Schwelle zur Erstanstellung, werden die Maßnahmen den Marktanforderungen gerecht, und sichern sie in der Qualität nicht nur in der Quantität, sondern vor allem in der Qualität den künftigen Fachkräftebedarf?
Betonen möchte ich an dieser Stelle aber ganz klar auch und immer wieder, dass Ausbildung und Fachkräftesicherung vornehmlich Aufgabe der Wirtschaft bleiben müssen und der Staat hier nur ergänzend eingreifen kann und auch soll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aktuell sind in Brandenburg - Frau Bednarsky hat auf das Problem bereits hingewiesen - 6 582 Altbewerber registriert. Das sind 52 %, also mehr als die Hälfte aller gemeldeten Bewerber. Während also das Problem der Ausbildungsplatzlücke schrumpft, wächst das Problem der Altbewerber. Jeder junge Mensch, der sich mit einem Schulabschluss lediglich in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme befindet, steht dem Brandenburger Arbeitsmarkt als Fachkraft nicht bzw. noch nicht zur Verfügung, wird dabei immer älter, was wiederum künftige Beschäftigungschancen schmälert. Somit ist jede Warteschleife Verschwendung so dringend notwendigen Fachkräftepotenzials.
Der vorliegende Bericht informiert über einige sozialstrukturelle Merkmale zu den Altbewerbern. Die Struktur ist sehr differenziert und erfordert somit auch differenzierte Ausbildungsangebote. Dabei ist die Tatsache, dass 80 % - ich betone: 80 % - der Altbewerber über einen Schulabschluss, fast jeder Fünfte sogar über die Fach- und Hochschulreife verfügt, besonders hervorzuheben. Es sind also nicht die mit den schlechten Schulabschlüssen und nicht die vielleicht ohne Schulabschluss. Darum ist bei der Ausbildungsförderung genauso wie beim Fallmanagement in der Arbeitsförderung der Einzelfall zu sehen, ist der junge Mensch in den Mittelpunkt aller Bemühungen zu rücken, und es sind individuelle Problemlösungen bei der Einbindung in Ausbildung zu finden. Wir brauchen an der ersten Schwelle keine Maßnahmen von der Stange, sondern wir brauchen immer mehr spezifisch zugeschnittene Förderangebote, selbstverständlich auch hier nach dem Grundsatz „Fördern und fordern“; denn die aktiven Bemühungen der Jugendlichen selbst sind in diesem Prozess gefragt und auch erster Meilenstein auf dem Weg in eine Ausbildung und in eine spätere Beschäftigung.
Dazu gehört auch die verantwortungsvolle Wahl eines Ausbildungsplatzes mit Perspektive. Wenn der vorliegende Bericht Auskunft darüber gibt, dass ein Viertel - ein Viertel! - aller Ausbildungsverhältnisse in Brandenburg vorzeitig gelöst wird, ist dies nicht nur aus der Perspektive von Ausbildungsabbrechern vergeudete Lebenszeit, sondern auch betriebswirtschaftlich wie volkswirtschaftlich eine enorme Verschwendung von Potenzialen.
Die Landesregierung zeigt im Bericht verschiedene Möglichkeiten auf, vor allem Ausbildungsabbrecher ohne Anschlussperspektive zu unterstützen. Ich muss diese nicht alle noch einmal aufzählen. Inwieweit - das ist die entscheidende Frage diese Angebote für Ausbildungsabbrecher und solche für Altbewerber tatsächlich tragen und echte Lebenshilfe für junge Leute bieten, muss künftig noch stärker auch in der Hinterfragung der Effizienz der Programme im Fokus verantwortlicher Politik stehen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viel wurde bereits gesagt. Ich möchte nur zwei kleine Kritikpunkte anbringen. Zum Beispiel hätte ich erwartet, in diesem Bericht auch ein paar Zahlen darüber zu finden, wie viele junge Brandenburger und vor allem Brandenburgerinnen gar nicht erst versuchen, in unserem Land eine Berufsausbildung oder ein Studium zu beginnen, sondern dafür gleich in ein anderes Bundesland wechseln.
Der Bericht ist meiner Meinung nach auch unvollständig, weil Zahlen darüber fehlen, wie viele berufliche Erstausbildungen gerade nicht zur Fachkräftesicherung in Brandenburg beitragen; denn auch wenn ihre Erstausbildung in Brandenburg stattfindet, verlassen viele frisch gebackene Facharbeiter und Hochschulabsolventen unser Land, um in einem anderen Bundesland mehr Geld zu verdienen.
