Wer inzwischen im Grundbuch steht oder was mit den Menschen passiert ist - genau da ist dann der Unterschied, Herr Krause -, die dann die Stadt verlassen haben und andere Wege gegangen sind, das weiß er natürlich auch nicht in jedem Detail.
Da sind wir auch schon bei handfesten Problemen, die die Erbensuche bis heute erschweren: schlampig geführte Grundbücher zu DDR-Zeiten, herrenlose Bodenreformgrundstücke, weil Menschen bei Nacht und Nebel in den anderen Teil Deutschlands geflohen sind, Erbengemeinschaften, denen die Anstrengungen der gütlichen Einigung zu groß sind für so ein kleines Stückchen Land im Außenbereich, ein Eigentumsbegriff, der nichts mit Verantwortung oder Zuständigkeit zu tun hatte.
In den 90er Jahren firmierten sich daraus Agrargenossenschaften, oder Wiedereinrichter übernahmen die Flächen zur Bewirtschaftung. Für Investitionen und für die Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln dieser neuen Betriebe waren vor allem langfristige Pachtverträge notwendig, und diese konnten nur mit vorhandenen Eigentümern geschlossen werden.
Da kommt dann wieder die Abwicklung der Bodenreform zum Tragen. Diese ist nämlich nicht - wie immer wieder unterstellt wird - aus reinem Interesse des Fiskus betrieben worden, nein das belegen die Akten -, sie war vor allem von der Landwirtschaft gefordert, um endlich Klarheit in die Eigentümerstruktur zu bekommen. Warum hätte sich sonst als einziger Ausschuss der für Landwirtschaft zuständige hier im Landtag zumindest kurz mit diesem Thema befassen sollen? Die Interessen der Landwirtschaft sind vom Land aufgenommen worden und haben neben dem EGBGB von 1992 Druck in die Erbensuche gebracht.
Wir stellen in unserem Abschlussbericht fest, dass die Abwicklung der Bodenreform ein politisch höchst brisantes Thema war. Diese Brisanz wurde eindeutig unterschätzt. Diese politische Brisanz hatte das Thema im Jahr 1945 und in den folgenden, später mit der Wende und erst recht seit 1989/90 beim Übergang von der DDR-Diktatur in den Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland.
Zur politischen Wahrheit gehört auch, dass wir Sozialdemokraten, anders als andere, immer anerkannt haben, dass die Bodenreform nicht rückgängig gemacht wird. Ich erinnere nur an die Diskussionen im Bund, aber auch in diesem Hause anlässlich der Vorschläge von Ex-Bundesminister Scholz. Auch jetzt wird wieder von einigen rückwärts gewandten Menschen versucht, die Vorgänge und den Untersuchungsausschuss zu benutzen, um die Bodenreform infrage zu stellen.
Meine Damen und Herren; die Bodenreform ist historische Wahrheit, mit der wir umgehen wollen und werden, auch mit dem am 16. März 1990, also zwei Tage vor der ersten freien Volkskammerwahl, beschlossenen Modrow-Gesetz und dem folgenden EGBGB, vom Deutschen Bundestag 1992 beschlossen.
Muss ich Ihnen - ich sehe Sie ganz bewusst an, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE - zu Modrow und seinem Gesetz vom März 1990 wirklich noch etwas sagen?
Manche tun bis heute so - bei Herrn Görke klang es eben auch wieder so -, als wäre damit alles viel gerechter gelaufen.
Wir werden uns nicht daran beteiligen; denn indem die Beschränkungen in der Erbenfolge für Bodenreformgrundstücke aufgehoben wurden, schuf man neue Ungerechtigkeiten und neue Unsicherheiten.
Meine Damen und Herren, die Sozialdemokraten werden sich auch jetzt, 19 Jahre danach, nicht daran beteiligen, das zutiefst ungerechte Modrow-Gesetz reinzuwaschen. Denn das bedeutet Ungerechtigkeit für all diejenigen, die zu DDR-Zeiten, nur weil sie Lehrer oder Krankenschwester geworden sind, ihren Grund und Boden verloren haben. Ein Unrecht wird nicht besser, indem man neues schafft.
