Protocol of the Session on October 15, 2008

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag des Abgeordneten Christoffers fort, der für die Fraktion DIE LINKE spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Richstein, ich stimme Ihnen zu: Es ist höchste Zeit, für Klarheit über die anstehenden Aufgaben zu sorgen, und es muss dringend versucht werden, das Ziel, die politische Handlungsfähigkeit herzustellen, umzusetzen. Das Problem, das ich jetzt habe, ist folgendes: Wir diskutieren nicht erst seit Vorlage dieses Antrags über die Problematik, sondern wir führen auch in Brandenburg seit Jahren eine Debatte über die Neuordnung der Förderlogik und der Förderstruktur, über die Einführung revolvierender Fonds. Aber leider sind bisherige Anträge meiner Fraktion an einer Koalitionsmehrheit gescheitert.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir haben jetzt die Situation, dass wir, wenn es uns 2009 nicht gelingt, dieses Instrument in größerem Umfang einzuführen, möglicherweise 2011 einen Fonds haben, aber das Geld nicht mehr ausgeben können, weil das Geld nicht nur in den Fonds geführt werden, sondern auch noch angelegt bzw. unter die Leute gebracht werden muss. Es muss tatsächlich umgesetzt werden, und das dauert ein paar Jahre, um Rückflüsse zu organisieren. Deswegen kann ich unsere Kritik aus der Haushaltsberatung nur wiederholen: Wir haben im Land Brandenburg Zeit verschenkt, die wir eigentlich nicht haben, weil jeder weiß, dass wir uns in einer Situation befinden, in der die öffentlichen Mittel in den Fördertatbeständen zurückgehen werden. Die EU-Strukturfonds sind schon angesprochen worden. Einschließlich der Problematik der Solidarpakt-II-Mittel sind wir in einer schwierigen Situation.

Ein zweiter Punkt: Frau Richstein, wir haben einen Änderungsantrag zu Ihrem Antrag vorgelegt, weil wir wollen, dass weitere Punkte in die Prüfung aufgenommen werden, die bisher in Ihrem Antrag nicht enthalten sind. Ich möchte mich im Wesentlichen auf einen Punkt konzentrieren. Es geht hier um die Darstellung von Möglichkeiten, mit der sogenannten Kreuzfinanzierung auch zu einer neuen Förderlogik als Ganzes zu kommen.

Worum geht es? In den Strukturfondsverordnungen ist ein Passus enthalten, der uns die Möglichkeit gibt, 10 % der Mittel eines Fonds für den Zweck des anderen Fonds auszugeben. Im Klartext heißt das: Wir könnten Programme zusammenführen oder - besser gesagt - Programme darstellen, die Personal-, Investitions- und Sachkosten als Einheit finanzieren können. Das wäre für die Bereiche Hochschule, Technologie, Wissenschaftsentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung, um hier in der Förderung auch Zukunftsfähigkeit umzusetzen.

Die Anmeldung des Landes Brandenburg in Brüssel sieht die Möglichkeit, dass man ein derartiges Programm einrichtet, ausdrücklich vor. Wir haben bisher - zumindest nach Aussagen, die wir von der Landesregierung in der vorletzten Sitzung im Ausschuss erhalten haben - keinerlei Vorarbeiten, um von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen. Deswegen möchten wir Sie dringend bitten und auffordern, unserem Antrag zu folgen, um diese Möglichkeit nicht auszuschließen,

wenn wir schon endlich in einer Situation sind, dass politische Mehrheiten über diesen Sachverhalt und über diese Zusammenhänge nicht nur debattieren, sondern darüber auch entscheiden wollen.

Drittens: Ich möchte aus unserer Sicht noch einmal eines ausdrücklich darstellen. Sollte es uns nicht gelingen, aus EUStrukturfondsmitteln revolvierende Fonds in der Größenordnung von 250 Millionen, 300 Millionen, 350 Millionen Euro aufzulegen, werden wir nicht in der Lage sein, ab 2013 den Rückgang der Mittel finanzieller Natur inhaltlich zu kompensieren.

Wir alle wissen, dass die neue Strukturfondsperiode mit der Auflage verbunden ist, sowieso ständig zu evaluieren. Das ist - ich sage es einmal so - Bestandteil der Strukturfondsverordnung.

Unabhängig davon ist natürlich 2009 im Sinne einer Halbzeitbewertung ein herausragendes Datum und aus meiner Sicht die letzte Möglichkeit, auch tatsächlich noch zu Entscheidungen zu kommen.

Ich möchte noch einmal betonen: Es wäre unser politisches Anliegen als Fraktion DIE LINKE gewesen, die Entscheidungen wären schon gefallen.

Noch einmal: Wir haben Zeit verschenkt, und die Zeit haben wir eigentlich nicht gehabt. Ich möchte hier nur an die Haushaltsdebatte erinnern.

Meine Damen und Herren, Sie finden bei uns große Aufgeschlossenheit für das Anliegen, weil das auch eine unserer zentralen politischen Zielstellungen in der Haushaltsdebatte gewesen ist. Ich möchte Sie daher bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, weil er Ihren Antrag komplett aufnimmt und um Punkte ergänzt, die aus unserer Sicht zwingend notwendig sind, um aus den vorhandenen Möglichkeiten, die uns die Europäische Union bietet, tatsächlich noch mehr zu machen. Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Bischoff wird jetzt für die SPD-Faktion sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Richstein, Herr Kollege Christoffers, ich glaube, in der Sache sind sich die Fraktionen im Landtag schon seit vielen Jahren einig. Wir müssen aus den Fördermitteln, die bekanntlich - die Zahlen liegen auf dem Tisch - nicht mehr steigen, sondern zurückgehen, schlicht und ergreifend mehr machen als vorher. Mehr machen als vorher ist auch in zweierlei Hinsicht sehr wichtig. Zum einen: Wir müssen uns schon die Frage stellen - auch vor dem Hintergrund der Debatte, die heute Morgen geführt worden ist -, ob unsere Wirtschaft auch in Zukunft weiterhin mit ausreichend Geld versorgt werden kann. - Es wird weniger. Wir sprechen hier über Fördermittel, die bei Investitionen ausgereicht werden und 1:1 in die Bücher der Unternehmen gehen, insofern Eigenkapital werden.

Ich will an der Stelle - zweitens - noch einmal in Erinnerung rufen: Wenn in diesen Unternehmen aus diesen Investitionen heraus ein guter geschäftlicher Erfolg mit einer Rendite, mit einer Gewinnmarge, mit guten Umsatzzahlen wird, dann fände ich es auch richtig, dass dann das Geld, das vom Staat bereitgestellt worden ist, in irgendeiner Form zurückfließt. Wir reden hier nicht über eine Gewinnbeteiligung, sondern wir reden darüber, dass Unternehmen in der Startphase zusätzliches Geld bekommen und dass sie das Geld - wenn man so will -, als Darlehen ausgereicht, dann, wenn das Unternehmen gut läuft, wieder zurückgeben, damit es weiteren Unternehmen - revolvierend - zur Verfügung gestellt werden kann. Ich glaube, das ist das Gebot der Stunde.

Ich erinnere an den Kollegen Heiko Müller, heute Bürgermeister in Falkensee. Das Thema ist, glaube ich, hier seit vielen Jahren in der Diskussion. Aber ich muss Sie, Kollege Christoffers, ein bisschen korrigieren: Nach meinen Informationen hat die Europäische Kommission auch sehr lange gebraucht, um die Variante der revolvierenden Fonds mit aufzulegen.

Wir begrüßen eindeutig die Absicht der Investitionsbank des Landes Brandenburg, sich diesem Thema sehr intensiv und auch vorantreibend anzunehmen und zu überlegen, wie man dies gestaltet. Es sind übrigens mehrere interessante Modelle möglich und denkbar.

Man stelle sich vor, ein Unternehmen hat zwei Möglichkeiten: Es bekommt entweder einen nicht rückzahlbaren Zuschuss oder einen kleineren, nicht rückzahlbaren Zuschuss, kombiniert mit einem revolvierenden Angebot, also mit einem Darlehensangebot, durch den dem Unternehmen in der Investitionsphase, also in der Phase, in der der Unternehmer gerade vor dem Hintergrund dessen, was jetzt auf den Finanzmärkten los ist, das Kapital auch dringend benötigt, mehr Kapital zur Verfügung gestellt wird.

Wir glauben, dass der Antrag in Richtung Bericht der Landesregierung ein Stück weit diesen Prozess beginnt. Wir werden ihn sicherlich weiterhin im Haushalts- und Finanzausschuss und auch im Wirtschaftsausschuss - federführend - miteinander besprechen. Die Ergänzungen, die von der Fraktion DIE LINKE gemacht worden sind, sind aus meiner Sicht nicht mit dem Kern des Antrags verbunden. Allerdings sind es auch kluge Fragen - das will ich gar nicht bestreiten –; ich denke, dass diese Fragen auch in den parlamentarischen Beratungen in den Ausschüssen für Wirtschaft und für Haushalt und Finanzen in den nächsten Wochen und Monaten eine Rolle spielen werden.

Lassen Sie uns gemeinsam aus dem weniger werdenden Geld schlicht und ergreifend mehr für die Wirtschaft machen! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Abgeordnete Hesselbarth wird jetzt für die DVU-Fraktion sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Besser spät als nie.- Wir als DVU-Fraktion begrüßen den vorliegenden Antrag,

dem Landtag einen Bericht über den nachhaltigen Einsatz der EU-Fördermittel in Brandenburg vorzulegen und die Umstellung der Zuschussförderung auf Darlehensförderung in Form revolvierender Fonds zu prüfen.

Einen solchen Bericht hätte es jedoch viel früher geben können, und wir hoffen, dass die Empfehlungen des Berichts dann ohne zeitliche Verzögerung zügig umgesetzt werden.

Dem vorliegenden Antrag wird die DVU-Fraktion zustimmen. Die Ergänzungen in dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE halten wir ebenfalls für erforderlich und werden auch diesem Antrag unsere Zustimmung nicht verweigern.

(Beifall bei der DVU)

Staatssekretär Appel wird nun für die Landesregierung sprechen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Erfreuliche zuerst: Das Land Brandenburg erhält im Förderzeitraum 2007 bis 2013 noch einmal umfangreiche finanzielle Unterstützung aus EU-Haushaltsmitteln. Bei allem Gerede über Krise, hier können wir sicher sein, dass dieses Geld kommt.

Den Schwerpunkt dabei bilden mit ca. 2,1 Milliarden Euro die Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds und hier insbesondere aus dem Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung, also dem EFRE, mit rund 1,5 Milliarden Euro.

Wir haben eine deutliche Ausrichtung an den Zielen der Lissabon-Strategie vorgenommen - zum Ersten mit der Verankerung der neuen Landesförderstrategie und den daraus abgeleiteten Entwicklungszielen und zum Zweiten mit der Festlegung der Förderprioritäten in den operationellen Programmen des EFRE, des Europäischen Sozialfonds und der europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.

Zugleich zielt all das auf die Verbesserung von Wachstum und Beschäftigung und auf die nachhaltige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der brandenburgischen Wirtschaft und des Standorts Brandenburg insgesamt.

Allerdings wissen wir heute nicht, wie die zukünftige Kohäsionspolitik der Europäischen Union aussehen wird, das heißt, wie viel Geld und vor allen Dingen für welche Zwecke die EU es den Mitgliedsstaaten zur Verfügung stellen kann und zur Verfügung stellen wird.

Die Landesregierung ist daher dankbar für die Unterstützung durch den Landtag bei unserem Bestreben, einen möglichst großen Teil der bereits heute zur Verfügung stehenden EUMittel für die Zeit nach 2013 zu sichern.

Bereits im Jahre 2005 hatte sich die Europäische Kommission in ihren strategischen Kohäsionsleitlinien für die verstärkte Förderung zuschussfreier Finanzinstrumente wie Darlehen, die Finanzierung nachrangiger Kredite über gesichertes Fremdka

pital und Risikokapital eingesetzt. Wir in Brandenburg hatten dieses Anliegen bereits in den jetzt auslaufenden Programmen der vorangehenden Förderperiode zumindest teilweise umgesetzt.

Neben der in der Landesförderstrategie festgelegten regionalen und sektoralen Konzentration der Fördermittel und der Neuausrichtung der Innovationspolitik spielt dabei ein verbesserter Zugang zu Finanzierungen vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen eine bedeutende Rolle.

Auch unter dem Blickwinkel sinkender Haushaltsmittel in den kommenden Jahren leistet die Einrichtung von Finanzierungsformen wie revolvierenden Fonds einen Beitrag zur Stabilisierung.

Im Rahmen des Operationellen Programms EFRE sind mehrere alternative Finanzierungsformen vorgesehen. Konkret vorbereitet werden derzeit der Risikokapitalfonds II, die Einführung eines GA-Nachrangdarlehens, ein Frühphasenfonds und ein KMU-Fonds. Im Bereich der Infrastruktur wird die Errichtung eines Stadtentwicklungsfonds vorbereitet. Gerade was das zuletzt genannte Projekt betrifft, nimmt Brandenburg die Vorreiterrolle ein. Diese Instrumente sollen und müssen - Herr Christoffers, das bestätige ich - zum Ende dieses Jahres bzw. spätestens im nächsten Jahr umgesetzt werden, um überhaupt noch wirksam werden zu können.

Die Landesregierung kommt gerne dem Wunsch nach, auch nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten zu suchen. Allerdings - das sage ich hier ganz bewusst - sollten keine überzogenen Erwartungen gehegt werden. Der Investitionsstandort Brandenburg befindet sich in einem globalen Wettbewerb, in dem wir uns gerade in jüngerer Zeit, glaube ich, recht erfolgreich behauptet haben. Die Zuschüsse, die wir ansiedlungswilligen Firmen gewähren, spielen dabei häufig eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Wenn wir nun auf zuschussfreie Förderprogramme umstellen wollen, müssen wir sorgfältig prüfen, welche Konsequenzen das für unsere Wettbewerbsposition haben würde. Wenn es uns gelingt, intelligente, neue Förderungsformen auszubauen oder zu finden, kann uns das vielleicht sogar dabei helfen, in noch stärkerem Maße gerade die Unternehmen herzuholen, die hier einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur leisten.

In vielen Bereichen betreten wir hier Neuland, und - ich sage das ganz deutlich - so sehr die Europäische Kommission die Umstellung von Zuschüssen auf revolvierende Finanzierungsformen propagiert, so sehr wissen wir auch, dass die Realität des Kleingedruckten mit den Hochglanzbroschüren nicht im

mer übereinstimmt. Die rechtlichen Probleme sind häufig komplex, die Texte der EU-Verordnungen dagegen teilweise sehr allgemein. Die dann erforderlichen Abstimmungsprozesse mit der Europäischen Kommission sind - vorsichtig gesagt - oft langwierig und schwierig, und Nachfragen bei der Kommission werden oft nur zögerlich und häufig nicht hinreichend konkret beantwortet, und zwar nicht selten mit dem sogenannten freizeichnenden Verweis auf die Zuständigkeit der nationalen Verwaltungsbehörden für den rechtmäßigen Einsatz der Strukturfonds. Das heißt, Brüssel gibt uns die Frage dankend zurück.

Aber ich denke, trotz dieser punktuellen Schwierigkeiten werden wir auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen und versuchen, möglichst viele Fördermittel aus der Gegenwart zur Wiederverwertung für die Zukunft zu sichern, und natürlich auch über unsere Fortschritte dabei in diesem Hohen Hause berichten. In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen Abend. - Danke.

(Beifall bei SPD, CDU und bei der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Die Landesregierung hat um eine Minute überzogen. Möchte eine Fraktion noch einmal das Wort ergreifen?

(Unruhe)