Protocol of the Session on January 19, 2005

Wir lassen uns bei der Beurteilung eines Landesgesetzes von der Frage leiten, welche Möglichkeiten sich im Rahmen der Zwänge der Bundesgesetzgebung für unsere Fraktion ergeben, um im Interesse unserer Menschen entsprechende Entscheidungen herbeizuführen. Dazu zählt auch die Befürwortung von Vorschlägen anderer Fraktionen, wenn dies - betone ich - für unsere Bürgerinnen und Bürger von Nutzen ist.

Im Ergebnis der im Vorfeld durchgeführten Anhörungen der Vertreter des Landkreistages Brandenburg, des Städte- und Gemeindebundes sowie der Liga der Spitzenverbände vor dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie ist in den nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf eine Vielzahl von Änderungen eingeflossen - Änderungen, die das Gesetz qua

litativ verbessern. Wir, die DVU-Fraktion, werden daher der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Danke. - Die Debatte wird mit dem Beitrag der Abgeordneten Schier von der CDU-Fraktion fortgesetzt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor knapp einem Monat, am 15. Dezember 2004, fand die 1. Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs statt. Heute, nur fünf Wochen später, wollen wir das Gesetz beschließen. Allein diese Zeitschiene verdeutlicht bereits unser Bemühen, das Gesetz schnell zu verabschieden, um den Landkreisen die entsprechende Rechtssicherheit zu geben.

Am 5. Januar 2005 wurden die kommunalen Spitzenverbände und die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege angehört. Entsprechend den unterschiedlichen Interessenlagen wichen die Intentionen voneinander ab. Das Hauptaugenmerk der Liga gilt unter anderem vor allem dem Ausbau ambulanter Betreuungsformen, da das Land aufgrund der fehlenden Strukturen vor Ort zu einem überproportionalen Ausbau der stationären Betreuung gezwungen wurde. Diese Intention ist nachvollziehbar, denn die bisher im Land praktizierte Verfahrensweise widerspricht auch dem Grundsatz „ambulant vor stationär“.

Die Anträge der PDS-Fraktion stellen darauf ab, den überörtlichen Träger zum Beispiel mit der Aufgabe der Ermittlung des Hilfebedarfs zu beauftragen. Diese Aufgabe liegt ausschließlich beim örtlichen Träger. Wenn wir dazu kommen wollen, dass es alle Leistungen aus einer Hand geben soll, dann dürfen wir die Befugnisse eben der örtlichen Träger an dieser Stelle doch nicht beschneiden.

Die abschließende Beratung über den Gesetzentwurf im zuständigen Fachausschuss haben wir uns wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben aber bereits vorher in der Koalition über die einzelnen Vorschläge diskutiert und sie nach entsprechender Abwägung aufgegriffen oder verworfen. So wurde zum Beispiel der wichtige Vorschlag aufgenommen, den endgültigen Ausgleich für die Aufwendungen des Vorjahres durch das Land möglichst schnell zu erstatten, damit die Kreise eben nicht sehr lange in Vorleistung gehen müssen. Die Zahlungen des Landes sollen jetzt spätestens mit der Zahlung für das III. Quartal des Folgejahres erfolgen. Damit ist sie auch eher möglich, wenn der Kreis die Gesamtrechnung schon im Januar oder Februar erstellt.

Leider waren wir auch zu einem Antrag gezwungen, mit dem wir uns sehr schwer getan haben. Bei der Einbringung des Gesetzentwurfs gingen wir davon aus, dass wir an der Erstattung der Mehraufwendungen an den örtlichen Träger der Sozialhilfe im Bereich der Leistungen für die stationäre Grundsicherung in Höhe von 9,3 Millionen Euro festhalten können. Das Land hat diese Summe als freiwillige Leistung an die Landkreise weitergegeben. Bei der Weiterreichung der 9,3 Millionen Euro an die Landkreise war von übergangsweiser Kostenerstattung

die Rede. Die Kreise konnten daraus nie einen Rechtsanspruch ableiten und haben demzufolge jährlich neu verhandelt.

