mit wirklich spitzen Fingern an diese Konzeption gegangen. Aber wer auch immer in der Landesregierung oder im Wissenschaftsund Kulturministerium auf diese famose Idee gekommen ist, diese großangelegte Konzeption, die natürlich einige Unzulänglichkeiten hatte und gerade wegen des großen Anspruches nicht vollkommen sein konnte, ins Internet zu stellen und über 100 Privatpersonen, Institutionen, Opferverbände und Interessierte anzuschreiben, der ist - das meine ich ohne Ironie - verdächtig für den Roten Adlerorden; denn das hat der Konzeption wirklich genutzt. Sie ist um ein Viertel länger geworden. Hier in sieben Minuten über 125 Seiten mit Anhang und über 57 Jahre oder sogar länger zu reden ist sowieso schwierig.
Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaftlern, von Ministerialbeamten, von interessierten Landtagsabgeordneten in einer großen Anhörung und von vielen Brandenburgerinnen und Brandenburgern geworden. Deswegen ist es ein Stück von uns, was über uns Auskunft gibt und was wir wirklich lehrend und informierend weitergeben können.
Ich denke, die Rolle der Kirchen sowohl im Dritten Reich als auch in der DDR-Zeit ist vor allem als Forschungsgegenstand stärker herausgestellt worden. Der systematische Missbrauch von Medizin in der nationalsozialistischen Herrschaft ist stärker in den Blick genommen worden, überhaupt die gesamte Widerstandsgeschichte im Dritten Reich, auch in der sowjetischen Besatzungszone, in der DDR.
Zum Thema Flucht und Vertreibung: Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen: 40 % der Mark Brandenburg liegen jenseits der Oder und sind heute legitimes polnisches Staatsterritorium. Das ist etwas, was uns sehr stark betrifft. Dieses zu thematisieren, einzuordnen und sowohl geistig als auch politisch den Polen, die jenseits der Oder leben, die Hand zu reichen, gehört mit zu den stärksten Kapiteln, die aufgrund dieser Anregungen und dieser öffentlichen Diskussion in dieses Papier gekommen sind.
Selbstverständlich ist auch das Kapitel über die Alltagskultur jüdischer Menschen und jüdischer Deutscher in Brandenburg etwas, was wirklich lesenswert ist. Ich möchte auch noch die Ursachen und Folgen der fürchterlichen Massenflucht und vor
allen Dingen den Mauerbau am 13. August 1961, die Enteignung, die Kollektivierung und Zwangskollektivierung, die Millionen von Menschen, die geflohen sind, nennen. Das ist unter anderem ein Charakteristikum der sowjetischen Besatzungszeit und der DDR. Die Verbrechen sind niemals so fürchterlich gewesen und nicht so international. Aber die lange Dauer, vier Jahrzehnte, die Millionen von Menschen, die geflohen sind, die Auszehrung der Gesellschaft, die Verwerfungen der Sozialstruktur, an denen wir zum Teil heute noch zu tragen haben, und die Entkirchlichung und Entchristianisierung sind Dinge
- oder Säkularisierung, ich habe nichts dagegen, einmal einen lateinischen Begriff zu verwenden -, die extra betrachtet werden müssen.
Meine Damen und Herren, es handelt sich per definitionem um eine erste Bestandsaufnahme, um Grundlagen zu schaffen und Entscheidungen über die perspektivische Erweiterung des Themenspektrums der Erinnerungskultur und den Ausbau vorhandener Einrichtungen zu treffen. Dies ist ziemlich umfassend gelungen. Dass 125 Seiten da nicht zu wenig sind, habe ich schon gesagt.
Heikel sind die Kapitel 1.1 bis 1.3, in denen man versucht, Geschichte zu schreiben und einzuordnen und auf Deutungen einzugehen. Trotzdem hat man das ganz hervorragend gemeistert.
