Des Weiteren sollten Sie sich vielleicht einmal die rbb-Sendung vom gestrigen Abend ansehen, in der deutlich wurde, dass es nicht darum geht, stärkere Sanktionen auszusprechen, sondern wir uns intensiver um den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen kümmern, uns ihnen empathischer zuwenden und uns bemühen müssen, ihre Probleme mit ihnen gemeinsam zu lösen. Das habe ich schon mehrfach gesagt. Das sollten wir uns durchaus auf die Fahnen schreiben.
Ich glaube - Frau Lehmann fragte mich nach der Meinung der Landesregierung -, dass die derzeit von der FDP bzw. vom Bundesaußenminister geführte Debatte unter dem Duktus der
Schuldvermutung steht. Das heißt, dass derjenige, der im System des SGB II ist, selbst Schuld daran hat und man ihn nur genug jagen und treiben muss, damit er dort wieder herauskommt.
Ich kann Ihnen nur sagen: Meine Erfahrung mit den Betroffenen ist, dass es ihnen oft weh tut, wenn man ihnen unterstellt, dass sie längst aus dem System heraus sein könnten, sie es sich jedoch gemütlich gemacht hätten. Vielleicht sollten Sie das einmal bedenken.
Jetzt ist die Zeit, die Regelsätze zu überarbeiten. Jetzt ist die Zeit, sich intensiv dem Problem dieser Leute zu widmen, das heißt, Arbeitsplätze zu schaffen und dafür zu sorgen, dass das Auskommen gut finanziert wird. Ich bin dem Kollegen Christoffers für seine Äußerungen zum Mindestlohn sehr dankbar.
Dieses Thema ist zweifelsohne nicht geeignet, den Zusammenhalt und die Solidarität in diesem Land zu stärken. Ich bin auch Frau Merkel für die Sätze sehr dankbar, die sie gestern und heute Morgen in den Interviews gesagt hat. Ich denke, es war wichtig, den Kollegen Außenminister diesbezüglich in die rechte Spur zu bringen. Ich hoffe, dass das nachhaltig ist. - Vielen Dank.
Zunächst gab es eine Dringliche Anfrage. Meine erste Frage lautet: Wie bewerten Sie das, was dort gesagt worden ist? Die rechte Antwort dazu habe ich nicht vernommen.
Meine zweite Frage lautet: Was wollen Sie tun - diese Frage ist noch spannender -, um auf die Minderheit einzuwirken, die sich in Hartz IV eingerichtet hat? Was wollen Sie als Minister dieses Landes, der Sie Verantwortung tragen, persönlich tun, um bessere Anreize zu schaffen, damit Leute, die sich in Hartz IV eingerichtet haben, wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückfinden und auch den Willen haben zu arbeiten? Natürlich sind das Minderheiten - das ist keine Frage. Aber es müssen Anreize geschaffen werden, um in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren.
Die Frage ist also nicht nur, wie Sie das bewerten, sondern was Sie als Verantwortlicher in der Landesregierung tun wollen, damit diejenigen, die sich in Hartz IV eingerichtet haben, stärkere Anreize erhalten, um in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren?
Dazu kann ich Ihnen noch locker eine halbe Stunde etwas sagen. Das werde ich auch tun. Die erste Frage war, wie ich es bewerte. - Als Unsinn.
Zweitens kann ich Ihnen sagen, dass ich das, was derzeit bei Ihnen und auch bei der CDU diskutiert wird, nämlich größere Anreize dadurch zu setzen, dass man die Zuverdienstmöglichkeiten vereinfacht und vergrößert, verurteile. Ich sage Ihnen auch, warum. Ich nehme noch einmal diejenigen, die 1 000 Euro verdienen. Bisher war es so, dass man 1 000 Euro verdient hat und der Staat - um das zu deckeln - noch einmal 260 Euro draufgelegt hat, sodass der Arbeitnehmer also seinen Bedarf decken kann. Das hat sich in den letzten vier Jahren verdreht, Herr Goetz. Inzwischen ist es so, dass sich Arbeitgeber Leute suchen, die 1 000 Euro Hartz IV haben, und dann etwas obendrauf zahlen, weil sie dadurch massiv sparen. Da gewinnt die Frage, wen man hier vor welchem Findigen schützen muss, eine ganz neue Bedeutung.
Ich warne davor, dieser Theorie weiter zu folgen. Es hört sich sehr sozial an, wenn man sagt, dass man die Zuverdienstgrenzen erhöhen wolle, damit die Menschen, die sich in Hartz IV befinden, mehr hinzuverdienen können. Während bisher Menschen vom Arbeitsmarkt verdrängt wurden, die einen Bedarf von 800, 900 oder 1 000 Euro hatten, wird man damit künftig auch Menschen vom Markt verdrängen, die womöglich 1 500 oder 1 600 Euro verdienen. Das ist die logische Folge dessen, was in den letzten Jahren hier passiert ist, und das ist erklärte und nicht einmal widersprochene Unternehmensphilosophie vieler Unternehmen in diesem Land. Diese Substitution hat stattgefunden, und sie wird sich verschärfen, sobald Ihre Theorie Raum greift, nämlich dass man nur die Zuverdienstgrenzen erhöhen muss.
Zu Ihrer zweiten Frage: Wir werden vieles tun. Wir wollen die öffentliche Beschäftigung in diesem Land fördern. Wir wollen, dass die öffentliche Beschäftigung in diesem Land sich insbesondere den gerade von uns geschilderten Problemfällen zuwendet. Ich habe auch schon sehr deutlich gesagt, dass wir da längst nicht so gut sind, wie wir sein könnten.
Wir müssen konzertierter arbeiten und die Kommunen müssen mit dem Land zusammenarbeiten - dazu kommt gleich noch eine Kleine Anfrage, dann kann ich das im Detail erläutern -, um das besser hinzubekommen. Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass vieles im System nicht so läuft, wie es laufen sollte. Aber das Vorgehen des Bundesaußenministers, die Probleme auf die Schultern der Geringverdiener bzw. der SGB-II-Empfänger abzuladen, ist falsch und verleumderisch.
Angesichts der heftigen Kritik, die Sie an Guido Westerwelle kundgetan haben, frage ich Sie, was Sie von der noch viel schärfer formulierten Kritik halten, die zum Beispiel Thilo Sarrazin und Herr Buschkowsky in der Öffentlichkeit geäußert haben und immer wieder äußern.
Ich habe das, was Thilo Sarrazin in einigen Fällen gesagt hat, insbesondere seine Kochvorschläge, verurteilt. Das habe ich ihm auch persönlich gesagt. Von Herrn Buschkowsky wüsste ich nicht, dass er etwas so Dramatisches gesagt hätte, dass ich dazu jetzt Stellung nehmen müsste. Das ist mir nicht gegenwärtig. Aber er ist auch nur ein Bürgermeister und nicht der Bundesaußenminister.
Vielen Dank, Herr Minister. - Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Herr Senftleben, hat um das Wort zur Geschäftsordnung gebeten.
Vielen herzlichen Dank. - Ich möchte am Anfang allen Kollegen, die in der heutigen Fragestunde eine Frage gestellt haben, mein Lob aussprechen, weil sie die Geschäftsordnung in der aktuellen Fassung mit der Anlage zur Fragestunde eingehalten haben. Sie haben Fragen zur Landespolitik gestellt, die unmittelbar oder mittelbar die Regierung betreffen. Wenn wir weiterhin - wie in der heutigen Fragestunde - Dringliche Anfragen zu Äußerungen von Parteivorsitzenden stellen, dann werden wir in den nächsten Monaten Fragen zu allen Aussagen der Parteivorsitzenden von GRÜNE/B90, DIE LINKE, SPD, FDP und CDU zu hören bekommen. Dann kommen in der Fragestunde genau die Themen, die das Land Brandenburg betreffen und daher in der Fragestunde ihren Platz haben sollten, nicht mehr vor.
Deshalb habe ich die große Bitte an das Landtagspräsidium bzw. an den Präsidenten des Landtags, bei der Genehmigung von Dringlichen Anfragen darauf zu achten, dass alle Abgeordneten - ob aus der Regierungskoalition oder aus der Opposition ein Recht darauf haben, ihre Fragen zu stellen, die das Land betreffen.
- Herr Holzschuher, ich sage das für alle, nicht nur für uns. Hören Sie doch einfach zu. Es gab schon immer Vorschriften, und die möchte ich eingehalten wissen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Senftleben. Wir nehmen Ihr Anliegen zur Kenntnis und fahren mit der Tagesordnung fort.
Ich rufe die Frage 109 (Zukunft des Studienkollegs des Landes Brandenburg) auf, die vom Abgeordneten Peer Jürgens gestellt wird.
Im Frühjahr 2009 ist die Entscheidung gefallen, das Studienkolleg des Landes Brandenburg zu schließen. Gründe hierfür waren wohl die zu geringe Nutzung dieses Kollegs durch ausländische Studierende und die damit angeblich nicht ausreichende Effizienz.
