Protocol of the Session on April 10, 2008

Die Hochschulen sind sich ihrer Verantwortung, was Integration und interkulturellen Dialog angeht, bewusst. Herr Jürgens, im Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ werden sie explizit als Akteure benannt. In das Maßnahmenkonzept, das derzeit überarbeitet wird, haben sich die Hochschulen durch eine Vielzahl von Maßnahmen eingebracht. Das ist eine gemeinsame Intention, über die wir uns freuen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Redezeit um 3 Minuten und 13 Sekunden überzogen. Sie alle haben Gelegenheit, eine entsprechende Redezeit noch in Anspruch zu nehmen.

Zunächst geht das Wort an die Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Jürgens, bitte.

Herr Präsident! Herr Dr. Niekisch - er ist gar nicht mehr da -, Sie haben uns durchschaut. Wir stellen hier eigentlich nur Anträge, damit Sie Ihre Erfolge präsentieren können.

Scherz beiseite! Wir sind gut, was den Anteil ausländischer Studierender angeht. Das ist richtig. Aber der prozentuale Anteil sagt nichts über die Situation dieser Studierenden aus, in der sie hier leben und studieren müssen. Genau darum geht es in unserem Antrag.

Werbung ist wichtig. Das haben wir gesehen. Deshalb verzeichnen wir auch den erfreulichen Anstieg. Wenn man sich aber die Zahlen genau ansieht, stellt man fest, dass sie seit 2003 bei ungefähr 5 300 stagnieren. Einmal sind es 5 380, ein anderes Mal 5 290. Wir kommen seit 2003 nicht mehr entscheidend voran. Deswegen ist es wichtig, dass das Land weiterhin für ein Studium in Brandenburg auch im Ausland wirbt. Nebenbei bemerkt: Die BTU Cottbus ist aus dem Verein uniassist wieder ausgetreten, weil es gerade nicht so gelaufen ist, wie sie es sich vorgestellt hat.

Frau Geywitz hat nach einem Beispiel gefragt, was die unterschiedliche Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen angeht. Dazu kann ich Ihnen sagen: Palästina und Libanon haben identische Schulsysteme, identische Schulbücher und identische Schulprüfungen. Man kann also sagen: Sie haben ein identisches Schulsystem und einen identischen Abschluss. Trotzdem erhalten Schüler aus dem Libanon keine Aufenthaltsgenehmigung, weil ihr Abschluss nicht als gleichwertig mit dem aus Palästina angesehen wird, obwohl es identische Systeme sind. Es gibt Unterschiede, was die Aufenthaltsgenehmigung angeht, obwohl beides gleich ist. Das ist nur ein Beispiel von vielen.

Die Debatte hier hat gezeigt, dass es ein breites Spektrum an Themen gibt. Deswegen greife ich Ihr Angebot auf, im Ausschuss darüber zu diskutieren. Wenn Herr Nonninger da ist, kann er auch mitreden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Zuruf des Abge- ordneten Nonninger [DVU])

Gibt es bei den übrigen Fraktionen Bedarf, die Redezeit nachzuholen? - Das ist nicht der Fall. Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/6067 zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Sozialticket in Brandenburg jetzt einführen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6072

Dazu liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 4/6139 vor.

Mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE beginnen wir die Debatte. Frau Abgeordnete Tack erhält das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anders, als es gestern der Volksinitiative „Kostenfreie Schülerbeförderung ist machbar“ ergangen ist, ist es - daran möchte ich erinnern - der Volksinitiative „Sozialticket in Brandenburg jetzt einführen“ am 23. Januar ergangen. Diese Volksinitiative wurde abgelehnt.

„Jähe Wendungen sind nicht ausgeschlossen“ - so könnte man wohl die politischen Wendungen bezeichnen, die Sie innerhalb eines Vierteljahres vollzogen haben. Wir sind dennoch guter Hoffnung. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie am 23. Januar die Volksinitiative „Für ein Sozialticket in Brandenburg“ mit der Begründung abgelehnt haben, das sei Angelegenheit der Kreise und kreisfreien Städte; sie sollen das einführen und auch bezahlen. Wir prüfen dann im Sommer, wie es sich in den Landkreisen bewährt hat.

Ich empfehle eindringlich: Lesen Sie, die Sie sich zum Sozialticket geäußert haben, im Protokoll nach. Tun Sie es heimlich, denn Sie werden rote Ohren bekommen angesichts dessen, was Sie im Einzelnen zur Ablehnung des Sozialtickets gesagt haben.

Nicht nur bei den Betroffenen stieß Ihre Entscheidung auf großes Unverständnis. Mehr als 32 000 Unterschriften hatte die Volksinitiative in nur fünf Monaten gesammelt. 76 % der Brandenburgerinnen und Brandenburger wollen ein Sozialticket in Brandenburg. Gegen den Willen dieser großen Mehrheit richtete sich Ihre Entscheidung.

