Der Abgeordnete Chistoffers von der Fraktion DIE LINKE eröffnet die Aussprache. Während er ans Pult tritt, begrüße ich sehr herzlich Schülerinnen und Schüler der Jean-ClermontOberschule aus Sachsenhausen. Herzlich willkommen bei uns!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit dieses Gesetzentwurfs und der sich daraus ergebenden Auflage eines derartigen Versorgungsfonds ist unstrittig. Dies war im Parlament bereits bei der 1. Lesung des Gesetzentwurfs eindeutig erkennbar.
Ich bin sehr froh darüber, dass die Koalition von ihrem Koalitionsvertrag abgewichen ist. Ursprünglich wurde von den Koalitionsfraktionen vereinbart, einen derartigen Fonds erst nach dem Jahr 2010 einzurichten. Ich bin froh darüber, dass dies nun bereits im Jahr 2008 geschieht; denn die Zahlen sind eindeutig. Wenn im Jahr 2001 für Pensionen der Beamten im Land Brandenburg 11,3 Millionen Euro ausgegeben wurden, werden es im Jahr 2020 - nach der Begründung des Gesetzentwurfs - etwa 450 Millionen Euro und im Jahr 2035 etwa 750 Millionen Euro sein. Dabei handelt es sich um Schätzwerte. Je nachdem, wie sich die Abschlüsse entwickeln, können die Summen selbstverständlich noch darüber hinausgehen. Damit ist klar: Ein Lan
deshaushalt, der gegenwärtig etwa 10 Milliarden Euro umfasst und vom Umfang her sicherlich nicht wesentlich steigen wird, bedarf eines Hilfsinstruments, um die künftigen Belastungen tatsächlich abfedern zu können. Insofern ist die Einrichtung eines derartigen Fonds völlig unstrittig.
Des Weiteren hat meine Fraktion im Ausschuss einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem wir im Gesetz festlegen wollten, dass bei der Anlage des Geldes die Regelungen der Versicherungswirtschaft - sie begrenzt die Risikomöglichkeit bei der Anlage von Geld und stellt somit eine Sicherheit für den Fonds dar - gelten.
In den Ausschussberatungen wurde durch die Vertreter der Landesregierung - seitens des MdF - zugesichert und als Protokollvermerk festgehalten, dass die Anlagerichtlinien, die dem Ausschuss zur Kenntnis gegeben werden, unter dem Schwellenwert der Versicherungswirtschaft bleiben. Somit wird ein beherrschbares Risiko bei der künftigen Anlage des Geldes in den Anlagerichtlinien definiert. Aufgrund dessen hat meine Fraktion den Antrag zurückgezogen. Über die Richtlinien - unter anderem über die Frage der Risikoklassen - werden wir sicherlich im Ausschuss noch einmal diskutieren und uns verständigen.
Die Koalitionsfraktionen werden heute noch einen Änderungsantrag vorlegen, der ihnen sicherlich vor dem Hintergrund gewisser Diskussionen als notwendig erscheint. Bereits vor längerer Zeit wurde die Frage erörtert, ob und inwieweit jährlich fest definierte Zuweisungen für den Fonds im Gesetz festgeschrieben werden sollen. Ich muss Ihnen gestehen: Die derzeitige Regelung - es geschieht nach Maßgabe des Haushalts halte ich für tragfähiger. Schließlich sprechen wir über Zeiträume von 20 bzw. 25 Jahren, in deren Verlauf wir mit Sicherheit mehrere Konjunkturzyklen erleben werden. Zudem werden wir verschiedene wirtschaftliche und soziale Situationen erleben. Insofern ist die Handhabung nach Maßgabe des Haushalts für mich das bessere Instrument, um zu erkennen, wie mit einer weiteren Zuführung umzugehen ist.
In Ihrem Änderungsantrag legen Sie nun fest, dass bei der Haushaltsaufstellung - aufgrund einer Veränderung des § 5 - jedes Mal durch den Finanzminister dargelegt werden müsste, wie hoch die Zuführung zu sein hat, um die Aufgaben des Fonds zu erfüllen.
