Herr Baaske! Meine Damen und Herren! Bereits während der Dezember-Sitzung im letzten Jahr brachte unsere DVU-Fraktion einen Antrag ein, die Landesregierung aufzufordern, mittels einer Bundesratsinitiative an den Deutschen Bundestag die Umsatzsteuer von derzeit 19 % auf nur noch 14 % absenken zu lassen. Unsere Fraktion berief sich in der Begründung zu unserem Antrag ausdrücklich auf die Aufforderung der EUKommission an die Mitgliedsstaaten, eine Umsatzsteuersenkung zur Konjunkturbelebung durchzuführen. Was taten Sie? Sie hielten es nicht einmal für nötig, sich zu unserem Antrag zu äußern, und lehnten diesen auch geschlossen ab. Und heute stellen Sie sich hin und bringen den vorliegenden Antrag zur Einführung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen ein. 14 % statt 19 %, das hätten Sie, meine Damen und Herren von links außen, bereits vor zwei Monaten haben können, wenn Sie unserem Antrag zugestimmt hätten, und zwar nicht nur auf arbeitsintensive Dienstleistungen, sondern generell.
Aber nun zum Thema als solchem: In der Rezession wächst auch in der Europäische Union die Neigung, den Konsum mithilfe ermäßigter Umsatzsteuersätze anzukurbeln. Die Chancen steigen, dass der EU-Finanzministerrat den Weg dafür im März dieses Jahres freimachen wird, obwohl Bundesfinanzminister Steinbrück bisher mauert. Die Bundeskanzlerin versprach den anderen Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Mitte Dezember, dass auch Finanzminister Steinbrück ermäßigte Mehrwertsteuersätze, die er bislang strikt abgelehnt hat, nun wohlwollend prüfen werde. Wir werden also sehen.
Bekanntlich wurde bereits im Jahr 2007 basierend auf einer Empfehlung der EU-Kommission im Zuge eines Pilotprojektes, an dem sich immerhin 17 Mitgliedsstaaten beteiligen, ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen eingeführt. Die Regelung läuft allerdings Ende 2010 aus. Bereits im Sommer 2008 hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, auch über das Pilotprojekt hinaus generell reduzierte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen in der Europäischen Union zu erlauben, und dazu sogar eine Liste von Dienstleistungen, auf die dies zutreffen soll, vorgelegt. Profitieren würden davon vor allem die Gastronomie und das Handwerk. Im Restaurant, beim Hausbau oder bei der Wohnungsrenovierung würde nur noch ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz anfallen, wenn die Regierung des jeweiligen EUStaates dies zulässt.
Mit Ihrem Antrag wollen Sie, meine Damen und Herren von links außen, nunmehr erreichen, dass die Landesregierung über den Bundesrat Druck auf Bundesfinanzminister Steinbrück ausübt, sich nicht länger gegen die EU-Regelung zu stemmen, und darüber hinaus die Bundesregierung auffordert, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf arbeitsintensive Dienstleistungen in Deutschland einzuführen. Dem Ansinnen als solchem wird sich unsere DVU-Fraktion selbstverständlich nicht verweigern, schließlich haben wir seinerzeit ja auch Ihrem Antrag zugestimmt, dass sich Deutschland am EU-Pilotprojekt beteiligen soll. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor, der einem typischen Strickmuster folgt. Bei diesem Strickmuster geht es immer wieder um Lösungsvorschläge für gesellschaftliche oder politische Probleme, die aus einer bestimmten Perspektive durchaus sinnvoll erscheinen. Bei genauerer und umfassenderer Betrachtung sind die Ziele aber meist oberflächlich und stark wahlkampfbezogen. Dies trifft auch auf den Antrag zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf arbeitsintensive Dienstleistungen zu. So habe auch ich als Handwerksmeister durchaus große Sympathien für einen solchen ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Das will ich an dieser Stelle nicht verhehlen. Für die Unternehmen könnte dies unter Umständen ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Nachfrage und zur Bekämpfung der Schwarzarbeit sein.
Aber wie so oft kann man ein Problem nicht nur aus einer Perspektive beurteilen, sondern muss viele andere Aspekte für eine
vernünftige Lösung berücksichtigen, zumindest wenn man selbst den Anspruch erhebt, verantwortungsbewusst zu handeln. Es gilt auch abzuwägen, wie sich ein solcher Schritt beschäftigungs-, wettbewerbs- und finanzpolitisch sowie aus verwaltungstechnischer Sicht auswirkt. Auch folgt aus einer solchen Steuersenkung nicht automatisch, dass die Ermäßigung 1 : 1 an die Verbraucher weitergegeben wird. Steuerrechtlich wäre dies wieder eine neue Sonderregelung im ohnehin unübersichtlichen Dschungel der ermäßigten Steuersätze.
In der Bundesrepublik Deutschland steht eine grundsätzliche steuerpolitische Reformdiskussion an. In diesem Zusammenhang sollte dann auch über einen ermäßigten Steuersatz im Rahmen der europäischen Möglichkeiten beraten werden. Zum jetzigen Zeitpunkt einen solchen Antrag zu verabschieden ist daher fachlich überflüssig und nur aus der Motivationslage der Opposition heraus zu verstehen. Wir lehnen diesen Antrag ab. Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind eine ganze Menge Argumente genannt worden, was Wirtschaft beeinträchtigen kann und was Wirtschaft befördert. Dann reden wir über den ganzen Katalog von Regelwerken, von Erwartungshaltungen, wenn in einer sozialen Marktwirtschaft gewirtschaftet wird. Das fängt bei der Umwelt an, bei der Frage, wie viel Ausbildung wir von Unternehmen erwarten, bei der Frage, ob es inzwischen auch Frauen- und Männertoiletten geben muss etc. Dann gibt es immer noch die Frage der Steuern. Am besten ist es natürlich, man wirft das alles aus dem Fenster und sagt, dass es dann gut geht. Wir wissen, dass gerade der Punkt der mitunter fehlenden Regelungen - was wir bei den Finanzmärkten sehen - eine Rolle bei der Herleitung der Situation spielt, in der wir uns befinden.
Wenn man sich jetzt den Antrag anschaut, stellt man fest, dass es um Dienstleistungen geht, aber mit Einschränkungen. Es geht nicht um alle, sondern nur um die, die arbeitsintensiv sind. Was aber ist eine arbeitsintensive Dienstleistung? Wo fängt das an, Herr Domres, und wo hört das auf? Wenn ich zum Friseur gehe, ist das nicht arbeitsintensiv.
Das ist zum Beispiel beim Kollegen Krause oder anderen anders. Insofern haben wir viele Probleme mit getrennten Steuersätzen und der Abgrenzung. Wir diskutieren das gerade beim Schulessen und bei der Frage, ob die Herstellung und die Vorbereitung von Lebensmitteln gleich umfasst, was hinten an der Kette dran ist, von der Zurverfügungstellung von Mobiliar bis zur Reinigung von Geschirr etc.
Wir haben die Diskussion in Europa. Es gibt diese Öffnung, die hier teilweise angedeutet ist, nicht. Es gibt nur für bestimmte Bereiche einen abgesenkten Steuersatz. Bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer vor ein paar Jahren ist die Diskussion um einen dritten Steuersatz aufgekommen, also die 7 %, die wir ha
ben, und dann noch etwas dazwischen. Auch bei der Frage, wie und ob man Katzenfutter oder Blumen besonders fördern muss, gibt es immer zwei Seiten, die davon einen Vorteil haben - womöglich die Konsumenten, aber auch die Produzenten. Deswegen sind wir in Deutschland nicht dazu gekommen, dies aus dem Fenster zu werfen, obwohl es da hinaus gehört.
Bei der Zurverfügungstellung einer vernünftigen Steuerbasis kann man Vorschläge machen, bestimmte Dinge zu reduzieren, andere zu erhöhen. Bei der Frage der Reichensteuer, die immer wieder eine Rolle spielt, kommt es mir so vor, als ob sich das so entwickelt wie beim Jäger 90: dass die sogenannte Reichensteuer alles lösen kann. Dann müssten wir aber - das wird Ihnen gar nicht gefallen - viel mehr Reiche in Deutschland haben, um all Ihre Wünsche damit zu finanzieren.
Das wird so nicht funktionieren. Deswegen warne ich davor, einfache Lösungen unter dem Motto zu produzieren oder zu propagieren: Man müsste bloß Mut haben, eine bestimmte Schicht richtig anzufassen, und dann finanzieren wir das Ganze.
Wir wissen, dass diese Welt offen und ohne Grenzen ist und sich deswegen auch Leute dorthin orientieren, wo sie einigermaßen leben können. Wenn diese Gesellschaft behauptet, man könnte alles aus Mehrbesteuerung von Reichen finanzieren, dann wird es dazu führen, dass sich Ihre Version durchsetzt und es in Deutschland keine Reichen mehr gibt, aber nicht deswegen, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie dann wegziehen. Man muss sich also auch das genau angucken und mit allzu populistischen Forderungen vorsichtig sein. Das geht dann auch an uns und betrifft die Vorstellung, wie wir den zukünftigen Wahlkampf bestreiten. Das will ich gern zugeben.
Jetzt will ich Sie, weil es die letzte Rede ist, aber nicht länger strapazieren und wünsche Ihnen einen guten Abend.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir haben eben gerade noch einmal über die Arbeitsintensität eines Friseurs nachgedacht. Wir haben uns gefragt, ob das auch unter arbeitsintensiv einzuordnen ist, wenn Sie vielleicht zur Rasur gehen. Wir sind uns darüber nicht ganz einig geworden, Herr Minister. - Ich beende die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag in der Drucksache 4/7224 vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Wer enthält sich der Stimme? - Mehrheitlich ist gegen diesen Antrag gestimmt worden. Er ist somit abgelehnt.
Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wir kommen demzufolge sofort zur Abstimmung. Wer diesem Antrag mit Wahlvorschlag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Wahlvorschlag? - Wer enthält sich? - Bei einigen Enthaltungen ist diesem Wahlvorschlag einstimmig zugestimmt worden.
Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 15. Bevor ich die heutige Sitzung schließe, möchte ich Sie daran erinnern, dass wir heute Abend um 17 Uhr einen Parlamentarischen Abend haben. Eingeladen hat uns das Kompetenznetzwerk Mineralölwirtschaft/Biokraftstoffe Brandenburg-Berlin.