Protocol of the Session on January 22, 2009

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Bischoff.

Während er zum Pult kommt, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Fürstenwalde. Herzlich willkommen bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute wird die Schlussrechnung für das WGT-Liegenschaftsvermögen hier im Landtag Brandenburg diskutiert. Es handelt sich nicht um eine abstimmungspflichtige Angelegenheit; dennoch ist es wert, darüber eine öffentliche Debatte zu führen.

Ich sage ganz bewusst: Es ist ein Strich, aber kein Schlussstrich unter die Konversion im Lande Brandenburg, mit der - das muss man an der Stelle auch einmal in Erinnerung rufen - im Kern auch ein sehr dunkles Kapitel deutscher Geschichte verarbeitet werden muss. In aller Regel handelt es sich um Militärflächen des ehemaligen nationalsozialistischen Reiches. In der militärischen Tradition wurden diese Flächen später weiterhin entsprechend genutzt.

Die russischen Truppen sind abgezogen und haben uns zum Teil atemberaubend verschandelte, durchsetzte, verseuchte Flächen und auch Kasernen in jämmerlichem Zustand hinterlassen. Die Gesamtfläche hat mit 100 000 ha die Größenordnung des Bundeslandes Berlin. 100 000 ha der Fläche des Landes Brandenburg, die ehemals militärisch genutzt worden sind, wurden uns von der Westgruppe also so hinterlassen, wie ich es schon geschildert habe.

Nach jetzt 20 Jahren sind 87 % der betreffenden Flächen aufgearbeitet worden, indem dort etwa modernisierte Kasernen geschaffen worden sind. Ich nenne nur ein paar Standorte, die wir alle kennen: Neuruppin, Prenzlau und übrigens auch Wünsdorf. Letzterer Standort ist zwar nicht ganz unumstritten, jetzt aber durchaus vorzeigenswert. Das alles ist kein Misserfolg, sondern, wie ich finde, ein Erfolg der Demokratie und dieses Landes.

(Beifall des Abgeordneten Christoffers [DIE LINKE])

- Bitte schön, ich lasse Ihnen da gern noch Zeit.

Ich möchte ihnen jetzt noch sagen, wer davon profitiert. Es sind die Menschen, die in den betreffenden Orten leben. Aber ich füge hinzu, dass davon in allererster Linie die Natur selbst profitiert, die durch die Truppenübungsplätze sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Große Teile der ehemaligen Truppenübungsplätze sind heute Naturschutzflächen, die sich sehr positiv entwickeln. Zum Teil gibt es dort auch Windkrafträder. Innerorts sind auf den betroffenen Flächen Kasernen modernisiert worden.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit etwas zum Thema Kyritz-Ruppiner Heide sagen. Wir unterstützen ausdrücklich die friedliche Nutzung, aber, wie der Minister schon gesagt hat, es ist nicht unser Land. Aus diesem Grund müssen wir gemeinsam an die Verantwortung des Bundes appellieren. Das tun wir übrigens, Herr Kollege Domres, auch ohne einen Entschließungsantrag der Linksfraktion. - Sie wollen eine Zwischenfrage stellen. Bitte, gern.

Sie haben es schon gemerkt, Herr Bischoff, dass Herr Domres eine Zwischenfrage stellen möchte.

Er ist ja nicht zu übersehen.

(Domres [DIE LINKE]: Richtig, Herr Bischoff!)

Bitte schön, Herr Domres.

Herr Bischoff, Sie haben soeben von der Unterstützung der zivilen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide gesprochen. Wissen Sie denn, ob Herr Steinmeier diese Forderung unterstützt oder sogar aktiv unterstützt?

Herr Kollege Domres, ich rede hier als Abgeordneter des Landtags über Flächen, die dem Land Brandenburg gehören und die insgesamt so groß sind wie das Bundesland Berlin, nämlich 100 000 ha. Ich rede hier also nicht über die Gefühlslagen einzelner Bundesminister. Wie die Position Brandenburgs ist, wissen Sie. Das hat der Ministerpräsident mehrfach deutlich unterstrichen. Insofern wird es eine weitere Diskussion geben. Ich hoffe und wünsche, dass diese Diskussion positiv im Sinne einer friedlichen Nutzung beendet werden kann.

