Diese Debatte ist von einer „Qualität“ geprägt - zu Herrn Homeyer komme ich nachher noch -, die politisch leider immer mehr üblich wird, aber am Ziel vorbeigeht. Man stellt eine Behauptung in den Raum, bezieht sich immer wieder auf diese Behauptung, und die Begründung eines jeglichen Arguments ist die Behauptung, die überhaupt nicht untersetzt ist.
Ich frage mich in allem Ernst: Wo ist der RWK-Prozess eine große monostruktierte Fehlentscheidung? Vielleicht in Großräschen? Oder vielleicht in Karstädt? Oder in Perleberg? Oder möglicherweise in Eberswalde, weil das 20 000, knapp 30 000 Einwohner hat? Oder ist der Wachstumskern in der Lausitz falsch? Das sind fünf Städte über zwei Landkreise. Was das mit monostrukturierter Förderpolitik zu tun haben soll, das weiß ich nicht.
Zweitens: Was ist denn das Ergebnis des RWK-Prozesses? Das wesentliche Ergebnis der RWK-Prozesses, meine Damen und Herren, ist doch nicht der Streit über diesen oder jenen harten oder weichen Standortfaktor. Das wesentliche Ergebnis des RWK-Prozesses ist, dass lokale Akteure vor Ort selbst Verantwortung für sich übernehmen und diese Verantwortung in Projekte und Vorhaben umsetzen, bei denen sie um Hilfe und Unterstützung bitten, und das alles in einer Zeit, wo wir alle über Politikverdruss reden, wo wir darüber reden, dass es keine Einsatzbereitschaft mehr gibt usw. Das ist doch das wesentlichste Ergebnis, und selbstverständlich werden wir das weiter unterstützen, auch im Sinne von „Stärken stärken“. Auch das ist ein Ausdruck demokratischer Legitimierung, auch von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gerade beklagt, dass in der Politik gelegentlich Behauptungen aufgestellt werden. Diesen Politikstil haben Sie gerügt. Meine Frage an Sie ist: Wie bringen Sie Ihre Überzeugung damit in Einklang, dass Sie vor zwei Tagen gemeinsam mit Ihrer Ministerkollegin Tack behauptet haben, die Bundesregierung grenze Brandenburg bei den Solarforschungsfördergeldern in Höhe von 100 Millionen Euro für das Jahr 2011 aus, obwohl Sie wissen, dass genau das nicht der Fall ist - kombiniert mit Ihrer Aussage, dass Sie einen Politikstil verabscheuen, der Unwahrheiten verbreitet? Ich würde mich sehr freuen, Herr Minister, wenn Sie dem Hohen Haus erklären könnten, wie Sie diese beiden Aussagen in Übereinstimmung bringen können.
Selbstverständlich, Herr Bretz. Wir haben der Bundesregierung nicht vorgeworfen, dass sie uns ausgrenzt, sondern nur darauf aufmerksam gemacht, dass in den vorliegenden Eckwerten im Gesetz explizit drei Länder genannt werden - und Brandenburg nicht. Das wollten wir deutlich klarstellen. Wir haben
auch in Brandenburg Forschungseinrichtungen. Wir werden die Interessenlagen dieser Forschungsinstitutionen bündeln und gegenüber dem Bund einfordern, dass die Unterstützung kommt. Können Sie mir sagen, welches Ziel eine Bundesregierung bei der Bekanntgabe eines 100-Millionen-Euro-Forschungsprogramms verfolgt, das aufgestockt werden soll?
Dieses Programm soll mit über 400 Millionen Euro an privatwirtschaftlichen Mitteln aufgestockt werden. Warum werden dort nur drei Länder genannt - was soll das? Das hat mit dem Forschungscluster Solarindustrie, der mittlerweile in der Bundesrepublik entsteht und entstanden ist, nichts zu tun. Nur darauf wollten wir hinweisen, und das ist unser gutes Recht.
