Protocol of the Session on December 16, 2004

Drittens. Ausbau der Ganztagsangebote, insbesondere für die Kinder, bei denen Lernanregung und Unterstützungsleistung vonseiten des Elternhauses gering sind.

Viertens. Erziehungsbündnis zwischen Kita und Elternhaus sowie zwischen Schule und Elternhaus.

Mit diesen Maßnahmen versuchen wir die enge Verknüpfung zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg zu entkoppeln. Sie können sich sicher sein: Chancengleichheit ist und bleibt ein zentrales Ziel der Landesregierung. - Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht noch einmal die Abgeordnete Lehmann. - Nein? Wenn Sie nicht möchten, frage ich die Landesregierung, die noch Redezeit hätte. - Es kommt kein Signal. Dann gebe ich als letzter Rednerin für die Aktuelle Stunde der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann das Wort. Sie spricht für die PDS-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hartfelder, ich versichere Ihnen: Die 54 Kinder, die die Abgeordneten der PDS-Fraktion haben, sind kein gemeinschaftliches Eigentum der PDS-Fraktion. Sie sind sehr wohl privat.

(Beifall bei der PDS)

Frau Lehmann, auch ich habe ein Problem damit, heute über den Haushalt zu sprechen; denn er liegt uns noch nicht vor. Die Regierung jedoch tut dies längst. Bevor die Regierung aber „Nägel mit Köpfen macht“, denke ich, sollten wir als Parlamentarier Pflöcke einschlagen und genau sagen, was uns in diesem Haushalt wichtig ist und wo keine Kürzungen vorgenommen werden sollten. Das ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit - nicht erst dann, wenn die Regierung etwas vorgelegt hat, das wir letzten Endes nur noch abnicken können.

(Beifall bei der PDS)

Also nicht ruhig abwarten, sondern handeln, bevor es zu spät ist.

Frau Hartfelder, ja, es geht hier um eine ganz konkrete, aktuelle Situation und um einen ganz konkreten Punkt, nämlich um das 610-Stellen-Programm. An dieser Stelle könnten wir meinetwegen auch über Spekulationen reden, aber ich habe, wie gesagt, keine Lust Vorlagen der Regierung abzuwarten und diese letzten Endes nur infrage zu stellen.

Ich denke, was wir dringend brauchen, ist ein eindeutiges Bekenntnis - auch dieses Parlaments - zum 610-Stellen-Programm, und genau das vermisse ich in der heutigen Debatte.

(Beifall bei der PDS)

Es geht nicht um einen theoretischen Diskurs in der Frage der Chancengleichheit, sondern um praktische Politik. Sie werden sicher zugeben, dass es für Leiter sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen wenig motivierend ist, wenn sie jedes Jahr aufs Neue in der Situation sind, dass Stellen gekündigt werden und sie nicht wissen, wie es weitergehen soll - nicht mit dem eigenen Posten, sondern vor allem mit den Einrichtungen und der von ihnen geleisteten Jugendarbeit.

Was die Kommunen bzw. ihre Verantwortung betrifft, so sieht es ähnlich aus. Es wurde bereits angekündigt, dass auch bei den Kommunen die Finanzen gekürzt werden sollen. Woher soll es auch kommen? Die Landesregierung steht hier in der Verantwortung, die sie auch wahrzunehmen hat.

Gestatten Sie mir, die Debatte zum Anlass zu nehmen, um an die Probleme des demographischen Wandels in Brandenburg zu erinnern. Wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode über dieses Problem, über den Bericht der Landesregierung dazu und die Auswirkungen auf das Land gesprochen. Wir haben über den Geburtenknick gesprochen und darüber, dass auch in Brandenburg die Menschen älter werden, und das ist auch gut so. Zum demographischen Wandel in Brandenburg gehört aber eben auch die Abwanderung, vor allem junger Menschen und besonders junger Frauen aus Brandenburg.

Gegen den Geburtenknick kann man relativ wenig tun, wenngleich zumindest unsere Fraktion ihren Beitrag geleistet hat. Gegen die Abwanderung jedoch kann man sehr wohl etwas unternehmen. Hier hat die Politik zu reagieren. Das heißt vor allen Dingen, den Jugendlichen in diesem Land Perspektiven und Chancen zu geben. Dies setzt allerdings voraus, dass eine Regierung selbst Visionen und Vorstellungen hat, wie es in diesem Land Brandenburg weitergehen soll. Genau daran aber krankt die Landesregierung.

Notwendig sind Investitionen in die Zukunft, das heißt Investitionen in eine moderne Bildung und in ausreichende und vor allem qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze sowie Investitionen in Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen und natürlich entsprechende - und vor allem ansprechende - Freizeitmöglichkeiten für sie. Kürzungen in diesem Bereich sind schlicht und ergreifend zukunftsfeindlich.