Da meine Redezeit abläuft - ich sehe, ich habe noch eine Minute Redezeit -, will ich nur noch auf ein paar Dinge hinweisen, die zusätzlich berücksichtigt werden sollten. Ich würde die Landesregierung bitten, doch noch einmal den militärischen und auch den übrigen Widerstand im Dritten Reich gegen den Nationalsozialismus stärker in den Blick zu nehmen und gründlicher aufzuarbeiten. An dieser Stelle ist es immer noch sehr dünn. Gerade in Brandenburg gab es die ersten Opfer unter den Militärs, die Generäle von Bredow und von Schleicher, die hier erschossen und verscharrt worden sind. Gerade in Potsdam gibt es 29 Orte, Wohnungen und Häuser, wo Widerständler gearbeitet haben. Das waren nicht nur Militärs, es waren Frauen wie Margarethe von Oven oder Erika von Tresckow, es waren Gewerkschafter, SPD-Mitglieder wie Wilhelm Leuschner oder Hermann Maaß, die die Verbindung zum militärischen Widerstand gehalten haben. Ich finde, das sollte man etwas deutlicher berücksichtigen.
Etwas, was auch sehr deutlich zeigt, wo man nicht vergleichen, aber aufmerksam machen kann, ist zum Beispiel die Geschichte der jüdischen Bevölkerung zwischen 1933 und 1945, aber auch die nach 1945. Ich darf zitieren:
„Nach der antizionistischen Kampagne der SED gegen die Juden in der DDR 1953... Einschüchterungen und Verhören kam es zur Flucht von über 500 Juden aus der DDR, unter ihnen fast alle Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden.“
Das ist nicht mit dem zu vergleichen, was sich bis 1945 da abgespielt hat. Aber gerade weil Juden oft auch in der DDR keine Heimat gefunden haben, wiegt es umso schlimmer. Erst jetzt nach Wende und Wiedervereinigung konnten jüdisches Ge
Ich könnte jetzt noch vieles über die DEFA- und die UFAGeschichte erzählen, die Leistungen instrumentalisieren.
Herr Präsident, als Letztes möchte ich gerne einen Hinweis auf ein Buch geben. Es gibt einen Brandenburger, Hans Müncheberg, in Templin geboren, also in der Uckermark. Er war Dokumentarfilmer, und er war hier in Potsdam, also im Land Brandenburg, in einer dieser fürchterlichen Napolas, dieser nationalpolitischen Erziehungsanstalten. Die hat sich genau dort befunden, wo heute die Staatskanzlei - wenn ich das richtig sehe -, das Justizministerium, das Wirtschaftsministerium, das Bildungsministerium und bald das Finanzministerium sind. Man hat versucht, preußische Erziehung zu missbrauchen. Hier in Potsdam kann man den Unterschied zwischen einer preußischen Kadettenanstalt und dieser Napola sehen. Ähnlich wie Sachsenhausen mit dem Inspekteur das „zentrale Vorbildkonzentrationslager“ war, war hier der Inspekteur der Napolas ein hoher SS-Führer. Es lohnt sich wirklich, dies aufzuarbeiten. Dieser Ort hat eine mehrfache, schöne, aber auch tragische Vergangenheit. Jeder, der auf diesem Areal arbeitet, sollte das Buch von Hans Müncheberg „Gelobt sei, was hart macht“ lesen, was natürlich sarkastisch und ironisch gemeint ist.
Vielen herzlichen Dank. Sie alle sind aufgefordert, diese ungeheuere Substanz von Perleberg bis Spremberg, von Eberswalde bis Brandenburg aufzunehmen und zu vermitteln. Dazu lädt Sie ein.
Vielen Dank für „Gelobt sei, was hart macht“. Wenn ich die Härte nicht hätte, hätte ich Sie nicht so gnadenlos überziehen lassen. Aber da Frau Wanka noch einmal Redezeit in Anspruch nimmt und die Gefahr besteht, dass Sie sich dann noch einmal gemeldet hätten, Herr Niekisch, habe ich Sie überziehen lassen. - Bitte, Frau Wanka.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte das nicht so stehen lassen. Frau Münch sagte, Sie würde sich wünschen, dass so etwas wie in Sachsen passiert, dass unterschiedliche Opfergruppen einander akzeptieren. Ich denke, wir sind uns alle einig, wenn es um Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Vergleichen geht: Was nicht verglichen werden kann, ist das Leid. Dieses muss individuell anerkannt werden. Ich habe viel mit den unterschiedlichsten Opfergruppen zu tun. Wir hatten in den letzten Jahren eine ganze Reihe von erfreulichen Entwicklungen, dass die Opfergruppen der Ereignisse von vor 1945 oder nach 1945 zu den Gedenktagen der jeweils anderen kommen und Kränze niederlegen. Wir hatten gerade im Zusammenhang mit der Diskussion des Konzepts in der Landeszentrale für politische Bildung ganz heterogene, unterschiedliche Opfergruppen. Frau Kaminsky sagte zum Schluss in ihrer Einschätzung, die ich bewundernswert fand, dass dies eine sachliche, sehr von Aufeinander-Reagieren getragene Veranstaltung war.