Meine Damen und Herren, zurück zum Einzelplan 08: Ich bedanke mich, Herr Vogel, dass Sie jetzt wieder anwesend sind. Ich wollte nur sagen: Ich weise das, was Sie gesagt haben, im Grundsatz zurück. Ich halte das für völlig verfehlt. Ich dachte immer, es gäbe in diesem Hohen Hause einen großen Konsens. Wirtschaftspolitik, Politik insgesamt hat die Aufgabe, Menschen zu motivieren, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Ich finde, das haben wir mit diesem RWK-Prozess erreicht - das möchte ich unterstreichen -, und das werden wir künftig noch weiter ausbauen. Deshalb finde ich den Vorwurf absurd, dass wir monostrukturierte Vorhaben im RWK-Prozess umsetzen würden.
Zweitens: Meine Damen und Herren, es wurde der fehlende Strategiewechsel in der Förderpolitik bemängelt. Schlagen Sie dazu bitte einmal das Kapitel 08 030 auf. In diesem Kapitel finden Sie für insgesamt 77,4 Millionen Euro Fonds und Beteiligungsvorhaben einzeln aufgeführt, die diese Landesregierung als Einstieg in einen Strategiewechsel bei der Förderpolitik umsetzt. Herr Vogel, wenn Sie meinen oder den Eindruck erwecken wollen - Sie ja auch, Herr Homeyer -, dass es innerhalb von sechs Monaten möglich wäre, mehr als diese 77,4 Millionen Euro institutionell und ordnungspolitisch überhaupt auszuweisen, dann muss ich Ihnen sagen: Verständigen Sie sich mit Ihren Kollegen von den Grünen in Hamburg. Ich glaube, diese können Ihnen den einen oder anderen Hinweis geben, wie lange manches tatsächlich dauert. Aber, Herr Homeyer, Sie wissen es eigentlich besser.
Diesen Strategiewechsel, den Sie einklagen, haben wir vollzogen. Es ändert sich nichts an dem Ziel, dass wir mit dem Beginn ab 2014 einen Umfang bei den involvierten Fonds in einer Größenordnung von etwa 200 bis 250 Millionen Euro haben müssen, aber diese werden natürlich unterschiedliche Laufzeiten haben. Das ist in dem Kapitel 08 030 ausführlich dargestellt, ebenso das, was damit geplant ist.
Meine Damen und Herren, es hat bereits eine Rolle gespielt: Der Einzelplan 08 ist der Haushalt mit den größten investiven Mitteln. Wenn ich die sonstigen Fördermaßnahmen hinzurechne,
liegen wir bei über 92 % des Gesamthaushalts. Das ist das, was insgesamt in die Wirtschaftsförderung wie auch in die allgemeine Förderung und Unterstützung von Unternehmen fließt. In den verbleibenden 7,5 % sind noch die Kosten für zwei Institutionen enthalten; das sind das Landesamt für Bergbau und Geologie sowie das Landesamt für das Mess- und Eichwesen.
Insofern glaube ich, meine Damen und Herren, dass dieser Haushalt auch deutlich macht, wie sparsam die Verwaltungsausgaben sind. Darüber, ob dabei weitere Optimierungen möglich und auch sachgerecht sind, werden die nächsten Jahre entscheiden. Eines wird natürlich auch deutlich: Das Jahr 2010 ist noch das beste von vielen komplizierten Jahren. Sie wissen doch alle ganz genau, dass wir 2011 oder spätestens 2012 sowie in den Folgejahren in große Verteilungskonflikte kommen werden. Selbstverständlich werden wir Prioritätensetzungen überprüfen müssen. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass wir in diesem Haushalt die Prioritäten auf Substanzpflege, auf Technologieentwicklung, auf Energie und Tourismus als auch auf die Regional- und Strukturpolitik gesetzt und damit angefangen haben, uns hier weiter zu konzentrieren und damit dadurch die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir hier für 2011 bis 2014 und weitere Folgejahre mit geringer werdenden Mitteln einen höheren oder zumindest ähnlichen Nutzeffekt erzielen können, wie das bisher in der reinen Zuschussförderung der Fall gewesen ist.
Das wird auch bedeuten, dass wir uns von Aufgaben trennen müssen, meine Damen und Herren: Wir werden nicht bei weniger Geld immer die gleichen Aufgaben ständig weiter wahrnehmen können. Selbstverständlich gibt es bei uns auch Überlegungen, von welchen Aufgaben man sich in der Perspektive bei uns trennen muss, um das Kerngeschäft - die Unterstützung der wirtschaftlichen Betätigung, die Ausrichtung des Landes Brandenburg auf einen Wachstumspfad für Wirtschaft und Beschäftigung - sicherstellen zu können. Auch das wird noch eine Reihe von Debatten hier in diesem Hohen Haus in den Folgejahren mit sich bringen.