Zum Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz, das die EGBGB-Regelungen zur Abwicklung der Bodenreform schuf, zitiere ich an dieser Stelle das Sondervotum der Abgeordneten Görke, Christoffers und Frau Wehlan von der Fraktion DIE LINKE:
„Hier sollte das 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz Abhilfe schaffen, indem es die vermeintliche Regelungslücke des Modrow-Gesetzes … schließen sollte. Das … Gesetz zielte … darauf ab, die Eigentümerstellung … zu beschränken und ,hebelte‘ damit die Regelungen des Modrow-Gesetzes … gewissermaßen wieder aus. … Im
Nachhinein erwies sich dieses Gesetz (gemeint ist die Nachzeichnungslösung des Deutschen Bundestages) als eine der umstrittensten ,Errungenschaften‘ deutscher Rechtseinheit, dessen Verfassungsgemäßheit von nicht wenigen mit dieser Materie betrauten Juristen in Zweifel gezogen wurde.“
Herr Görke hat dieses Zitat vorhin hier auch gebracht, jedenfalls einige Stellen davon. Was Sie aber verschwiegen haben, Herr Görke - ich sage: bewusst verschwiegen haben -, ist, dass die Nachzeichnungslösung des EGBGB mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war.
Das Ergebnis, Herr Görke, hätten Sie auch benennen sollen. Das Ergebnis heißt nämlich: Das Gesetz ist verfassungskonform, und es verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Menschenrechte.
Sie regen sich völlig zu Recht auf, und deswegen kann ich Ihnen eine weitere Wahrheit nicht ersparen, Herr Görke: Sie spielen in dem Untersuchungsausschuss und erst recht durch Ihr Sondervotum mit den Hoffnungen und Ängsten der Menschen. Das finden wir unverantwortlich. Schauen Sie sich die Bürgerschreiben an den Untersuchungsausschuss an! Schauen Sie sich die Petitionen an den Petitionsausschuss an! Wir haben vorhin schon darüber gesprochen.
Grob gesagt: Es geht um zwei Fallgruppen, einmal um bekannte Erben, die Grundstücke an das Land rückübertragen mussten, weil das Modrow-Gesetz falsch war und aufgehoben wurde, und zum anderen um zu DDR-Zeiten geschehenes Unrecht und das, obwohl Sie wissen, dass dies zu neuem und noch mehr Unrecht führen würde, und obwohl Sie wissen, dass es nicht den Hauch einer Chance gibt, das politisch zu verabreden.
Meine Damen und Herren, ich habe mich hinreißen lassen. Allerdings kann die Wahrheit manchmal dazu verführen.
Zurück zum Untersuchungsausschuss. Sie sehen, die Bodenreform ist brisant, die Abwicklung derselben immer dann, wenn versucht wird, sie als Vehikel zu benutzen,
um die eigenen politischen Ziele zu verfolgen. Es war nämlich nicht so, wie die Abgeordneten Görke, Christoffers und Frau Wehlan behaupten. Ich zitiere: „Trotz einer … Vielzahl von parlamentarischen Anfragen …“
Aber eigentlich bin ich Ihnen dankbar für diese Aussage; denn so habe ich Gelegenheit zu sagen, dass es damals lediglich zwei Fragen, und zwar aus dem Raum der SPD, nämlich von Heidi Konzack und von Dagmar Ziegler, gab, die die Abwicklung der Bodenreform betrafen.
Dennoch - da sind wir uns einig - hätte erkannt werden müssen, dass nicht nur die Bodenreform, sondern auch der Gesetzesvollzug politisch brisant war und ist.
Da bin ich wieder bei meiner Ausgangsaussage: Es wurden Fehler gemacht. Ja, die politische Brisanz wurde nicht gesehen. Es bleibt dennoch festzustellen, dass das seinerzeitige Handeln der Landesverwaltung rechtlich vertretbar erschien und dass kein kalkulierter Missbrauch der Vertreterpraxis vorlag.
Natürlich war die Vertreterbestellung falsch. Ich will auch nicht mit Ihnen darüber debattieren, dass ein Rechtsreferendar, wenn auch mit abenteuerlicher juristischer Begründung, zu dem Ergebnis kam, dass man das Land nicht zum Vertreter unbekannter Erben hätte bestellen sollen. Man hätte das nicht tun dürfen. Punkt.
Es ist doch so: Wenn jemand die Bedeutung eines Themas verkennt, merkt er nicht, dass er die Bedeutung verkennt. Das ist misslich. Aber es gibt keine Möglichkeit, das Verkennen der Bedeutung in irgendeiner Form zu sanktionieren.
Die einzige Möglichkeit besteht darin - hören Sie ruhig weiter zu! -, so zu handeln, dass die Gefahr der Verkennung der Bedeutung eines Themas nicht besteht, jedenfalls so gering wie möglich gehalten wird. Das ist die schwierige Aufgabe der Führung eines Ministeriums, allerdings - ich schließe mich da ein - ist es auch und gerade Aufgabe des Parlaments.
Wir bestimmen durch unsere mündlichen, Kleinen und Großen Anfragen mit, was politisch brisant ist und wo wir gern stärker die Arbeit der Landesregierung kontrollieren möchten. Da hilft es auch nicht, zu bedauern, dass die Abwicklung der Bodenreform und das genaue Vorgehen ohne explizite Kenntnis des Parlaments vonstatten gegangen sei. Das Thema war hochbrisant - Sie haben es selbst eingeräumt -, da sind wir uns doch einig. Deswegen war es unangemessen, auch vonseiten des Parlaments, dass nur zwei SPD-Abgeordnete Fragen an die Landesregierung hatten, die die Abwicklung der Bodenreform betrafen.
Meine Damen und Herren! Mein Mann und ich haben 1989 eine wichtige und, wie wir heute wissen, richtige Entscheidung getroffen. Wir sind wie viele andere auf die Straße gegangen, haben uns eingemischt und uns für eine neue, demokratische Bewegung, die SDP, entschieden. Wir wollten Pressefreiheit sowie freie und geheime Wahlen. Und wir wollten den Rechtsstaat - eine freie, unabhängige Justiz, die nicht der Willkür einer Diktatur ausgesetzt ist. Deswegen nehme ich den Untersuchungsausschuss und das BGH-Urteil vom 07.12.2007 auch ernst. Und: Ich respektiere es.
Ob die Worte klug gewählt waren, möchte ich hier nicht beurteilen. Dazu hat der Generalstaatsanwalt, Erardo Rautenberg, heute in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“, glaube ich, alles gesagt. Das steht ihm im Übrigen auch mehr zu als mir; so ist jedenfalls meine Meinung.
Fehler werden gemacht. Das ist nicht schön, aber nicht immer zu vermeiden. Aber Fehler werden auch aufgedeckt und als solche benannt. Das, meine Damen und Herren, unterscheidet die Demokratie von der Diktatur.
Bleibt die Frage der Gerechtigkeit. Wir als Untersuchungsausschuss waren nicht dazu da, Gerechtigkeit zu schaffen, auch wenn wir das gern gewollt hätten. Das war nicht unser Auftrag.
Meine Damen und Herren, es ist für mich wirklich bitter: Gerechtigkeit haben wir nicht herstellen können. Viele Fragen, Wünsche und Hoffnungen bleiben offen. Daran hat die DDR ihren Anteil; Modrow konnte daran nichts ändern.
Das Land Brandenburg hat seine Fehler eingesehen und gibt alle Grundstücke, für die ein Erbschein vorgelegt wird, sofort und unkompliziert heraus. Leider - das bedauere ich einmal mehr kommen jetzt neue Ungerechtigkeiten hinzu. Für diejenigen, die sich bis zum Stichtag 2. Oktober 2000 gekümmert und gemeldet hatten, galt die Regelung der Besserberechtigung. Zuteilung bekam nur, wer in der Landwirtschaft tätig war bzw. dessen Boden bewirtschaftet wurde. Diejenigen, die sich nicht kümmerten, werden heute nicht mehr gefragt, ob sie den Acker bestellen oder den Wald bewirtschaften; sie sind alle besserberechtigt.
Die rechtlichen Fragen, die in diesem Zusammenhang jetzt aufgetreten sind, werden sicherlich noch geklärt. Die gesetzlichen Grundlagen, jedenfalls für die Rückgabe, sind alle vorhanden.
Im Ergebnis des Untersuchungsausschusses werden Konsequenzen gefordert, die im Sondervotum der Fraktion DIE LINKE nachzulesen sind. Zur Demokratie gehört aber auch, alles am richtigen Platz zu bereden. Gegenstand heute und hier ist der Bericht des Untersuchungsausschusses. Dieser hatte die Tatsachen und die Fehler zu benennen. Um Konsequenzen und damit um die Umsetzung des Fünf-Punkte-Planes der Landesregierung geht es im Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Das Schöne daran ist, dass drei Mitglieder des Untersuchungsausschusses - meine Kollegen Herr Christoffers, Herr Homeyer und ich - auch dort Mitglied sind. Dort werden wir gemeinsam an der Umsetzung arbeiten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich an dieser Stelle untertänigst bei Ihnen bedanken, dass ich hier heute überhaupt reden darf.
In jedem anderen Sonderausschuss dieses Landtages, meine Damen und Herren, in dem meine Fraktion bisher vertreten war, wurden wir ganz normal behandelt, nämlich so, wie man es von einem demokratischen Gremium auch erwarten kann. Im Untersuchungsausschuss 4/1 war damit Schluss.
Lag es vielleicht am Untersuchungsgegenstand, der immerhin aktive und ehemalige Minister, Staatssekretäre, Landräte und Landtagsabgeordnete betrifft? Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich meine Schlüsse daraus ziehe, wenn die einzige demokratische Opposition in diesem Landtag mit irgendwelchen