Die an der Volksinitiative beteiligten Partner haben sich aus diesem Grunde dazu entschlossen, den Entscheidungsdruck auf die Regierungsfraktionen für dieses Sozialticket zu erhöhen und die Einführung der Sozialtickets auf dem Weg des Volksbegehrens zu erreichen. Am 25. Februar hat die Volksinitiative beim Landtagspräsidenten den Antrag gestellt, ein Volksbegehren durchzuführen. Die SPD merkte nun offen

sichtlich, dass wir mit der Volksgesetzgebung in Brandenburg ernst machen, und schnürte daraufhin ihr Sozialpäckchen, wohl wissend, dass die Kommunalwahlen vor der Tür stehen. Dazu gehörte ein landesweites Sozialticket für 30 Euro, finanziert vom Land. Das fanden wir sehr gut, nur leider die CDU nicht.

Nach einigem Hin und Her haben Sie sich in der Koalition darauf geeinigt, ein Sozialticket zu einem halben Monatspreis mit Gültigkeit für verschiedene Tarifzonen anzubieten. Damit wäre die Forderung der Volksinitiative theoretisch sogar übererfüllt, aber bisher leider nur theoretisch. Was jetzt noch fehlt, ist ein verbindlicher Beschluss zur Einführung des Sozialtickets.

Deshalb haben wir heute den Antrag gestellt. Sie können ihm zustimmen, um Verbindlichkeit herzustellen. Offensichtlich wollen Sie das auf diese Art und Weise nicht. Sie haben Ihren Entschließungsantrag eingebracht. Darin fehlt leider die Verbindlichkeit.

(Holzschuher [SPD]: Er ist viel konkreter!)

Sie werden sagen, unser Antrag sei unnötig. Wir sagen: Wir wollen es schwarz auf weiß, wie es um das Sozialticket steht. Noch gibt es viele Unsicherheitsfaktoren, die die Einführung des Sozialtickets gefährden können. Ich erinnere an den Termin der Einführung, an die Bereitstellung des Tickets, an die Finanzierung des Tickets. Wer schafft den Ausgleich der Mindereinnahmen? Wie soll das funktionieren? Ich habe gehört, 2,3 Millionen Euro. Der Betrag soll gedeckelt werden. Auf keinen Fall mehr!

Wir haben die Grundlage für die Volksinitiative, die auf die Rechnung des Verkehrsverbundes zurückgeht: Ein Ausgleich von 5 Millionen Euro Mindereinnahmen bei Gültigkeit für ein Ticket in einer kreisfreien Stadt oder in einem Landkreis. Das hatte der Verkehrsverbund 2005 ausgerechnet und dem Verkehrsausschuss vorgelegt. Jetzt sagen Sie: Gültigkeit ab zwei Waben, das ist gut, maximal bis zu drei Landkreise. Kosten für das Land: 2,3 Millionen Euro, wie wir gehört haben. Leider steht es nicht in Ihrem Antrag. Woher kommen die Zahlen? Auf meine Nachfrage in der vergangenen Ausschusssitzung am 13. März lehnten Sie, Herr Minister, es bedauerlicherweise ab, zu antworten. Ich fordere Sie auf, für die nächste Ausschusssitzung die neuen Berechnungen, die es offensichtlich gibt, vorzulegen und uns schlau zu machen, damit wir die gleichen Ausgangsdaten kennen.

Eine Bemerkung zum Volksbegehren: Sie haben mit Ihrem Verhalten das Volksbegehren geradezu provoziert. Glauben Sie im Ernst, dass die Initiative, die drei Viertel der Bevölkerung hinter sich weiß, so schnell aufgibt, ohne ein Sozialticket zu haben? Jetzt haben Sie eingelenkt und wollen ein ermäßigtes Ticket zum 1. September einführen. Das hatten wir aus der Zeitung erfahren. Sie haben es angekündigt, aber es gibt überhaupt keine Sicherheit dafür, dass es Realität wird. Weder gibt es einen Kabinettsbeschluss, noch gibt es eine entsprechende Unterrichtung des Parlaments durch die Landesregierung. Es bleibt bisher bloße Ankündigungspolitik, und das reicht uns nicht; das werden Sie verstehen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Landesabstimmungsleiter hat am 26. März die Durchführung des Volksbegehrens für den Zeitraum vom 28.04. bis zum

27.08. verkündet. Sie, meine Damen und Herren, hatten so lange Zeit, Verbindlichkeit in der Sache herzustellen, die wir gern gehabt hätten, um auf den großen Aufwand, auf die Mobilisierungskraft verzichten zu können, dieses Volksbegehren erfolgreich zu Ende zu führen. Das wollten Sie nicht. Deshalb wollen wir das Volksbegehren.