Meine Damen und Herren, es liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich möchte auf einen davon eingehen, der in dieser Debatte hier bereits eine Rolle gespielt hat - das Mikrokreditprojekt. Ich kann nicht so richtig nachvollziehen, warum ein erfolgreiches Modellprojekt in Sachen Mikrofinanzierung infrage gestellt wird. Die Landesregierung hat mit einem Dienstleister - Fides - einen Vertrag geschlossen. Fides hat 100 000 Euro bereitgestellt, die Landesregierung hat 400 000 Euro bereitgestellt. Wir haben gegenwärtig einen Abschluss, der sicherstellt, dass wir bis Ende des Jahres noch rund 250 000 Euro freie Mittel in diesem Programm zur Verfügung haben. Es gibt für 2010 keinen Bedarf! - Deswegen haben wir es auch nicht aufgestockt.
Für die Jahre 2011 und 2012 stehen wir vor einer ganz anderen Frage, allerdings nicht für 2010. Wir werden doch nicht Geld einplanen, welches wir nicht benötigen, wenn wir ein gut funktionierendes und laufendes Programm zur Unterstützung des kleinen und mittelständischen Unternehmensbereiches hier im Land Brandenburg haben. Das sehe ich nicht als sinnvoll an; deshalb haben wir den Antrag in dieser Richtung auch abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, dass wir mit den genannten Schwerpunkten, die sowohl in der Debatte als auch in den Fachausschüssen und im Haushaltsausschuss deutlich
geworden sind, unter dem Einzelplan 08 - Wirtschafts- und Europaangelegenheiten - einen Beitrag dazu leisten können, das Land Brandenburg stabiler zu machen, ein Stück weit zukunftsfähiger zu machen und die Weichen zu stellen, damit wir die komplizierter werdenden und noch vor uns liegenden Jahre auch in dem Bereich Wirtschaft und Wirtschaftsentwicklung sowie Europapolitik tatsächlich gestalten können.
Eine letzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Wir beginnen ja langsam mit der Aufstellung des Haushalts für 2011. Ich möchte an dieser Stelle auch um Unterstützung vonseiten des Parlaments bitten. Wir werden einen Vorschlag unterbreiten, den Bereich Europapolitik mit einem eigenständigen Kapitel oder einer Titelgruppe zu untersetzen. Ich hoffe sehr, dass wir dabei auf Ihre Unterstützung setzen können.
Weil der Finanzminister gerade skeptisch schaut: Das ist kein zusätzliches Geld, sondern nur eine Maßnahme, um eine Möglichkeit zu finden, in dem uns zur Verfügung stehenden Rahmen eine Absicherung für die Ausweisung von europapolitischen Vorhaben durchzuführen.
Gegenwärtig ist die Situation so, dass wir in der Europapolitik, was die Zivilgesellschaft betrifft, diese Aufwendungen ausschließlich über Lottomittel realisieren. Ich finde, Europa ist ein wichtiges Thema, und zu einer zusammenwachsenden Region innerhalb Europas gehört auch die eine oder andere Maßnahme, die haushaltstechnisch längerfristig abgesichert werden muss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich bitte um Zustimmung zu dem vorliegenden Entwurf.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir setzen die Aussprache mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Herrn Bommert von der CDU-Fraktion fort.
Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Vorweg, lieber Sören: Die CDU hat nicht den Mindestlohn für sich entdeckt, sie ist schon immer für den Mindestlohn, nur nicht für einen staatlich verordneten, sondern einen Mindestlohn, vereinbart zwischen den Tarifpartnern, also zwischen den Gewerkschaften, die Ihr eigentlich vertretet, und natürlich den Arbeitgebern.
Meine Damen und Herren, Vielfalt und Kleinteiligkeit zeichnen den Mittelstand und das Handwerk aus. Deshalb funktionieren nicht globale Hilfen, sondern nur individuelle Lösungsansätze. Daher ist es gut, dass Innovationsgutscheine eingeführt wurden. Es ist auch zu begrüßen, dass das Programm zur Konsolidierung und zur Standortsicherung für kleine und mittlere Unternehmen weitergeführt und aufgestockt werden soll. So weit zum Positiven.