Solch ein Konzept darf nicht überfordert werden. Wir schreiben jetzt nicht die Geschichte von 1933 bis 1990 neu und ergänzen alle Lücken, die vorhanden sind. Wir haben auch exzellente Forschungen im Zentrum für Zeithistorische Forschung. Zum Beispiel zur Frage nach der Rolle der Massenorganisation FDGB gibt es viele Arbeiten.
Aber ich möchte mich dem anschließen, was Wieland Niekisch zum Schluss sagte. Wichtig ist, dass dies auch präsentiert wird, nicht nur in wissenschaftlichen Arbeiten, die vielleicht wenige erreichen, sondern in den regionalen Museen vor Ort. Wenn wir, Herr Dellmann und Herr Woidke, am nächsten Sonntag eine Ausstellung in der Schorfheide über Macht und Jagd eröffnen, dann ist das wieder ein beredtes Beispiel dafür, wie das in der Nazi-Zeit funktionierte und was nach 1945 dort geschah. Das sind Dinge, die wir uns vermehrt wünschen.
Wir hoffen, dass dieses Konzept auch ein Grund ist, daran anzuknüpfen und derartige Dinge vor Ort zu befördern. - Danke.
Damit beende ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Sie haben den Bericht der Landesregierung hiermit zur Kenntnis genommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag musste sich in den vergangenen Jahren wiederholt mit der schwierigen Situation in der brandenburgischen Polizei beschäftigen. Mehrere Anträge der Linken, aber vor allem die realen Probleme im Lande boten die Veranlassung dafür. Ich sage einmal für uns: Dieses Thema ist uns wahrhaftig nicht auf den Leib geschrieben, aber wenn die Probleme so stehen, wie sie stehen, dann muss sie auch jemand zum Ausdruck bringen. Heute unternehmen wir einen weiteren Versuch, vielleicht doch noch in dieser Wahlperiode eine Verbesserung zu erreichen.
Wer hätte nach der Übernahme des Innenressorts durch die CDU im Jahre 1999 gedacht, dass sich eine solche Entwicklung vollziehen würde? Herr Schönbohm hat damals noch darauf gedrängt, keine Personalkürzungen bei der Polizei zuzulassen. Zehn Jahre später müssen wir feststellen, dass die Reduzierung der Polizei um fast ein Fünftel zum Teil schon umgesetzt bzw. vonseiten der Koalition beschlossene Sache ist.
Mit der Polizeistrukturreform im Jahr 2002 wurde gegen großen Protest festgelegt, 725 Stellen einzusparen. Darüber
hinaus, so hieß es damals im Brustton der Überzeugung, werde es keine weiteren Streichungen geben. Das galt jedoch nicht lange. Inzwischen sind mehr als 1 000 weitere Stellen auf der Streichungsliste, die bis 2012 umgesetzt werden soll.
Im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform wurde auch gesagt, dass die Anzahl der Polizeiwachen nicht reduziert werden könne, weil das vorhandene Netz gebraucht werde. Wie wir sehen können, war auch diese klare Aussage nicht von langem Bestand. Die Wachen in Beeskow, Jüterbog, Potsdam-Nord und Cottbus sind bereits geschlossen. Weitere Schließungen in Zossen und Nauen stehen noch in diesem Jahr an, wobei auch hier nicht sicher ist, wo die tatsächliche Auffanglinie ist. - Begründung dafür ist das jetzt fehlende Personal, das mittelfristig zur Schließung von 20 Wachen führen kann.
