Protocol of the Session on February 25, 2010

(Zurufe der Abgeordneten Lehmann und des Abgeordne- ten Bischoff [SPD])

Das Bild bei den potenziellen Investoren der „kleinen DDR“ und der gescheiterten Großprojekte wurde in den letzten Jahren durch eine kluge Wirtschaftspolitik, die die CDU verantwortet hat, mühsam abgebaut.

(Beifall CDU - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Oh! Oh!)

Fragen Sie heute einmal nach dem derzeitigen Image von Brandenburg. Neben der ganzen Debatte um eine Stasi-getragene Regierung haben wirtschaftliche Vorteile Brandenburgs kaum noch Platz in der Argumentation. Damit hat es natürlich jeder schwer, der potenzielle Investoren für Brandenburg gewinnen möchte. Sogar der Wirtschaftsminister musste bei der ZAB einräumen, dass die Stasidebatte dem Land massiv geschadet hat. Glauben Sie mir, um einen solchen Schaden wiedergutzumachen, sind weder ein öffentlicher Beschäftigungssektor noch ein Mindestlohn dienlich.

(Beifall CDU)

Schaffen Sie stattdessen verlässliche Rahmenbedingungen für das Handwerk und den Mittelstand! Setzen Sie sich für deren Belange ein! Wir als CDU-Fraktion werden zum Vergabegesetz eine wirkliche Alternative vorlegen, die den Mittelstand fördert und die Stimmung in diesem wichtigen Wirtschaftsbereich wieder aufhellt. Wir arbeiten nicht an Prestigeobjekten, wie sie Rot-Rot im Auge hat. Wir als CDU-Brandenburg wollen die Leistungsträger stärken. Das sind für uns das Handwerk und der Mittelstand. Nur wenn solche Unternehmen langfristig am Markt bestehen, werden sie ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten: Sie schaffen Arbeitsplätze, bilden junge Menschen aus und erwirtschaften Gewinne, aus denen Steuern und Abgaben für die Allgemeinheit fließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach mehr als 100 Tagen Rot-Rot in Brandenburg fordern wir als CDU-Fraktion die Landesregierung auf: Tun Sie endlich etwas für unsere Handwerker! Tun Sie endlich etwas für unsere Mittelständler! Die sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und der Garant für sozialen Frieden und Wohlstand. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bommert. - Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Kosanke spricht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass die CDU nun endlich, da sie in der Opposition ist, erste Schritte einleitet. Zeit wird es.

Ich möchte eines vorwegschicken: Wenn man diese ersten Schrit

te in der Mittelstandspolitik machen möchte, muss man die Industrie nicht schlechtmachen, um Handwerk und Mittelstand zu loben. Das ist ein echter Grundfehler.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Zurufe von der CDU: Nicht zugehört! Einfach nicht zugehört!)

- Doch, sehr genau. - Meine Damen und Herren, wir haben gestern in großer Übereinstimmung dieses Parlaments - Sie erinnern sich, es war ja ein bisschen später - die Fortführung eines Weges beschlossen, der diejenigen belohnt, die das Glas halb voll sehen, und denjenigen, die das Glas immer nur halb leer sehen, wie jetzt gerade die CDU, sagt: Strengt euch mehr an! Wir werden euch bei euren Anstrengungen unterstützen, auch in der Mittelstandspolitik.

Wir wollen einen Weg, der konstruktive Kritik und auch kritisch fordernde Anstrengungen bejaht, der aber auch sagt: Für Gemecker und Gejammer haben wir keine Zeit. Das meine ich völlig ernst. Wir haben dafür keine Zeit, weil wir uns um die Leistungsträger in diesem Land kümmern wollen. Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen: Ich habe natürlich andere Vorstellungen von Leistungsträgern als die Herren Westerwelle und Ackermann. Ich zähle zu diesen Leistungsträgern vor allem den brandenburgischen Mittelstand

(Beifall SPD und DIE LINKE)

mit seinen Unternehmerinnen und Unternehmern, aber immer auch mit seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Beide sind wichtig, sie sind die beiden Seiten einer Medaille.

Ich möchte auf den Antrag, den uns diese Aktuelle Stunde beschert hat, zu sprechen kommen. Ich habe mich darüber gefreut, weil ich glaube, dass wir nicht oft genug über die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land reden können. Ich habe mich auch gefreut, dass in Ermangelung eines tatsächlich aktuellen Anlasses der regelmäßig erscheinende IHK-Konjunkturreport als Anlass für diese Aktuelle Stunde genommen wurde. Denn dieser Konjunkturreport sieht das Glas nämlich auch mindestens halb voll.

(Zuruf von der CDU)

- Darüber grinse ich einfach nur. - Ich fange an dieser Stelle nicht an, Zahlen vorzutragen, sondern ich lese Ihnen einmal einige Überschriften vor, die die Stimmung zum Ausdruck bringen: „Vorsichtiger Optimismus nach dem Ende der Rezession“, „Anzeichen für einsetzende Erholung“, „Ausblick hellt sich auf“, „Nach Einbruch der Exporte Erholung erwartet“, „Mehr Investitionsbereitschaft“, „Kein Einbruch am Arbeitsmarkt zu befürchten“. - Es folgt ein blödes Kapitel über die Länderehe; das ist nicht so wichtig. - Weiter geht es mit der Überschrift: „Die Talsohle ist durchschritten“

An dieser Stelle muss man sich stets vergegenwärtigen, woher wir kommen. Sie haben darauf hingewiesen; wir kommen aus einer der fatalsten Krisen unserer Wirtschaftsgeschichte, aus einer Krise, die Werte in unvorstellbaren Dimensionen vernichtet hat. Wenn wir nun feststellen, dass Brandenburg in der Krise nicht nur relativ wenig Schaden genommen hat, sondern dass es tatsächlich aufwärtsgeht, dann kann ich nur sagen, dass das Grund genug für Freude ist. Dieser Freude

kann man auch in einer Aktuellen Stunde Ausdruck verleihen.

Ich gebe den Kolleginnen und Kollegen der CDU völlig Recht, wenn sie sagen, es brauche diese positive Grundstimmung. Die braucht es aber nicht nur im Parlament, wie es die CDU sagt, sondern die braucht es in der gesamten Wirtschaft. Deswegen sollte man sie auch lautstark postulieren.

Meine Damen und Herren! Da, wo Licht ist, ist auch Schatten; das ist klar. Auch in einem halb- oder dreiviertelvollen Glas ist noch Luft; das ist keine Frage. Diese Luft aus diesem fast vollen Glas zu lassen ist unser Auftrag. Diesen Auftrag, meine Damen und Herren, nehmen wir auch an. Deswegen müssen wir unsere Anstrengungen weiterhin intensivieren, wenn es um die Leistungsträger unserer Gesellschaft geht und wenn es darum geht, diese zu unterstützen. Das tun wir in vielen Bereichen.

Sie alle, wahrscheinlich die meisten, haben sicherlich unseren Koalitionsvertrag gelesen. Ich nenne noch einmal einige Themen, die nicht im Kapitel „Wirtschaft“ stehen. Wir werden unter anderem mit einem Schüler-BAföG die Leistungen von Schülerinnen und Schülern stärken und in diese investieren, weil es die Schülerinnen und Schüler sind, die morgen und übermorgen unseren Wohlstand finanzieren sollen und letztlich müssen. Das sind die zukünftigen Gründer, und sie wollen wir motivieren. Wir werden - Sie haben es auch angesprochen - dafür sorgen, dass die Männer und Frauen, die tagtäglich den Rücken krumm machen, von ihrer Hände und Köpfe Arbeit leben können, auch wenn dies ob der fehlenden Bundeskompetenz in diesem Bereich vorerst nur über ein Vergabegesetz möglich sein wird. Auch das, meine Damen und Herren, ist Wirtschaftsförderung und Mittelstandspolitik. Auch wenn dies viel Aufwand macht, scheuen wir diesen Aufwand nicht.

