Protocol of the Session on September 18, 2008

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Auf dieser Basis hätten die Menschen auch mehr Mittel für die Ergänzung der staatlich geförderten Altersvorsorge zur Verfügung. Über 11,5 Millionen Riester-Verträge bundesweit machen deutlich, dass die Überzeugung von der Notwendigkeit einer die Rente ergänzenden Altersvorsorge bei vielen Menschen angekommen ist. Die Erhöhung der Kinderzulage für ab 2008 geborene Kinder auf 300 Euro, die Einbeziehung von Wohneigentum in die Riester-Förderung oder der Berufseinsteigerbonus von 200 Euro haben die Attraktivität des „Riesterns“ weiter gestärkt. Auch wer voll erwerbsgemindert ist, kann jetzt „riestern“ und damit weiter seine Einkünfte im Alter aufstocken.

Das Risiko Altersarmut wird also von vielen Faktoren beeinflusst. Dazu gehört immer auch die individuelle Erwerbsbiografie. Natürlich wächst das Risiko aufgrund von Zeiten mit geringen oder gar ohne Rentenanwartschaften wie Arbeitslosigkeit, Niedriglohn- oder Teilzeitbeschäftigung und Minijobs sowie aufgrund von Zeiten ohne Altersabsicherung, wenn diese Erwerbseinbrüche bis Rentenbeginn nicht ausgeglichen werden können. Die sicherste Form, Rentenanwartschaften aufzubauen und somit Altersarmut zu vermeiden, bleibt es daher, bei ordentlicher Entlohnung versicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Das ist der sicherste Weg. Dafür müssen Politik, Wirtschaft und Verbände gemeinsam sorgen.

bracht. Er wurde im Februar dieses Jahres mit Stimmen aller anderen Bundestagsfraktionen abgelehnt. Diesen verbrauchten Antrag wärmen Sie nun hier in Brandenburg noch einmal auf. Ich finde das schon reichlich populistisch; denn die breite, alle Bundestagsparteien übergreifende Ablehnung war aus guten Gründen so eindeutig. So hätte ich hier auch einen konstruktiven Beitrag von Ihnen erwartet. Stattdessen wird erneut ein, wie ich finde, kläglicher Versuch unternommen, die Stimmungslage in Ostdeutschland zu bedienen, indem die steuerfinanzierte Anhebung des aktuellen Rentenwertes Ost auf das Westniveau, natürlich bei Beibehaltung der Höherbewertung der Ostentgelte, gefordert wird. Das ist ja toll! Woher die 6 Milliarden Euro kommen sollen, bleibt aber wahrscheinlich bei Ihnen im SED-Vermögen verborgen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Solche unausgegorenen Vorschläge sind nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat absehbar zum Scheitern verurteilt. Man könnte meinen, es gehe Ihnen nicht ernsthaft um verantwortungsvolle und mehrheitsfähige Politik für die Menschen im Land. Es ist ein allzu durchschaubarer Populismus, der sich auch nicht auszahlen wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält die Linksfraktion. Der Abgeordnete Görke spricht zu uns.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie unsere Kritik nicht gerne hören, schon gar nicht so kurz vor Wahlen, beispielsweise in Bayern, bzw. den Kommunalwahlen hier in Brandenburg.

(Ministerin Ziegler: Da haben wir jetzt aber Angst! - Oh! bei der SPD)

Sie, Kollegin Schier, versuchen, unsere Kritik als Schwarzmalerei abzutun. Gestatten Sie mir dazu ein Zitat.

„Wer heute für 7 Euro in der Stunde arbeitet, muss 44 Jahre arbeiten, um eine Rente oberhalb der Armutsgrenze zu bekommen.“

Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt? Vom Stellvertreter des selbsternannten Arbeiterführers aus Nordrhein-Westfalen, Herrn Rüttgers. Deshalb bitte ich Sie, in dieser Frage zu sagen, wer hier die Schwarzmaler sind. Ich glaube, wir sind es nicht. Die geringe Rente, die von der zukünftigen Rentengeneration zu erwarten ist, ist nicht Ergebnis von Schwarzmalerei, sondern eindeutig von Regierungshandeln. Ich glaube, Sie und die Sozialdemokraten haben in den letzten zehn Jahren Ihren Beitrag dazu geleistet.

Liebe Kollegin Lehmann, zu Ihren Aussagen, glaube ich, muss ich einige Klarstellungen vornehmen. Das Problem der drohenden Altersarmut ist kein Phänomen, das unausweichlich auf die zahlreichen Brandenburgerinnen und Brandenburger zukommt.

Sie sind bereits auf einen weiteren Antrag eingegangen, der heute auch noch behandelt werden soll. Dazu auch ein paar Worte. Unsere Bundesratsinitiative soll die Bundesregierung auffordern, Modellrechnungen - die Sie ansonsten kritisieren zur Neugestaltung der Rentenformel vorzulegen, die die Sonderregelung zur Rentenberechnung in Ostdeutschland möglichst bald überflüssig macht. Die von uns eingeforderten Berechnungen sollen zwei Dinge klarstellen: Das Ziel muss in einem angemessenen Zeitrahmen umgesetzt werden, und die Auswirkungen auf die Rentnerinnen und Rentner sowie die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sollten klar und vorbehaltlos dargestellt werden. Ich glaube, das ist eine klare Ansage.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Die ostdeutschen Bundesländer treibt es zu dieser gemeinsamen Initiative, nachdem es am 1. Juli dieses Jahres erneut keine Anpassung der aktuellen Rentenwerte gab und nach dem bisherigen Rechenmodus so bald auch keine zu erreichen ist. Da muss endlich etwas geschehen. Deshalb bleiben wir auch dran.

Unter diesem Aspekt und angesichts dessen, was bereits läuft, sage ich ganz deutlich: Die Fraktion DIE LINKE versucht mit ihrem Antrag lediglich, auf einen bereits unter Volldampf fahrenden Zug aufzuspringen. Die Sozialministerien der beteiligten Länder haben bereits vor Wochen mit den Arbeiten für ein gemeinsames Vorgehen im Bundesrat begonnen. Die Landesregierung braucht eben keine besondere Aufforderung von der Fraktion DIE LINKE, um auf Bundesebene für die Menschen im Land aktiv zu werden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Fast 20 Jahre nach Mauerfall und Wiedervereinigung wird es höchste Zeit, die Unterschiede bei der Ermittlung der Rentenhöhe für Beschäftigungszeiten in Ost und West zu überwinden. Aufgrund des niedrigeren aktuellen Rentenwertes Ost bekommt ein Durchschnittsverdiener im Osten rund 12 % weniger Rente als sein Pendant im Westen. Ein Berechnungsmodus, der nach wie vor auf der Entwicklung der Löhne und Gehälter getrennt nach Ost und West basiert, ist heute unverständlich und schlichtweg nicht mehr vermittelbar. Es war auch eine Übergangslösung, die damals verabredet wurde. Zudem ist dies im Einigungsvertrag seinerzeit auch klar als Übergangsmodus vereinbart worden.

Gar keine Frage, die von diesen Unterschieden betroffenen Menschen sehen sich ganz zu Recht benachteiligt. Sie brauchen eine Perspektive und wollen gerechte Antworten. Das ist aber eben auch eine große Aufgabe. Sie lässt sich nicht so nebenbei erledigen, wie der Antrag der Fraktion DIE LINKE suggeriert. Ein einheitlicher Rentenwert wird nur gelingen, wenn wir genau analysieren, welche Möglichkeiten und Stellschrauben es im bestehenden Rentensystem dafür gibt. Eine Antwort von Ihnen gibt es nicht. Die Wirkungen der möglichen Maßnahmen auf die heutigen und künftigen Rentnerinnen und Rentner sowie auf die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler müssen sehr genau betrachtet werden; denn der einheitliche Rentenwert muss für alle tragbar sein und darf nicht zu einseitigen Vorteilen oder Belastungen führen.

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat bereits im vergangenen Oktober einen Antrag in dieser Sache ins Parlament einge

Die Rentenexperten des WSI oder des Max-Planck-Instituts sehen die zukünftige Entwicklung der Renten nicht in erster Linie in der demografischen Entwicklung oder in dem gekürzten Umlageverfahren zur gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Es gibt drei Gründe, die sie anführen. Erstens die Arbeitslosigkeit, zweitens die Ausweitung der Niedriglöhne und drittens die atypische Beschäftigung.

(Frau Lehmann [SPD]: Da sind wir uns einig!)

- Genau, das sind wir, Frau Lehmann. - Zwei dieser drei Gründe haben Sie mit Ihrer Reformpolitik hier im Parlament verteidigt sowie im Bundesrat und im Bundestag in den letzten Jahren durchgesetzt, Hand in Hand mit der CDU.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Wir kommen jetzt zu den Arbeitsmarktzahlen. 280 000 Arbeitslose noch vor einigen Jahren, jetzt 170 000.

(Frau Schier [CDU]: Das ist doch toll! Sagen Sie das doch einmal!)

Das suggeriert einen Aufschwung, den wir überhaupt nicht kritisieren. Aber es ist für viele auch ein Abschwung. Das muss auch einmal klargestellt werden. Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen basiert zum Beispiel, Frau Schier, auf 26 000 Nichtleistungsbeziehern, die Sie in keiner Statistik mehr finden. Er beruht auf 78 000 Aufstockern und auf 14 100 1-Euro-Jobbern, die Sie ebenfalls nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik finden, weil sie nicht als arbeitslos gelten.

(Ministerin Ziegler: Die waren vorher auch nicht drin!)

Dann sind die Zahlen doch ganz andere. Jetzt bitte ich einmal, den DGB sprechen zu lassen, und erinnere an die Konferenz des DGB vom letzten Montag.

(Frau Lehmann [SPD]: Das hat gereicht!)

- Das hat gereicht, das glaube ich Ihnen. Für Sozialdemokraten war es eine schwere Stunde.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

„Die Ausweitung des Niedriglohnsektors hat eine neue Dimension erreicht. Jeder Vierte in Brandenburg verdient weniger als 7,50 Euro. Gleichzeitig wachsen die atypischen Verhältnisse. Ein massiver Rückgang der Normalarbeitsplätze ist zu verzeichnen.“

Gestatten Sie mir, eine aktuelle Zahl aus Ihrem Haus zu nennen, gestern der Kollegin Dr. Schröder als schriftliche Antwort übergeben: 1997 hatten wir in Brandenburg 123 000 Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen - das sind also keine Normalarbeitsplätze -, im Jahr 2007 waren es 191 000. Das ist die Realität, die ich Sie zur Kenntnis zu nehmen bitte.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das ist die andere Seite dieses auch von uns nicht zu kritisierenden Aufschwungs, die man bei Erfolgsmeldungen nicht weglassen sollte.

Solange die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht gelöst sind, sind die Voraussetzungen für Altersarmut geschaffen. Der Sachverhalt liegt klar auf der Hand: Aus Hungerlöhnen entstehen keine guten Renten.

Aus Sicht der Linken bleibt es Aufgabe des Staates, Menschen zu schützen, die wegen Langzeitarbeitslosigkeit, sozialversicherungspflichtiger oder sozialversicherungsfreier Beschäftigung mit niedrigen Löhnen nur geringe Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben und damit nur ein schlechtes Alterseinkommen zu erwarten haben.

(Bischoff [SPD]: Kein Wunder, dass eure Werte sinken!)

- Kollege Bischoff, ich komme jetzt dazu. - Das ist die Politik des vorsorgenden Sozialstaates.

(Ministerin Ziegler: Richtig!)

Beginnen wir doch einmal mit den Rentenansprüchen eines Empfängers von Arbeitslosengeld II. Mit Ihrer Zustimmung zum Fortentwicklungsgesetz zur Grundsicherung im letzten Jahr haben Sie dafür gesorgt, dass die Rentenansprüche von Arbeitslosengeld-II-Empfängern drastisch reduziert werden. Konkret heißt das: Bundeszuschuss vorher 78 Euro; gekürzt auf 40 Euro. Damit erwerben Langzeitarbeitslose, wenn sie ein Jahr Hartz IV bezogen haben, einen Rentenanspruch pro Monat von lediglich 2,19 Euro.

Oder nehmen wir, um auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse zu sprechen zu kommen, Ihre Zustimmung zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz im Rahmen der Agenda 2010; Stichwort Zeitarbeit. Damit haben Sie dafür gesorgt, dass der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ausgehöhlt wurde.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Tarife kennen Sie,

(Schippel [SPD]: Wer hat da die Tarifverträge gemacht? - Weitere Zurufe von der SPD)

zum Beispiel die Tarife der Gewerkschaft der christlichen Arbeitnehmerschaft. Da sind 6,48 Euro verabredet worden. Das ist natürlich kein richtiger Lohn.

(Zuruf der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Sie haben die Tür dafür geöffnet mit dem Beschluss zur Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, was die Grundlage dafür geboten hat, dass die Rentenansprüche vermindert worden sind.