Die Haushaltsberatungen werfen ihre Schatten voraus. Uns ist klar, dass es in vielen Bereichen zu Einsparungen kommen wird. Deshalb mussten wir einsehen, dass man freiwillige Leistungen aufgrund der prekären Haushaltslage zurzeit nicht zusagen und schon gar nicht gesetzlich verankern kann, im Gegenteil: Es wird sich eher eine Entwicklung vollziehen, die uns dazu zwingt, Leistungsgesetze zurückzuführen.

Ich bitte Sie herzlich, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Danke, Frau Schier. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Für sie spricht Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, diesen Gesetzentwurf in einer so kurzen Zeit auf den Weg zu bringen und ihn heute zur Beschlussfassung vorzulegen. Dies bedurfte einer sehr intensiven, schnellen Beratung im Ausschuss. Ich bedanke mich an dieser Stelle sehr herzlich für die Bemühungen, durch die uns dies gelungen ist.

Selbstverständlich ergab die Anhörung, dass mit dem Gesetzentwurf weitergehende Erwartungen verbunden waren. Die Landkreise und die Liga der freien Wohlfahrtsverbände haben dort natürlich versucht, ihre Interessen kundzutun; dies ist ihr gutes Recht. Naturgemäß konnten nicht alle Erwartungen erfüllt werden. In der Anhörung wurden sehr ausführliche Darlegungen zur Haushaltslage sowie dazu vorgetragen, dass freiwillige Leistungen auf den Prüfstand gehören und Prioritäten gesetzt werden müssen. Wir hätten gern gesetzlich verankert, dass die Kommunen die 9,3 Millionen Euro erhalten. Mit dem Gesetzentwurf der Koalition erfolgt aber in erster Linie die notwendige Anpassung des bisherigen Ausführungsgesetzes an die ab 1. Januar dieses Jahres geänderte Gesetzeslage in der Sozialhilfe. Deshalb war es auch notwendig, schnell zu handeln.

In einigen Teilen sind wir wieder zu den früheren Standards der Kostenerstattung zurückgegangen. Wir mussten dies tun; es entsprach auch dem Wunsch der Kreise. Trotzdem werden wir weiterhin nach Möglichkeiten suchen, um das Prinzip „ambulant vor stationär“ auch im Sinne der betroffenen Bürger durchzusetzen, damit die Menschen nicht ausschließlich nach Finanzierungsgesichtspunkten hin- und hergeschoben werden. Das darf weder Inhalt des Gesetzes noch Inhalt von Gesundheitsund Versorgungspolitik sein. Wir werden uns damit also noch eingehend auseinander setzen müssen. Ich glaube, auch den Landkreisen ist der Ernst der Lage sehr wohl bewusst. Wir werden an der Sache weiterarbeiten und nicht so sehr auf eine Festlegung drängen, wem wir die Finanzierung zuschieben.

Das Ausführungsgesetz ist wissenschaftlich begleitet worden. In einigen Wochen wird das vollständige Ergebnis vorliegen. Auch darüber werden wir weiter diskutieren müssen. Deshalb

ist die Gültigkeit des Gesetzes bis 1. Januar 2007 begrenzt. Zu diesem Zeitpunkt wird das neue Sozialgesetzbuch XII vollständig in Kraft treten; darin wird ohnehin eine neue landesrechtliche Ausführungsgesetzgebung zur sachlichen Zuständigkeit der Sozialhilfeträger erforderlich werden. Dies werden wir dann sehr zügig bearbeiten. Ich verspreche Ihnen, dass es dann keine unter einem solchen Zeitdruck stattfindende Ausschussberatung geben wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke, Frau Ministerin Ziegler. - Da mir weiterer Redebedarf nicht signalisiert worden ist, sind wir am Ende der Debatte zu diesem Gesetzentwurf.

Ihnen liegen in Drucksache 4/395 die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses vor. Wer dem Votum dieses Ausschusses, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei Gegenstimmen aus der PDSFraktion und einigen Stimmenthaltungen ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zur Zusammenführung von überörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht sowie zur Änderung des Landesrechnungshofgesetzes und anderer Gesetze

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/384

1. Lesung

Ich eröffne die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um ein Artikelgesetz. Es behandelt zwei Themenfelder.