Ich erkläre Ihnen auch noch ganz kurz, warum der Mindestlohn gut für den Mittelstand ist. Dafür gibt es nämlich ein ganz einfaches Argument. Der Feind von Wohlstand und guter Arbeit - dazu gehört auch immer die gute Entlohnung dieser Arbeit, egal ob sie an einer Drehbank stattfindet oder am Schreibtisch eines Geschäftsführers oder Unternehmers - ist nicht die sozialdemokratisch-kommunistische Bedrohung, sondern es ist der Verfall des Wertes der Arbeit und der Verfall der Preise. Diesem Verfall muss man wirksam begegnen.

Es ist das Motto „Geiz ist geil“, das den Mittelstand schwächt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

„Geiz ist geil“ ist nämlich keine nachhaltige Strategie für Wachstum und Beschäftigung, sondern nur eine miserable Taktik für eine schnelle Gewinnmaximierung auf Kosten der betroffenen Branchen und damit letztlich auf Kosten der Gesellschaft.

Wenn wir mit diesem Vergabegesetz nun durch Eingriffe - klar, es sind Eingriffe in das Wirtschaftsleben - dafür sorgen, dass Arbeit wieder ihren Preis hat, dass Leistung wieder angemessen, das heißt bei uns: gerecht, entlohnt wird, dann hilft das vor allem dem Mittelstand, weil dieser Mittelstand nicht einfach abhauen kann, wenn sich Gefüge verschieben, und weil er sich gesellschaftlichen Entwicklungen nicht entziehen kann. Der Mittelstand bleibt da und ist darauf angewiesen, dass wir ein funktionierendes, das heißt bei uns: solidarisches, Gesellschaftsgefüge haben.

An dieser Stelle möchte ich klar sagen: Unternehmen sind auf den Staat angewiesen; sie brauchen eine Rechtsordnung, sie brauchen Rechtssicherheit, und sie brauchen ein solidarisches Gefüge.

Nun werden wir ein bisschen konkreter, weil wir uns natürlich nicht darauf beschränken, Stimmung zu schaffen. Vielmehr ist klar: Wir fördern Investitionen, und wir werden diese Investitionen weiterhin fördern. Sie erkennen das am Aufwuchs bei Einzelplan 08, der mittlerweile vorliegt. Über die Details werden wir reden, und wir werden sicherlich noch einiges modifizieren. Wir in der Koalition werden die brandenburgischen Unternehmen weiter unterstützen und werden, das ist klar, bei den Gründungen deutlich zulegen müssen. Dabei geht es auch um die Verbesserung des Unternehmerimages. Hierfür können Unternehmer etwas tun, aber auch wir; das werden wir auch machen.

Wir werden vor allem auch den Zugang zum öffentlichen und privaten Kapitalmarkt verbessern, weil wir dies wollen und weil wir dies müssen. Wir werden durch Mikrofinanzierungen und Beratungen unterstützen. Wir müssen den Weg zum Geld nicht vor allem billiger, sondern vor allem einfacher machen. Das hilft dem Mittelstand.

Wir werden die Unternehmen, die ins Trudeln geraten, weiterhin unterstützen. Insofern wird das Programm KoSta nicht gekürzt. Zudem werden wir auf gleichem Niveau weiterhin Mikrofinanzierungen betreiben. Wir werden weiterhin auf Forschung und Entwicklung setzen. Vor allem werden wir weiterhin vernetzen, um diejenigen zusammenzubringen, die sich gegenseitig helfen können.

(Zuruf)

- Eine gewisse Kontinuität ist auch nicht verkehrt, das sagt ja keiner.

(Zuruf: Dafür können Sie uns auch einmal loben!)

- Ich habe doch vorhin gesagt, dass ich mich über den Antrag gefreut habe. Ich wundere mich nur, dass Sie jetzt so tun, als hätten Sie das alles neu erfunden.

