Protocol of the Session on December 17, 2008

kommen und ganz laut rufen: Der Staat muss sofort die Steuern senken!, und schon im nächsten Halbsatz - dazwischen ist nur ein Komma - sagen: Der Staat muss zukünftig stark investieren. Beides zusammen geht nicht, es sei denn, der Staat verschuldet sich wieder stärker, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das kann man, glaube ich, miteinander nicht zulassen.

Aber die SPD-Fraktion unterstützt alle Maßnahmen, die dafür geeignet sind, dass in diesem Land stärker investiert wird. Ich fand die Ansage von Matthias Platzeck vorhin, ehrlich gesagt, nahezu berauschend,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Was?)

dass wir Ende nächsten Jahres in der Lage sein werden, fast überall Breitband für das Internet anzubieten. Ich denke, das ist ein deutliches Signal für die erhöhte Attraktivität des Landes auch in der Fläche,

(Unruhe bei der Fraktion DIE LINKE)

und ich glaube, dass das im Wesentlichen dazu beitragen wird, Jobs zu erhalten, Jobs zu kreieren und dafür zu sorgen, dass Menschen in allen Ecken des Landes und in der Fläche des Landes Arbeit kriegen können. Das ist eine Herausforderung für alle, aber ich bin - ich werde das nachher noch einmal sagen Optimist genug und Realist zugleich, um zu wissen, dass wir das schaffen werden.

Ich unterstütze auch den Ansatz der Bundesregierung, in der nächsten Zeit stärker Investitionen in Schulen zu ermöglichen. Frau Kaiser, da haben Sie vielleicht nicht richtig hingehört oder einen alten Redetext verwendet: Der Ministerpräsident hat deutlich gemacht, selbst wenn das Programm des Bundes nicht kommt, werden wir unser Kreditprogramm im Land fortsetzen;

(Beifall bei der SPD)

es ist jetzt ausgelaufen, aber es war ein erfolgreiches Kreditprogramm. Wir haben die Kommunen unterstützt, wenn sie Schulen, Kitas und Turnhallen bauen wollten, und haben ihre Zinsen übernommen. Ich glaube, gerade in der Zukunft - das zeigt ja gerade auch das, was wir auf dem Kapitalmarkt erleben werden Zinsen nicht teuer sein. Das heißt, wir können mit relativ wenig Geld viel erreichen. Ich möchte die Landesregierung ausdrücklich ermuntern, diesen Weg schnell zu verfolgen. Wir haben Erfahrung mit diesem Programm, wir müssen da gar nichts neu erfinden, wir wissen, wie wir es umsetzen können, also sollten wir es auch ziemlich zügig anwenden.

Ich unterstütze auch den Ansatz, in Investitionen zu gehen, was Schienen, was Straßen, aber auch, was die ökologische Gebäudesanierung angeht. Das wird uns schneller machen, das wird auch die Heizkosten senken, und es wird das Land ökologischer und nachhaltiger machen.

All das wird mit Sicherheit Arbeitsplätze vor Ort schaffen, und es wird effizienter, es wird ökologischer, und es wird besser in diesem Land. Wir brauchen nicht irgendwelche Investitionen, wir brauchen Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur.

Und es geht - damit bin ich beim nächsten Thema - um Investitionen in Köpfe. - Das dritte Stichwort heißt ja, wie gesagt, „in

telligenter“. Es ist sehr wahrscheinlich - da muss man kein Prophet sein -, dass die Nachrichten vom Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten nicht mehr so gut sein werden. Für jeden Einzelnen, der seinen Arbeitsplatz verliert, ist das eine ganz schlimme Nachricht. Grundsätzlich bleibt aber richtig, dass Brandenburg in dieser Zeit, aber auch in den nächsten Jahren gute Fachkräfte braucht, auch wenn wir jetzt eine konjunkturelle Delle erleben. Genau deshalb müssen die Arbeitsagenturen, müssen die Optionsgemeinden, müssen die ARGEn, müssen alle Partner des Arbeitsmarktes ihre Vermittlungs- und Betreuungsangebote verstärken, verbessern, besser sein als in der Vergangenheit.