Allerdings habe ich in § 4 des Gesetzes einen Passus gefunden, der Ihren Entschließungsantrag überflüssig erscheinen lässt. In § 4 ist definiert, dass der Minister dem Ausschuss jedes Jahr über die Haushaltslage des Fonds berichtet und ihn informiert. Bisher ging ich stets davon aus, dass es eine der zentralen Fragen des Berichts und der Arbeit des Ausschusses sein wird, wie sich die finanzielle Situation des Fonds in Bezug auf seine Aufgabenwahrnehmung nach dem Jahr 2020 darstellt.
Dennoch - das muss ich auch sagen - schadet Ihr Änderungsantrag nicht und kann auch durch meine Fraktion Zustimmung erfahren. Ich wollte Sie lediglich darauf aufmerksam machen, dass Sie das, was Sie nun noch einmal explizit regeln, bereits geregelt haben. Wenn Sie dies jedoch für notwendig erachten, dann sollten Sie das auch tun. Insofern wird dieser Änderungsantrag durch meine Fraktion sicherlich mitgetragen werden.
Zum Stimmverhalten meiner Fraktion: Hinsichtlich dieses Antrags werden wir unterschiedlich abstimmen. Vor allem wird es einige Stimmenthaltungen geben. Diese resultieren nicht daraus, dass der Versorgungsfonds nicht gewünscht oder politisch nicht gewollt ist. Vielmehr resultieren sie daraus, dass einige Mitglieder meiner Fraktion es gern gesehen hätten, wenn die Fragen bezüglich der Risikobildung und Risikostrategien bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes klarer definiert gewesen wären, also die Anlagerichtlinien dazu bereits zur Diskussion vorgelegen hätten.
Insofern gehe ich davon aus, dass wir mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes erstens eine Grundlage dafür schaffen, die Renten- und Pensionsansprüche von Lehrern, Polizisten, Finanzbeamten und vielen weiteren Beamten im Landesdienst sicherzustellen, zweitens ein Stück weit versuchen, Vorsorge für künftige Haushaltsbelastungen zu treffen, und drittens unsere Handlungsfähigkeit in Bezug auf künftige Landeshaushalte auch für andere Aufgaben erweitern. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal eine Feststellung: Ich bin sehr froh und dankbar, dass zumindest im Grundsatz mit der demokratischen Opposition Einigkeit darüber besteht, dass man sich diesem Thema auch künftig verstärkt widmen muss.
Legendär, aber genauso falsch war eine Plakatierung des früheren Bundesarbeitsministers Norbert Blüm. Er hat einmal - wir alle erinnern uns daran - mit großem Besen auf Plakaten herumgewischt, worauf stand: Die Rente ist sicher! - Die Rente ist ein Umlagesystem. Jeder kennt die gegenwärtige Lage. Wir wissen heute und wussten auch damals - dies hat Norbert Blüm auch in Radiointerviews mehrmals bestätigt -: Die private Vorsorge für Rentnerinnen und Rentner muss geregelt werden; sie wird auch staatlich unterstützt.
Auch die Beamtenpensionen werden aus dem gegenwärtigen Haushalt bezahlt. Derzeit wirken sie im Kern wie eine Art Umlagesystem. Wie auch bei der Rente steigt die Anzahl der Pensionäre in Brandenburg künftig - mit gravierenden Auswirkungen - sprunghaft an. Einige Zahlen und Fakten dazu: Derzeit befinden sich 4 000 Beamte in Pension. Das kostet jährlich 70 Millionen Euro. In nur zehn Jahren werden nicht mehr 4 000, sondern 20 000 Beamtinnen und Beamte eine Pension aus dem Landesetat beziehen. Dabei handelt es sich um Pensionäre mit rechtlichen Ansprüchen auf mehr als die Hälfte ihrer letzten Besoldung. 20 000 Pensionäre in nur zehn Jahren! Dies wird am Ende der übernächsten Legislaturperiode der Fall sein.
Das in Brandenburg verfügbare Geld wird dann im gleichen Zeitraum um exakt ein Viertel geringer sein. Uns allen sind die
Grundsatzprobleme bekannt, die damit zusammenhängen. Erstens: Der Solidarpakt II wird zu dem Zeitpunkt ausgelaufen sein. Zweitens: Wir werden weniger Einwohner haben. Drittens: Die Europäische Union wird dem Land Brandenburg viel weniger Geld zur Verfügung stellen.