Ich komme wie mein Kollege Homeyer allerdings nicht umhin, die Umsetzung zu kritisieren. Noch etwas ist bemerkenswert: An den beiden Beispielen werden zwei Tendenzen der neuen
linken Wirtschaftspolitik in Brandenburg deutlich. Zum einen baut man mangels eigener umsetzbarer Ideen auf Bewährtes aus der letzten Legislaturperiode. Die Innovationsgutscheine für den Mittelstand wurden nämlich bereits auf den Innovationsgipfeln zwischen Berlin und Brandenburg vereinbart. Der erste war im November 2008 und der zweite Anfang September des letzten Jahres. Natürlich ist es legitim, auf positive Erfahrungen und gute Projekte zurückzugreifen. Doch nach sechs Monaten in der Regierung sollten auch eigene Ideen ersichtlich sein.
Das zweite Beispiel, das KoSta-Programm, zeigt zwar den guten Willen, indem man Mittel entsprechend der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Brandenburg aufstockt, doch die dafür vorgesehene Finanzierung ist unseriös. Herhalten sollen die Geschäftsbesorgungsverträge mit der ILB, sprich die entsprechenden Entgelte für erbrachte Leistungen. Unabhängig davon, dass diese Entgelte einer neuen Abstimmung, der genaueren Betrachtung und der Überprüfung bedürfen, kann man nicht einfach die Ansätze kürzen, ohne die vorhandenen und gültigen Verträge bzw. die Entgeltzahlungen neu zu verhandeln. Wenn eine solche Art und Weise von vertraglichen Verpflichtungen in der freien Wirtschaft zum Tragen käme, wäre der Aufschrei der staatlichen Vertreter mit Sicherheit nicht zu überhören. Genau diese staatlichen Vertreter wollen nun - und nicht nur in diesem Fall - die Ansätze ohne Weiteres kürzen.
Eine seriöse Finanzpolitik sieht sicherlich anders aus. Und so richtig wohl scheint es dabei selbst weder dem Ministerium noch den Regierungsfraktionen zu sein. Ich möchte kurz aus der Antragsbegründung zitieren:
„Auch wenn die Umstellung der Abrechnung zu den erstatteten Kosten einen höheren Aufwand als 2009 erwarten lässt, so erscheint der Ansatz 2010 in Höhe von 6,8 Millionen als auskömmlich.“
Es wird also der Eindruck hervorgerufen, die Mittel seien ausreichend. Das ist eine Aussage, die an Unglaubwürdigkeit und Unseriosität kaum zu überbieten ist. Selbst in der Ausschussberatung wurde zugegeben, dass in den Geschäftsbesorgungsverträgen durch die ILB „noch Luft drin“ ist. Vermutet haben wir es ja schon, aber dass das vom Minister so unverblümt zugegeben wird, hat nichts, aber auch gar nichts mit einer soliden Haushaltsführung zu tun.
Meine Damen und Herren, bereits an diesen beiden Beispielen ist erkennbar, dass eine Linie in der Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung völlig fehlt. Da wird viel versprochen, aber kaum etwas ordentlich umgesetzt. Wie viel dieser Landesregierung und speziell dem Minister der Mittelstand wert ist, kann man im Internet betrachten. Auf den Seiten des MWE, unter der Rubrik „Mittelstandspolitik“, erscheint eine leere Seite
getreu dem Motto: „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“ mit einem Link zum Mittelstandsbericht 2004 bis 2008. Das ist nicht nur für ein Wirtschaftsministerium armselig, sondern zeigt auch, welche Bedeutung dieses wichtige Thema in der Hausspitze und in der Verwaltung hat, frei nach Lessing: „Lau ist schlimmer als kalt.“
Meine Damen und Herren, eines hatte mich gestern noch beeindruckt. Unser Kollege Krause hatte eine Statistik aufgestellt, ein Diagramm. Ich habe mich vorhin hingesetzt und das auch gemacht
Die Linie zieht sich fort, wie sie von unserem Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns vorgegeben wurde, frei nach dem Motto Ihres Kollegen in Berlin: „Und das ist auch gut so.“ - Danke, meine Damen und Herren.