Ich frage die Landesregierung: Wie soll Ihrer Kenntnis nach in Zukunft gewährleistet werden, dass auch weiterhin Studierende ohne direkten Hochschulzugang ausgebildet werden können?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Keine Sorge, Herr Senftleben, das ist wirklich eine Frage, die sich intensiv nur mit dem Land beschäftigt. Insofern können wir die Debatte jetzt sachlich weiterführen.
Herr Jürgens, ein Satz vorweg, damit wir alle wissen, worüber wir eigentlich sprechen. Beim Studienkolleg an der Universität Potsdam handelt es sich um eine Einrichtung des Landes Brandenburg, an der zentral für alle Hochschulen ausländische Studienbewerber ohne Hochschulzugangsberechtigung die erforderlichen sprachlichen, fachlichen und methodischen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Studienbeginn in Deutschland erwerben sollen. In der Bundesrepublik entstanden die Studienkollegs in den 60er Jahren. Ausländische Studieninteressierte aus den - damals sogenannten - Entwicklungsländern, deren Schulsystem mit dem deutschen nicht vergleichbar war, sollten so die Möglichkeit eines Hochschulbesuchs in Deutschland erhalten.
Seit den 60er Jahren hat sich viel verändert. Unter anderem haben wir in Deutschland erkannt, dass unsere Hochschulen Lehrende und Lernende aus anderen Ländern brauchen, um international konkurrenzfähig zu sein. Was einmal Entwicklungshilfe war, ist heute unabdingbare Voraussetzung für Exzellenz und internationale Anerkennung. Die Internationalisierung ist ein wichtiges Feld der Hochschulpolitik geworden, und zwar zu einem großen Teil aus Eigeninteresse der Hochschulen und nicht mehr in erster Linie mit dem Ziel, anderen Ländern beim Aufholen eines Bildungsrückstands zu helfen.
Wenn Internationalisierung kein Lippenbekenntnis sein soll, dann müssen die Hochschulen auch qualitativ hochwertige Angebote bereithalten, mit denen ausländischen Studierenden der Studienerfolg ermöglicht wird. Die Studienkollegs alter Prä
gung können das nicht leisten, weil dort nur ein Bruchteil der ausländischen Studierenden betreut wird; in Potsdam sind das knapp 1 %. Außerdem sind in Potsdam die Bewerberzahlen seit 2003 von rund 590 auf knapp 90 gesunken. Lediglich 1,5 % der Kollegabsolventen erreichen einen Studienabschluss an der Universität Potsdam. Daher war der Einwand des Landesrechnungshofes völlig berechtigt, sodass wir ihm auch gefolgt sind.
Es muss jetzt darum gehen, die im Studienkolleg über Jahrzehnte angesammelten Erfahrungen und Kompetenzen wirksam mit den an den Hochschulen zusätzlich vorhandenen Strukturen zu vernetzen und so an die tatsächlichen Bedürfnisse anzupassen. Mein Ministerium arbeitet daher an Konzepten für einen erfolgreichen Studieneinstieg ausländischer Studierender.
Die Brandenburgische Landesrektorenkonferenz hat sich mit der Thematik bereits befasst und unter anderem beschlossen, dass die Förderung der ausländischen Studierenden künftig in zwei regionalen Clustern koordiniert werden soll und damit die Potsdamer Region und die Hochschulen in der Lausitz von Landesmitteln profitieren sollen. Entwürfe für die Konzeption dieser beiden Cluster befinden sich seit dieser Woche in meinem Haus und werden intensiv geprüft. Ich werde sie am 8. März im Haushaltskontrollausschuss vorstellen und natürlich auch im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur darüber berichten. Es ist zu erwarten, dass die Rektorenkonferenz auf ihrer nächsten Sitzung am 23. März einen Beschluss zur Nachfolgekonzeption für das Ausländerstudienkolleg fassen wird. Danke.
Vielen Dank, Frau Ministerin Münch. - Wir kommen zur Frage 110 (Öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse), die von der Abgeordneten Roswitha Schier gestellt wird.
Während die Linke im Wahlkampf noch mit dem Schlüsselvorhaben 02 - 15 000 ordentliche Arbeitsplätze im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor - für sich geworben hat, wurden in der Regierungserklärung 8 000 Plätze angekündigt. In der vorletzten Woche wurde berichtet, dass man 4 000 Stellen aus dem Programm Kommunalkombi einrechnen wolle, sodass es nur noch um 4 000 zusätzliche Stellen ginge.
Ich frage deswegen die Landesregierung: Wie viele zusätzliche Plätze sollen tatsächlich - und vor allen Dingen: mit welchen Landesmitteln - finanziert werden?