(Zurufe von der CDU)

Es gibt eine Sache, die wir auch tun müssen. Wir werden den Export stärker stützen müssen. Dabei werden wir die Unternehmen bei ihren Marketing- und Markterschließungsbemühungen unterstützen. Der Export - das haben wir gesehen - ist zwar ein Bereich, der krisenanfälliger ist als andere, aber wir können nicht auf ihn verzichten; denn es wird der Bereich sein, der beim der Abflauen der Krise eher in der Lage sein wird, Wachstum und Beschäftigung zu steigern.

Die Messekonzeption der Landesregierung wird überarbeitet werden, und wir werden uns, auch wenn dies ein undankbares Dauerthema ist, damit beschäftigen müssen, Berichts- und Statistikpflichten zu reduzieren und Genehmigungsvorgänge unter Beibehaltung der notwendigen Qualität - diese Rechtssicherheit brauchen wir - zu beschleunigen. Wir werden auch - das wurde bereits angesprochen - die räumlich-sektorale Konzentration der Wirtschaftsförderung konsequent fortführen.

Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen, nämlich das Problem der Fachkräftesicherung. Dieses Problem betrifft natürlich auch die Unternehmer, diese sogar doppelt, aber auch die Arbeitnehmer. Die Unternehmer betrifft es deswegen doppelt, weil es zum einen um ihre Fachkräfte geht, aber zum anderen auch, weil es um die Fachkräfte des Unternehmers geht, um denjenigen, der das Risiko einer Gründung auf sich nimmt, und um denjenigen, der weitermacht, wenn es um den Ersatz für den bisherigen Geschäftsinhaber geht. Das ist klar. Wir müssen uns das auch alle ins Stammbuch schreiben lassen. Die Krise nach der Wirtschaftskrise ist die Fachkräftekrise. Das ist bekannt, und insofern müssen wir an dieser Stelle weiter vorankommen.

An dieser Stelle werbe ich dafür, einen nachhaltigen Fachkräftesicherungsprozess zu beginnen. Denn die Fachkraft steht nicht einfach so herum wie eine industrielle Reservearmee. Man kann auch nicht kurzfristig Fachkräfteprogramme auflegen, wie wir das mit dem Konjunkturprogramm gemacht haben. Fachkräfte brauchen Zeit, um Fachkraft zu werden. Sie müssen gleichermaßen wie die Gründer auf den Weg gebracht, aufwendig angeworben und gepflegt werden. Wir müssen sie begleiten, beraten und auch finanziell unterstützen, wenn es einmal klemmt. Genau das wollen wir gemeinsam mit den Fraktionen dieses Parlamentes, mit den Kommunen, mit den Verbänden und den Unternehmern tun. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kosanke. - Während sich Herr Tomczak von der FDP-Fraktion auf seinen Redebeitrag vorbereitet, möchte ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Käthe-Kollwitz-Oberschule aus Potsdam begrüßen. Seien Sie willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für mich stellt sich das Thema dieser Aktuelle Stunde heute als Frage. Gibt es in Brandenburg eigentlich überhaupt noch wettbewerbsfähiges Handwerk und einen starken Mittelstand? - Natürlich kann die Antwort nur lauten: Ja, noch.

Ich gehe davon aus, dass wir heute nicht über die führenden, bekannten und von der Landesregierung fürsorglich umworbenen Großunternehmen reden, sondern über die vielen kleinen Betriebe, die in der Öffentlichkeit zunehmend unter einem negativen Wahrnehmungsbild zu leiden haben. Es geht um die Situation der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die überwiegend Traditionsbetriebe sind, die sich in Familienbesitz befinden oder seit einigen Jahren in Brandeburg verwurzelt sind und hier durchhalten müssen und wollen.

Dieses negative Bild wird künstlich von einem Teil der Politik, auch in diesem Hause, erzeugt. Es wird gebetsmühlenartig öffentlich behauptet, dass zum Beispiel der Dumpinglohn und das miese Arbeitsklima in den großen Handelsketten X, Y vermutlich auch beim Händler um die Ecke zu finden sind, dass die Senkung der Umsatzsteuer um 12 % im Herbergsgewerbe

zum großen Reibach der 80 % Kleinhotel- und Pensionsbetreiber wird und