Protocol of the Session on May 29, 2008

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stillstand ist Rückschritt, Herr Appel, da können Sie in Ihren Bericht hineinschreiben, was Sie wollen. Fortschritt wird daraus jedenfalls nicht ersichtlich. Zutreffenderweise geben Sie darin selbst das Scheitern der Länderfusion mit Berlin zu, und diese nüchterne Prämisse verliert sich auch nicht in den strukturpolitischen Luftblasen, mit denen Sie die einzelnen Positionen des Berichts füllen möchten. Strukturpolitisch können Sie nämlich nur mit bloßen Absichtsbekundungen aufwarten. Dass zum Beispiel auch die Zusammenführung der ZAB und der Berlin Partner GmbH letztlich gescheitert ist, ändert auch nicht das bestellte Gutachten zu einem Modell für eine neue Steuerungsgesellschaft. Auch wenn Sie im Bereich der Wirtschaft aus der Expertise des DIW eine besondere regionale Kooperationstätigkeit erkennen wollen, so ist das alles Ihre Interpretation, Herr Appel. Entscheidend sind hier nur die Zahlen. Dazu sagt Ihr Bericht überhaupt nichts aus.

Dass Berlin als Absatzmarkt für Brandenburger Unternehmen an Bedeutung verloren hat, ist für uns jedenfalls kein Indiz für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen in der Region, sondern vielmehr für deren Stagnation. Dass bei Ihnen im Bereich der gemeinsamen Wirtschaftspolitik vieles nur reines Geplänkel ist, zeigt auch, dass Sie erst jetzt zu Feststellungen der Grundzüge einer gemeinsamen Innovationspolitik eine Arbeitsgruppe mit deren Vorbereitung beauftragt haben. Das ist aber kein Fortschritt, sondern der Wunsch, möglicherweise irgendwann einmal gemeinsam Innovation zu fördern.

Kommen wir zur Verwaltungsebene. Wir verkennen natürlich nicht, dass seit 2002 auf Verwaltungs- und Justizebene einiges

auf den Weg gebracht wurde, zum Beispiel die Zusammenlegung der Fachobergerichte. Aber sieht es auf der Verwaltungsebene wirklich so rosig aus? Immerhin haben Sie es zum Beispiel nicht einmal geschafft, eine Vereinheitlichung elektronisch unterstützter Bauantragsverfahren zu koordinieren. Wenn beide Regierungen nicht einmal in der Lage sind, dieses technische Problem zu lösen und sie sich nur hinter Softwareherstellern beim Berliner Vergabeverfahren verstecken müssen, dann gibt es auch hier wenig Anlass für Euphorie.

Ich möchte mich nicht in Details verlieren; dazu ist die Zeit einfach zu knapp. Das Hauptaugenmerk haben wir heute auf das greifbare, vordringliche Projekt zu richten: die Entwicklung des Flughafenumfelds des BBI. Die wesentliche strukturpolitische Bedeutung des BBI ist die Schaffung verstärkter wirtschaftspolitischer Aktivitäten in der Region. Dass hier bisher nur gegenseitig auf eine aktive Abwerbung von Unternehmen verzichtet werden soll, ist für mich nicht das Ergebnis erfolgreicher Zusammenarbeit, sondern deren minimale Voraussetzung. Mehr aber steht in diesem Bericht nicht. Angesichts der spekulativen Aussicht auf eine Zusammenführung der ZAB und der Berlin Partner GmbH wirkt es daher eher hilflos, dass ein Gremium nur aus diesen Gesellschaftern alleinige Anlaufstelle für Unternehmensansiedlungen sein soll. Wenn dort aber schon sichtbare Arbeit geleistet worden wäre, könnten Sie diese heute auch konkret benennen. Aber es ist nichts gekommen. In dem vorliegenden Bericht steht nur eine vage Prognose zu den Ansiedlungstendenzen nach den Erfahrungen mit anderen Flughäfen. Gerade hier hätte ich heute wirklich wesentlich mehr erwartet.

Insgesamt dokumentiert der vorliegende Bericht somit keinen Fortschritt, sondern gebremste Dynamik angesichts der gescheiterten Länderfusion. Mit diesem Ergebnis haben Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, bestimmt keinen Grund zu prahlen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Herr Lunacek. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir nehmen heute den vierten Fortschrittsbericht über die Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin zur Kenntnis. Allein die Tatsache, dass wir in Brandenburg regelmäßig Fortschrittsberichte haben, zeigt, dass das Verhältnis zwischen Berlin und Brandenburg bzw. die Zusammenarbeit der beiden Länder nichts Alltägliches, sondern etwas Besonderes ist. In keinem anderen Fall gibt es unter den Bundesländern eine solch enge Verflechtung wie die zwischen Berlin und Brandenburg. Nirgendwo sonst ist die Notwendigkeit so zwingend, eine enge Zusammenarbeit zu gestalten. Keines der anderen Länder ist in einem solchen Maße von einem anderen Bundesland abhängig. Das betrifft die verschiedensten Bereiche von Unternehmen; Brandenburger Firmen haben Aufträge in Berlin, Berliner Firmen haben Aufträge in Brandenburg. Es betrifft die vielen Pendler; täglich pendeln 160 000 Menschen zwischen den beiden Ländern. Es betrifft den Gesundheits-, den Wissenschaftsbereich und viele andere.

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern ist inzwischen so eng, dass man von einer „gelebten Fusion“ sprechen kann. Ich sage für die Union vorneweg: Wir halten an einer Länderfusion fest. Wir sagen das immer wieder und sind da vielleicht etwas konsequenter als andere. Die Fusion wird eines Tages kommen - dessen sind wir uns sicher -, weil sie notwendig ist. Die beiden Länder sind so eng miteinander verflochten, dass eine Fusion sinnvoll und vernünftig ist. Deswegen halten wir an diesem Ziel fest. Der Weg wird ein anderer sein als 1996, als die Fusionsabsicht keine mehrheitliche Zustimmung bei den Bürgern fand. Es wird ein Weg von unten sein, ein Weg des schrittweisen Zusammenwachsens im Sinne einer „gelebten Fusion“, der am Ende in die praktische Fusion mündet.

Wir können auf eine erfolgreiche Bilanz der Zusammenarbeit schauen. Wir haben weit mehr als 20 Staatsverträge geschlossen, um die verschiedenen Bereiche zu regeln. Es gibt eine Vielzahl an gemeinsamen Einrichtungen; im Bildungsbereich zum Beispiel das Landesinstitut für Schule und Medien, das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut, das Institut für Schulqualität. Daraus erwachsen praktische Dinge. Wir sind inzwischen so weit, dass wir im Grundschulbereich gemeinsame Lehrpläne haben. Das heißt, wenn Familien von Berlin nach Brandenburg oder von Brandenburg nach Berlin ziehen, haben die Kinder in der Grundschule zunächst einmal kein Problem, denn der Lernstoff baut auf gemeinsamen Fundamenten auf. Wir steuern auf gemeinsame Prüfungen zu. Es ist insgesamt eine gute Entwicklung.

Eines allerdings bereitet mir, wenn ich über Bildung spreche, ein wenig Sorgen. In Berlin scheint man, gerade unter dem Einfluss der LINKEN, auf neue Experimente zu setzen. Man arbeitet zum Beispiel an Modellprojekten, die vorsehen, bis zur 8. Klasse nicht zu zensieren. Es gibt auch Vorschläge, das Sitzenbleiben bis zur 8. Klasse abzuschaffen. Das ist nicht das, was ich mir für Brandenburg wünsche.

Im Kulturbereich besteht eine sehr enge Zusammenarbeit, zum Beispiel über die Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten“ und über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, der auch jede Landtagssitzung überträgt. Der RBB, dessen Fusion wir vor wenigen Jahren politisch vorangebracht haben, schreibt eine Erfolgsgeschichte. Er wird dazu beitragen, dass die beiderseitige Identifikation mit dem Gesamtraum Berlin-Brandenburg zunimmt.

Im Gesundheitsbereich äußert sich die Zusammenarbeit zum Beispiel im gemeinsamen Krebsregister, in einer gemeinsamen Krankenhausplanung und in der Abstimmung über die medizinische Ausbildung. Wer Medizin studiert, tut dies in Berlin.

Des Weiteren möchte ich als Beispiele guter Zusammenarbeit das Amt für Statistik, die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde, das Landesamt für Mess- und Eichwesen und die Sonderabfall-Gesellschaft nennen.

Im Bereich der Justiz sind wir sehr weit vorangekommen bei der Errichtung gemeinsamer Gerichte. Das gemeinsame Oberverwaltungsgericht in Berlin und das Landessozialgericht in Potsdam bestehen seit drei Jahren, das Zentrale Mahngericht seit Mitte 2006, das Landesarbeitsgericht seit einem guten Jahr und das gemeinsame Finanzgericht in Cottbus seit Januar 2007.

Im Strafvollzug arbeiten wir zusammen. Zum Beispiel gibt es in der Jugendhilfeeinrichtung Frostenwalde eine Einrichtung, die bundesweit Modellcharakter hat, in der auch Berliner Problemjugendliche sind. Man kann sagen, hier funktioniert die Zusammenarbeit.

In der gemeinsamen Landesplanung liegt eine große Aufgabe vor uns. Die Landesplanung wird - das gehört zu den künftigen Projekten - grundsätzlich überarbeitet. Das Landesentwicklungsprogramm ist am 1. Februar 2008 in Kraft getreten, und der Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg soll voraussichtlich bis Ende 2008 die bisherigen Landesentwicklungspläne ablösen.

Wenn man sich den Raum Berlin-Brandenburg anschaut, stellt man fest, dass es dringend notwendig ist, eng zusammenzuarbeiten. Berlin ist mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern die größte Metropole in Deutschland. Brandenburg ist ein Flächenland, dünn besiedelt, neben Mecklenburg das am dünnsten besiedelte Bundesland. In der Grenzregion wachsen die beiden Länder zusammen; man kann zum Teil gar nicht mehr erkennen, an welcher Stelle man aus Berlin herausfährt und in Brandenburg ist. Deswegen ist es wichtig, dass man gemeinsam plant, auch was die Verkehrsverbindungen betrifft. Darauf sind die Pendler, die Unternehmer und andere angewiesen.

Wir haben ein gemeinsames großes, zentrales Projekt, das ist der Flughafen Berlin Brandenburg International. Es ist zurzeit das größte Bauprojekt in Mitteleuropa; in Schönefeld entsteht die größte Baustelle Europas. Das birgt sehr große Chancen. Wir sind froh, dass es jetzt endlich losgeht. Der größte Teil der Aufträge bleibt bis jetzt in der Region, mehr als 80 %. Das ist wichtig. Dort sind mehr als 20 000 Arbeitsplätze zu erwarten. Die Fluggastzahlen entwickeln sich auch besser, als man ursprünglich angenommen hatte. Von daher zeigt sich hier eine gute Perspektive.

Wo haben wir noch Baustellen? Die Wirtschaftsförderung macht uns Sorge. Die Landesregierungen haben in einer gemeinsamen Sitzung eine gemeinsame Wirtschaftsförderung beschlossen. Wir halten daran fest. Warum der Berliner Regierende Bürgermeister in einer Spontanaktion davon abgerückt ist, lässt sich für uns nicht nachvollziehen. Wir brauchen eine gemeinsame Wirtschaftsförderung. Wir brauchen im Übrigen auch eine gemeinsame Imagewerbung für die Länder Berlin und Brandenburg, denn sie werden von außen als gemeinsame Region gesehen. Die Berliner machen etwas für Berlin, und wir machen etwas für Brandenburg separat. Das muss zusammenwachsen.

Eine gemeinsame Vertretung bei der Europäischen Union auch kein Beispiel guter Zusammenarbeit - hakt noch immer. Perspektivisch müssen wir zusammengehen. Diese Region muss sich bei der Europäischen Union gemeinsam verkaufen. Das ist eine weitere Aufgabe.

Fazit: Berlin und Brandenburg wachsen zusammen. In vielen Bereichen ist die Gemeinsamkeit bereits Wirklichkeit geworden. Und wenn es große Defizite gibt, dann ist eines dieser Defizite, dass sich die Mehrheit unserer Bürger gar nicht bewusst ist, wie eng die Verflechtung bereits ist, sowohl beim Regierungs- und Verwaltungshandeln als auch im Bereich der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes. Das zu kommunizieren müssen wir vorantreiben, und wir müssen vor allem Gemeinsamkeiten schaffen, die auch etwas fürs Herz sind. Wenn wir eine Fusion

Berlin-Brandenburg wollen, dann können wir das nur erreichen, wenn die Leute mit dem Herzen sagen: Wir sind eine Region, wir sind auch Berliner, die Berliner sind auch Brandenburger. Daran müssen wir arbeiten. Die Länderfusion bleibt für uns auf der Tagesordnung. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Kaiser zu ihrer zweiten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lunacek, mit der Fusion und dem Herzen ist das so eine Sache. Ich bin eigentlich aus Sicht der Berlinerinnen und der Berliner schon Berlinerin, weil Strausberg - ich staune auch immer wieder angeblich in Berlin liegt, mit der Begründung, dass wir dort doch die S-Bahn hätten. Also, manchmal ist es ganz einfach.

Wenn wir heute - das habe ich Ihren Reden auch entnommen über Ergebnisse diskutiert haben, so ist dieser Fortschrittsbericht für Sie hauptsächlich die Feststellung dessen, was wir schon erreicht haben, was schon ist. Das ist in Ordnung, damit kann ich ja leben. Ich glaube nur, eine solche Landtagsdebatte sollte auch zeigen, wohin wir denn weiter fortschreiten, welche Schritte wir bei diesem Fortschritt als Nächstes unternehmen wollen. Da gibt es noch genug, was wir miteinander besprechen können, auch mit den Berlinerinnen und Berlinern. Da sehe ich eine Menge Herausforderungen, zentrale Fragen, ohne die die Region eben nicht eine gemeinsame Heimat für Brandenburger und Berliner sein wird.

Lassen Sie mich einige dieser Herausforderungen nennen. Die Region muss - ich unterstütze das bezüglich der europäischen Vertretung Gesagte - zunächst einmal als europäische Region Berlin-Brandenburg begriffen werden. Die Region BerlinBrandenburg ist ja mehr als die zentralisierte Hauptstadtregion mit Berlin in der Mitte und etwas Brandenburg darumherum. Das Leitbild für die Region muss also die Vielgestaltigkeit gleichberechtigter Regionen aufnehmen mit ihren Stärken, Schwächen, Potenzialen und Interessen. Die Hauptstadtregion und ihr unmittelbares Umfeld sind dabei aus unserer Sicht nur eine von mehreren Teilregionen Brandenburgs. Sie hat, so wie jede Teilregion, die an Mecklenburg, an Niedersachsen, an Sachsen-Anhalt oder Sachsen grenzt, spezifische Bedingungen und davon abgeleitet auch politische Handlungserfordernisse, die spezifisch sein müssen. Dabei verkennen wir nicht: Bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Süden und im Norden bewegt sich etwas. Die gemeinsame Kabinettsitzung mit Sachsen im Oktober und die bevorstehende mit MecklenburgVorpommern sollten keine Eintagsfliegen bleiben.

Eine zweite Herausforderung ist die deutsche Hauptstadt. Sie stellt für die Politik in Berlin und Brandenburg eine zentrale landespolitische Herausforderung dar. Die Rolle Berlins in der Region und für die Region muss mehr bestimmt werden. Berlin muss zugleich aus europäischer Sicht gedacht werden, als Metropole, die zwischen Hamburg und Warschau liegt.

Drittens muss es uns um die Schaffung von Bedingungen für soziale Reorganisation des ländlichen Raumes gehen. Das ist

nun wieder eine brandenburgische Verantwortung. Wir müssen Bedingungen schaffen für eine selbsttragende und selbstbestimmte Entwicklung der berlinfernen Regionen. Das muss als weitere zentrale Aufgabe von Landespolitik in Berlin wie in Brandenburg begriffen und inhaltlich ausgefüllt werden. Das Leitbild der beiden Regierungen hat, meine ich, gerade hier die größten Fehlstellen.

Viertens müssen sich beide Länder, egal ob getrennt oder zusammen, auf die veränderten haushaltspolitischen Rahmenbedingungen einstellen, die mit dem allmählichen Auslaufen des Solidarpakts II und der Reduzierung der europäischen Mittel einhergehen. Die Verschuldung beider Länder ist natürlich eine große Herausforderung. In diesem Zusammenhang, meinen wir, reicht es nicht, die gravierenden Wirkungen des Karlsruher Richterspruchs zum Berliner Haushalt als das Fusionshindernis zu benennen und dann einen Punkt zu machen. Wir kommen aber auch nicht weiter, wenn auf der anderen Seite zum Beispiel Herr Sarrazin den Schwerpunkt seiner Arbeit darauf verlegt, den Aufwand der Hartz-IV-Empfänger für Essen und Trinken durch den Praxistest in seiner Kaufhalle zu bestimmen. Ich meine, es geht hier einfach wirklich um andere Beträge, um eine ganz andere Flughöhe.

Fünftens: Berlin und Brandenburg müssen sich gemeinsam in die Diskussion über Ziele und Werte, die das Zusammenleben der Berliner und der Brandenburger künftig bestimmen sollen, begeben. Keine Verfassungsdiskussion im eng verstandenen juristischen Sinne, sondern eine politische Debatte über Verbindendes und über noch Trennendes könnte dem regionalen Zusammenwachsen von unten neue Impulse verleihen.

Aus unserer Sicht ist mit der Neufassung der Berliner Verfassung vom Herbst 1995 und mit den Veränderungen in der Verfasstheit beider Länder, mit den Änderungen unter Rot-Rot sehr vieles doch näher beieinander, als es bei Abschluss der Verhandlungen über den Neugliederungsstaatsvertrag war. Herr Lunacek, Sie haben über Fortschritt auf der einen und Experimente auf der anderen Seite gesprochen. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, wenn Ihre Kinder mit Zensuren nach Hause kommen. Brandenburg bekam bei den letzten PISA-Untersuchungen einen Durchschnitt von 3 bis 4 attestiert. Wir sind immer unteres Mittelfeld. Damit muss man sich nicht zufriedengeben. Da kann man doch auch einmal nach neuen Wegen suchen.

(Zuruf des Abgeordneten Lunacek [CDU])

Auch das brandenburgische Bildungssystem ist voller Experimente. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Dinge, die jetzt in Berlin auf den Weg gebracht werden, am Ende mit ihren Erfahrungen durchaus auch dem brandenburgischen Bildungssystem guttun würden. Möglicherweise würden wir am Ende bessere PISA-Noten bekommen.

Für einen solchen politischen Ansatz leisten wir gern einen eigenständigen Beitrag. Wir werden gern, Herr Baaske, mit unseren Berliner Genossinnen und Genossen diskutieren. Sie tun das bitte mit Ihren; denn aus meiner Sicht steht die SPD hier besonders in Verantwortung. Sie regieren in beiden Ländern, und Sie müssten vielleicht betriebsinterne Blockaden genau wie die, die aus Koalitionsgründen entstanden sind, lösen. Sie müssen sagen, was die Brandenburger Sozialdemokraten wollen, welche Schritte Sie in Richtung Fortschritt gehen, wie Sie das also

umsetzen wollen. Sonst wird der Prozess, der an Dynamik verliert, wie wir nun gemeinsam festgestellt haben, am Ende zum Stillstand gekommen sein. Das wäre nicht nur schade, sondern das wäre auch zum Schaden unserer Region. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält der Chef der Staatskanzlei, Herr Appel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Kaiser, Sie haben gesagt, dass das Wort von der Dynamik in diesem Prozess nach Ihrem Eindruck nicht mehr so recht aufrechtzuerhalten sei. Dazu stelle ich erstens fest: Immerhin konzedieren Sie damit, dass es in der Vergangenheit eine Dynamik gegeben hat. Ich sage das nur deshalb, weil das immer wieder bestritten wurde, als wir den ersten, zweiten, dritten Fortschrittsbericht besprochen haben.

Zweitens: Zum Thema der Dynamik in der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg kann ich Ihnen nur raten, die ILA zu besuchen. Das ist praktizierte Zusammenarbeit. Das ist eine Veranstaltung, die inzwischen sozusagen in der ganzen Welt ankommt, die Rekorde bei der Zahl von Schaustellern und bei der Bestückung aufweist. Deshalb glaube ich, dass wir da auf einem guten Weg sind.

Herr Staatssekretär, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Natürlich.

Bitte schön, Herr Christoffers.

Herr Staatssekretär, ich teile Ihre Einschätzung, dass, was die ILA betrifft, eine Dynamik sichtbar wird. Können Sie aber bitte auch erklären, wie der in dem Bericht enthaltene Satz zu verstehen ist, dass sich aufgrund wachsender Interessengegensätze zwischen beiden Ländern die Dynamik etwas abschwäche? Das haben Sie in dem Bericht selbst geschrieben, und ich glaube, darauf hat meine Kollegin Bezug genommen.

Damit habe ich kein Problem. Die Dynamik schwächt auch deshalb etwas ab, weil wir die meisten Institutionen, die zusammengelegt werden können, schon zusammengelegt haben, sodass da also nicht mehr viel bleibt.

Zu den von Ihnen genannten Einzelpunkten sage ich gleich noch etwas.

Man kann es auch an einem anderen Beispiel deutlich machen. Sie haben die Landesvertretung in Brüssel angesprochen. Ich

sage: Ja, es ist keine gemeinsame Landesvertretung geworden. Leider. Es gab das Angebot an Berlin, in unsere jetzige Landesvertretung einzuziehen, sodass wir eine gemeinsame Landesvertretung hätten bilden können. Aber ich glaube, die Inhalte sind uns gemeinsam wichtiger. Da gibt es viele gute Beispiele für internationale Kooperation, und zwar im Übrigen über die beiden Landesvertretungen. Ich nenne dazu nur ein Beispiel, und zwar die Oderpartnerschaft, wo Berlin und Brandenburg auch mit den polnischen Nachbarn eng zusammenarbeiten.