Protocol of the Session on February 24, 2010

„An der weiteren Haushaltskonsolidierung führt deshalb kein Weg vorbei.“

Ich könnte noch mehr von Ihnen nicht eingehaltene Postulate bringen, beispielsweise: „Schuldenaufwuchs auf das Notwendige reduzieren“ oder „Ausgabensteigerung grundsätzlich durch Einsparungen an anderer Stelle ausgleichen“.

Vielleicht lesen die Damen und Herren der Regierungskoalition einfach einmal ihren eigenen Vertrag.

Fazit dieses Haushaltsentwurfs: Ziel verfehlt. Ein Konsolidierungskurs zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Landes sieht jedenfalls anders aus. Wie wollen Sie mit einer solchen Politik, mit einem solchen Missmanagement die Menschen überzeugen und den Mittelstand dazu bringen, zu investieren? Das geht nicht. Mit einer solchen Haushaltspolitik verwirren Sie die Menschen und halten Sie vom Investieren ab.

Wenn Sie den Spar- und Konsolidierungskurs nicht einschlagen, ist das eine offene Kapitulation. Natürlich werden Sie jetzt sagen, dass Sie sparen - zum Beispiel beim Personal der Polizei. Bis 2020 sollen über die bereits laufenden Stellenstreichungen weitere 1 900 Stellen bei der Polizei abgebaut werden, was damit begründet wird, dass man bei sinkender Bevölkerungszahl weniger Polizisten benötige. Das, Herr Minister Speer, gilt vielleicht für eine Großstadt, ganz sicher aber nicht in einem Flächenland wie Brandenburg.

(Zuruf von der Regierungsbank: Dann machen Sie doch einmal Vorschläge!)

Die Wege zu Hilfesuchenden bleiben nämlich gleich, nur die Reaktionszeiten für diese werden erheblich länger.

Nicht nur darum geht es. Es geht auch und vor allem um die Qualität der Ermittlungsergebnisse. Grundlage effektiver Strafverfolgung können nur zuverlässige polizeiliche Ermittlungsergebnisse sein.

Nach Medienaussagen soll es nun eine vertrauliche „Rotstiftliste“ von Minister Markov geben, die konkrete Vorschläge beinhaltet, welche Stellen im Landesdienst gestrichen werden sollen. Wenn es sich nicht wieder um einen Schnellschuss handelt, ist man ganz offensichtlich nach dem Gießkannenprinzip vorgegangen. Nur bei dem von Ihnen als Priorität bezeichneten Bereich der Wirtschaftsförderung wird besonders gespart. So sollen in einem der kleinsten Wirtschaftsministerien Deutschlands auch noch 21 % des Personals - im Bereich der Wirtschaftsförderung sind es sogar fast 25 % - gestrichen werden. Nennt man das Prioritätensetzung auf Wirtschaft?

Die gleiche Frage muss man sich stellen, wenn es um die finanzielle Unterstützung der Landesbetriebe geht. Die private Wirtschaft wird damit nämlich behindert, wenn nicht sogar vom Markt verdrängt, und das kostet Arbeitsplätze.

Wenn man sich die Kürzungen im Haushaltsentwurf von fast 45 Millionen Euro ansieht, stellt man fest, dass auch im Bereich des Hoch- und Landesstraßenbaus Arbeitsplätze wegfallen werden, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die berlinfernen Regionen mit schwacher Infrastruktur. Sparen muss sein, aber bitte sinnvoll und nicht so, dass Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft verloren gehen, um dann einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor einrichten zu müssen, um Arbeitsplätze für ältere Langzeitarbeitslose zu schaffen.

8 000 Plätze im gemeinwohlorientierten Bereich sollen - natürlich unter Zuhilfenahme von Bundesmitteln und Mitteln der Kommunen - geschaffen werden. Diese Arbeitsplätze - nach Auskunft der Landesregierung - müssen zusätzlich und im öffentlichen Interesse sein. Das sind sie, wenn sie ohne Förderung nicht, nicht in dem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt werden. Mit anderen Worten: Der Bedarf ist fraglich. Eigentlich besteht überhaupt keine Nachfrage. Wo bleibt da die Zukunftsfähigkeit solcher Arbeit? Bezeichnend ist, dass die Landesregierung mir auf meine Kleine Anfrage keine Beispiele für gemeinwohlorientierte Arbeitsplätze nennen konnte. 40 Millionen Euro aus Landesmitteln sollten laut Koalitionsvertrag bis 2014 in den Haushalt eingestellt werden. 1,4 Millionen Euro sind eingestellt. Das sind für 8 000 Beschäftigte 145 Euro pro Monat bzw. 87 Cent in der Stunde. So viel zum Thema Mindestlohn.

Selbst Minister Baaske hält die Praxis der Landesregierung im Bereich Arbeitsförderung für überprüfungswürdig, da Erfolge der verschiedenen Programme nicht deutlich erkennbar sind, so seine Worte im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie vom 17. Februar 2010. Nach seinen Angaben hat das Land Brandenburg seit 1989 ca. 20 Milliarden Euro für Maßnahmen der Arbeitsförderung ausgegeben - zwei Landeshaushalte, legt man den aktuellen zugrunde.

Wenn Geld ausgegeben wird, dann bitte sinnvoll und im Interesse der Menschen für die Zukunft tragfähig. Arbeitsplätze werden in der Wirtschaft geschaffen, nicht vom Staat gegen den Markt konstruiert und dann künstlich am Leben erhalten.

(Beifall FDP)

Lassen Sie mich noch einen Blick auf die Zukunft richten. Der Haushalt, wie er vom Kabinett verabschiedet worden ist, wurde uns mit den Worten übergeben, „dass die Absenkung der Nettokreditaufnahme bis 2014 auf null in der mittelfristigen Finanzplanung als ehrgeiziges Ziel verankert ist“. - Was wollen Sie uns suggerieren: Wir haben den Haushalt im Griff? Wir bauen die Neuverschuldung weiter ab? Da wird von einer Reduzierung der Nettokreditaufnahme bis 2014 von jährlich 150 Millionen Euro gesprochen. Der Schuldenstand beträgt dann aber immerhin rund 19,8 Milliarden Euro. 2009 lag er bei 18 Milliarden Euro. Schon heute wird deutlich mehr als jeder sechste Euro, den das Land aus Steuereinnahmen erzielt, zur Finanzierung der Kreditverpflichtungen eingesetzt. Jeder Euro, der für Zinszahlungen eingesetzt wird, verringert die Möglichkeit zukunftsfähiger Investitionen. Wo sind Ihre Visionen? Will die Politik eigentlich gestalten, oder will sie nur noch verwalten?

Was bei der Übergabe des Haushaltentwurfs aber nicht gesagt wurde, ist, dass die Reduzierung der Nettokreditaufnahme nur dann möglich sein wird, wenn die angesetzten globalen Min

derausgaben von im nächsten Jahr 330 Millionen Euro, dann 550 Millionen Euro und schließlich 530 Millionen Euro konsequent umgesetzt werden.

Die Wissenschaft erklärt globale Minderausgaben folgendermaßen: Die Minderausgabe dient dazu, in der Aufstellungsphase des Haushaltsplans dessen Finanzierungsdefizit zu verschleiern. Dieses Haushaltsdefizit kann in der Regel nur durch eine weitere Erhöhung der Neuverschuldung ausgeglichen werden. - Politisch besteht der Vorteil natürlich darin, dass man die erhöhte Neuverschuldung erst in einem Nachtragshaushalt offenlegt. Zudem lässt sich die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts regelmäßig mit unvorhersehbaren und selbstverständlich von außen kommenden Ereignissen - die Regierung selbst ist ja nie schuld - begründen. Bis dahin behauptet man forsch, der Haushalt sei verfassungsmäßig. Investitionen werden durch globale Minderausgaben begrenzt. Was eingespart werden muss, kann nicht investiert werden. Vielleicht ist das der Grund für die einhellige Meinung der Kabinettsmitglieder, dass das eigentliche Drama der Haushalt 2011 sein wird.

Auch wenn Ministerpräsident Platzeck heute stolz die vermeintlich hohe Investitionsquote im Landeshaushalt präsentiert, so darf doch nicht vergessen werden, dass diesen Investitionen erhebliche Einnahmen von Bund und der EU gegenüberstehen, die in den nächsten Jahren merklich zurückgehen werden. Schon jetzt ist eine deutliche Senkung prognostiziert. Das alles lässt für künftige Generationen nichts Gutes erwarten. Vergessen Sie nicht, dass es sich um das Geld der gegenwärtigen und zukünftigen Steuerzahler handelt, über das Sie hier entscheiden.

Fazit des vorgelegten Entwurfs: Der rote Adler mutiert zum roten Pleitegeier. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Das ist ein sehr ungewöhnliches Verhalten der Landesregierung, aber leider dürfen sie hier reden, wann sie wollen.

Nein, ich habe die 30 Minuten nicht überzogen, ich habe sehr wohl auf die Uhr geschaut.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt mehrmals von CDU und FDP gesagt worden, dass dieser Haushalt unsolide sei, weil die Verschuldung und das Defizit zu hoch seien. Ich möchte Ihnen zwei Vergleichszahlen nennen. Dann möge das jeder selbst einsortieren.

Haushalt 2010: Ich nehme die zwei wichtigsten der vier Maastricht-Kriterien, die für die Länder gelten. Das habe ich für Brandenburg ausgerechnet. Die Staatsverschuldung für den Haushalt 2010 im Land Brandenburg beträgt 32,7 %, beim Bund im selben Jahr 73 %, das Maastricht-Kriterium schreibt maximal 60 % vor. Der Bund hat im Haushalt für 2010 eine mehr als doppelt so hohe Staatsverschuldung aufgenommen.

Die zweite Größe, um das auch einmal klarzustellen: Haushaltsdefizit: das Maastricht-Kriterium regelt 3 %, der Haushalt

Brandenburg erzeugt 2010 1,17 %, der Bund über 5 %. So viel zur Solidität.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Dann ist das eine unsolide mal 2,5 und das andere ist unsolide mal vier.

Das Zweite: Ich habe auch da nachgesehen, weil immer von der GMA gesprochen wird. Ich fand das, was Sie gerade gesagt haben, ganz hübsch. Ich sage Ihnen einmal , dass die GMA im Haushalt 2004 vorgesehen war.

(Zuruf von der CDU: Ach, Herr Markov!)

- Nein, nein, nicht: Ach, Herr Markov! - Da waren Sie nämlich in der Regierung. Das wollen Sie nur nicht hören. Müssen Sie aber!

Für 2006 waren für die GMA 474 Millionen Euro und für 2007 742 Millionen Euro geplant, in der nächstfolgenden mittelfristigen Finanzplanung - sie wird immer ein Jahr fortgeschrieben - waren für 2008 615 Millionen Euro vorgesehen. Im Übrigen weil Sie gesagt haben, wir würden immer eine Null schreiben könnte ich Ihnen auch noch vorlesen: 2002 bei Ihnen Null, 2003 für 2002 und 2003 Null, 2004 Null usw.

(Görke [DIE LINKE]: Nullnummern!)

Das waren wirklich Nullnummern, die Sie damals gemacht haben. Sie sind nämlich immer ganz woanders gelandet. Sie dürfen nicht wegen der mit Ihrer Politikgestaltung gemachten Erfahrungen davon ausgehen, dass die Linken es genauso schlecht machen wie Sie.

(Starker Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Minister Dr. Markov, dass Sie innerhalb Ihrer Redezeit geblieben sind. - Das Wort erhält die Fraktion DIE LINKE. Es spricht der Abgeordnete Ludwig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen, auch hier verbessert die Landesregierung stetig ihr Verhalten. Verehrte Frau Wanka, verehrte Frau Vogdt, Sie haben hier ein Donnerwetter gegen Rot-Rot inszeniert und offensichtlich gehofft, uns mit Wolkenbrüchen von Kritik und mit Blitzen von Kompetenz einfach wegspülen zu können.

(Zurufe von CDU und FDP)

Nun, damit haben Sie sich überhoben. Außer einem entfernten Grummeln des Unbehagens ist nicht viel geblieben. Warum ist das so? Es gibt zwei Gründe. Der eine besteht darin, dass Sie wohl Haushalte einfach nicht richtig lesen. Das war schon bei den von Ihnen selbst mitverantworteten so. Deswegen sind Sie in diese auch so verliebt. Unsere lesen Sie auch nicht.

(Zuruf von der CDU)

- Ich komme noch darauf zurück.

Warum lesen Sie Haushalte nicht richtig? Das führt zum zweiten Grund für Ihren schwachen Auftritt. Sie versperren sich mit Ihren eigenen Vorurteilen den Blick auf die Zahlen. Früher waren Sie mit von der Partie, da war alles gut. Jetzt sind Sie nicht mehr dabei, nun ist alles schlecht. Damit könnte man noch irgendwie leben, wenn es zu der Frage führen würde, warum Sie denn nicht mehr dabei sind, wenn es zu der Feststellung führen würde, dass Ihnen die ganze Richtung nicht passt und warum das so ist. Natürlich, Frau Wanka, Herr Goetz, passt Ihnen die ganze rot-rote Richtung nicht. Das ist verständlich. Uns passt Ihre auch nicht.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau!)

Aber warum verstecken Sie sich hinter platten Parolen und albernen Zeitplänen? So entsteht keine druckvolle Opposition. Das können Sie uns glauben, davon verstehen wir mehr.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ja, wir haben in den letzten Wochen und Monaten damit begonnen, Brandenburgs Weg neu zu justieren. Es ist an der Zeit, es ist nötig. Die Leitidee von Gemeinsinn und Erneuerung ist nicht an die Stelle, wohl aber in das Zentrum der Erneuerung aus eigener Kraft getreten. Darum geht es. Dafür haben wir wichtige Weichenstellungen vorgenommen, Weichenstellungen in Richtung einer sozialen Modernisierung unseres Landes.

Diese Koalition will gute Arbeit für alle. Deswegen stellt unsere Wirtschaftspolitik darauf ab, dass wirtschaftliche Entwicklung und soziale Stabilität eine untrennbare Einheit bilden. Zur Sozialpolitik gehört eben auch an zentraler Stelle, dass Arbeitslose nicht nur alimentiert und geschurigelt werden, sondern dass ihnen ein Weg zurück ins Erwerbsleben eröffnet wird. Ich will hier nur auf zwei zentrale Projekte verweisen. Wir werden erstens ein brandenburgisches Vergabegesetz mit einem Mindestlohn schaffen, und wir werden zweitens in den nächsten Jahren Tausenden bislang arbeitslosen Menschen in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sozialversicherungspflichtige Jobs zu tariflichen Standards bieten.

(Zuruf von der CDU)