Die Pensionsausgaben in Höhe von derzeit 70 Millionen Euro schnellen dann auf jährlich 400 Millionen Euro hoch. Dies ist das Dreifache unserer Landesausgaben für die Kindertagesbetreuung. Zehn Jahre später verdoppeln sich die Ausgaben auf 800 Millionen Euro pro Jahr. Dies entspricht dann dem Sechsfachen der Ausgaben, die derzeit für die Kita-Betreuung in Brandenburg veranschlagt sind.
Wenn auch ein Großteil der künftigen Entwicklungen noch nicht feststeht, ist doch eine Entwicklung klar erkennbar. Der steile Anstieg der Pensionskosten wird mit Sicherheit eintreten. Ich habe Ihnen eine Grafik aus dem Finanzministerium mitgebracht, die auch im Internet einsehbar ist.
Das blaue Kreuz - es müsste eigentlich rot sein - bezeichnet den heutigen Stand. Die zwei weiteren Striche markieren jeweils das Ende der nächsten und übernächsten Legislaturperiode. Anhand dieser Grafik ist erkennbar, dass der Anstieg unausweichlich ist und steil nach oben geht.
Eine Binsenweisheit ist - dies hat zum Teil auch zur Verbeamtungswelle im Lehrerinnen- und Lehrerbereich geführt, die ich heute noch immer sehr heftig kritisiere; jedoch ist sie nun einmal eingetreten -,
dass derzeit Beamtinnen und Beamte 35 % weniger Kosten verursachen. Was bedeutet das im Klartext? - Die Personalausgaben des Landes Brandenburg für seine 33 000 Beamten belaufen sich auf 1 Milliarde Euro. Wir sparen damit scheinbar 350 Millionen Euro im Jahr. Dieses Geld, meine Damen und Herren, wird aber nicht gespart, sondern es ist praktisch ausgegeben. Der Zahlungstermin ist lediglich nach hinten geschoben, das heißt, in die Zukunft verlegt worden.
Vorsorge wurde in den letzten 17, 18 Jahren nicht getroffen. In keinem Jahr seit 1990 erfolgte eine Rückstellung für die Pensionen, die aber rechtliche Ansprüche für 33 000 Beschäftigte im Land Brandenburg darstellen.
Ich will dies mit einer Summe abschließend noch einmal unterlegen. Der Barwert der Pensionsansprüche unserer Kolleginnen und Kollegen, die auch rechtlich erfüllt werden - selbstverständlich! -, beträgt nicht 80 Millionen, sondern 8 Milliarden Euro. 8 Milliarden Euro Barwertansprüche der jetzigen Beamtinnen und Beamten sind inzwischen erworben worden!
Ich möchte damit deutlich machen, welche Hypothek auf den Abgeordneten der nächsten zwei bis drei Legislaturperioden lastet.
Die positive Botschaft heute ist: Wir beschließen eine vollständige Vorsorge für alle neuen Beamten ab dem 1. Januar 2009. Ab sofort ist es dann haushaltswirtschaftlich egal, ob Angestellter, Arbeiter oder eben Beamter, und das ist genau richtig.
Dieser Prozess wird bei Verbeamtungen ab dem 1. Januar 2009 in 40 Jahren beendet sein. Erst dann wird das komplette System sozusagen umgestellt sein.
Dies ist ein sehr wichtiger Schritt, eine grundlegende Reform, die ohne Wenn und Aber absolut zu begrüßen ist.
Weiterhin offen ist allerdings eine jährliche Rücklage für die jetzt 33 000 Beamtinnen und Beamten. Eine solche Rücklage käme einer Summe von 350 Millionen Euro im Jahr gleich. Jedes Unternehmen ist verpflichtet, eine Rücklage für Pensionsansprüche zu bilden; jede Kommune tut das auch, übrigens als gesetzliche Pflicht.
Ich bin davon überzeugt, dass das Problem da ist und sich im Haushalt Brandenburgs Jahr für Jahr sprunghaft verschärfen wird. Wir werden also in den nächsten Jahren nur noch auf Kosten von Investitionen, sozialen Projekten und Schulden mit dem Problem umgehen können, wenn wir nicht gegensteuern.