Doch, meine Damen und Herren, was nützen all die Berichte, wenn letzten Endes unsere jungen Leute trotzdem scharenweise das Land verlassen? Aber schön, dass wir wieder einmal darüber gesprochen haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass beide Berichte, auch der im nachfolgenden Tagesordnungspunkt, eine gute Grundlage für die weiteren Diskussionen sind. Es ist, glaube ich, selbstverständlich, dass wir nicht Berichte um des Berichtens willen schreiben, sondern um die Situation im Überblick dargestellt zu sehen und dann für uns daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, wie wir weitere Instrumentarien und Projekte entwickeln können; denn das ist insgesamt auch ein Prozess.
Man kann nicht sagen, das sind starre Instrumentarien, die man einmal aufgelegt hat, die dann für immer und ewig bestehen. Das haben meine Vorredner schon gesagt. Für mich ist aus diesen beiden Berichten noch einmal klargeworden, dass wir nicht immer neue Projekte brauchen, sondern dass wir eher Projekte brauchen, die sehr flexibel auf die jeweilige Situation angewendet werden können. Dann kommen wir sicherlich sehr viel weiter.
Dass sie passgenau, sinnvoll und zielorientiert eingesetzt werden müssen, muss man nicht extra betonen. Es ist ganz klar: Wir wollen, dass unsere Landeskinder, unsere jungen Leute die beste Ausbildung bekommen, die man bekommen kann, immer ausgerichtet auch an den Notwendigkeiten, die im Land bestehen.
Ein solcher Bericht ist keine einmalige Sache, sondern er muss auch unseren nachfolgenden Abgeordneten zur Kenntnis gegeben werden. Ich denke, er ist eine Handlungsgrundlage, die Instrumentarien für die jungen Leute in unserem Land weiterzuentwickeln.
Ich schließe mich natürlich nicht den Ausführungen unserer Kollegen von der Linken an, die uns schon heute Morgen bestätigt haben, dass wir nichts tun und nichts auf den Weg gebracht haben.
Ich meine, wir haben eine ganze Menge getan. Es ist auch an vielen Stellen schon umgesteuert worden. Das kann man aus beiden Berichten herauslesen. Da kann niemand sagen, wir hätten hier die Zeit verpennt und uns nicht auf die neuen Herausforderungen der Demografie und unserer jungen Leute eingestellt. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, ich beende die Aussprache. Sie haben den Bericht der Landesregierung damit zur Kenntnis genommen.
Lebenslanges Lernen - Neue Herausforderungen für die Weiterbildung und Qualifizierung vor dem Hintergrund der zukünftigen Fachkräftesituation (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 16.10.2008 - Drs. 4/6801-B)
Wir beginnen die Aussprache mit dem Bericht der Landesregierung. Frau Ministerin Ziegler, darf ich Sie von Herrn Klein entfernen und an das Pult bitten?
Sehr ungern, Herr Präsident, aber wenn Sie rufen, komme ich natürlich sofort. - Lieber Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich mache es kurz. Der Bericht stellt umfassend dar, wie wir im Wettbewerb der Bildungs- und Qualifizierungssysteme...
Es ist ein ernstes Thema, meine sehr verehrten Abgeordneten, ich bitte doch um wenigstens ein Ohr, weil ich mich auch sehr kurzfassen werde.
In dem Bericht wird umfassend dargestellt, wie wir im Wettbewerb der Bildungs- und Qualifizierungssysteme bestehen wollen; denn Bildungsgrad und Qualifikation werden über die beruflichen Chancen in der Zukunft noch mehr entscheiden, als es jetzt schon der Fall ist. Betriebe müssen wissen, was sie brauchen, und Beschäftigte müssen wissen, was sie wollen. Es gilt, beides, also den Fachkräftebedarf der Unternehmen auf der
einen Seite und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten auf der anderen Seite, kompatibler zu machen. Mit diesem Ziel werden wir das lebenslange Lernen weiter betreiben. Die Maßnahmen, die wir dazu ergreifen wollen, liegen Ihnen vor. Sie werden weiterentwickelt werden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, für die Gestaltung des heutigen Abends bleibt viel Zeit. Dies können wir angesichts der Länge Ihres Redebeitrags hier so verzeichnen. Ganz so einfach wird es bei mir jetzt nicht.
Ihr Haus, Frau Ministerin, hat uns einen Bericht vorgelegt, der wie eine kleine Regierungserklärung daherkommt, getreu dem Motto: Wir sind gut.
Vor fünf oder sechs Jahren haben Sie als Koalition einen heldenhaften Kraftakt unternommen mit dem Ziel, eine Menge von Berichtspflichten aus dem Aufgabenkatalog der Landesregierung zu streichen. Ich habe jetzt nicht nachgezählt, aber nach meinem Gefühl hat die gleiche Koalition allein in den letzten Jahren die doppelte Anzahl von Berichten hier neu eingeführt. Fatal dabei ist, dass man vielen Berichten - als Beispiel nenne ich den Sportförderungsbericht - noch etwas entnehmen konnte. Zu dem vorliegenden Bericht haben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder einmal eine Menge an Daten zusammengetragen - das ist löblich - und den Versuch unternommen, eine Situationsbeschreibung vorzunehmen. Viel mehr ist dem Bericht aber auch nicht zu entnehmen.
Ich erinnere an die großen Erwartungen der Kollegin Schulz bei der Einreichung des Antrags. Da hatten Sie, Frau Kollegin, Folgendes formuliert:
„Es ist darzulegen, wie weit einzelne Maßnahmen der Weiterbildungsoffensive des Bundes mit Maßnahmen des Landes abgestimmt und Synergieffekte erzeugt werden sollen. Dabei soll besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Effizienz der Weiterbildung vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftebedarfs gelegt werden.“
Frau Kollegin Schulz, ich weiß nicht, ob Sie das in dem Bericht gefunden haben; wir fanden es jedenfalls nicht.
- Dann freue ich mich auf Ihren Redebeitrag gleich. - Dabei will ich gar nicht davon reden, ob die Landesregierung die richtigen Antworten gibt und Schlussfolgerungen zieht, Antworten parat hat zum Beispiel für den Umstand, dass der aktuelle Stand des lebenslangen Lernens besorgniserregend ist, oder für die Feststellung, dass die Weiterbildungsaktivitäten der Brandenburger Betriebe noch immer unter dem Durchschnitt Ostdeutschlands liegen. Diese Schlussfolgerungen und Antworten werden erst gar nicht angeboten. Eine Betrachtung möglicherweise kritischer Entwicklungen wird eigentlich umgangen.
Um ein Beispiel zu nennen: Es gab ja einmal die sogenannten Informations- und Beratungsstellen der beruflichen Weiterbildung im Land. Die Landesregierung hat diese damals gegen erhebliche Kritik auch der Kammern und der Linksfraktion im Jahre 2006 aufgelöst. Stattdessen wurden dann die sechs geförderten Regionalbüros der Fachkräftesicherung installiert. Vor diesem Hintergrund darf natürlich jetzt gefragt werden, was sich bewährt hat. In dem vorliegenden Bericht ist dazu nichts zu lesen. Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, in Ihre Ausführungen aus dem Jahre 2005 zu schauen, in denen Sie in der Debatte um die Abschaffung der IB-Stellen, bezogen auf das Jahr 2004, Folgendes kritisch angemerkt haben:
„Von den insgesamt 7 544 Beratungen wurden lediglich 2 100 in kleinen oder mittelständischen Unternehmen durchgeführt.“
In dem jetzt vorliegenden Bericht heißt es, dass in den Regionalbüros für Fachkräftesicherung pro Jahr ca. 2 000 Beratungen realisiert werden. - Das ist natürlich kein Fortschritt. Insofern hätte ich erwartet, dass Sie sich damit auseinandersetzen.
Ein anderer Vergleich: In dem Bericht wird die Stiftung Warentest bemüht mit einem Testergebnis, nach dem die Weiterbildungsdatenbank Brandenburgs in einem bundesweiten Vergleich auf Platz 3 kommt. Das legt eigentlich die Annahme nahe, dass hierbei 16 Länder verglichen worden sind. In Wahrheit waren es aber nur neun Länder mit völlig unterschiedlichen regionalen Reichweiten. Ich will damit nicht etwa den 3. Platz schlechtreden. Aber diese Darstellung ist symptomatisch dafür, wie Informationen aufbereitet und dargeboten werden.
Im Jahre 2009 - das will ich ergänzen - lag die brandenburgische Weiterbildungsdatenbank immer noch auf Platz 3 - trotz dieser Landesregierung. Immerhin! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.