Genau deshalb müssen wir, glaube ich, auch die Arbeitsmarktprogramme verstärken. Ich bin froh, dass es Dagmar Ziegler gelungen ist, bei den Verhandlungen mit dem Bund dafür zu sorgen, dass mehr Kommunen im Land in der Lage sein werden, den Kommunal-Kombi anzuwenden. Ob es nachher 11 000 oder 7 000 oder 5 000 Stellen sind, werden wir sehen. Ich sage nur, Herr Görke, Frau Kaiser, wir geben momentan in das Programm Kommunal-Kombi fast 40 Millionen Euro. Das ist ein Haufen Geld für dieses Land. Ich unterstütze alles das, was dazu beiträgt, dass diese Gelder auch abfließen. Aber ich warne davor, durchs Land zu rennen und zu sagen: Hier können wir noch mehr machen. - Das wird sehr schwer, weil es auch für Brandenburg ein relativ teures Programm ist. Aber wenn es hilft, Langzeitarbeitlose länger als ein halbes Jahr oder ein Jahr in Arbeit zu bringen, dann stehen wir zu den 40 Millionen Euro, und ich will alles daransetzen, wie gesagt, dass das Programm auch tatsächlich umgesetzt werden kann.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Aber es muss in den nächsten Monaten auch darum gehen, dass wir die Qualifikation unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern. Darum, denke ich, ist es wichtig, dass wir auch über Bildung in diesem Land reden. Wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, kein Jota davon abweichen, was die Verbesserung der Qualität unserer Bildung im Lande angeht. Damit meine ich Schulen, damit meine ich Kitas, damit meine ich Hochschulen. Aber ich meine damit auch die Qualifizierung von Arbeitslosen oder - der Ministerpräsident hat es gesagt - die Qualifizierung von Leuten, die jetzt in Kurzarbeit sind. Die Verlängerung der Zahlung des Kurzarbeitergeldes um ein halbes Jahr auf eineinhalb Jahre muss eben für die Arbeitslosen auch die Chance sein, sich für die Zeit des Wiedereinstiegs zu qualifizieren - für den Job, in dem sie noch in Kurzarbeit sind, oder für den Job, den sie danach kriegen können. Es kann nicht sein, dass sie eineinhalb Jahre, ein Jahr oder ein halbes Jahr verharren und warten, dass wieder irgendetwas passiert. Aktive Arbeitsmarktpolitik heißt investieren in die Köpfe. Ich glaube, wenn man darin investiert, kann man am allerwenigsten falsch machen, wenn man es klug und intelligent macht. Deshalb, wie gesagt, wollen wir in diesen Bereich investieren.

Auch in die Kitas wird im nächsten Jahr zusätzlich mit 10 Millionen Euro eingestiegen werden. Es geht dabei um Investitionen in die Kitas. Ich glaube, das ist nicht nur gut angelegtes Geld, weil es unseren Kindern zugutekommt, sondern es ist auch gut angelegtes Geld, weil wir damit Unternehmen vor Ort in Arbeit bringen.

Meine Fraktion, wie gesagt, ist ganz entschieden dafür, dass wir

das Investitionsprogramm über die Kreditfinanzierung für Schulen und Sportstätten wieder auflegen. Ich erlebe es, dass in vielen Kreisen danach ein lauter Ruf erschallt. Viele Kreise, viele Kommunen stehen als Schulträger Gewehr bei Fuß und sind dabei, wenn wir zinslose Schulbaudarlehen vergeben können.

Worauf kommt es jetzt an? Frau Kaiser, Sie haben Recht. Es geht um Ehrlichkeit. Es geht um Verantwortung und um Zuversicht. Meine Fraktion trägt seit vier Jahren das Motto: „Mit dem Gesicht zu den Menschen!“ Wenn wir sagen „Mit dem Gesicht zu den Menschen“, dann machen wir das ehrlich. Zu dieser Ehrlichkeit gehört, klar zu sagen, was mit uns passiert und was in diesem Land passiert. Zu dieser Ehrlichkeit, Frau Kaiser, gehört aber auch, dass wir sagen, was geht und was eben nicht geht. Es geht eine ganze Menge. Davon bin ich ganz stark überzeugt. Das haben wir heute auch vom Ministerpräsidenten gehört, und das habe ich noch einmal unterstrichen. Aber es wird auf keinen Fall gehen, uns Hals über Kopf stärker als in der Vergangenheit zu verschulden. Das wird nicht funktionieren. Ihr 200-Millionen-Euro-Programm, geschweige denn Ihr 50-Milliarden-Euro-Bundesprogramm, ist nichts anderes als ein weiteres Stürzen in die Verschuldungsfalle. Das ist nicht generationengerecht und wird der Verantwortung, die wir in den letzten Jahren hatten, gerade was die Haushaltspolitik angeht, keinesfalls gerecht. Darum wird es so auch nicht funktionieren.