Letzter Satz, Frau Präsidentin: Zinsen und Zinseszinsen verbauen der nächsten Generation die Zukunftschancen, wenn wir nicht Acht geben, jedenfalls dann, wenn wir in Regierung und Parlament uns nicht immer wieder schrittweise verinnerlichen, dass in künftige Haushalte, gewissermaßen als Kernbestandteil, Rückstellungen für eine entsprechende Vorsorge einzustellen sind. Wir müssen dies verinnerlichen und auch in der Zukunft Schritt für Schritt entsprechend handeln. Wir müssen jährlich eine Pensionsrückstellung vornehmen, sonst werden wir im Haushalt handlungsunfähig. Die Zahlen sprechen ihre eigene Sprache. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. Ich hoffe, dass trotz des großen Gemurmels hier im Saal Ihre Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten Sie gut verstanden haben. - Das Wort erhält Frau Hesselbarth.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Errichtung eines Versorgungsfonds ist vernünftig und in anderen Bundesländern bereits Realität. So ist es wegen der auf das Land Brandenburg zukommenden Pensionslasten nur folgerichtig, dass auch die öffentlichen Dienstherren hierzulande verpflichtet werden sollen, über regelmäßige, versicherungsmathematisch ermittelte Zuführungen Rücklagen zu bilden, die ab 2020 Versorgungs- und Beihilfeaufwendungen der neuen Beamten möglichst voll abdecken sollen.
Die Struktur des geplanten Fonds führt außerdem dazu, dass die Versorgungskosten den jeweiligen Ministerien zugeordnet werden können. Durch die Festlegung und Ausweisung der Mittelzuführung an den Fonds, die den erforderlichen Rückstellungen für einen vergleichbaren Angestellten entsprechen, wird eine größere Transparenz bei den tatsächlichen Versorgungskosten hergestellt. Dadurch wird ein annähernd realistischer Kostenvergleich in der Alterssicherung von Beamten und von Teilzeitbeschäftigten erreicht.
Die Einführung einer kapitalgedeckten Altersversorgung, also einer Säule zur Finanzierung der Beamtenpensionen, war lange
überfällig. Zwar ist auch die Errichtung dieses Versorgungsfonds nicht gerade der große Wurf, besonders deshalb nicht, weil der Fonds nur für Neueinstellungen gilt und eine Lösung für die Versorgungsansprüche der aktiven Beamten weiterhin sehr schwierig ist. Immerhin konnte durch einen von unserer DVU-Fraktion mitgetragenen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen eine Vorziehung der Errichtung des Fonds auf den 1. Januar 2009 - statt 2010 - erreicht werden.
Es muss allerdings, Herr Finanzminister, besonders wegen der heraufziehenden Wirtschaftskrise auch sichergestellt sein, dass der Fonds nicht sofort wieder aufgelöst werden kann, wenn zu erwartende Haushaltslöcher gestopft werden sollen; denn es darf mittelfristig nicht bei einer Versorgung nach Kassenlage und ohne kostendeckende Rücklagen und solide Finanzplanung bleiben.
Nach wie vor mit Skepsis sieht unsere DVU-Fraktion die von der Landesregierung geplanten Anlagemöglichkeiten für das Sondervermögen. In Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise muss zwingend gesichert sein, dass die dem Sondervermögen zufließenden beträchtlichen finanziellen Mittel nicht durch falsche Anlagen verspekuliert werden. Daher ist aus unserer Sicht der Grundsatz „Sicherheit vor Liquidität und Rendite“ dringend geboten, und die Mitglieder des Anlageausschusses müssen entsprechend handeln.
Wir nehmen die Zusicherung von Staatssekretär Zeeb während der letzten Finanzausschusssitzung hinsichtlich des Erlasses einer entsprechend stringenten Anlagerichtlinie nicht nur zur Kenntnis, sondern werden diese auch parlamentarisch entsprechend kritisch begleiten.
Insgesamt begrüßen wir als DVU-Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf und die Einrichtung eines Versorgungsfonds für die neuen Landesbeamten als richtigen Schritt. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen.