie es hier präsentieren. Bei Ihnen hat man den Eindruck, bei Rot-Rot ist scheinbar jeder reich, der Steuern zahlt. Das ist das, was Sie hier auflegen. Reich ist die Krankenschwester, die ein paar Steuern zahlt, reich ist der Handwerker, der Facharbeiter, der mit 30 000 oder 40 000 Euro Jahresgehalt möglicherweise eine Familie über die Runden bringen muss. Das alles sind Ihre Reichen, weil sie ein paar Steuern zahlen. Das ist ein völliges Unverständnis der Wirtschaftskraft, ein völliges Unverständnis gegenüber denjenigen, die die Leistungen hier erbringen, die den Karren ziehen. Sie schwächen die Mitte der Gesellschaft und führen Neiddiskussionen auf Kosten derjeni
gen, die noch Arbeit haben und die mit ihrer Steuerkraft dazu beitragen, dass wir uns dies alles leisten können. So funktioniert das überhaupt nicht, aber das ist halt Ihre Umverteilungsrhetorik. Das hat nichts mit wirklicher Wirtschaftsleistung zu tun.
Man muss darauf hinweisen: Wer vom Staat etwas fordert, der will nicht etwas vom Staat, sondern der will etwas von seinen Mitmenschen, die mit ihren Steuern dem Staat nämlich erst ermöglichen, irgendwelche Leistungen zu erbringen. Wer Forderungen an den Staat erhebt, der will etwas von seinen Mitmenschen, seinen Nachbarn. Das ist der Punkt, über den man immer wieder reden muss, wenn über Steuern gesprochen wird.
Es ist einfach so, dass Leistung sich lohnen muss. Es ist heute schon so, dass rund 90 % der Menschen kaum noch Steuerleistungen erbringen, sondern 10 % der Gesellschaft, 10 % der Arbeitenden, tragen den überwiegenden Teil sämtlicher Steuerlast. Insofern ist es wichtig, dass auch Anreize gegeben werden, dass sich Leistung lohnen muss - in der Arbeit wie in jedem anderen Bereich auch. Wir helfen denen, die sich nicht selbst helfen können. Das ist unser Anspruch. Wir müssen dafür sorgen, dass auch Sozialleistungen zielgenauer diejenigen erreichen, die diese Leistungen für sich selbst nicht erbringen können, die bedürftig sind. Dann kommt man auch mit weniger Geld aus und kann wirklich dazu beitragen, dass Menschen auch in die Arbeit zurückfinden, wenn man genau dort ansetzt.
Wir haben kein Einnahmeproblem. Im Jahr 2010 erzielen wir Einnahmen von 9,343 Milliarden Euro. Die Jahre 2009, 2008 und 2007 waren etwas fetter. Noch 2006 hatten wir 9,198 Milliarden Euro. Also hatten wir von 2006 bis 2009 eine Steigerung der Einnahmen um 150 Millionen Euro. Wir haben heute, im Jahr 2010, 150 Millionen Euro mehr Einnahmen als im Jahr 2006. Das ist nicht das Problem; wir haben eine deutliche Einnahmesteigerung. Das Problem ist, dass im gleichen Zeitraum die Ausgaben des Landes Brandenburg um 500 Millionen Euro gestiegen sind. 150 Millionen Euro mehr Einnahmen und 500 Millionen Euro mehr Ausgaben, genau das ist das Problem, vor dem wir stehen und weshalb hier ein solcher Haushalt aufgelegt wird, der uns in den künftigen Jahren begleiten wird.
Allein im Jahr 2010 müssen wir 750 Millionen Euro für Zinsen aufwenden aus den Schulden, die schon da sind, und aus den weiteren Schulden, die aufgenommen werden. 650 Millionen Euro folgen 30 Millionen Euro neue Schulden, die dann Jahr für Jahr von uns geleistet werden müssen, um auch diese neuen Schulden zu bedienen, und das auf einem historisch niedrigen Zinsniveau. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass Zinsen auch wieder steigen könnten, dass aus 3,5 oder 4 % wir sind ja als Land Brandenburg noch ganz gut geratet - höhere Zinssätze werden, dann erhöhen sich in gleichem Maße sofort die Zinsbelastungen. Wenn das geschieht, heißt das, der Spielraum, den wir haben, wird drastisch kleiner. Wir können dann gar nicht mehr frei agieren und nichts mehr bewegen, weil wir bei dem historisch niedrigen Zinsniveau nicht die Chance nutzen, Schulden abzubauen oder wenigstens dann, wenn die Situation so ist, wie sie ist, weniger Schulden zu machen.
Meine Damen und Herren, in der Stadtverordnetenversammlung Teltow und im Kreistag Potsdam-Mittelmark und auch hier im
Landtag erlebe ich immer, dass um 5 000 oder 10 000 Euro erbittert gestritten wird. Ich weiß nicht, wer von Ihnen kommunalpolitisch aktiv ist; dabei wird das jeder in gleicher Weise erleben. Wenn es um eine Million geht - das ist ganz erstaunlich -, wird diese durchgewinkt. Bei einer Million schaut keiner richtig hin, bei Milliarden ist es noch viel schlimmer, weil das etwas außerhalb des eigenen Vorstellungsvermögens ist.
Deswegen, meine Damen und Herren: Das hier ist ein Euro, ein deutscher, hinten ist der Adler drauf. Ein Euro hat einen Durchmesser von 23,25 Millimetern, er ist 2,33 Millimeter dick und 7,5 Gramm schwer. 650 Millionen Euro - übrigens ungefähr fünfmal neuer Landtag, einschließlich historisierender Fassaden, und es bleibt noch etwas übrig - haben ein Gewicht von 4 875 Tonnen. Nebeneinandergelegt ergeben sie eine Kette von 15 112,5 Kilometern, aufeinandergestapelt eine Höhe von 1 514,5 Kilometern. 1 514 Kilometer hoch, wenn man 1-Euro-Stücke übereinanderlegt - nur um Ihre Vorstellungskraft anzuregen, Herr Krause! Manch einem fehlt es ja daran, und da kann man gern etwas beisteuern.
Zum Vergleich: Der Fichtelberg, meine Damen und Herren, ist 1 214,6 Meter hoch, und damit ist der Eurostapel allein der Schulden des Jahres 2010 1 247 mal so hoch wie der Fichtelberg.