(Beifall bei der SPD - Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

Es wird auch nicht gehen, um hier noch einmal Peer Steinbrück zu zitieren, dass wir uns ins Koma sparen. Das wird nicht machbar sein. Was wir machen müssen, ist, intelligent, zukunftsgerichtet, ökologisch und nachhaltig zu investieren.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Da habe ich meine Bedenken!)

- Nein, es ist nicht die Zeit der Tonnenideologie, sondern es ist die Zeit der intelligenten Maßnahmen.

(Unruhe)

Frau Kaiser, Ehrlichkeit, Verantwortung und Zuversicht - da bin ich beim Thema Verantwortung.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Sie haben Koma-Sparen ge- sagt!)

Auch die Opposition trägt in diesem Lande Verantwortung. Mit einer Politik nach dem Stil „Wünsch Dir etwas“ werden wir nicht weiterkommen.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Die Lage ist zu ernst, um sich einfach nur hinzustellen und zu sagen: Scheißegal, interessiert uns nicht, woher das Geld kommt! Sie ist auch viel zu ernst, um auf dem Kapitalismus herumzuhacken und zu sagen: Alles schlimm, was der da macht.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [DIE LINKE])

- Nein, wir meinen, dass wir die Probleme mit Verantwortung, mit Zuversicht, aber insbesondere mit einer wirklich

klaren Analyse und nicht nur einfach mit Ausschütten von Geld lösen können. Wir werden sie in diesem Lande auch lösen können.

In Ostdeutschland ist es sehr wichtig, nicht zu versuchen, den Leuten irgendetwas einzureden, was man am Ende nicht halten kann. Ich glaube, dass zu viel versprochen und zu wenig gehalten wurde - nicht von uns. Es ist die Opposition, die sich mit Versprechen den Leuten andient und klar machen will, sie könne das schon richten. Fakt ist, dass es so nicht funktionieren wird.

Verantwortung habe ich genannt. Ehrlichkeit habe ich gesagt, aber auch Zuversicht. Ich bin von Natur aus ein optimistischer Mensch. Es nützt uns allen gar nichts, wenn wir von nun an mit hängenden Mundwinkeln durch die Lande rennen und sagen: Alles ganz schlimm. Das schaffen wir nicht. Die Krise überrollt uns. Um Gottes willen, was soll nur aus uns werden? - Ich will, dass wir mit Elan und mit scharfem Verstand die vor uns liegenden Aufgaben angehen.

Matthias Platzeck hat das sehr deutlich umrissen. Ich will, dass wir auch in diesem Land um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Ich will, dass wir all die sinnvollen und möglichen Investitionen, die vor uns liegen, durch eine effiziente Verwaltung hinbekommen. Mit Zuversicht, Zusammenhalt und Entschlossenheit werden wir Brandenburg voranbringen können. Wir haben unsere Erfahrungen - Matthias Platzeck hat es gesagt - mit Umbrüchen. Wir haben schon ganz andere Situationen in diesem Lande gemeistert. Darum ist mir gar nicht bange, dass wir das mit diesen Erfahrungen und mit der nötigen Ge- und Entschlossenheit auch bewältigen werden, was vor uns liegt, ohne dabei das Erreichte aufs Spiel zu setzen.

Der Ministerpräsident hat die Richtung vorgegeben. Ich glaube, das ist eine ganze Menge wert. Wir können uns daran orientieren. Es gibt einen Altmeister für kurze Sätze. Kurze Sätze können manchmal ganz prägnant sein und Dinge auf den Punkt bringen.

(Einzelbeifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Franz Müntefering bringt das, glaube ich, ganz gut. Er selbst kokettiert damit, dass er sagt, lange Sätze könne er nicht. Ich will einmal zwei kurze Sätze von ihm etwas abwandeln: Ministerpräsident in Brandenburg ist gut. Brandenburg, alles Gute! Danke sehr.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Baaske. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Hesselbarth.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Von scharfem Ver- stand geprägt!)

Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident! Meine Damen und Herren! Die Situation, in die uns die Globalisierung und gewissenlose Finanzspekulanten gebracht haben, ist zweifellos ernst, sogar sehr ernst.

Die überwiegende Mehrheit der Bürger der Bundesrepublik wie auch der Bürger unseres Landes ist für diese Situation nicht verantwortlich, diese sind aber die Leidtragenden der Folgen von Spekulantentum und finanztechnischem Größenwahn sogenannter Manager und Banker.

Jetzt wird nach dem Staat gerufen, wird förmlich um Hilfen gebettelt, und keiner der sogenannten Experten will das vorhergesehen haben. Herr Ministerpräsident, Ihre Regierungserklärung war so gut, wie sie schlecht war. Die Bürger dieses Landes brauchen Zuverlässigkeit, sie brauchen Vertrauen, und sie brauchen Hilfe. Sie brauchen keine Versprechungen, die letztlich wieder nicht gehalten werden.

(Beifall bei der DVU)

An all den Punkten mangelt es in Ihrer Regierungserklärung. Es bleiben mehr Fragen als Antworten. Wer es immer noch nicht begriffen hat, solle sich vor Augen führen, dass der Binnenmarkt dabei ist zu kollabieren. Er folgt damit den Erscheinungen des noch kürzlich so hochgelobten Exportes und verkümmert auf ein Minimum.

Die Zahlen, die jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht werden, sind nicht nur erschreckend, nein, ich finde sie sogar dramatisch. 3 % Verlust am Bruttosozialprodukt für 2009 ist ein Wert, der nicht zu vernachlässigen ist. Auch unser Land wird an den Folgen dieses Einbruchs seinen Anteil zu tragen haben, und die Einschläge kommen unaufhaltsam näher.

Ich sagte es schon, Herr Ministerpräsident: Nach Ihrer Regierungserklärung bleiben Fragen offen. Aber gehen wir systematisch vor. Meine Damen und Herren, alle roten oder rot-schwarzen Landesregierungen seit 1990 haben dieses Land und seine mittelständisch geprägte Wirtschaft - gelinde gesagt - stiefmütterlich behandelt. Sah man Anfang der 90er Jahre unter Ministerpräsident Stolpe noch tatenlos zu, wie die Treuhandanstalt und ihre Nachfolgerin die verbliebenen DDR-Firmen auf Brandenburger Boden platt machten, war man danach nicht in der Lage, dafür zu sorgen und die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass eine tragfähige Wirtschaftsstruktur in Brandenburg entstehen konnte. Stattdessen wurde bis zum Ende der letzten Legislaturperiode die sogenannte Leuchtturmpolitik betrieben, während man die kleinen und mittelständischen Firmen in Brandenburg mit ihrer geringen Eigenkapitaldecke im Regen stehen ließ. Die Folgen waren Investitionsruinen wie Lausitzring, CargoLifter, Chipfabrik und massenhafte Firmenpleiten beispielsweise in der Bauindustrie und Massenarbeitslosigkeit in Brandenburg.

Dann kam mit Beginn der laufenden Legislaturperiode die Rotstiftpolitik aus dem Hause Speer, wie man alle Jahre wieder in den zuständigen Ausschüssen besonders für Wirtschaft und Haushalt und Finanzen anhand der völlig unzureichenden Mittelabflüsse nachvollziehen konnte.

Dann kamen Sie, Herr Ministerpräsident, mit Ihrem famosen neuen Leitbild, was dazu führte, dass die gesamte Förderpolitik in den Bereichen Wirtschaft und Infrastruktur auf sogenannte Wachstumsbranchen in sogenannten Wachstumskernen fokussiert wurde und der Rest Brandenburgs förderpolitisch außen vor blieb.