Lassen Sie mich jetzt noch über die Aufarbeitung bzw. Verwertung der verbliebenenen 13 % der WGT-Flächen sprechen. Mit der Bewältigung von 87 % ist der große Kraftakt bereits geleistet. Für die Flächen wird es weiterhin eine ausgeschriebene Bewirtschaftung geben. Wir werden auch weiterhin in die Konversion investieren müssen, allerdings nur in dem Umfang, wie uns der Flächenerlös die finanzielle Möglichkeit dazu gibt.

Nach der Landesverfassung sind wir auch zu Folgendem verpflichtet - ich glaube, Herr Domres, auch in Ihrem Entschließungsantrag ist es aufgeführt -:

„Das Land wirkt darauf hin, dass militärisch genutzte Liegenschaften verstärkt einer zivilen Nutzung zugeführt werden.“

Wie ich schon am Anfang gesagt habe, haben wir heute nur einen Strich, aber noch keinen Schlussstrich erreicht. Das Signal für das weitere Vorgehen sollte lauten: Weiter so, aber mit gebremstem Schaum unter den Bedingungen der heutigen finanziellen Lage. - Der bisherige Prozess ist in meinen Augen als Erfolg anzusehen. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben, vor allen Dingen den Mitarbeitern der früheren Gesellschaften, die wir hier betrieben haben. Diese Gesellschaften waren nicht immer ganz unumstritten. Aber ich meine, es lohnt sich, eher in friedliche Nutzung zu investieren. Ich hoffe, dass es nie wieder zu einer derart ausufernden militärischen Nutzung von Flächen in unserem Land Brandenburg kommen wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU sowie bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank, Herr Bischoff. - Das Wort erhält jetzt Frau Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die weitere Konversion der ehemaligen militärischen Liegenschaften darf nicht gefährdet werden. Angesichts der heute vorliegenden Schlussrechnung der Landesregierung über das Liegenschaftsvermögen der ehemaligen Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte kann das überhaupt nicht deutlich genug betont werden.

Wie aus der vorliegenden Schlussrechnung hervorgeht und wie der Minister hier ja auch vorgetragen hat, konnten bis zum Jahre 2007 87 % der ehemaligen WGT-Flächen in Brandenburg einer zivilen Nutzung zugeführt und damit auch verwertet werden. Es ist erfreulich, dass von den einstmals 100 000 ha, die der Bund 1994 auf das Land Brandenburg übertragen hatte, 58 000 ha zu einem Nettoverkaufserlös von summa summarum 268 Millionen Euro verkauft werden konnten. 17 500 ha an Naturschutzflächen wurden an das Umweltministerium übertragen und 6 000 ha an Alteigentümer und Kommunen zurückgegeben. Auch die Gesamtinvestitionssumme von 558 Millionen Euro, die durch die Verwertung der Liegenschaften gewonnen wurden, und die geschaffenen Arbeitsplätze können sich sehen lassen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich noch immer 12 200 ha ehemaliger WGT-Flächen im Landesbesitz befinden. Gerade diese Flächen, die zumeist als schwer verwertbar eingeschätzt werden und von Altlasten besonders betroffen sind, müssen auch in Zukunft der Konversion unterliegen.

Wegen der früheren massiven Präsenz von Truppen rund um Berlin sind bis heute viele Städte, Gemeinden und Ämter in Brandenburg noch immer vor die Aufgabe gestellt, militärische Altlasten zu bewältigen. Allein in rund 50 Städten und Gemeinden befinden sich noch nicht verwertete WGT-Liegenschaften, darunter zum Beispiel Flugplatzgrundstücke in Falkenberg, Welzow, Werneuchen, Wittstock, Neuruppin, Niedergörsdorf, Oranienburg, Perleberg und Rangsdorf. Viele Städte und Gemeinden sind nicht in der Lage, diese in Landeseigentum befindlichen Flächen aus eigener Kraft zu entwickeln. Daher müssen, wie es auch die kommunalen Spitzenverbände fordern, die Erlöse aus der Verwertung der Konversionsliegenschaften des Landes weiterhin in die Aufbereitung und Entwicklung der bislang noch nicht verwerteten ehemaligen Militärgrundstücke fließen.