Sobald Sicherheit besteht, dass das Sozialticket wirklich kommt - spätestens zum 1. September dieses Jahres, denn die Betroffenen, das will ich auch in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnen, brauchen es dringend, auch deshalb, weil der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zum 1. April mit Ihrer Zustimmung erneut die Tarife, die Fahrpreise erhöht hat -, werden wir beantragen, das Volksbegehren zu beenden. Aber erst dann! Eine Sicherheit hätte die Zustimmung zu unserem Antrag heute sein können. Das wollen Sie offensichtlich nicht.

Ihrem Entschließungsantrag, meine Damen und Herren, fehlt die Verbindlichkeit. Die Landesregierung soll im VBB „darauf hinwirken“, dass ein Mobilitätsticket eingeführt wird. „Werden kann“ heißt es sogar, von der Bezeichnung „Mobilitätsticket“ einmal ganz abgesehen. Ich frage Sie: Welches Ticket, das man sich für den ÖPNV kauft, ist kein Mobilitätsticket?

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Es bleibt also beim Sozialticket. Das heißt, es gibt nach wie vor keine Garantie, dass das Sozialticket zum 1. September oder überhaupt irgendwann zu kaufen ist. Weil wir diese Sicherheit aber haben wollen, stellen wir den Antrag, und Sie haben darauf reagiert. Es gibt möglicherweise bald eine Sicherheit, wenn der Zeitplan so bleibt, wie wir aus dem Verkehrsverbund wissen, wenn der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes am 22. Mai durch die Landkreise und kreisfreien Städte und durch die Vertreter der Landesregierung mehrheitlich den Beschluss fasst, den Tarif für ein Sozialticket zu beschließen, verbunden mit der Finanzierung aus dem Haushalt des Infrastrukturministeriums. Dann haben wir die Sicherheit, dass es ein Sozialticket geben wird, und dann können wir beantragen, das Volksbegehren zu beenden, weil die Zielstellung dann erreicht ist - aber nur dann.

(Holzschuher [SPD]: Warten Sie doch mit Ihrem Antrag!)

Das Volksbegehren läuft, doch warten nützt nichts mehr. Sie haben die Zeit ganz einfach verpennt. Trotzdem ist die Bilanz für uns und die Unterstützer des Volksbegehrens heute: Ziel noch nicht erreicht - wir machen weiter. Die Position und die Terminleiste habe ich aufgezeigt. Wir können jederzeit anders reagieren. Wir freuen uns trotzdem - das will ich abschließend sagen -, weil wir dennoch einen großen Erfolg - vielleicht einen Teilerfolg - erreicht haben, denn es ist schon gut, dass Sie in Ihrem Entschließungsantrag formuliert haben:

„Dem grundsätzlichen Anliegen der Volksinitiative ist durch die Einführung eines Mobilitätstickets Rechnung zu tragen.“

Das finden wir okay. Das ist sozusagen schon fast eine Heilung dessen, was Sie am 23. Januar dieses Jahres zur Ablehnung vorgebracht haben, Herr Klein.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Klein [SPD]: Dann brauchen wir ja gar nicht mehr zu reden!)

Doch, für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Baaske.

Verehrte Frau Kollegin Tack, um dies als Erstes klarzustellen meine zweite Bemerkung wird eine Frage sein -: Sie haben jetzt, glaube ich, zweimal gesagt, dass Sie guter Hoffnung seien. Es sind zwei junge Frauen meiner Fraktion, die guter Hoffnung sind.

Sie können sich freuen, dass wir eine Lösung gefunden haben. - Das zum Ersten.

Zum Zweiten - Frau Tack, Sie haben, glaube ich, nachher noch Redezeit -: Es wäre nicht schlecht, wenn Sie uns einmal erklären, was Sie mit diesem „wir werden dann zurückziehen“, „wir werden dann nicht mehr antreten“ meinten.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Das ist einfach eine verfassungsrechtliche Frage, die ich da habe. Haben Sie eben für die Fraktion DIE LINKE gesprochen oder für die VI - oder ist das das Gleiche?

(Frau Tack [DIE LINKE]: Sie haben nicht zugehört. Ich habe gesagt: Nun zum Volksbegehren!)

- Nein, ich glaube, Sie haben das munter miteinander vermischt, und ich glaube, dass schon sehr deutlich war, dass die PDS - und nicht irgendwelche anderen - die VI ist.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: DIE LINKE!)

Ich habe nur noch „wir“ gehört - „wir werden“. Sie waren eben hier vorn nicht etwa eine Vertreterin der VI, sondern die Verkehrsexpertin der Fraktion DIE LINKE im brandenburgischen Landtag.