(Beifall bei der PDS)

Kinder und Jugendliche dürfen eben nicht unter dem Gesichtspunkt „Kostenfaktor“ betrachtet werden und Zuschüsse für die Jugendarbeit sind eben keine verlorenen Subventionen. Jugendarbeit ist für Brandenburg ein wichtiger Standortfaktor. Was wir brauchen, sind verlässliche, stabile Strukturen und Finanzen - gerade auch an dieser Stelle. Der Wert, den man hier einsetzt - manchmal sind es für die einzelne Einrichtung nur wenige tausend Euro, die da gebraucht werden -, bewirkt wesentlich mehr als die vielen Millionen Euro, die in Prestigeobjekte dieses Landes gesteckt werden.

(Beifall bei der PDS)

Genau deshalb müssen wir unsere Forderungen vor den Haushaltsberatungen deutlich anmelden, damit die Regierung das tut, was wir gern wollen, nämlich die Schwerpunkte klar und deutlich im Sinne der Zukunft des Landes Brandenburg setzen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich schließe damit die Aussprache und entlasse Sie in die Mittagspause. Um 13 Uhr geht es weiter.

(Unterbrechung der Sitzung: 11.55 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.02 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Plenartagung fort. Ich begrüße eine Schülergruppe aus der Mutter der Mark, der Stadt Brandenburg, vom Von-Saldern-Gymnasium. Ich heiße euch herzlich willkommen und wünsche einen interessanten Nachmittag.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3:

Gesetz zu dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/207

1. Lesung

Die Debatte wird von Staatssekretär Appel eröffnet, der für die Landesregierung das Wort nimmt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein so genannter Artikelstaatsvertrag, mit dem verschiedene Staatsverträge aus dem Bereich des Rundfunks geändert werden. Sie haben zum Ziel, den Ordnungsrahmen für das duale Rundfunksystem fortzuentwickeln und die Finanzierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern.

Der vorliegende Vertrag ist das Ergebnis zäher Verhandlungen zwischen den Landesregierungen, in die viele Vorstellungen und auch Wünsche eingebracht worden sind. Natürlich lassen sich angesichts der notwendigen Einstimmigkeit der 16 Beteiligten nicht alle durchsetzen; es handelt sich naturgemäß um einen Kompromiss. Ich möchte kurz die wesentlichen Änderungen darstellen, die mit dem Staatsvertrag beabsichtigt sind.

Einen Kernpunkt des Änderungsstaatsvertrages bildet die Festsetzung der Höhe der Rundfunkgebühr im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Hier wurde von den Regierungschefs eine Erhöhung der Rundfunk- und Fernsehgebühr von insgesamt 88 Cent monatlich ab dem 1. April 2005 vereinbart. Diese Er

höhung - darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - weicht erstmalig von der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten ab. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Rundfunkgebühr um 1,09 Euro monatlich ab dem 1. Januar 2005 zu erhöhen. Angesichts der deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage, die große Herausforderungen und finanzielle Einschränkungen für weite Teile der Bevölkerung mit sich bringt, wurde eine Erhöhung um 88 Cent pro Monat in Einigkeit aller Regierungschefs als noch verträglich eingeschätzt.

Die Länderchefs gehen davon aus - darauf hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs in ihrem jüngsten Bericht im Übrigen auch hingewiesen -, dass bei den Rundfunkanstalten vorhandene Einsparpotenziale noch nicht hinreichend erschlossen sind. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben Selbstverpflichtungen vorgelegt, in denen sie ihren Willen zu weiteren Einsparungen bekräftigen. Den Regierungschefs war bei der Fassung des Gebührenbeschlusses bewusst, dass erhebliche Anstrengungen seitens der Rundfunkanstalten erforderlich werden. Im Gegenzug wurden jedoch im Rahmen der Novellierung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages Vereinfachungen der Gebührenbefreiungstatbestände vorgenommen, die ebenfalls zu Einsparungen führen. Dies und die Tatsache, dass allen finanzielle Einschränkungen abverlangt werden, macht den Gebührenbeschluss sachgerecht.

Der neu hinzugefügte Absatz 4 des § 8 Rundfunkgebührenstaatsvertrag wurde in der Vergangenheit vereinzelt im Hinblick auf datenschutzrechtliche Aspekte kritisiert. Deshalb möchte ich auf diesen Absatz eingehen. Mit dieser Neuregelung werden die Landesrundfunkanstalten ausdrücklich befugt, auf die in der Bundesrepublik zulässige Adressbeschaffung zurückzugreifen, um Schwarzseher zu ermitteln. Sie geht zurück auf eine Forderung von Landesdatenschutzbeauftragten, eine einheitliche und vor allen Dingen gesicherte Rechtsgrundlage im Rundfunkgebührenstaatsvertrag für die Beteiligung der Rundfunkanstalten am privaten Adresshandel zu schaffen. Die Neuregelung steht im Einklang mit datenschutzrechtlichen Grundsätzen; denn die erworbenen Adressen sind allgemein zugänglich, das heißt offenkundig. Schutzwürdige Belange der Betroffenen sind somit nicht berührt. Die Beteiligung am privaten Adresshandel ist nicht nur zulässig, sondern aus Gründen der Rundfunkgebührengerechtigkeit sogar geboten; denn es besteht eine solidarische Verpflichtung aller Rundfunkteilnehmer, über die Rundfunkgebühr einen Beitrag zur angemessenen Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Aufgaben zu leisten.

Einen weiteren Schwerpunkt im Rundfunkstaatsvertrag bilden strukturelle Vorgaben für die Begrenzung der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Anzahl der verbreiteten Hörfunk- und Fernsehprogramme der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten wird mit dem Stand 1. April sozusagen eingefroren.

Die Änderungen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag betreffen im Schwerpunkt die Vereinheitlichung des Befreiungsrechts einschließlich der Vereinfachung des Verfahrens. Änderungen hat das so genannte Hotelprivileg erfahren. Einige Länderchefs wollten die Befreiung gänzlich abschaffen. Für die vielen kleinen Hotels in Brandenburg konnte eine Beibehaltung der 50%igen Befreiung erreicht werden. Lediglich bei Beherbergungsbetrieben mit mehr als 50 Gästezimmern wurde die Be

freiung auf 25 % der Geräte reduziert. Demgegenüber konnte eine Gebührenermäßigung auch für in gewerblich vermieteten Ferienwohnungen bereitgestellte Geräte erzielt werden.

Aufgrund des Fortschreitens der technischen Entwicklung sind Regelungen für neuartige Rundfunkempfangsgeräte wie Rechner und Handys notwendig geworden. Neuartige Rundfunkempfangsgeräte, mit denen über das Internet Rundfunkprogramme empfangen werden können, werden nunmehr gebührenpflichtig, sofern - was bisher im praktischen Leben äußerst selten vorkommt - kein herkömmliches Empfangsgerät mehr zur Verfügung steht. Zudem wird es neben der bereits normierten Zweitgerätebefreiung im privaten Bereich - und dies auch als Neuerung - eine Zweitgerätebefreiung im nicht ausschließlich privaten Bereich geben. Hier werden also Gewerbetreibende künftig entlastet.

Das Gebührenbefreiungsrecht soll einheitlich im Rundfunkgebührenstaatsvertrag geregelt werden. Zur Verfahrenserleichterung sind in Zukunft die Befreiungstatbestände an die Bescheide selbst geknüpft, aufgrund derer soziale Leistungen erfolgen. So entfallen zukünftig die in der Vergangenheit oft sehr umfangreichen und arbeitsintensiven Recherchen und Berechnungen der Sozialbehörden in den Kommunen und in den Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens. Insoweit wird entbürokratisiert.

Alles in allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der vorgelegte Staatsvertrag aus Brandenburger Sicht als gelungener Kompromiss zu bezeichnen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Staatssekretär Appel. Die Debatte wird mit dem Beitrag der PDS-Fraktion fortgesetzt. Herr Prof. Bisky, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion steht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein und sie will, dass er sich reformiert. Wir wollen nicht, dass er privatisiert wird. Ebenso wenig wollen wir, dass er unter kombiniertem Quotenund Kostendruck pseudoprivatisiert wird, sich also weiter öffentlich-rechtlich nennt, aber praktisch nach denselben Kriterien verfährt wie das Privatfernsehen und der private Rundfunk.

Wir wollen aber ebenso wenig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als eine Behörde weiter wächst, in der die großen Parteien ihre Claims abgesteckt haben, und sich der Reformdruck auf Kostendruck reduziert und zulasten der kreativen, zumeist freien Mitarbeiter geht. Das aber ist zurzeit ein bedenklicher Trend; eine spektakuläre Einzelinvestition wie die in die „Harald-Schmidt-Show“ kann und darf dies nicht verdecken. Wir wollen Qualität in der Breite, nicht nur Halbstunden-Highlights auf einige Wochentage verteilt. Wir wissen natürlich, dass Qualität Geld kostet - also im Wesentlichen Gebühren.