Minister Speer erklärte in seiner Pressemitteilung zur vorliegenden WGT-Schlussrechnung:

„Dies bedeutet jedoch kein Ende der Verwertung und Konversion in Brandenburg. Entsprechende Befürchtungen sind unbegründet. Damit wird die Fortführung der Konversion in Brandenburg auch nach dem Auslaufen des WGT-Gesetzes sichergestellt.“

So deutlich haben Sie es heute hier nicht gesagt, Herr Minister. Wir als DVU-Fraktion werden Sie jedenfalls in den nächsten Jahren bis 2013 beim Wort nehmen und hoffen, dass nach Auslaufen des Vertrages mit der BBG Ende 2009 der derzeit per Ausschreibung gesuchte neue Geschäftsbesorger ebenso effektiv arbeiten wird wie diese.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

- Wir haben eine Perspektive und ein Ziel, Herr Bischoff.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dombrowski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Bischoff hat es schon gesagt: Die vorliegende Schlussrechnung ist kein Schlussstrich unter die Konversion im Lande Brandenburg. Alle, die daran zweifeln, werden durch das tatkräftige Handeln des Landes eines Besseren belehrt werden. Das gilt jedenfalls für alle, die bereit sind, Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen.

Lassen Sie mich zur Schlussrechnung selbst einige Anmerkungen machen. Die Erstellung der Schlussrechnung hat einige Zeit gebraucht, aber nun ist sie da. Ich möchte festhalten, dass im WGT-Gesetz die Auffassung verankert ist, dass es sich bei den Liegenschaften um gemeinsames Vermögen von Land und Kommunen handelt. Das zeigt insbesondere die Regelung zur Überschussverteilung. Sinnvoll und hilfreich wäre es deshalb gewesen, die Kreise und Gemeinden frühzeitiger und intensiver an der Erstellung der Schlussrechnung zu beteiligen. Zum Beispiel hätte es sich angeboten, sozusagen als vertrauenbildende Maßnahme, die Kommunen auch bei der Auswahl des Wirtschaftsprüfers zu beteiligen, oder auch, sie bei der Formu

lierung des Prüfauftrages von vornherein zu konsultieren und sich mit ihnen zu verständigen. Das setzt auch voraus, dass die kommunalen Spitzenverbände bereit sind zur Mitwirkung. Ich weiß sehr wohl, Herr Finanzminister, dass insbesondere der Städte- und Gemeindebund hier zeitweise recht zögerlich war, dass man schon Zweifel daran haben konnte, wie tief er dort wirklich einsteigen möchte. - Aber bei diesen Grundsatzkritiken möchte ich schon bleiben.

Zweitens: Die Skepsis der kommunalen Spitzenverbände hinsichtlich der Schlussrechnung kann ich ein Stück weit aufgrund eigener Erfahrungen aus der 3. Legislaturperiode nachvollziehen. Wir haben im Finanzausschuss zwei Kaufverträge sehr intensiv und kontrovers beraten. In beiden Fällen hatte das Finanzministerium den Ausschuss über die Beschaffenheit der in Rede stehenden Flächen nicht korrekt informiert. So war eine Fläche, 1 000 ha bei Jüterbog zum Beispiel, als Forstfreifläche ausgewiesen worden. Vor Ort stellte sich heraus, dass es sich nicht um eine Forstfreifläche, sondern um besten Brandenburger Wald handelte. Es lag auf der Hand, dass in mehreren vorbereiteten Kaufverträgen keine Verkehrswertermittlungen durchgeführt worden waren. Sie wurden dem Finanzausschuss nachgereicht. In diesen Fällen wollte das Land einen geringeren Kaufpreis festsetzen, als ihm eigentlich zustand. Im Finanzausschuss waren wir der Meinung: Das Land Brandenburg hat nichts zu verschenken. Wenn Verbilligungstatbestände greifen sollen, dann müssen diese von einem ordentlich ermittelten Verkehrswert ausgehen, egal, wie gut oder wie wichtig die Sache ist, die dahinter steht.

Letztlich kann ich nur diese beiden Fälle wirklich beurteilen. Aufgrund dieser Erfahrung kann ich nur sagen, dass es sich immer wieder lohnt, genauer zu hinzuschauen.

Drittens: Wenn man die Schlussrechnung etwas genauer betrachtet, dann fällt auf, dass hohe Auffangbeträge für Rückbauund Sanierungsmaßnahmen ausgewiesen sind. Die Rückstellungen hat die BBG teils durch Gutachten, zu einem großen Teil aber auch anhand von Erfahrungswerten und Schätzungen ermittelt. Der Wirtschaftsprüfer hält diese Vorgehensweise für legitim und plausibel, weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die tatsächlichen Aufwendungen von den Prognosewerten erheblich abweichen können. Ich ziehe den Schluss, dass diese Posten bezüglich ihrer Höhe künftig laufend zu aktualisieren und mit der tatsächlichen Vorhabenplanung abzugleichen sind. Das ist eine wichtige Aufgabe für den Geschäftsbesorger. Aber auch der Landtag und seine zuständigen Ausschüsse sollten darüber informiert werden.

Um es in einem Vergleich zu verdeutlichen: So wie das Handelsgesetzbuch den ehrbaren Kaufmann dazu verpflichtet, Rückstellungen nur für genau definierte Zwecke zu bilden ansonsten kommt das Finanzamt -, so gilt auch für das Land, dass auch hier die Rückstellungen für genau definierte Zwecke zu bilden sind. Wenn sich dann abzeichnet, dass diese Zwecke so nicht eintreten, ist zu aktualisieren und sind diese Rückstellungen aufzulösen.

Vierte und letzte Bemerkung: Die zahlreichen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit den Kaufverträgen durch Grundstückserwerber eingegangen wurden - Minister Speer hat darauf hingewiesen -, sind dauerhaft zu kontrollieren, und der Landtag ist darüber zu informieren; denn wir sind den Käufern sehr weit entgegengekommen, und die Käufer sind Verpflichtungen

eingegangen. Diese müssen sowohl hinsichtlich der Investitionen als auch der Arbeitsplätze erfüllt werden.

Noch eine Anmerkung zum Antrag der Linkspartei: Der Entschließungsantrag ist überflüssig. Minister Speer hat dazu schon Stellung genommen.

Zu Sperenberg ist anzumerken: Das Land hat ein handfestes Eigeninteresse daran, dass der Bund sich weiter beteiligt. Wir wissen noch nicht, was wir dort übernehmen. Von daher brauchen wir hier nicht aufgefordert zu werden.

Zur Kyritz-Ruppiner Heide, Herr Domres, ist zu konstatieren: Wir wissen, wie die Position des Landtages ist, dass es sich um keine Konversionsfläche handelt, im Moment jedenfalls nicht. Wir alle hoffen, dass es eine wird. Aber zu Ihrer Frage, was die CDU betrifft: Die Bundeskanzlerin hat Vorbild zu sein für die Einhaltung der Grundlagen dieses Rechtsstaates. Das bedeutet, dass man in ein laufendes Verfahren nicht eingreifen kann, nicht eingreifen darf. Das ist auch ein Grundsatz im Verwaltungsrecht.

Letzte Anmerkung zu Ihrem Entschließungsantrag: Titelgruppe 65 im Einzelplan. Der Finanzminister hat im Finanzausschuss am 11. Dezember bereits darüber informiert, dass die bisherige Systematik beibehalten werden soll.

Also: Die Konversion war und bleibt eine gute Sache für Brandenburg. Der Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE ist überflüssig. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Während Ihres letzten Satzes wurde gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage beantworten, Herr Dombrowski.

Herr Dombrowski, würden Sie mir Recht geben, dass mit dem Antrag niemand die richterliche Unabhängigkeit infrage stellen wollte, sondern dass es darum geht, dass es eine politische Entscheidung ist, inwieweit die Kyritz-Ruppiner Heide als Bombenabwurfplatz genutzt wird oder nicht?

Herr Kollege Domres, vielleicht hilft es Ihnen ein bisschen weiter, wenn Sie sich einmal damit beschäftigen, wie eigentlich die Position in den einzelnen Fraktionen des Deutschen Bundestages ist.