Parallel dazu ist auch die Zahl der Revierpolizisten als ein ganz konkreter Teil bürgernaher Polizeiarbeit ausgedünnt worden. Ursprünglich hatte Herr Schönbohm versprochen, dass die Zahl der Revierpolizisten um 200 erhöht werden soll. Dann waren es nur 50 mehr, und mittlerweile müssen wir feststellen, dass die Zahl der Revierpolizisten reduziert worden ist, und zwar um mehr als die Hälfte dessen, um die sie im Zusammenhang mit der Polizeireform erhöht worden ist.
Von der Zielstellung der Polizeireform, mehr Grün auf die Straße zu bringen, sind wir immer weiter entfernt.
Nun sollte man denken, dass ein solcher Abbau vielleicht damit verbunden sein könnte, die Bedingungen für die personell reduzierte Polizei insgesamt zu verbessern. Aber auch das ist nicht der Fall; denn die brandenburgischen Polizeibeamten gehören im Vergleich zu denen anderer Bundesländer zu den am schlechtesten bezahlten; die Zahlen liegen vor.
In ihrer laufenden Protestaktion macht die GdP auch auf den relativ hohen Altersdurchschnitt - der Finanzminister hat kein Geld, wie er gerade gesagt hat - und einen hohen durchschnittlichen Krankenstand von immerhin 30 Kalendertagen im Jahr aufmerksam.
Kritisiert werden der ausgeprägte Reformeifer des Ministeriums mit einer Vielzahl von Projektgruppen, das Beurteilungssystem, die unbefriedigende Beförderungssituation und einiges mehr. Wir sind uns wohl darüber einig, dass das so nicht weitergehen kann.
Ich wünschte mir eigentlich, dass unser Antrag zum Anlass genommen würde, darüber zu reden und auch ein paar Entscheidungen zu treffen. Deswegen habe ich ehrlich gesagt auch darauf gehofft, dass sich die Koalition - oder zumindest die SPD - vielleicht ein paar Gedanken darüber macht. Man kann ja zum Beispiel einen Entschließungsantrag zu einem solchen Thema einbringen. Aber leider ist so etwas ausgeblieben.
Sie alle konnten im Vorfeld der Landtagssitzung und auch am gestrigen Tage die gewerkschaftlichen Aktivitäten zur Kenntnis
nehmen. Fazit: Die Stimmung in der Polizei ist mies. Das kann und darf nicht so bleiben; denn die Auswirkungen des Personalabbaus sind bereits jetzt konkret für alle spürbar. Noch vor wenigen Jahren schien es so zu sein, dass der Rückgang bei den Straftaten unaufhaltsam sei und dass die Aufklärungsquote kontinuierlich verbessert werde. Dieser Prozess ist bemerkenswert gewesen. Wir müssen aber jetzt auch feststellen, dass er gestoppt ist und dass vor allem der enorme Rückgang bei der Aufklärungsquote durch die gegebenen Erklärungsmuster keinesfalls gedeckt ist. Ich wiederhole: Die weggefallene Grenzkriminalität mit einer hohen Aufklärungsquote kann nicht dazu beigetragen haben, dass die Aufklärungsquote zum Beispiel in der Landeshauptstadt um immerhin 7 % gesunken ist; denn hier gibt es keine Grenzkriminalität. Dieses Argument des Innenministers für den Rückgang der Aufklärungsquote greift also nicht.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch Folgendes deutlich machen: Es ist sozusagen Selbstverständnis des Ministeriums, dass die Effektivität polizeilicher Arbeit insbesondere durch Kriminalitätshäufigkeitszahlen, die Aufklärungsquote, den Rückgang der Anzahl der Unfälle mit Personenschäden erklärt wird. Das muss dann auch in diesem Zusammenhang hier gelten, und man kann jetzt nicht sagen, die Aufklärungsquote sei eigentlich gar nicht so wichtig.
Vielmehr liegt auf der Hand, dass der Personalabbau Folgen hat, die letztlich auch der einzelne Bürger zu spüren bekommt. Der von Ihnen nachdrücklich betriebene Kurs der Verschärfung des Polizeigesetzes durch ständig neue Eingriffsrechte der Polizei führt in die Sackgasse, aber nicht zu einer spürbaren Verbesserung der öffentlichen Sicherheit.