Beim ersten Themenfeld geht es um den Zuständigkeitswechsel bei der überörtlichen Prüfung. Wir haben uns im Kabinett darauf verständigt, dass die überörtliche Prüfung der kreisfreien Städte und Landkreise künftig im Ministerium des Innern konzentriert werden soll. Bisher wurde diese Prüfung im Landesrechnungshof durchgeführt. Dieser Zuständigkeitswechsel kann nur durch die Änderung der Kommunalverfassung umgesetzt werden. Es ist ausgeschlossen, die Festlegung wie in anderen Bereichen durch Änderung der Geschäftsbereiche oder des Geschäftsverteilungsplanes umzusetzen. Entsprechend dem Grundsatz, dass das Personal den Aufgaben folgt, wird das bislang beim Landesrechnungshof mit dieser Aufgabe betraute Personal in das Ministerium des Innern übernommen. Hierzu sind bereits erste organisatorische Vorkehrungen getroffen worden.

Mit dem zweiten Teil des vorgeschlagenen Artikelgesetzes wird das Landesrechnungshofgesetz geändert. Die Änderungen gehen auf Anregungen des Landesrechnungshofes zurück. Ich habe sie mit in diese Gesetzesvorlage aufnehmen lassen, denn der Landesrechnungshof hat kein eigenes Einbringungsrecht. Neben der Auflösung der staatlichen Rechnungsprüfungsämter sehen die Vorschläge auch Veränderungen in der Organisations- und Entscheidungsstruktur des Landesrechnungshofes selbst vor. Hinsichtlich dieser Fragen wird es Diskussionsbedarf geben. Da hierdurch Rechte des Landtages unmittelbar betroffen sind, gehe ich davon aus, dass in den Ausschüssen intensiv erörtert werden wird, welchem Lösungsvorschlag man dann folgen wird.

Ich bitte Sie, einer Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Haushaltskontrolle zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss zuzustimmen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Umgekehrt!)

Der Innenausschuss soll federführend sein.

Ja, der Innenausschuss soll federführend sein. - Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wir wollen mal nicht so sein!)

Solange es richtig in der Vorlage steht, brauchen Sie keine Sorge zu haben. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag von Herrn Dr. Scharfenberg fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat das vorliegende Artikelgesetz mit einer umfangreichen Begründung versehen. Zweifellos zutreffend ist dabei der Bezug auf eine entsprechende Festlegung in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU. Die gefälligen Begründungen für die Vorlage der Landesregierung blenden jedoch entscheidende Aspekte aus. Deshalb bringe ich es gleich auf den Punkt. Letztlich haben wir es hierbei mit einem Kuhhandel zu tun, an dem drei Partner beteiligt sind: der Finanzminister, der Innenminister und der Landesrechnungshof.

Das Finanzministerium hat neuerdings die Verantwortung für die Kommunalfinanzierung, die bisher beim Innenministerium lag. Es ist zu befürchten, dass die Kommunalfinanzen damit noch mehr als bisher als Kürzungspotenzial innerhalb der Finanzmasse des Landes betrachtet werden und eine eigenständige Vertretung der kommunalen Probleme am Kabinettstisch geschwächt wird.

Der Innenminister hat die Zuständigkeit für die Kommunalfinanzen abgegeben und will dafür einen Ausgleich haben. Dieser Ausgleich soll nun mit der Verlagerung der überörtlichen Prüfung in das Innenressort erfolgen. Völlig neu sind diese Überlegungen nicht; denn bereits mit der Erarbeitung der

brandenburgischen Kommunalverfassung im Jahre 1993 ist ausführlich über die Anbindung der überörtlichen Prüfung gestritten worden. Der damalige Gesetzentwurf der Landesregierung siedelte sie beim Innenministerium an. Im Ergebnis einer intensiven parlamentarischen Beratung hat sich der Landtag dafür entschieden, die überörtliche Prüfung für die Landkreise und die kreisfreien Städte durch den Landesrechnungshof vornehmen zu lassen. Damit reihte sich das Land Brandenburg in die deutliche Mehrheit der Bundesländer ein, die gleichermaßen verfahren. Das sind immerhin acht der dreizehn Flächenstaaten, darunter alle neuen Länder.

Diese Festlegung hat sich offensichtlich bewährt. Der Landesrechnungshof verfügt über eine Struktur, die diese Aufgabe zur vollen Zufriedenheit wahrgenommen hat. Die Reaktionen der kommunalen Spitzenverbände sowie aus Landkreisen und kreisfreien Städten weisen auf eine hohe Akzeptanz dieser Regelung hin. Das heißt, aus den praktischen Erfahrungen heraus gibt es überhaupt keine Veranlassung, die gegenwärtige Regelung infrage zu stellen und sich ausgerechnet in eine Richtung zu bewegen, die lediglich von einem Bundesland, dem Saarland, geteilt wird.

Interessant ist, wie sich der Landesrechnungshof bei der angestrebten Änderung verhält. Statt gegen den Verlust einer mühsam erkämpften Zuständigkeit anzugehen, spielt er den dritten Partner beim Kuhhandel. Der eigentliche Gegenstand des Gesetzentwurfs wird um substanzielle Veränderungen des Landesrechnungshofgesetzes erweitert, die letztlich dazu dienen, die Position der Präsidentin zu stärken, und zwar zulasten des Landtags und auf Kosten des Kollegialprinzips des Hofes. Damit soll - so die Begründung - die Leistungsfähigkeit des Landesrechnungshofs erhöht werden. Aber dies ist wohl eher eine Gegenleistung für die Ausgliederung der überörtlichen Prüfung, die kritisch zu hinterfragen ist.

Die jetzt vorgesehene gesetzliche Regelung lässt offen, in welcher konkreten organisatorischen Form die überörtliche Prüfung vom Innenministerium wahrgenommen werden soll. Fakt ist, dass die Abteilung des Landesrechnungshofs ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Überparteilichkeit bei der überörtlichen Prüfung gewährleistet. Eine Aufgabenverlagerung in das Innenressort, die wir infrage stellen, führt zu einer unmittelbaren Verbindung von Kommunalaufsicht und überörtlicher Prüfung. Damit würde sich das Innenministerium sozusagen zu einer Kommunalpolizei entwickeln. Um die Unabhängigkeit der überörtlichen Prüfung zu erhalten, wird zumindest der Anspruch erhoben, diese Aufgabe nicht einem Referat der Kommunalabteilung zu übertragen, sondern einem eigenständigen Kommunalprüfungsamt im Geschäftsbereich des Innenministers, wenn man sie denn überhaupt dem Innenministerium übertragen will.

Es gibt also noch reichlich Diskussionsbedarf für den Innenausschuss und den Ausschuss für Haushaltskontrolle. Ich kann schon jetzt ankündigen, dass die PDS-Fraktion eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf beantragen wird. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Scharfenberg und erteile dem Vertreter der SPD-Fraktion, dem Abgeordneten Bochow, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Prüfung der Haushaltsrechnung sowie der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ist von solcher Bedeutung, dass sie Eingang in das grundlegende Dokument Brandenburgs, unsere Verfassung, gefunden hat. Dort wird dieser Bedeutung dadurch Rechnung getragen, dass der hierfür zuständige Landesrechnungshof nur dem Gesetz unterworfen ist und seine Mitglieder richterliche Unabhängigkeit genießen. Die Zuständigkeit des Landesrechnungshofs erstreckt sich allerdings nicht allein auf den Landeshaushalt; zur Zuständigkeit gehört ferner die überörtliche Prüfung des Haushalts-, Kassenund Rechnungswesens der Kreise und kreisfreien Städte. Es besteht also gegenwärtig ein Nebeneinander dieser Prüfungsaufgabe und der allgemeinen Kommunalaufsicht, die einer Abteilung des Innenministeriums obliegt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung sollen unter anderem diese Doppelstruktur abgeschafft werden und die Prüfungsaufgabe des Landesrechnungshofs auf das Innenministerium übergehen. Dazu müssen die Gemeinde- und die Landkreisordnung angepasst werden. Um aber auch künftig die Unabhängigkeit der Prüfung sicherzustellen, soll der jetzige Artikel 116 Abs. 3 der Gemeindeordnung unverändert bestehen bleiben. Dort heißt es: